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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1976 §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Hannelore L in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Oö Landesregierung vom 25. Oktober 1993, Zl. BauR - 010829/2 - 1993 Ru/Lan, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien:
1. Josef und Elfriede T in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in X, 2. Stadtgemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den Erstmitbeteiligten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 6. Juli 1988 bewilligte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde gemäß § 7 der Oö Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 in der damals geltenden Fassung, über Ansuchen der Beschwerdeführerin die Abschreibung des Grundstückes Nr. 2238 aus der EZ 346, KG L, und die Zuschreibung dieses Grundstückes zu einer neuzueröffnenden Einlagezahl. Als weitere "Bedingung und Auflage" wurde in diesem Bescheid festgelegt:
"Die Außenmauer an der Grundgrenze zum Grundstück Nr. 1030/6, KG L, ist als Feuermauer gemäß § 12
Oö Bauverordnung 1985, LGBl. Nr. 5/1985, auszubilden.
Erfüllungstermin: 15.10.1988"
Am 18. August 1990 suchte die Beschwerdeführerin um (nachträgliche) Baubewilligung für das bereits seit Jahrzehnten eingebaute Fenster im Dachgeschoß ihres Hauses in der an das Grundstück Nr. 1030/6 grenzenden Außenmauer sowie um die Genehmigung einer Abluftöffnung für die Gastherme in dieser Außenmauer an. Die oben beschriebene Auflage im Bescheid vom 6. Juli 1988 würde dazu führen, daß die Beschwerdeführerin ihr Küchenfenster zumauern müßte und im gesamten Küchenbereich keine ausreichende Be- und Entlüftung gegeben wäre. Es lägen die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 100 Oö Bauverordnung vor.
Nach Aufhebung der im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen abweisenden Entscheidung durch die Vorstellungsbehörde führte das "Stadtamt L" am 4. Februar 1993 eine Bauverhandlung durch. Der beigezogene Amtssachverständige verwies zunächst auf die im Bescheid vom 6. Juli 1988 vorgeschriebene Auflage. Der Raum im Dachgeschoß bestehe aus Küche und angegliederter Eßecke, wobei diese Räumlichkeiten großteils nur durch eine parapethähnliche Mauer (Höhe ca. 1 m) getrennt sei. Aufgrund dieser Maßnahmen könne davon ausgegangen werden, daß es sich um einen Raum mit einer Größe von ca. 20 m2 handle, wobei im Bereich der Eßecke ein Dachflächenfenster von ca. 0,70 m x 0,90 m eingebaut wurde und öffenbar ist. Der gegenständliche Raum sei sowohl belichtet als auch entlüftbar. Im Herbst 1988 sei im Bereich der Außenwand zum Nachbargrundstück eine Außenwandtherme installiert worden, wobei die Abluftführung durch die Feuermauer erfolge und die Abgase somit im Bereich des Nachbargrundstückes ausgeblasen würden. Der Sachverständige stellte fest, daß durch das Ausblasen der Abgase auf bzw. unmittelbar im Grundgrenzbereich des Nachbargrundstückes schädliche Umwelteinwirkungen (Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen) für die Nachbarschaft nicht auszuschließen seien; auch hinsichtlich des bestehenden Fensters in der Feuermauer sei im Brandfalle eine Beeinträchtigung bzw. Beschädigung der Nachbargarage, die unmittelbar an der Grundgrenze an der Feuermauer errichtet wurde, nicht auszuschließen. Der Sachverständige schlug vor, das Fenster in brandbeständiger Weise abzumauern und beiderseits zu verputzen sowie hinsichtlich der Gastherme eine neue Abgasführung über Dach hochzuziehen, wobei die Ausblaseöffnung einen Abstand von 1 m zur Grundgrenze aufzuweisen hätte.
Die bei der Verhandlung anwesenden erstmitbeteiligten Nachbarn, denen das Grundstück Nr. 1030/6 gehört, erklärten, daß durch den Betrieb der Gastherme Rauch, Ruß etc. entstünden und diese Immissionen einen unzulässigen Eingriff in ihre Gesundheit sowie eine Geruchsbelästigung darstellten. Das bestehende Küchenfenster begründe eine eminente Brandgefahr für die auf dem Nachbargrundstück aufgeführten Bauwerke.
Die Beschwerdeführerin erwiderte, daß durch das Abluftrohr lediglich Wasserdampf entweiche und daß sich bei Entfernung des eingebauten Fensters eine unzumutbare Beeinträchtigung der Be- und Entlüftung bzw. der Belichtung der Wohnküche ergäbe.
Mit Bescheid vom 14. April 1993 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung gegen den abweisenden Bescheid des Bürgermeisters vom 7. Oktober 1991 neuerlich ab. Die Voraussetzungen des § 100 Oö Bauverordnung lägen nicht vor, weil sich die bauliche Anlage nicht außerhalb des bebauten Gebietes befände. Durch das vorhandene Dachflächenfenster würden die Erfordernisse hinsichtlich Belüftung und Belichtung erfüllt werden. Auch würde die aufgetragene Ausbildung der Feuermauer keinen unverhältnismäßig hohen Aufwand und keine unzumutbare Härte bedeuten. Schließlich sei die im Bescheid vom 6. Juli 1988 vorgeschriebene Auflage Voraussetzung für die Bewilligung der Abschreibung gewesen, wovon auch die Nachbarn ausgehen durften.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung keine Folge. In Betracht kam nach Auffassung der Vorstellungsbehörde die Bestimmung des § 100 Abs. 2 Oö Bauverordnung, allerdings sei die Erfüllung der Auflage weder technisch unmöglich noch würde sie einen unzumutbaren Aufwand herbeiführen. § 25 Oö Bauverordnung könne nicht herangezogen werden, weil eine Küche eher als Arbeitsdenn als Wohnraum anzusehen sei. Auch könne diesen gesetzlichen Erfordernissen nach Belüftung und Belichtung anders Rechnung getragen werden.
In der vorliegenden Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Erteilung der begehrten Baubewilligung verletzt. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligten Nachbarn - eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Voraussetzung der eingangs genannten Abschreibung war gemäß § 7 Abs. 4 Oö BauO, LGBl. Nr. 35/1976 i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 82/1983 (im folgenden: BO), daß keine Abweisungsgründe i.S.d. § 4 BO vorlagen; nach § 4 Abs. 1 BO ist die Bauplatzbewilligung zu erteilen, wenn der Bewilligung eine gesetzliche Bestimmung oder eine Bestimmung des Flächenwidmungs- oder eines Bebauungsplanes nicht entgegensteht.
Durch die Abschreibung des nun der Beschwerdeführerin gehörenden Grundstückes ergab sich, daß das Gebäude an einer Nachbargrundgrenze zu liegen kam. Gemäß § 12 Abs. 2 Oö Bauverordnung (i.d.F. des Landesgesetzes LGBl. Nr. 37/1989, im folgenden: BauV) müssen die an die Nachbargrenze anstoßenden bzw. in einem Abstand von weniger als 1 m der Nachbargrenze zugekehrten Außenwände als Feuermauern ausgebildet werden. Dasselbe gilt, wenn durch nachträgliche Eigentumsveränderungen ein bestehendes Gebäude ganz oder teilweise an der Nachbargrenze oder in einem Abstand von weniger als 1 m von der Nachbargrenze zu liegen kommt.
Die Baubehörde mußte daher gemäß §§ 7 Abs. 2, 4 Abs. 1 BO, um einen Widerspruch zur gesetzlichen Bestimmung des § 12 Abs. 2 BauV hintanzuhalten, eine entsprechende Auflage erteilen. Gegen den Bescheid mit dieser Auflage hat die Beschwerdeführerin nicht berufen, sondern sogar ausdrücklich auf Rechtsmittel verzichtet.
Die Beschwerdeführerin will die Erfüllung der Auflage durch eine auf § 100 BauV gestützte Baubewilligung vermeiden. Diese Bestimmung lautet wie folgt:
"100
Bauerleichterungen
(1) Die Baubehörde kann im Einzelfall für folgende bauliche Anlagen Ausnahmen von den zwingenden Bestimmungen des I., II., III. Hauptstückes dieser Verordnung hinsichtlich der zu verwendenden Baustoffe und Bauteile bezüglich der Anforderung an Wände (einschließlich Feuermauern), Decken und Dachkonstruktionen, der Ausführung von Stiegen, der Größe von Brandabschnitten, der Lage und des Niveaus von Räumen, sowie der Mindestgröße von Fenstern und Türen gestatten, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse nach der jeweiligen Verwendung, der Größe, der Lage, der Art und der Umgebung der baulichen Anlage gerechtfertigt ist und den allgemeinen Erfordernissen des § 23 der O.ö. Bauordnung entsprochen wird:
a)
für bauliche Anlagen außerhalb des überwiegend bebauten Gebietes;
b)
für bauliche Anlagen, die im Vergleich zur gegebenen oder voraussehbaren Hauptbebauung nur untergeordnete Bedeutung haben;
c)
für bauliche Anlagen, die nur vorübergehenden Zwecken dienen (wie Ausstellungsgebäude, Notstandsbauten, Tribünen).
(2) Für die Gewährung von Ausnahmen für Zubauten, Umbauten und sonstige Änderungen der zur Zeit des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits vorhandenen baulichen Anlagen gilt Abs. 1 sinngemäß. Für solche Bauvorhaben kann die Baubehörde im Einzelfall weitere Ausnahmen gestatten, wenn die Einhaltung der in Betracht kommenden Bestimmungen
a)
technisch unmöglich ist oder
b)
wegen der geschichtlichen, künstlerischen oder kulturellen Bedeutung der vorhandenen baulichen Anlagen nicht gerechtfertigt wäre oder
c)
einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern oder sonst eine unzumutbare Härte für den Bauwerber darstellen würde.
(3) Ausnahmen gemäß Abs. 1 und 2 dürfen jedoch nur auf Grund von Gutachten geeigneter Sachverständiger und nur insoweit gewährt werden, als dies im Hinblick auf besondere örtliche oder sachliche Gegebenheiten erforderlich ist und den allgemeinen Erfordernissen des § 23 der O.ö. Bauordnung nicht widerspricht.
(4) Werden Ausnahmen nach Abs. 1 lit. c gewährt, so darf die Baubewilligung nur auf Widerruf oder nur für einen fünf Jahre nicht übersteigenden Zeitraum erteilt werden."
Auf die im Abs. 1 lit. a, b und c genannten Voraussetzungen beruft sich auch die Beschwerdeführerin nicht, sondern stützt die Ansuchen auf den Abs. 2 dieser Bestimmung. Allerdings will sie weder Zu- noch Umbauten noch sonstige Änderungen der zur Zeit des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits vorhandenen baulichen Anlagen ausführen.
Es kann nun dahingestellt bleiben, ob § 100 Abs. 2 BauV überhaupt Anwendung finden kann, wenn gar keine bauliche Tätigkeit entfaltet wird, sondern allein die durch den Abteilungsbescheid samt Auflage bewirkte Konsenswidrigkeit saniert bzw. eine konsenslose Bauführung (Abgasöffnung, die nach den Angaben der Beschwerdeführerin in der Bauverhandlung im Herbst 1988 geschaffen wurde) nachträglich genehmigt werden soll. Das Vorhaben erfüllt nämlich keine der Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 lit.c) BauV.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß der vom Sachverständigen festgestellte Aufwand für die Erfüllung der Auflage S 20.000,-- bis S 25.000,-- beträgt. Ob dieser Aufwand "unverhältnismäßig hoch" ist, kann im vorliegenden Fall nicht durch Vergleich mit den Kosten einer konsensgemäßen Bauführung beurteilt werden, weil überhaupt keine Bauführung stattfinden soll. Zur Auflage kam es im Zuge des Erwerbes des abgetrennten Grundstückes samt Haus durch die Beschwerdeführer, weshalb die Relation zum Kaufpreis hergestellt werden müßte. Es ist also zu fragen, ob die Käuferin, die nunmehr zusätzlich diese Auflage erfüllen muß, unverhältnismäßig belastet wird.
Obwohl dem Verwaltungsgerichtshof die Höhe des Kaufpreises oder der objektive Wert der bebauten Liegenschaft nicht bekannt ist, muß davon ausgegangen werden, daß die Mehrbelastung durch die vom Sachverständigen angenommenen S 20.000,-- bis S 25.000,-- keinesfalls als unverhältnismäßig anzusehen ist. Die Beschwerdeführerin hätte den Aufwand für die Abgasführung wesentlich niedriger halten können, wenn sie nicht konsenslos gebaut, sondern nach Einholung einer Baubewilligung die Abgasführung von vorneherein nicht durch die Feuermauer vorgenommen hätte.
Die Erfüllung der Auflage ist aber auch nicht unzumutbar. Auch wenn kein freier Kaminschacht zur Verfügung steht, muß gerade bei einem Dachgeschoß eine Abgasöffnung durch die Dacheindeckung als ohne weiteres zumutbar angesehen werden, zumal nicht etwa darüber befindliche Geschoße - man denke nur an ein Wohnhaus mit Eigentumswohnungen - durchbrochen werden müssen. Die Kriterien des Brandschutzes überwiegen einen geringfügigen Vorteil durch den unmittelbaren Austritt der Abgasöffnung an der Außenmauer bei weitem. Es kommt daher auf die Frage, ob die Emissionen auch noch schädliche Einwirkungen auf die Nachbarliegenschaft hervorrufen, gar nicht mehr an; diesbezüglich liegt somit auch kein Verfahrensmangel vor.
Im Hinblick auf die hier zu wahrenden Interessen des Brandschutzes - es geht weder um schönheitliche Rücksichten, noch um das Interesse eines Nachbarn, daß auf sein Grundstück nicht eingesehen werden kann - erscheint aber auch die Möglichkeit, durch die Entfernung der einfachen Trennung zwischen Küche und Eßraum für eine Belichtung und Belüftung des dann insgesamt 20 m2 großen Raumes durch das vorhandene Dachflächenfenster zu sorgen, keinesfalls unzumutbar.
Das Kriterium der Unzumutbarkeit kann auch nicht auf die Verpflichtung zur ausreichenden Belichtung und Belüftung von Wohnräumen gemäß § 25 BauV gestützt werden. Es besteht kein Normenwiderspruch zwischen § 25 und § 12 Abs. 2 BauV, sondern es muß der Bauwerber stets unter Beachtung des § 12 Abs. 2 BauV anderwertig für die hinreichende Belichtung und Belüftung sorgen.
Die Beschwerde erwies sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993050286.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009