Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. P*, Rechtsanwalt, *, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der H * GmbH (AZ 41 S 76/18a des Landesgerichts Klagenfurt), gegen die beklagte Partei F*, vertreten durch Holzer Kofler Mikosch Kasper Rechtsanwälte OG in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 28.200 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 24. November 2021, GZ 5 R 143/21w-21, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 8. Juni 2021, GZ 21 Cg 20/20f-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.411,20 EUR (darin 235,20 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter vom Beklagten (als dem nach der Schuldnerin tätigen „zweiten“ Immobilienmakler) zwei Drittel der vereinnahmten Provision gemäß § 6 Abs 5 MaklerG.
[2] Die Vorinstanzen wiesen die Klage mangels Verdienstlichkeit der Schuldnerin übereinstimmend ab.
[3] Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts erhobene Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, was nur einer kurzen Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO):
Rechtliche Beurteilung
[4] 1. Ist einer von mehreren Maklern eindeutig überwiegend verdienstlich geworden, so gebührt ihm (allein) gemäß § 6 Abs 5 Satz 2 MaklerG die gesamte Provision (vgl 4 Ob 144/17f). Lässt sich ein solches Überwiegen nicht feststellen, so ist die Provision nach Maßgabe der Verdienstlichkeit aufzuteilen, im Zweifel zu gleichen Teilen (§ 6 Abs 5 Satz 3 MaklerG).
[5] 2. Ein (anteiliger) Provisionsanspruch nach dieser Gesetzesstelle ist damit zunächst von der allgemeinen Voraussetzung abhängig, dass eine an sich verdienstliche und (mit-)kausale Tätigkeit des Maklers den Abschluss des konkreten Rechtsgeschäfts überhaupt adäquat verursacht hat (s zuletzt etwa 4 Ob 144/17f; vgl bereits 2 Ob 308/98b). Der vom Makler faktisch (mit-)verursachte Vermittlungserfolg muss ihm also bei wertender Betrachtung der Gesamtumstände (vgl RS0062878 [T5]; RS0062768 [T1]) auch rechtlich zuzurechnen sein (vgl RS0062878 [T1]; allgemein dazu statt vieler Kothbauer in GeKo Wohnrecht II § 6 MaklerG Rz 21 ff mwN).
[6] 3. Die Beurteilung des Überwiegens der Verdienstlichkeit, insbesondere auch der Wertigkeit der einzelnen Vermittlungshandlungen der beteiligten Immobilienmakler hängt – ebenso wie jene der Adäquanz (RS0062878 [T10, T11]; weiters RS0110361 [T5]) – von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (1 Ob 89/04a; 8 Ob 24/14h; RS0062849 [T5]; RS0076404 [T3]). Darin liegt – abgesehen von einer (hier nicht gegebenen) auffallenden Fehlbeurteilung – regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO.
[7] 4. Als Umstände, die zur Verneinung der Adäquanz der Vermittlungstätigkeit eines Maklers für den späteren Geschäftsabschluss führen können, wurden in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs etwa das Scheitern der ursprünglichen Vertragsverhandlungen an sehr unterschiedlichen Preisvorstellungen der Parteien, die für den folgenden Vertragsabschluss maßgebliche spätere Eigeninitiative der anderen Vertragspartei oder eines unbeteiligten Dritten ohne neuerliche Aktivität des Maklers und der (sehr) lange Zeitabstand zwischen dem Tätigwerden des Maklers und dem Vertragsabschluss (RS0062878 [T9]) beurteilt. Kein Anspruch auf Vermittlungsprovision besteht also dann, wenn das angestrebte Rechtsgeschäft erst nach dem endgültigen Scheitern der Bemühungen des Vermittlers ausschließlich aufgrund anderer Umstände zustande kommt (RS0062752 [T1]).
[8] 5. Im vorliegenden Fall scheiterten die auf die Tätigkeit der Schuldnerin zurückgehenden Bemühungen um einen Vertragsabschluss am Festhalten der späteren Verkäuferin an ihren Preisvorstellungen. Dabei kann aber nicht unerwähnt bleiben, dass dieser (hohe) Preis als Verkaufspreis der Immobilie zwischen der Schuldnerin und der Verkäuferin vereinbart worden war. Damit hatte die „erste“ Maklerin den Auftrag übernommen, die Liegenschaft mit der Villa (trotz ihrer eigenen geringerwertigen Einschätzung vor Abschluss ihres Maklervertrags) zu diesem Preis zu verkaufen. Die Verkäuferin kündigte zwei Tage nach Erhalt des Anbots, das über Vermittlung der Schuldnerin zustande gekommen, aber um 265.000 EUR niedriger als der vereinbarte Kaufpreis gewesen war, den Maklervertrag mit sofortiger Wirkung. Sie strebte auch weder ein Gegenanbot an noch legte sie ein solches. Der spätere Käufer ging damals davon aus, dass die Liegenschaft an einen anderen Interessenten aus Deutschland verkauft worden sei. Ab dem Zeitpunkt der Anbotsablehnung und Kündigung des Vermittlungsvertrags war der Verkaufswunsch der Verkäuferin nicht mehr präsent, und ging sie bis zum Vertragsabschluss mit dem Beklagten weder ein anderes Vermittlungsverhältnis ein noch bot sie ihre Liegenschaft privat zum Verkauf an. Erst ca ein halbes Jahr später erteilte sie dem Beklagten einen Alleinvermittlungsauftrag (zu einem niedrigeren Verkaufspreis). Der spätere Käufer reagierte auf dessen Inserat und kaufte nach mehreren Besichtigungen und Vertragsverhandlungen die Liegenschaft.
[9] Ausgehend von diesem Sachverhalt hält sich die Beurteilung der Vorinstanzen, es fehle der Vermittlungstätigkeit der ersten Maklerin an Adäquanz für das letztlich zustande gekommene Geschäft, im Rahmen der Rechtsprechungsgrundsätze des Obersten Gerichtshofs.
[10] 6. Der Kläger kann ein von ihm dazu behauptetes (und vom Berufungsgericht für möglich gehaltenes) Abweichen von bestimmten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs nicht darlegen. Den in seiner Revision (als vergleichbar) erörterten Judikaten lagen in wesentlichen Punkten anders gelagerte Sachverhalte zugrunde. So ist es hier – anders als in den zu 2 Ob 308/98b und 8 Ob 24/14h entschiedenen Fällen – nie zu einem Scheitern der Vertragsabschlussbemühungen (durch den ersten Makler) gekommen. Im ersten „Vergleichsfall“ (2 Ob 308/98b) war der „zweite“ vom späteren Verkäufern beauftragte Makler parallel zum ersten tätig geworden; in dem zu 8 Ob 24/14h beurteilten Fall hatte der den Käufer vor Ort betreuende „Kooperationspartner“ während seiner Vermittlungstätigkeit vom „ersten“ zum „zweiten“ Makler „gewechselt“. Im vorliegenden Fall hatten dagegen beide potenziellen Kaufvertragsparteien das Interesse an der Fortsetzung der Vertragsverhandlungen verloren (die Verkäuferin hatte keinen Verkaufswunsch mehr, der spätere Käufer dachte, dass die Liegenschaft an einen anderen Interessenten aus Deutschland verkauft worden sei). Eine vom Kläger unter Bezugnahme auf den Beschluss zu 4 Ob 139/06d (damals hatten Verkäufer und Käufer die für [nur] kurze Zeit unterbrochenen Vertragsverhandlungen direkt und ohne einen Makler beizuziehen wieder aufgenommen) angesprochene „Hintergehung des Provisionsanspruchs des Maklers“ lässt sich dem Sachverhalt nicht entnehmen. Im zu 7 Ob 169/06p entschiedenen Prozess erstritt die Maklerin eine Provision vom Käufer, sodass schon grundsätzlich die Frage der Aufteilung der Provision nach § 6 Abs 5 MaklerG und damit die Verdienstlichkeit zweier Makler nicht zu beurteilen war. Im Übrigen hatte sich damals (vgl auch den im ersten Rechtsgang erfolgten Aufhebungsbeschluss zu 7 Ob 145/05g) die Maklerin auch nach einer Preiserhöhung durch den Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Verkäuferin um den Kaufabschluss telefonisch weiterhin bemüht, sodass die Käuferin den Verkaufserfolg nicht allein durch eigene Bemühungen erzielt hatte. Wenn hier der neuerliche Kontakt zwischen den Kaufvertragsparteien nicht etwa dadurch hergestellt wurde, dass der von der Verkäuferin beauftragte „neue“ Makler von sich aus auf den bereits von seiner Vorgängerin namhaft gemachten Kaufinteressenten zuging oder der Käufer gezielt den Kontakt suchte, um die gescheiterten Verhandlungen wieder aufzunehmen, sondern sich der Käufer auf eine allgemein gehaltene Zeitungsannonce des zweiten Maklers hin meldete, begegnet es keinen Bedenken, wenn die Vorinstanzen den Anspruch auf (auch nur anteilige) Provision des ersten Maklers gegen den zweiten abwiesen.
[11] 7. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 41 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO.
Textnummer
E134789European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00038.22I.0406.000Im RIS seit
18.05.2022Zuletzt aktualisiert am
18.05.2022