Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* GmbH, *, vertreten durch AHP Rechtsanwälte Hochfellner Pontasch-Müller Leitner Moser OG in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei B* AG, *, vertreten durch Dorda Rechtsanwälte GmbH in Wien sowie Rechtsanwaltskanzlei Mag. Dr. Mirko Silvo Tischler GmbH in Ferlach, und deren Nebenintervenientin L* GmbH, *, vertreten durch Dr. Harald Skrube Rechtsanwalt GmbH und andere, Rechtsanwälte in Villach, wegen Feststellung und Leistung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 23. Februar 2021, GZ 3 R 131/20i-19, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. August 2020, GZ 28 Cg 3/20g-14, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:
„1. Es wird mit Rechtswirksamkeit zwischen der klagenden Partei einerseits und der beklagten Partei andererseits festgestellt, dass die Aktie Nr 2, mit der 56.233 auf Namen lautende Stückaktien verbrieft werden, und die Aktie Nr 12, mit der 7.267 auf Namen lautende Stückaktien verbrieft werden, am 19. 11. 2019 rechtswirksam an die klagende Partei übertragen wurden und die klagende Partei somit Aktionärin der beklagten Partei im Ausmaß von 63.500 auf Namen lautenden Stückaktien ist.
2. Die beklagte Partei ist schuldig, im Aktienbuch der beklagten Partei binnen 14 Tagen unter der Aktie Nr 2 anstelle der bisherigen Aktionärin H* und unter der Aktie Nr 12 anstelle der bisherigen Aktionärin G* folgende Eintragung vorzunehmen:
Aktionär:
S* GmbH, *
*
Kontoverbindung:
IBAN: *; BIC: *
63.500 auf Namen lautende Stückaktien.
3. Das Klagebegehren, es werde mit Rechtswirksamkeit zwischen der klagenden Partei einerseits und der beklagten Partei andererseits festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei darüber hinaus für alle zukünftigen Schäden hafte, die daraus resultieren, dass die beklagte Partei die Übertragung der Aktie Nr 2 und der Aktie Nr 12 an die klagende Partei nicht anerkannt und/oder die klagende Partei nicht als Aktionärin in das Aktienbuch eingetragen hat, wird abgewiesen.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 47.476,40 EUR (darin 2.832,28 EUR an Umsatzsteuer und 30.482,70 EUR an Barauslagen) bestimmten Prozesskosten erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 29.044,54 EUR (darin enthalten 641,87 EUR an Umsatzsteuer und 25.193,30 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Die Beklagte ist eine österreichische Aktiengesellschaft, deren Grundkapital 1.905.000 EUR beträgt und in 190.500 auf Namen lautende Stückaktien zerlegt ist. Alleinvorstand der beklagten Partei ist C* K*, der die Gesellschaft seit 1. 5. 2019 selbstständig vertritt.
Die Satzung der Beklagten enthält ua folgende Bestimmungen:
„I.
2.
Gegenstand des Unternehmens
2.1. Gegenstand des Unternehmens ist die weitere Aufschließung der Erholungsgebiete S* und P* in touristischer Hinsicht; insbesondere durch die Errichtung und den Betrieb von Seilbahnanlagen und anderen Aufstiegshilfen sowie Skipisten, von allgemein benützbaren Verkehrseinrichtungen, Garagen, Sportstätten und -anlagen und von Gastronomiebetrieben in jeder denkmöglichen Art und Betriebsform und überhaupt die Durchführung aller Maßnahmen, die der Verbesserung der touristischen Infrastruktur dieses Erholungsgebietes dienen.
...
II.
...
4.4. Die Übertragung von Namensaktien bedarf der Zustimmung der Gesellschaft.
…
V.
…
23.2. Zwischen dem Tag der Einberufung und dem Tag der Hauptversammlung müssen mindestens vier Wochen liegen.
...
23.6. Die Hauptversammlung ist beschlussfähig, wenn mehr als 3/4 (drei Viertel) des Grundkapitals vertreten sind.
23.7. Im Falle der Beschlussunfähigkeit einer Hauptversammlung ist unverzüglich mit gleicher Tagesordnung eine Hauptversammlung einzuberufen, wobei zwischen dem Tag der Einberufung und dem Tag dieser Hauptversammlung mindestens sieben Tage liegen müssen. Diese Hauptversammlung ist dann ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen oder vertretenen Aktionäre beschlussfähig.
...
26.2. Die nachstehend angeführten Beschlüsse bedürfen einer Mehrheit von mehr als 3/4 (drei Viertel) des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals
...
e) die Zustimmung zur Übertragung von Aktien; (…)“
[2] Die H* (V*), und die G* (G*) (beide in der Folge als „Veräußerer“ bezeichnet), beabsichtigten, ihre Anteile an der Beklagten (V* 29,52 % und G* 3,81 %, zusammen 33,33 periodisch %) zu veräußern und schlossen zu diesem Zweck einen Aktienkaufvertrag vom 5. 2. 2018 mit der Klägerin ab, sodass diese insgesamt 63.500 Aktien der Beklagten von den Veräußerern erwerben sollte. Der vereinbarte Kaufpreis für diese Aktien betrug 4,7 Mio EUR, wobei 4.162.127,56 EUR auf die vertragsgegenständlichen 56.233 Aktien der V* (Sammelurkunde Nr 2) und 537.872,44 EUR auf die vertragsgegenständlichen 7.267 Aktien der G* (Sammelurkunde Nr 12) entfallen sollten.
[3] Der Kaufpreis war binnen zehn Tagen nach Unterzeichnung des Vertrags (Signing) auf ein Treuhandkonto beim Vertragsverfasser zu erlegen. In Punkt XI.) wurden folgende Bedingungen aufgenommen:
„1.) Die Rechtswirksamkeit des vorliegenden Vertrages steht unter nachfolgenden aufschiebenden Bedingungen:
lit. a): Die Vorlage der in Anlage ./XI.) 1.) a) angeführten Dokumente und Informationen durch die Käuferin und deren wirtschaftliche Eigentümer betreffend „AML-Background Check“ und „Source of Funds Assessment“ zur Bestätigung von Seiten der V*, wonach diese Unterlagen unbedenklich sind;
lit. b): Zustimmung der Hauptversammlung der Gesellschaft zum gegenständlichen Verkauf mit einer Mehrheit von drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals oder im Falle der Nichtzustimmung der Hauptversammlung Vorliegen des rechtskräftigen Beschlusses des zuständigen Firmenbuchgerichtes betreffend das Ersetzen der Zustimmung der Hauptversammlung gemäß § 62 AktG und Nichtnamhaftmachung eines anderen Erwerbers gemäß § 62 Abs 3 AktG durch die Gesellschaft innerhalb eines Monats ab Rechtskraft der Entscheidung des Gerichtes. Wird hingegen gemäß § 62 Abs 3 AktG von der Gesellschaft fristgerecht ein anderer Erwerber namhaft gemacht, tritt die aufschiebende Bedingung gemäß diesem Punkt auch dann ein, wenn (i) der namhaft gemachte Erwerber nicht bereit ist, den Vertrag binnen angemessener Frist abzuschließen, (ii) der abgeschlossene Vertrag nicht rechtswirksam wird oder der abgeschlossene Vertrag vom namhaft gemachten Erwerber nicht binnen angemessener Frist erfüllt wird.
lit c): Hinterlegung der in zwei einzelnen Aktienurkunden verbrieften vertragsgegenständlichen Aktien mit jeweils einem Indossament, das auf die Käuferin ausgestellt ist, beim Treuhänder durch die Verkäufer.“
[4] In der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 16. 3. 2018 wurde über den Antrag auf Zustimmung der Übertragung gemäß dem vorbezeichneten Kaufvertrag abgestimmt, wobei das nach der Satzung erforderliche Konsensquorum von 75 % der Stimmen nicht erreicht wurde. Der Aktionär (und Alleinvorstand der Beklagten) C* K* (0,28 % der abgegebenen Stimmen) enthielt sich der Stimme, die A*GmbH, DI C* H*, DI E* H*, H* L* und N* S* (insgesamt 26,90 % der abgegebenen Stimmen) stimmten dagegen.
[5] Am 20. 3. 2018 beantragten die Veräußerer die Gestattung der Übertragung der Aktien gemäß § 62 Abs 3 AktG beim Landesgericht Klagenfurt, das dem Antrag mit Beschluss vom 27. 7. 2018 Folge gab. Den dagegen erhobenen Rechtsmitteln gab das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht hingegen mit Beschluss vom 14. 11. 2018 nicht Folge; der Oberste Gerichtshof bestätigte die Entscheidung mit Beschluss vom 27. 6. 2019 (6 Ob 18/19v). Dieser Beschluss wurde den Parteien am 30. 7. 2019 zugestellt.
[6] In der außerordentlichen Hauptversammlung vom 16. 5. 2019 sollte unter Tagesordnungspunkt 3.) die Beschlussfassung über die Gestattung der Übertragung der streitgegenständlichen Aktien an die Nebenintervenientin als Ersatzerwerber gemäß § 62 Abs 3 letzter Satz AktG abgehandelt werden. Der Vorsitzende der Hauptversammlung ließ die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt aber nach Diskussion über Stimmverbote für die Veräußerer nicht zu, weil er die Auffassung vertrat, „dass die Hauptversammlung hinsichtlich der Beschlussfassung des Ersatzwerbers über keine Zuständigkeit und Kompetenz verfügt“ und die Entscheidung hierüber allein der Gesellschaft, und zwar vertreten durch den Vorstand, zustehe. Ausdrücklich wurde über die Frage der Kompetenz für die Zustimmung zur Ersatzerwerbernominierung in dieser Hauptversammlung gesprochen, jedoch keine Einigkeit darüber erzielt.
[7] Im Anschluss an diese außerordentliche Hauptversammlung entbrannte eine Auseinandersetzung zwischen den Vertretern der Klägerin einerseits und der Beklagten und den Vertretern der Nebenintervenientin andererseits über die Frage, welches Organ die Ersatzerwerbernominierung rechtsgültig vollziehen könne, wobei die Klägerin ihre Eintragung als Aktionärin im Aktienbuch forderte. Eine solche Eintragung wurde bis heute nicht vorgenommen.
[8] Mit Schreiben vom 27. 8. 2019 benannte die Beklagte durch ihren Alleinvorstand gegenüber den Veräußerern die Nebenintervenientin als Ersatzerwerberin gemäß § 62 Abs 3 letzter Satz AktG für die von den Veräußerern gehaltenen 63.500 Aktien.
[9] Mit Schreiben vom 28. 8. 2019 ersuchte der Vertreter der Nebenintervenientin den Klagevertreter um Übermittlung eines entsprechenden und auf die Nebenintervenientin adaptierten Aktienkaufvertrags samt Beilagen und einer Treuhandkontonummer, auf die der Kaufpreis zu entrichten sei, und erklärte, die Nebenintervenientin sei bereit, den vereinbarten Kaufpreis ab sofort zur Anweisung zu bringen, und damit erfüllungsbereit. Weiters wurde um Offenlegung aller Vertragsinhalte zwischen den Veräußerern und der Klägerin ersucht.
[10] Der Aktienkaufvertrag zwischen den Veräußerern und der Klägerin wurde im Punkt XI. 2. (Long-Stop-Date) geschwärzt.
[11] Am 28. 8. 2019 schlossen die durch den Vorstand vertretene Beklagte und die durch deren Alleingeschäftsführer DI C* H* vertretene Nebenintervenientin eine Vereinbarung betreffend die Benennung als Ersatzerwerber iSd § 62 Abs 3 letzter Satz AktG, in dem die Nebenintervenientin festhielt, dass sie verpflichtet sei, die vertragsgegenständlichen Aktien zu denselben Bedingungen zu erwerben, wie im Aktienkaufvertrag vorgesehen, wobei in Punkt 1.2.) festgehalten wurde:
„Die in Punkt 1.1.) verwendete Formulierung: 'zu denselben Bedingungen, wie im Aktienkaufvertrag vorgesehen' umfasst nicht nur den im Aktienkaufvertrag vereinbarten Kaufpreis und Aktienzahl, sondern auch alle anderen Bestimmungen des Aktienkaufvertrages, wobei dazu festgehalten wird, dass eine Offenlegung aller Vertragsbedingungen (das sind die Anlagen zum Aktienkaufvertrag sowie das 'Long-Stop Date' gemäß Punkt XI.) Absatz 2 des Aktienkaufvertrages) bis dato verweigert wurde. Von der Formulierung: 'zu denselben Bedingungen, wie im Aktienkaufvertrag vorgesehen' sind jedoch solche Bestimmungen des Aktienkaufvertrages ausgenommen, die I.) bis dato unbekannt sind und auf Treue und Glauben erwartbar nicht erfüllt werden können oder II.) ausschließlich von der [Klägerin] (und somit weder von der [Nebenintervenientin] oder einem sonstigen Dritten) rechtlich und/oder faktisch erfüllt werden können.“
[12] Festgehalten wurde in dieser Vereinbarung auch, dass eine Weiterübertragung des in Rede stehenden Aktienpakets an erwerbswillige Aktionäre zu den Bedingungen des Aktienkaufvertrags der Klägerin ermöglicht werden solle. Die Kauffinanzierung war sichergestellt.
[13] Dass der Vorstand der Beklagten bewusst entgegen dem Gleichbehandlungsgebot und im kollusiven Zusammenwirken mit der Nebenintervenientin zum Nachteil der anderen Aktionäre gehandelt hatte, nämlich mit dem Interesse, den durch die Nebenintervenientin repräsentierten Aktionärsgruppen einen Sondervorteil zu gewähren, steht nicht fest.
[14] Die Klägerin begehrt,
(i) zwischen den Streitteilen festzustellen, dass die Aktien Nr 2 (mit der 56.233 auf Namen lautende Stückaktien verbrieft werden) und Nr 12 (mit der 7.267 auf Namen lautende Stückaktien verbrieft werden), am 19. 11. 2019 rechtswirksam an die Klägerin übertragen worden seien und diese somit Aktionärin der Beklagten im Ausmaß von 63.500 auf Namen lautenden Stückaktien sei,
(ii) die Beklagte schuldig zu erkennen, die bezughabenden Eintragungen im Aktienbuch der Beklagten vorzunehmen,
(iii) festzustellen, dass die Beklagte ihr darüber hinaus für alle zukünftigen Schäden hafte, die daraus resultierten, dass die Beklagte die Übertragung der Aktien Nr 2 und Nr 12 nicht anerkannt und/oder die Klägerin nicht als Aktionärin in das Aktienbuch eingetragen habe.
[15] Die Ersatzerwerbernominierung zugunsten der Nebenintervenientin durch die Beklagte gemäß § 62 Abs 3 Satz 3 AktG sei infolge Nichteinhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gescheitert. Die Veräußerer und die Klägerin hätten daher am 19. 11. 2019 das Closing des Aktienkaufvertrags vom 5. 2. 2018 über die streitgegenständlichen Aktien vollzogen und diese Papiere indossiert an die Klägerin übergeben. Die Beklagte weigere sich aber, die Übertragung dieser Aktien zu akzeptieren und die Eintragung zugunsten der Klägerin in das Aktienbuch vorzunehmen. Der Ersatzerwerber könne die Aktien nur zu gleichen Bedingungen wie der gerichtlich genehmigte Erwerber kaufen. Die Nebenintervenientin habe die Erfüllung der Verkaufsbedingungen laut Aktienkaufvertrag zwischen den Veräußerern und der Klägerin verweigert. Die vom Ersatzerwerber einzuhaltenden Bedingungen des Aktienkaufvertrags benötigten daher die Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten. Durch eine Übertragung der Aktien an die Nebenintervenientin habe die Beklagte gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Aktionäre gemäß § 47a AktG verstoßen, sodass auch die Benennung der Nebenintervenientin als Ersatzerwerberin unwirksam sei. Eine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung liege nur dann vor, wenn ein schützenswertes Interesse der Aktiengesellschaft bestehe und die Maßnahme zur Interessenverfolgung geeignet und erforderlich sei, wobei der Grundsatz der gelindesten zum Ziel führenden Mittel anzuwenden sei. Der Vorstand der Beklagten habe bewusst entgegen dem Gleichbehandlungsgebot und im kollusiven Zusammenwirken mit der Nebenintervenientin zum Nachteil der anderen Aktionäre gehandelt, nämlich mit dem Interesse, den durch die Nebenintervenientin repräsentierten Aktionärsgruppen einen Sondervorteil zu gewähren. Die Bestimmungen des § 62 Abs 3 AktG und des § 77 GmbHG seien gleich zu interpretieren. Die Entscheidung über die Person des Ersatzerwerbers habe jenes Organ zu treffen, das gemäß der Satzung auch für die Erteilung der Zustimmung zur Übertragung der Aktien zuständig sei. Wenn die Hauptversammlung die Zustimmung zur Übertragung der Aktien zu erteilen habe, sei auch die Hauptversammlung für die Bestimmung des Ersatzerwerbers zuständig. Da die Satzung der Beklagten die Zustimmungskompetenz der Hauptversammlung zuweise, sei diese auch für die Auswahl des Ersatzerwerbers zuständig. Eine solche Hauptversammlung habe nicht stattgefunden. Es liege weiters eine außerordentliche Maßnahme der Geschäftsführung vor, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehe und daher der Entscheidung des Aufsichtsrats vorbehalten sei. Unabhängig von der höchstgerichtlich noch nicht geklärten Frage, welches Organ für die Auswahl des Ersatzerwerbers und die Zustimmungserteilung für die Übertragung an diesen zuständig sei, liege ein mehrfacher Verstoß gegen die Satzung und die Geschäftsordnungen des Aufsichtsrats und des Vorstands durch die Nichtbefassung des Aufsichtsrats vor. Die Beklagte habe diese Vorschriften rechtswidrig und schuldhaft missachtet und hafte der Klägerin für den daraus künftig entstehenden Schaden, wie etwa entgangene Dividendenansprüche. Deshalb habe die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten.
[16] Die beklagte Aktiengesellschaft wendete ein, die Kompetenz zur Entscheidung, ob und wer als Ersatzerwerber benannt werden solle, komme ausschließlich und zwingend dem Vorstand der Aktiengesellschaft zu. Durch die form- und fristgerechte Benennung der Ersatzerwerberin für die gegenständlichen Aktien sei ex lege eine Veräußerung an den ursprünglich geplanten Erwerber unwirksam geworden, sodass der veräußerungswillige Aktionär die Aktien entweder an den Ersatzerwerber veräußern oder vom Verkauf gänzlich Abstand nehmen könne. § 62 Abs 2 AktG enthalte eine Öffnungsklausel, die aber in § 62 Abs 3 AktG nicht enthalten sei. Eine Kompetenzverschiebung zwischen den Organen der Aktiengesellschaft (Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung) setze eine gesetzliche Grundlage voraus. Die Wortfolge „zu gleichen Bedingungen“ in § 62 Abs 3 letzter Satz AktG sei nicht dahin auszulegen, dass der Vertrag 1 : 1 zu übernehmen sei, sondern es sei nur auf die essentialia negotii des ursprünglichen Kaufvertrags abzustellen. Eine wirksame Übertragung der Aktien an die Klägerin im Rahmen des Closing sei nicht erfolgt, sodass die Beklagte zu Recht die Eintragung der Klägerin im Aktienbuch verweigere. Die Klägerin habe demnach die verfahrensgegenständlichen Aktien nicht wirksam erwerben können und sei auch nicht Aktionärin der Beklagten. Da die Beklagte auf Grundlage einer vertretbaren Rechtsansicht gehandelt habe, treffe sie kein Verschulden, sodass das Feststellungsbegehren betreffend die Haftung der Beklagten nicht berechtigt sei.
[17] Die Nebenintervenientin führte aus, ihr Interesse liege darin, dass andere Liftgesellschaften als Konkurrenten vor Ort keine starke Stellung bei der Beklagten erhalten sollten. Für die Ersatzerwerbernominierung nach § 62 Abs 3 letzter Satz AktG sei die Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten nicht erforderlich. Bis dato sei der Aktienkaufvertrag der Klägerin mit den Veräußerern nicht zur Gänze offengelegt worden, sondern beinhalte geschwärzte Passagen. Es liege eine gesetzeskonforme Ersatzerwerbernominierung unter gleichzeitiger Wahrung der Rechte der Gesellschaft vor.
[18] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Selbst wenn in besonderen Fällen bestimmte Rechtsgeschäfte der Zustimmung der Hauptversammlung bedürften, bilde eine fehlende Zustimmung bei einer ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit grundsätzlich nur einen internen Mangel und habe keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der Vertretungshandlung nach außen. Eine durch das Handeln des Vorstands konkrete oder abstrakte Interessengefährdung der Beklagten, die die Nebenintervenientin und nicht die Klägerin als Aktionärin haben möchte, liege hier nicht vor, sodass auch eine Aufsichtsratskompetenz nicht gegeben sei. Nach § 62 Abs 3 iVm § 71 AktG sei somit von der Vertretungskompetenz des Vorstands auszugehen.
[19] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Benennung des Ersatzerwerbers würde zu einer Beeinträchtigung der Rechtssicherheit führen, zumal ein Beschluss der Hauptversammlung über die Benennung eines Ersatzerwerbers angefochten werden könnte. Ein stattgebendes rechtskräftiges Anfechtungsurteil würde den angefochtenen Hauptversammlungsbeschluss ex tunc beseitigen. Bis zur Rechtskraft eines Anfechtungsprozesses bestünde somit Unsicherheit über die Person des Erwerbers. Auch die einzuhaltenden Fristen für die Einberufung einer Hauptversammlung nach § 107 Abs 1 AktG (28 bzw 21 Tage) sprächen gegen eine notwendige Befassung der Hauptversammlung. Der Vorstand könnte in diesem Fall bis zur Hauptversammlung keine ernsthaften Verhandlungen mit Interessenten führen und hätte nur noch wenige Tage Zeit, um mit den von den Aktionären bestimmten Interessenten zu verhandeln und bis zum Ablauf der Frist dem veräußerungswilligen Aktionär mit eingeschriebenem Brief den Ersatzerwerber bekannt zu machen. Beim Erwerb „zu den gleichen Bedingungen“ gehe es nicht darum, dass der zwischen dem veräußerungswilligen Aktionär und dem ursprünglich geplanten Erwerber abgeschlossene Aktienkaufvertrag „1:1“ auch mit dem Ersatzerwerber in dem Sinne abgeschlossen werde, dass nur die Person des Erwerbers gegen den Ersatzerwerber ausgetauscht werde. Basis für den Vergleich könnten von vornherein nur die Bedingungen sein, die der veräußerungswillige Aktionär ursprünglich bei der (verweigerten) Zustimmung der Gesellschaft zur Aktienübertragung vorgelegt habe. Nur diese Bedingungen seien auch Gegenstand der Beschlussfassung auf Ebene der Aktiengesellschaft und Gegenstand der Prüfung im gerichtlichen Außerstreitverfahren gewesen. Die Benennung eines Ersatzerwerbers gemäß § 62 Abs 3 AktG stelle keine außergewöhnliche Maßnahme der Geschäftsführung dar. Eine Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß Punkt 18. 2. der Satzung, Punkt 8. 2. der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats und Punkt 9. 1. der Geschäftsordnung des Vorstands sei daher nicht erforderlich. Im Verhältnis zu den Altaktionären habe der Vorstand bei der Auswahl des Ersatzerwerbers das Gleichbehandlungsgebot des § 47a AktG zu beachten und daher den anderen Aktionären die Möglichkeit zu geben, die Aktien anteilsmäßig zu erwerben. Das Gleichbehandlungsgebot schränke das freie Ermessen des Vorstands aber nur dann ein, wenn zumindest ein bestehender Aktionär als Ersatzerwerber benannt werden solle. Ob vorliegend eine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung der übrigen Aktionäre bestehe, könne zwar nicht beurteilt werden, sei aber nicht entscheidungsrelevant, weil die Klägerin zum Zeitpunkt der Nominierung der Nebenintervenientin als Ersatzerwerberin noch nicht Aktionärin der Beklagten gewesen und daher zur Geltendmachung eines Verstoßes gegen § 47a AktG nicht legitimiert sei. Zusammenfassend sei daher in der Benennung der Nebenintervenientin als Ersatzerwerberin durch den Vorstand der Beklagten kein Verstoß gegen § 62 Abs 3 AktG zu erblicken und eine Aktivlegitimation zur Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß § 47a AktG durch die Klägerin zu verneinen.
[20] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, welchem Organ einer Aktiengesellschaft das Recht zukomme, gemäß § 62 Abs 3 AktG einen Ersatzerwerber zu benennen.
Rechtliche Beurteilung
[21] Die Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist auch teilweise berechtigt.
1. Ergänzende Tatsachenfeststellungen
[22] Aufgrund der im Akt befindlichen, in ihrer Echtheit unbestrittenen Urkunden (RS0121557 [T3]) sowie von Außerstreitstellungen werden folgende weitere Umstände festgehalten:
Die Satzung der Beklagten enthält unter anderem noch folgende Bestimmungen:
„IV.
Aufsichtsrat
10.
...
18.
Aufgaben des Aufsichtsrates/Kompetenzvorbehalt
...
18.2. Der Entscheidung des Aufsichtsrates bleiben vorbehalten:
…
d) der Abschluss von Verträgen mit Mitgliedern des Aufsichtsrates, durch die sich diese außerhalb ihrer Tätigkeit im Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft oder einem Tochterunternehmen (§ 228 Abs 3 HGB) zu einer Leistung gegen ein nicht bloß geringfügiges Entgelt verpflichten. Dies gilt auch für Verträge mit Unternehmen, an denen ein Aufsichtsratsmitglied ein erhebliches wirtschaftliches Interesse hat.
e) alle Geschäftsführungsmaßnahmen, die nicht im Budget Deckung finden oder über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen,
…
j) alle Vertragsabschlüsse mit ... Aktionären sowie mit allen Gesellschaften, an oder in denen diese Personen zu mehr als fünfzig Prozent beteiligt sind oder sonst einen beherrschenden Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben,
…“
[23] Der Aufsichtsrat der Beklagten besteht aus sechs Personen. DI C* H* ist seit 2003 Mitglied des Aufsichtsrats der Beklagten.
[24] Die Nebenintervenientin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von 35.000 EUR. Einziger, seit 13. 4. 2019 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer ist DI C* H*. Ihre Gesellschafter sind die Sp* GmbH mit einer Stammeinlage von 17.500 EUR, die A*GmbH mit einer Stammeinlage von 12.110 EUR sowie die C*GmbH mit einer Stammeinlage von 5.390 EUR, deren Alleingesellschafter DI C* H* ist. Weder die Sp* GmbH noch deren Alleingesellschafter, eine natürliche Person, sind Aktionäre der Beklagten. Die A*GmbH ist mit einem Anteil von 17,55 %, DI C* H* ist mit einem Anteil von 7,84 % an der Beklagten beteiligt.
Der Gesellschaftsvertrag der Nebenintervenientin enthält im § 10 (Generalversammlung) folgende Bestimmung:
„e) Für alle Beschlussfassungen gilt: Werden gleich viele Pro- und Contra-Stimmen abgegeben, gilt jene Entscheidung als getroffen, der sich die Mehrheit der Gesellschafter angeschlossen hat.“
[25] Die Hauptversammlung der Beklagten hat keinen Beschluss über die Gestattung der Übertragung der Aktien der Veräußerer an die Nebenintervenientin gefasst.
[26] Der zwischen den Veräußerern und der Klägerin abgeschlossene Aktienkaufvertrag wurde mit Closing vom 19. 11. 2019 vollzogen und die Aktien mit Indossament übergeben. Die Beklagte wurde über die Übertragung der Aktien durch Übermittlung der Aktien samt Indossament informiert.
2. Normen
§ 62 AktG lautet:
„(1) …
(2) Die Satzung kann die Übertragung von Namensaktien an die Zustimmung der Gesellschaft binden. Die Zustimmung gibt der Vorstand, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt. Die Zustimmung darf nur aus wichtigem Grund verweigert werden.
(3) Ist nach der Satzung die Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung der Aktien notwendig, so ist, falls die Zustimmung versagt wird, dem Aktionär bei Nachweis der Einzahlung des auf die Einlage eingeforderten Betrags vom Gericht die Übertragung der Aktie zu gestatten, wenn kein wichtiger Grund für die Verweigerung der Zustimmung vorliegt und die Übertragung ohne Schädigung der Gesellschaft, der übrigen Aktionäre und der Gläubiger erfolgen kann. Das Gericht hat vor der Entscheidung den Vorstand zu hören. Ungeachtet der erteilten Zustimmung des Gerichts zur Übertragung kann diese dennoch nicht wirksam stattfinden, wenn die Gesellschaft innerhalb eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung dem Aktionär durch eingeschriebenen Brief mitteilt, dass sie die Übertragung der Aktie zu den gleichen Bedingungen an einen anderen von ihr bezeichneten Erwerber gestatte.“
3. Normengeschichte
[27] § 62 Abs 2 Satz 1 und 2 AktG entspricht inhaltlich § 61 Abs 3 Satz 1 und 2 dAktG 1937, Satz 2 ist überdies wortgleich.
[28] § 62 Abs 3 AktG hat hingegen keine Entsprechung im dAktG 1937, das Vorbild für das österreichische AktG 1965 war (ErläutRV 301 BlgNR 10. GP 62), ebenso wenig im nunmehr geltenden dAktG (vgl 6 Ob 18/19v [ErwGr 4.2.1.]). Auch das dGmbHG hat keine entsprechende Bestimmung. Deutsche Rechtsprechung oder Literatur kann daher zur Auslegung dieser Bestimmung nicht herangezogen werden.
[29] § 62 Abs 3 AktG wurde bei der Erlassung des AktG 1965 weithin wort- und sinngleich (vgl 6 Ob 18/19v ErwGr 4.1.2.) von § 77 letzter Satz GmbHG übernommen. Die Materialien zum AktG erschöpfen sich in folgendem Hinweis (ErläutRV 301 BlgNR 10. GP 68):
„Die die Übertragung einer Namensaktie regelnden Vorschriften wären durch sinngemäße Übernahme der für gebundene (vinkulierte) Geschäftsanteile an der Gesellschaft mbH geltenden zweckentsprechenden Regelungen (§ 76 Abs 4, § 77 GesmbHG) zu ergänzen.“
[30] § 77 letzter Satz GmbHG wurde durch die Herrenhaus-Kommission in das GmbHG in der Stammfassung eingefügt. Der Herrenhausbericht (272 Blg Prot. HH, 17. Session 1905, 14) gibt lediglich folgenden Aufschluss:
„Selbst wenn das Gericht die Zustimmung schon erteilt hat, so soll der Gesellschaft noch immer das Recht zustehen, sich einen ihr nicht genehmen Gesellschafter fernzuhalten; sie braucht nur einen andern Erwerber zu den gleichen Bedingungen zu stellen, muss dies aber dem betreffenden Gesellschafter binnen Monatsfrist nach Rechtskraft der Entscheidung durch rekommandierten Brief mitteilen.“
4. Meinungsstand
4.1. Kommentarliteratur
[31] Nach herrschender Ansicht in der Kommentarliteratur zum GmbHG kommt die Entscheidung über den Ersatzerwerber den Personen zu, die hinsichtlich der Übertragung zustimmungsbefugt seien, weil andernfalls der Zweck des Entscheidungsvorbehalts verfehlt werde. Dabei werde auch die für die Gestattung der Veräußerung erforderliche Beschlussmehrheit einzuhalten sein (Rauter in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG [2020] § 77 Rz 34 f; Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 77 Rz 8; Hoffenscher-Summer in FAH, GmbHG § 77 Rz 27).
[32] Obliege die Entscheidung der Gesellschaft, sind nach Schopper (in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 77 Rz 8) die Geschäftsführer entscheidungsbefugtes Organ. Dabei hätten sie den Gesellschaftern die Möglichkeit zum Erwerb der freiwerdenden Anteile zu ermöglichen (§ 52 Abs 3 GmbHG analog). Machten die Gesellschafter von ihrem Recht keinen Gebrauch, erfolge die Willensbildung der Gesellschaft mittels eines Gesellschafterbeschlusses, wobei dem veräußerungswilligen Gesellschafter kein Stimmrecht zukomme (so auch Rauter aaO Rz 36; Hoffenscher-Summer aaO Rz 27). In Ermangelung einer gesonderten Regel im Gesellschaftsvertrag sei jene Beschlussmehrheit heranzuziehen, die für die Gestattung der Veräußerung gelte.
[33] Haberer/Zehetner (in Artmann/Karollus, AktG6 § 62 Rz 63) meinen, die Gesellschaft müsse entsprechend dem Gleichbehandlungsgebot den anderen Aktionären die Möglichkeit geben, die Aktien anteilsmäßig zu erwerben, sofern es keine sachlichen Gründe für eine abweichende Vorgangsweise gebe.
[34] Nach Eckert/Schopper/Reheis (in Eckert/Schopper, AktG-ON § 62 Rz 29 f unter Berufung auf Schopper NZ 2019, 365 [siehe unten Punkt 4.2.8.]) liegt die Entscheidungskompetenz zur Nominierung des Ersatzerwerbers zwingend beim Vorstand; ohne Vereinbarung in der Satzung bestehe kein generelles Bezugsrecht der Altaktionäre gemäß § 153 AktG (analog), weil mit Übertragung der Aktien an den Ersatzerwerber kein Verwässerungseffekt verbunden sei.
4.2. Monographien und Aufsätze
[35] 4.2.1. Reich-Rohrwig (Übertragung vinkulierter Anteile, ecolex 1994, 757 [759]) vertritt die Auffassung, bei der Ersatzerwerbernominierung müsse den bisherigen Gesellschaftern (Aktionären) die Möglichkeit gegeben werden, die „frei werdenden Anteile“ zu erwerben. Im Zweifel stehe dieses Recht den bisherigen Anteilsinhabern im Verhältnis der Nennbeträge ihrer Beteiligung zu (§ 52 Abs 3 GmbHG; § 153 Abs 1 AktG). Die Gesellschafter bzw Aktionäre wollten sich durch die satzungsmäßige Vinkulierung zusätzlich gegen das Eindringen dritter Personen schützen und unter sich bleiben. Es wäre nicht einsichtig, warum Geschäftsführer oder Vorstand in dieser innersozietären Frage Einfluss nehmen können sollten, wo diese Frage doch primär die Gesellschafter bzw Aktionäre betreffe. In allfälligen Gesellschafterbeschlussfassungen über das Verfahren beim Firmenbuchgericht und über die Ausübung dieses Bezugsrechts der verbleibenden Gesellschafter sei der veräußerungswillige Gesellschafter nicht stimmberechtigt, weil er einerseits Verfahrensgegner sei, andererseits aber auch kein schutzwürdiges Interesse daran habe, wie sich der Kreis der Gesellschafter nach seinem Ausscheiden zusammensetze.
4.2.2. Fantur/Zehetner (Vinkulierte Geschäftsanteile, ecolex 2000, 428 [432]) vertreten (zur GmbH) die Auffassung, das Nominierungsrecht komme den die Zustimmung verweigernden Gesellschaftern zu. Folge man der Ansicht Reich-Rohrwigs, so werde die Gesellschaft im Verfahren über die Ersetzung der Zustimmung durch das zustimmungsberechtigte Organ vertreten, dem in der Folge somit auch das Nominierungsrecht zukomme. Dies begründen die genannten Autoren auch mit der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, wonach das Gericht vor seiner Entscheidung über die Gestattung „die Geschäftsführer“ (§ 77 Satz 2 GmbHG; vgl dem entsprechend § 62 Abs 3 Satz 2 AktG: „den Vorstand“) zu hören hat, welche Regelung überflüssig wäre, wenn die Gesellschaft im Verfahren ohnehin stets durch die Geschäftsführer vertreten würde.
[36] 4.2.3. Nach Auer (Doppelvinkulierung bei GmbH & Co KG, wbl 2002, 253 [255]) hat der Zustimmungsberechtigte das Nominierungsrecht.
[37] 4.2.4. Gurmann/Sakowitsch (Vinkulierung von Geschäftsanteilen und Rechtsfolgen der Umgehung, GeS 2008, 136 [137 f]) gehen davon aus, dass primär die bisherigen Gesellschafter die Möglichkeit zum Erwerb der nun „frei werdenden Anteile“ erhalten, wobei eine Generalversammlung einzuberufen und die Erklärungen der Gesellschafter einzuholen seien, ob die Gesellschafter ihr Bezugsrecht ausüben und als Nomine genannt werden wollen; werde das Bezugsrecht nicht ausgeübt, sei mit Gesellschafterbeschluss über die Nominierung eines Dritten als Erwerber zu entscheiden, wobei dem abtretungswilligen Gesellschafter kein Stimmrecht zukomme.
[38] 4.2.5. Weismann (Übertragungsbeschränkungen bei GmbH-Geschäftsanteilen [2008] 117 f) führt aus, das Nominierungsrecht sei bei individuellen Zustimmungsrechten einzelner Gesellschafter den zustimmungsberechtigten Gesellschaftern und nicht der Gesellschaft als solcher einzuräumen. Das ergebe sich auch aus dem Zweck und der Wirkungsweise der Vinkulierungsbestimmungen und insbesondere des Nominierungsrechts. Werde einzelnen Gesellschaftern durch eine Vinkulierungsklausel ein individuelles Zustimmungsrecht zur Anteilsübertragung eingeräumt, dann solle diesen Gesellschaftern die Entscheidung über die Zustimmungserteilung oder -verweigerung bei Übertragung eines Geschäftsanteils und damit die Kontrolle über den Gesellschafterkreis zukommen. Die gerichtliche Ersetzung einer grundlos verweigerten Zustimmung gemäß § 77 GmbHG habe den Zweck, den übertragungswilligen Gesellschafter nicht unlösbar an die Gesellschaft zu ketten. Nach gerichtlicher Ersetzung der Zustimmung bleibe dem Nominierungsberechtigten aber noch das Recht, einen Ersatzerwerber zu benennen. Der Sinn dieses Nominierungsrechts liege wiederum darin, einen gänzlich unerwünschten Erwerber doch noch aus der GmbH fernzuhalten. Die Entscheidung, ob auf eine Nominierung verzichtet werde, sei damit letztlich eine Entscheidung darüber, wer neuer Mitgesellschafter werde. Diese Entscheidung und damit das Nominierungsrecht könne konsequenterweise aber nur demjenigen zukommen, dem über das vinkulierungsmäßige Zustimmungsrecht gesellschaftsvertraglich die Kontrolle über den Gesellschafterkreis zugestanden worden sei.
[39] 4.2.6. Grassner (Immobilisierungsmaßnahmen bei GmbH-Geschäftsanteilen [2010] 230 f) vertritt die Meinung, aus dem Zweck der Vinkulierungsklausel leite sich ab, dass den einzelnen zustimmungsberechtigten Gesellschaftern auch das Nominierungsrecht zuzugestehen sei. Sei in der Vinkulierungsklausel einzelnen Gesellschaftern die Entscheidung über die Genehmigung zur Anteilsübertragung eingeräumt gewesen, sei damit auch intendiert gewesen, dass diesen die Kontrolle über den Gesellschafterbestand zukommen solle. In diesem Sinn müssten es auch diese Gesellschafter sein, die nach der Ersetzung der Zustimmung durch das Gericht einen Ersatzerwerber bestimmten. Die Ansicht Reich-Rohrwigs vom Ausschluss des veräußerungswilligen Gesellschafters vom Stimmrecht stehe mit der herrschenden Lehre im Widerspruch, die diesem sein Stimmrecht auch bei der Beschlussfassung über die Erteilung der Zustimmung zur Anteilsübertragung nicht aberkenne. Bei der Suche nach einem Ersatzerwerber sei zuerst in den eigenen Reihen zu suchen. So solle vorrangig vor allem den übrigen Gesellschaftern Gelegenheit gegeben werden, den Geschäftsanteil (im Zweifel iSd § 52 Abs 3 GmbHG aliquot) zu übernehmen.
[40] 4.2.7. Die Klagevertreter (und Antragstellervertreter im Verfahren 6 Ob 18/19v) Hochfellner/Moser (Gerichtliche Gestattung der Übertragung von vinkulierten Aktien und Ausübung des Nominierungsrechts, GesRZ 2019, 316 [319 f]) meinen, es bestehe kein Grund, die Übertragung der Aktien an einen von der Gesellschaft ausgewählten Ersatzerwerber nicht auch dem Zustimmungsregime der jeweils vereinbarten Vinkulierungsklausel zu unterziehen. Eine außerordentliche Hauptversammlung könne nach § 107 Abs 1 AktG innerhalb der Monatsfrist des § 62 Abs 3 letzter Satz AktG fristgerecht angekündigt und durchgeführt werden. Sofern die Satzung eine die Monatsfrist überschreitende Einberufungsfrist vorsehen sollte und die Gesellschaft die Möglichkeit, einen Ersatzerwerber namhaft zu machen, nutzen möchte, werde der Vorstand bereits vor Vorliegen der rechtskräftigen Entscheidung eine Hauptversammlung einzuberufen haben. Aufgrund des eingeleiteten Verfahrens werde die Gesellschaft ohnehin bereits vor der rechtskräftigen Gerichtsentscheidung den Erwerb der Aktien mit möglichen Ersatzerwerbern sondieren. Die Hauptversammlung würde diesfalls vorsorglich über die mögliche Übertragung der Aktien an einen Ersatzerwerber entscheiden. Bei Hauptversammlungsbeschlüssen über die Zustimmung zur Übertragung der Aktien an einen Ersatzerwerber sei der veräußerungswillige Aktionär stimmberechtigt. Wenn der gerichtlich genehmigte Erwerber oder der Ersatzerwerber bereits Aktionär sei, könnten auch diese ihr Stimmrecht ausüben. Ein Fall des in § 125 AktG normierten Stimmverbots liege nicht vor. Das Aktienrecht kenne auch kein generelles Stimmverbot bei Interessenkollisionen.
[41] 4.2.8. Schopper (Gerichtliche Gestattung der Übertragung von vinkulierten Aktien und Benennung eines Ersatzerwerbers durch die AG – zugleich eine Besprechung von OGH 6 Ob 18/19v, NZ 2019, 365), der nach der von der Beklagten nicht bestrittenen und von der Nebenintervenientin implizit zugestandenen Behauptung der Klägerin für die Beklagte im vorliegenden Verfahren ein Rechtsgutachten erstattet hat (was in der Publikation allerdings nicht offengelegt wird), vertritt folgende Auffassung (370–373): Obwohl § 77 GmbHG Vorbild für § 62 Abs 3 AktG gewesen sei, habe der Gesetzgeber die GmbH-Regelung nur „sinngemäß“ in das Aktienrecht übernehmen wollen. Damit brächten die Gesetzesmaterialien deutlich zum Ausdruck, dass die GmbH-rechtliche Regelung und die dazu entwickelte Lehre nicht mechanisch und unbesehen in das Aktienrecht übertragen werden dürften, sondern stets die Besonderheiten der Aktiengesellschaft (AG) zu berücksichtigen seien. Die in § 76 Abs 2 GmbHG nicht, in § 62 Abs 2 AktG aber schon enthaltene „Öffnungsklausel“ („wenn die Satzung nichts anderes bestimmt“) müsse auch bei der systematischen Interpretation von § 62 Abs 3 AktG berücksichtigt werden. Dass der Gesetzgeber in § 62 Abs 3 AktG keine Öffnungsklausel vorgesehen habe, spreche dafür, dass er bewusst bei der Benennung eines Ersatzerwerbers keinen Gestaltungsspielraum für die Satzung einräumen habe wollen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich das Kompetenzgefüge einer AG – auch einer personalistischen, nicht-börsenotierten – wesentlich von dem einer GmbH unterscheide. Als gesetzlicher Regelfall entscheide der Vorstand der AG in allen Belangen der Gesellschaft alleine und weisungsfrei. Nur in Ausnahmefällen bedürfe es auch einer Entscheidung anderer Organe. Im Rahmen des grundsätzlich zwingenden Kompetenzgefüges bei der AG komme dem Vorstand insoweit eine zwingende Restkompetenz zu, als alle Zuständigkeiten, die das Aktiengesetz keinem anderen Organ einräume, durch den Vorstand zu erledigen seien. § 62 Abs 2 AktG wiederhole dieses bei der AG vorgegebene Kompetenzgefüge, eröffne aber auch die Möglichkeit zur Schaffung von statutarischen Abweichungen und schaffe damit die Ausnahme von der aktienrechtlichen Kompetenzordnung. § 62 Abs 3 AktG spreche dagegen nur von der „Gesellschaft“, ohne ein bestimmtes Organ zu nennen. Daher komme hier der aktienrechtliche Regelfall zur Anwendung, dh der Vorstand entscheide alleine und weisungsfrei, ob und wer als Ersatzerwerber benannt werde. Für eine zwingende Zuständigkeit des Vorstands bei der Benennung des Ersatzerwerbers ließen sich außerdem auch objektiv-teleologische Argumente ins Treffen führen. Die Zuständigkeit der Hauptversammlung führte angesichts der Anfechtbarkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses zu einer massiven Beeinträchtigung der Rechtssicherheit. Sei die Anfechtung am Ende erfolgreich und führe zu einer Vernichtung des Hauptversammlungsbeschlusses mit Wirkung ex tunc, dann dürfte ein zwischenzeitlich bereits erfolgter Verkauf an den im Hauptversammlungsbeschluss benannten Ersatzerwerber gegen die Vinkulierung verstoßen. In einem solchen Fall dürfte wohl nur an jenen Erwerber verkauft werden, den das Gericht nach § 62 Abs 3 Satz 1 AktG genehmigt habe, sofern dieser dann überhaupt noch ein Interesse am Erwerb habe. Überdies wäre die Monatsfrist für die Hauptversammlung angesichts der Fristen des § 107 Abs 1 AktG viel zu kurz bemessen. Einer Zustimmung anderer Organe bedürfe es nicht. Es liege auch keine Geschäftsführungsmaßnahme vor, weshalb auch kein Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats nach § 95 Abs 5 AktG bestehe. Bei der Auswahl des Ersatzerwerbers habe der Vorstand grundsätzlich freies Ermessen, müsse aber dann, wenn der Ersatzerwerber aus dem Kreis der Altaktionäre stamme, das Gleichbehandlungsgebot nach § 47a AktG beachten.
[42] 4.2.9. Haberer wägt in seiner Anmerkung zu 6 Ob 18/19v (GesRZ 2019, 347 [352 f]) ab, ob das Nominierungsrecht dem Vorstand oder der Hauptversammlung zusteht, wobei diesfalls für den veräußerungswilligen Aktionär kein Stimmverbot bestehe, und kommt zum Ergebnis, ein Alleinentscheidungsrecht des Vorstands könnte im Ergebnis die vorige Entscheidung der Hauptversammlung über die Verweigerung der Zustimmung unterlaufen; auch wenn die Gesetzeslage diesbezüglich nicht eindeutig sei, tue der Vorstand auch zu seiner eigenen Absicherung gut daran, einen solchen Ersatzerwerb nur dann vorzunehmen, wenn diesem auch das zur Entscheidung über die Vinkulierung zuständige Organ zustimme.
4.2.10. Reich-Rohrwig/Zimmermann (Zur Benennung eines Ersatzerwerbers für vinkulierte Aktien, ecolex 2021, 438) meinen, es wäre offenkundig wertungswidrig, wenn bspw die Gesellschafter- oder die Hauptversammlung die Übertragung des Geschäftsanteils an einen Außenstehenden verhindern wolle, dann vor Gericht damit scheitere und in der Folge Geschäftsführer oder Vorstand im freien Ermessen einen beliebigen Ersatzerwerber – bspw einen Konkurrenten oder eine andere, den Gesellschaftern noch weit missliebigere Person – als Erwerber benennen könnte. Auch die Haftung der Geschäftsführer oder des Vorstands für die Nominierung eines schädlichen Ersatzerwerbers erscheine insoweit kein hinreichendes Korrektiv, als ein Schaden bspw durch den Eintritt eines Konkurrenten oder die Störung des vertrauensvollen Gesellschaftsverhältnisses durch Eintritt eines charakterlich oder seiner Reputation ungeeigneten Mitgesellschafters kaum bewertbar sei. Übertrüge man allein der General- oder Hauptversammlung per Mehrheitsbeschluss das Recht, einen Ersatzerwerber zu benennen, drohe ein ebenso unbilliges Ergebnis. Diesfalls hätte nämlich bspw der Mehrheitsaktionär nicht nur de facto ein alleiniges Vorkaufsrecht – da er jederzeit grundlos die Übertragung verhindern könnte, um dann sich selbst als Ersatzerwerber zu nominieren –, sondern könnte auch beliebige Eigeninteressen durch die Nominierung eines der Gesellschaft und den übrigen Minderheitsaktionären schädlichen Ersatzerwerbers fördern. Das in § 62 AktG zum Ausdruck kommende Gesellschaftsinteresse, welches der gerichtlichen Überprüfung unterliege, würde diesfalls überhaupt nicht berücksichtigt werden. Im Ergebnis würde der gerichtlich als für das Gesellschaftsinteresse unschädlich befundene Erwerber durch einen solchen ersetzt werden können, auf den die Schädlichkeit oder Interessenwidrigkeit in hohem Maße zutreffe. Sachgerecht sei daher ein aliquotes Bezugsrecht der bestehenden Aktionäre. Würden nicht alle Aktien aufgegriffen, könne eine Nominierung eines Gesellschaftsfremden durch den Vorstand erwogen werden. Ein Zustimmungsvorbehalt könne durch die Satzung auch (ausdrücklich oder schlüssig etwa durch Wendungen wie „wesentliche Geschäfte“ oder „Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen“) dem Aufsichtsrat eingeräumt werden.
5. Stellungnahme
5.1. Zur Organkompetenz für die Ersatzerwerbernominierung
[43] 5.1.1. Wie die Normengeschichte zeigt, kann den Materialien zum GmbHG 1906 nur die Absicht entnommen werden, dass nicht das (die verweigerte Zustimmung der Gesellschaft ersetzende) Gericht, sondern die Gesellschaft das „letzte Wort“ bei der Benennung der Person des Erwerbers von vinkulierten Geschäftsanteilen haben sollte. Absichten des Gesetzgebers dazu, wie diesbezüglich die Willensbildung in der Gesellschaft erfolgen sollte oder – mit anderen Worten – welches Organ in der GmbH für die Entscheidung über die Person des Erwerbers zuständig sein sollte, lassen sich den Materialien nicht entnehmen. Es muss aus diesem Schweigen der Materialien im Zweifel vermutet werden, dass die maßgeblichen Personen im Gesetzwerdungsprozess sich darüber keine Gedanken gemacht haben. § 6 ABGB stellt auf die „klare Absicht des Gesetzgebers“ ab. Sind die Absichten des Gesetzgebers aus dem Gesetzeswortlaut oder den Materialien nicht eindeutig, so kann man für deren Erforschung daher auf den Maßstab des § 863 ABGB an schlüssige Willenserklärungen („keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln“) sowie den allgemeinen Grundsatz, dass Schweigen grundsätzlich keinen Erklärungswert hat, zurückgreifen. Somit kann in aller Regel aus einem Schweigen des Gesetzgebers bzw der Materialien eben keine bestimmte Absicht des Gesetzgebers abgeleitet werden. Dasselbe gilt angesichts der diesbezüglich nichtssagenden Materialien für den Gesetzgeber des AktG 1965.
5.1.2. Zu § 62 Abs 3 letzter Satz AktG ist zunächst festzuhalten, dass die Bestimmung nur von der „Gesellschaft“ spricht, ohne das handlungsbefugte bzw handlungspflichtige Organ zu bezeichnen. Dieser Satz normiert bei genauer Betrachtung kein Rechtsgeschäft der Gesellschaft. Es ist nämlich nur von der „Mitteilung“ einer „Gestattung“ an den veräußerungswilligen Aktionär die Rede. Diese Mitteilung ist aber keine Willens-, sondern eine (freilich Rechtsfolgen auslösende) Wissenerklärung, auf die etwa § 71 Abs 2 AktG, der Willenserklärungen behandelt, unmittelbar gar nicht anwendbar ist. § 62 Abs 3 letzter Satz AktG regelt somit die Ersatzerwerbernominierung durch die Gesellschaft gar nicht, sondern setzt diese voraus. Dabei legt sich die Bestimmung nicht fest, ob diese Nominierung vor oder nach der Mitteilung erfolgen kann, soll oder muss und wie die Willensbildung in der Gesellschaft erfolgt. Die Frage, wem in der Gesellschaft die Willensbildung über die Person des Ersatzerwerbers zukommt, ist somit überhaupt ungeregelt.
[44] 5.1.3. Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Mitteilung nach § 62 Abs 3 letzter Satz AktG durch den Vorstand erfolgt, kommen doch die Hauptversammlung und der Aufsichtsrat als nicht ständig tagende Organe dafür realistischerweise nicht in Frage. Damit ist aber über die Willensbildung in der Gesellschaft noch nichts gesagt.
[45] 5.1.4. Weiters ist mit der insoweit einhelligen Literatur (Reich-Rohrwig, ecolex 1994, 757; Weismann aaO 120; Grassner aaO 231; Rauter aaO Rz 40; Hochfellner/Moser aaO 319) festzuhalten, dass die Mitteilung nach § 62 Abs 3 letzter Satz AktG die dort normierte Wirkung nur entfalten kann, wenn tatsächlich ein dazu bereiter und fähiger Ersatzerwerber vorhanden ist, die Gesellschaft diesem gegenüber die „Gestattung“ des Aktienerwerbs erklärt und der Ersatzerwerber die gleichen Bedingungen innerhalb angemessener Frist erfüllt. Bei dieser Erklärung der Gesellschaft handelt es sich um eine Willenserklärung, zu deren Abgabe gemäß § 71 AktG der Vorstand zuständig ist.
[46] 5.1.5. Das formale Argument Schoppers (NZ 2019, 365), mangels „Öffnungsklausel“ in § 62 Abs 3 AktG (im Gegensatz zu dessen Abs 2) komme die gesellschaftsinterne Willensbildung über den Ersatzerwerber zwingend dem Vorstand zu, überzeugt nicht: Dass § 62 Abs 2 AktG (anders als § 77 GmbHG) ausdrücklich erlaubt, dass für die Zustimmung die Satzung anderes als die Zuständigkeit des Vorstands vorsehen kann, ist aus der wörtlichen Übernahme dieser Bestimmung aus dem dAktG 1937 (vgl Punkt 3.) zu erklären.
[47] Im österreichischen GmbHG war seit jeher die Möglichkeit, die Kompetenz zur Zustimmung zur Person des Ersatzerwerbers der Beschlussfassung durch die Gesellschafter einzuräumen, völlig klar: Der Gesellschaftsvertrag kann nämlich, abgesehen von den zwingend erforderlichen Bestimmungen (§ 4 Abs 1 GmbHG), grundsätzlich alles regeln, was keinen (zwingenden) Normen des GmbHG widerspricht (§ 4 Abs 2 GmbHG). Nach § 35 Abs 2 Satz 1 GmbHG (Stammfassung) können die Gegenstände, die der Beschlussfassung durch die Gesellschafter unterliegen sollen, im Gesellschaftsvertrag vermehrt oder verringert werden. Dies wird in der Lehre dahin verstanden, dass die Gesellschafter ihren eigenen Entscheidungsbereich durch Einführung eines grundsätzlich umfassenden Zustimmungsvorbehalts ausdehnen können (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 § 20 Rz 8; § 35 Rz 47; Enzinger in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG [2021] § 35 Rz 112). Somit