TE Lvwg Erkenntnis 2021/9/6 VGW-031/090/12688/2021

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Veröffentlicht am 06.09.2021
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Entscheidungsdatum

06.09.2021

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

StVO 1960 §24 Abs1 lita
StVO 1960 §99 Abs3 lita
VStG 1991 §45 Abs1 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. Chmielewski über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 11. August 2021, Zl. MA67/.../2021, betreffend Straßenverkehrsordnung (StVO)

zu Recht:

I. Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 15,60 Euro (das sind 20 Prozent der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Verfahrensgang:

1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 11. August 2021, Zl. MA67/.../2021 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von 78 Euro gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO verhängt, weil er das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-... (A) am 25. Juni 2021 von 19.19 bis 19.24 Uhr in Wien, C.-Platz, im Bereich des Verbotszeichens „Halten und Parken verboten“ abgestellt und damit § 24 Abs. 1 lit. a StVO verletzt hat. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde mit 18 Stunden bemessen. Gemäß § 64 VStG wurde der Betrag von 10 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt.

2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde in der er vorbrachte, dass er wenig Einkommen hat. Er habe 5 Minuten wegen eines Medikaments, das er in der Apotheke für seine kranke Tochter geholt habe, geparkt. Der Betrag von 88 Euro sei für ihn sehr viel. Er beantragte die Herabsetzung der Strafe („Bitte können Sie unten machen.“). Mit der Beschwerde legte er eine Gehaltsabrechnung für Juli 2021 vor, aus der sich ergibt, dass er in diesem Monat ein Nettoeinkommen von knapp 740 Euro bezogen hat.

Feststellungen:

Die Beschwerde gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 11. August 2021, Zl. MA67/.../2021 ist lediglich gegen die Höhe der verhängten Strafe gerichtet.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers sind ungünstig.

Zum Beschwerdeführer gibt es folgende verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen:

Mit Bescheid der MA 67 zur Zahl: MA 67/.../2020 wurde über den Beschwerdeführer wegen der Verletzung von § 24 Abs. 1 lit. k StVO eine Geldstrafe von 98 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden, verhängt.

Mit Bescheid der MA 67 zur Zahl: MA 67/.../2019 wurde über den Beschwerdeführer wegen der Verletzung von § 24 Abs. 1 lit. a StVO eine Geldstrafe von 78 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden, verhängt.

Mit Bescheid der MA 67 zur Zahl: MA 67/.../2018 wurde über den Beschwerdeführer wegen der Verletzung von § 23 Abs. 2 StVO eine Geldstrafe von 68 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden, verhängt.

Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum Umfang der Beschwerde ergibt sich aus deren eindeutigem Wortlaut. So wird vorgebracht, dass der Betrag von 88 Euro für den Beschwerdeführer sehr viel ist. Er beantragte auch explizit mit der Wendung „bitte können Sie unten machen.“ die Herabsetzung der Strafe. Die ihm zur Last gelegte Tat bestritt der Beschwerdeführer nicht.

Die Feststellung zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers beruht auf der von ihm mit der Beschwerde vorgelegten Gehaltsabrechnung vom Juli 2021. Das Verwaltungsgericht Wien geht wegen des im Juli 2021 sehr niedrigen Einkommens des Beschwerdeführers davon aus, dass sich seine Lage seitdem nicht dermaßen substantiell verbessert hat, dass bei ihm nunmehr durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse angenommen werden könnten.

Die Feststellung zu den verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen zum Beschwerdeführer beruht auf einem diesbezüglichen Auszug der Magistratsabteilung 67 vom 29. Juli 2021.

Rechtliche Beurteilung:

Ob sich eine Beschwerde ausschließlich gegen die Strafhöhe richtet, ist aufgrund der Gesamtheit der Beschwerde zu überprüfen. Dabei hat sich das Verwaltungsgericht einer objektiven Betrachtungsweise zu bedienen (VwGH 27.10.2014, Ra 2014/02/0053; 18.10.1999, 98/17/0364; 22.4.1999, 99/07/0010). Im konkreten Fall gibt es - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt - keine Zweifel daran, dass ausschließlich die im Straferkenntnis verhängte Strafhöhe angefochten wurde.

Damit ist das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der angelasteten Verwaltungsübertretungen dem Grunde und der Schuld nach in Rechtskraft erwachsen. Daher war vom erkennenden Gericht – von den im Straferkenntnis enthaltenen Feststellungen und vom Vorbringen des Beschwerdeführers ausgehend – lediglich eine Prüfung und Beurteilung der Strafbemessung vorzunehmen (siehe dazu unter vielen VwGH 28.5.2019, Ra 2018/05/0266; 19.10.2017, Ra 2017/02/0062 und 2.12.2015, Ra 2015/02/0220).

Die maßgeblichen Bestimmungen der StVO lauten:

Gemäß § 24 Abs. 1 lit. a StVO ist das Halten und das Parken im Bereich des Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“ nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z 13b, verboten.

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Entscheidend für die Beurteilung des Unrechtsgehalts der Tat im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG ist nicht die abstrakte Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsguts - diese findet ihren Ausdruck bereits in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens - sondern das Ausmaß, in dem dieses Rechtsgut durch die in Rede stehende Tat konkret beeinträchtigt wurde (vgl. VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108, mwN; VwGH 26.07.2018, Ra 2017/17/0804).

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Die der Strafe zugrundeliegende Tat beeinträchtigt in nicht unerheblichem Maße das öffentliche Interesse an der Freihaltung der Verkehrsfläche zur widmungsgemäßen Verwendung.

Der objektive Unrechtsgehalt der Tat erweist sich daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, als keinesfalls gering.

Das Verschulden des Beschwerdeführers kann nicht als geringfügig angesehen werden. Es ist weder hervorgekommen, noch war auf Grund der Tatumstände anzunehmen, dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Insbesondere ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass sein Kind an diesem Tag krank gewesen ist und er eine Nachtapotheke für die Besorgung von Medikamenten gebraucht hat, wobei er einen Parkplatz nicht gefunden hat, nicht geeignet das Verschulden des Beschwerdeführers als geringfügig einzustufen. Denn zu der Urzeit um kurz vor 19.30 Uhr ist einerseits eine Nachtapotheke jedenfalls noch länger offen, und andererseits ergibt sich aus der Beschwerde nicht, dass es sich um einen medizinischen Notfall gehandelt hat, der den Beschwerdeführer gezwungen hat, das betreffende Halten- und Parken verboten Zeichen zu missachten.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers sind aufgrund des vorgelegten Gehaltsnachweises für Juli 2021 als ungünstig zu bewerten.

Aus dem Akt der belangten Behörde ergibt sich nicht, dass sie bei der Strafbemessung von ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausging.

Doch ist nach Ansicht des erkennenden Richters aufgrund der feststellungsgemäß einschlägigen Verwaltungsstrafen, die gegen den Beschwerdeführer jeweils wegen der Missachtung von Halte- und Parkverboten in den Jahren 2018, 2019 und 2020 verhängt wurden, trotz der ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse kein Raum für eine Herabsetzung der Strafe gegeben. Dabei ist zu bedenken, dass angesichts eines Strafrahmens von 726 Euro die Verhängung einer Geldstrafe von 78 Euro vor dem Hintergrund der drei einschlägigen Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers in den letzten Jahren sich noch immer im unteren Bereich des Strafrahmens bewegt.

Insbesondere aus spezialpräventiven Überlegungen kann die Höhe dieser Strafe nicht herabgesetzt werden. Sie erweist sich als notwendig, um den Beschwerdeführer zukünftig von der Begehung weiterer Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG schied auf Grund der oben erörterten Strafbemessungsgründe – ein nur geringes Verschulden bzw. eine Geringfügigkeit der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes bzw. eine nur geringfügige Intensität seiner Beeinträchtigung konnte nicht festgestellt werden – aus.

Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe ist entsprechend der Schuld des Täters unter Berücksichtigung der Erschwerungsgründe und Milderungsgründe zu bemessen. Hingegen sind die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters nur bei der Bemessung der Geldstrafe, nicht aber der Ersatzfreiheitsstafe maßgebend (vgl. VwGH 28.04.2011, 2009/16/0099).

Die im angefochtenen Straferkenntnis festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden erweist sich aufgrund der oben dargestellten Erwägungen als angemessen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch genannten Gesetzesstellen.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 2 VwGVG abgesehen werden, weil sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Da lediglich eine Geldstrafe bis zu 726 Euro und keine (primäre) Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und tatsächlich nur eine Geldstrafe von 78 Euro verhängt wurde, ist eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung in Rechten gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nach § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig.

Die ordentliche Revision der Amtspartei ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Strafbemessung erfolgte anhand einer einzelfallbezogenen Abwägung, die nach den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen vorgenommen wurde und warf daher keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. VwGH 9.6.2017, Ra 2017/02/0018).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Halten und Parken; Verwaltungsübertretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.090.12688.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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