TE Lvwg Erkenntnis 2022/4/14 LVwG-2020/27/2257-3

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Veröffentlicht am 14.04.2022
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Entscheidungsdatum

14.04.2022

Index

82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal

Norm

ÄrzteG 1998 §136 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Rosenkranz über die Beschwerde des AA, geboren am XX.XX.XXXX, wohnhaft in **** Z, Adresse 1, vertreten durch BB, Rechtsanwalt, Adresse 2, **** Y, gegen das Disziplinarerkenntnis des Disziplinarrats der Österreichischen CC-Kammer, Disziplinarkommission für Tirol vom 07.07.2020, Zl ***, wegen Disziplinarstrafe nach dem Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

wie folgt:

1.       Der Beschwerde wird dahingehend Folge gegeben, als die Geldstrafe in Höhe von Euro 4.000,00 auf Euro 2.000,00 herabgesetzt wird.

Weiters wird der Beschwerde dahingehend Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe gemäß § 139 Abs 3 Ärztegesetz unter Festsetzung einer Bewährungsfrist von 2 Jahren bedingt nachgesehen wird.

Im Übrigen wird der Beschwerde mit der Maßgabe im vorerwähnten Ausmaß Folge geben, als im Spruch anstelle der Wortfolge „§ 53 Abs 1 ÄrzteG“ die Wortfolge „§ 136 Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I Nr 169/1998 idF BGBl I Nr 105/2019“ gesetzt wird

und im Übrigen der Satz „Der Disziplinarbeschuldigte hat dadurch das Disziplinarvergehen nach § 136 Abs 1 Z 2 ÄrzteG begangen.“ durch den Satz „ Der Disziplinarbeschuldigte hat dadurch ein Disziplinarvergehen nach § 136 Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I Nr 169/1998 idF BGBl I Nr 105/2019 iVm § 1 und § 2 Abs 3 der Verordnung der Österreichischen CC-Kammer über die Art und Form zulässiger Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014) idF vom 14.12.2018 begangen.“

2.       Die ordentliche Revision ist nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 25.11.2019 hat der Disziplinaranwalt-Stellvertreter beim Disziplinarrat der Österreichischen CC-Kammer, der Disziplinarkommission für Tirol folgende Disziplinaranzeige zur Kenntnis gebracht:

Der Disziplinarbeschuldigte sei Arzt sowie Geschäftsführer und Eigentümer der DD GmbH mit Sitz in Adresse 1, **** Z. Im November 2019 habe er im sozialen Netzwerk EE ein Video mit durch einen mit einem Baum offenbar schwer verunfallten PKW und nachfolgenden Überschriften veröffentlicht: „FF hatte heute zweimal Pech. Zuerst hat ihn ein Baum schwer verletzt. Dann kam ein leider sehr unerfahrener Notarzt. Deshalb musste FF sterben. Wärst du besser vorbereitet?“ Sodann sei die Einblendung erfolgt: „Bis du in der Notfallmedizin sattelfest?“ Mit den Antwortmöglichkeiten „ja“ und „wäre auch unsicher“ mit dem Hinweis auf „GG“ und „(URL IM ORIGINAL ENTHALTEN)“. Während des Videos seien links oben das Bild des Disziplinarbeschuldigten und sein Name sichtbar. Der Disziplinarbeschuldigte habe zum Zweck der Werbung für die Leistungen der DD Tirol GmbH das soziale Netzwerk EE benutzt, wobei Nutzer Fotos oder Videos erstellen und in ihren „Stories“ posten konnten, die 24 Stunden lang öffentlich sichtbar seien. EE habe weltweit 2,27 Milliarden Nutzer, die dieses soziale Netzwerk verwenden (2018) und seien es in Österreich Ende 2011 insgesamt 3,68 Millionen Nutzer gewesen.

                                   

Gemäß § 53 Abs 1 ÄrzteG habe sich der Arzt jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten. Gemäß § 2 Abs 3 Z 3 der Verordnung über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014) liege eine das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information bei Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistungen durch aufdringliche und/oder marktschreierische Darstellung vor.

Der Disziplinarbeschuldigte habe sich durch die Verwendung der Funktion EE-Story an die breite Öffentlichkeit gewandt. Die Anpreisung der Leistung der DD Tirol GmbH, die in seinem Eigentum stehe, sei zweifellos aufdringlich und reklamehaft, da der vordergründige Zweck der Darstellung offensichtlich darin liege, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen und erst in zweiter Linie, über einen Notfallkurs zu informieren. Der Disziplinarbeschuldigte habe somit eine das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs getätigt und damit eine Berufspflichtverletzung nach § 53 Abs 1 ÄrzteG, § 2 Abs 3 Z 3 der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 begangen. Durch sein Verhalten habe er auch das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen gegenüber beeinträchtigt und habe somit Disziplinarvergehen nach § 136 Abs 1 Z 1 und Z 2 begangen.

In weiter Folge fasste der Disziplinarrat der Österreichischen CC-Kammer, Disziplinarkommission für Tirol mit 21.01.2020 den Einleitungsbeschluss zu ***. Demnach habe der Disziplinarbeschuldigte im November 2019 im Internet auf EE öffentlich einsehbar ein Video für die DD Tirol GmbH veröffentlicht („FF hatte heute zweimal Pech. Zuerst hat ihn ein Baum schwer verletzt. Dann kam ein leider sehr unerfahrener Notarzt. Deshalb musste FF sterben. Wärst du besser vorbereitet? ...“); damit sei durch reißerische Darstellung aufdringlich, reklamehaft anstatt bloß informativ für ärztliche Notfallmedizin-Kurse geworben worden. Dieser Verdacht ergebe sich aus der auf einem USB-Stick im Disziplinarakt befindlichen Kopie des Werbevideos. Es bestehe der Verdacht, der Disziplinarbeschuldigte habe seine Berufspflichten nach § 53 Abs 1 ÄrzteG 1998 iVm § 2 Abs 3 Z 3 der Verordnung der Österreichischen CC-Kammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014) verletzt und habe dadurch das Disziplinarvergehen nach § 136 Abs 1 Z 2 ÄrzteG begangen.

Mit Schriftsatz vom 07.02.2020 hat der Disziplinarbeschuldigte, nunmehr vertreten durch BB, Rechtsanwalt, Adresse 2, **** Y eine Stellungnahme abgegeben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der Disziplinarbeschuldigte Geschäftsführer der DD Tirol GmbH mit Sitz in **** Z sei. Dieses Unternehmen biete Notfalltrainings für Ärzte und deren MiterarbeiterInnen sowie auch Fortbildungen für Notärzte an. Es sei dem Vorwurf entgegen zu treten, dass das gegenständliche Video / die gegenständliche Aussendung „öffentlich“ einsehbar gewesen wäre. Tatsächlich sei die Aussendung lediglich von 75 Personen, welche sich sämtlich in der „Freundesliste“ des sozialen Netzwerkes EE des Disziplinarbeschuldigten befinden hätten müssen, aufgerufen und damit faktisch gesehen worden.

Im Zusammenhang damit wurde ein Foto eingescannt, das neben dem Bild und dem Namen des Disziplinarbeschuldigten das Datum „16. Nov.“ enthält und sodann auf grauen Untergrund mit einem durchscheinenden PKW-Bild die Frage enthält: „Bist du in der Notfallmedizin sattelfest?“ Darunter auf blauem Untergrund in weißer Schrift „ja 100%“, sowie wiederum auf grau-schwarzem Untergrund „deshalb musste FF sterben. Wärst du besser vorbereitet?“ und sodann „(URL IM ORIGINAL ENTHALTEN)“. Am unteren Ende befindet sich in einem dunkelgelben Teil des Fotos „Kleingruppen Fachärzte als Trainer, high-tech-Simulation“ sowie darunter „75 Aufrufe“. Auf der linken Seite des Bildes und auf der rechten Seite des Bildes jeweils mit einem Zeichen versehen „teilen“ und „als Highlight markieren“. Weiters wird dann vorgebracht, dass „Stories“ im sozialen Netzwerk EE bis maximal 24 Stunden lang eingesehen werden können. Nichtzutreffend seien die Ausführungen, dass diese öffentlich sichtbar seien. Dies sei nämlich von der Privatsphäre-Einstellung abhängig, die der jeweilige Nutzer selber festlegen könne. Dementsprechend seien auch die weiteren Ausführungen zu Nutzerzahlen zu EE generell sowie zur Nutzerzahlen von EE in Österreich gegenstandslos. Gefragt sei, dass die gegenständliche Aussendung von tatsächlich nur 75 Personen aufgerufen worden sei. Gehe man davon aus, dass keine Person die Story zweimal aufgerufen habe, was auch für den Disziplinarbeschuldigten nicht zweifelsfrei feststellbar sei, so sei diese von maximal 75 Personen gesehen worden. In der Freundesliste des Disziplinarbeschuldigten im sozialen Netzwerk EE würden sich insgesamt 955 Personen befinden. Dies wurde wiederum mit einem Bildausschnitt aus EE dokumentiert, aus dem sich die Anzahl der Freunde ergibt.

Sodann wurde ausgeführt, dass der Disziplinarbeschuldigte über die Privatsphäre-Einstellungen im sozialen Netzwerk EE nach seinen Möglichkeiten versucht habe, sicher zu stellen, dass die Inhalte gerade nicht öffentlich bereitgestellt würden. Vielmehr sei es ausschließlich den von ihm ausgesuchten/zugelassenen Freunden möglich gewesen, seine Stories einzusehen. Auch hier wurde ein Screenshot eingefügt, aus dem sich ergibt, dass bei den Privatsphäre-Einstellungen und Tools unter „deine Aktivität“ bei „wer kann deine zukünftigen Beiträge sehen?“ angeführt ist „Freunde“. Sodann wurde dargelegt, dass der Disziplinarbeschuldigte sichergestellt habe, dass seine Stories nicht von Personen geteilt und sohin weiterverbreitet werden könnten. Dazu wurde ein Scrennshot zu „Story-Einstellungen“ eingefügt, aus dem sich ergibt, dass bei „Optionen zum Teilen“ jeweils bei „anderen gestatten, deine öffentlichen Story in ihrer eigenen Story zu teilen?“ und „zulassen, dass andere deine Stories teilen können, wenn du sie erwähnst?“ jeweils „nicht zulassen“ angeführt ist. Sodann wird ausgeführt, dass bei gegenständlicher Aussendung die Aufklärung über die absolute Notwendigkeit von regelmäßiger und vor allem praxisorientierter Aus- und Fortbildung der Notärzte im Vordergrund gestanden habe. Die Aussendung sei im Licht der modernen Kommunikationstechnologien und des gewandelten Verständnisses der freien Berufe im Allgemeinen von Werbung zu sehen, denn Kommunikation und Werbung habe sich in Zeiten von personalisierter Werbung, Influencern, etc verändert. In Zeiten, in denen Ärzte bzw das Unternehmen des Disziplinarbeschuldigten auch durch die Dienstleistungsfreiheit und die Grenznähe im starken Konkurrenzverhältnis stehen würden, sei es notwendig, auf seine Dienstleistungen aufmerksam zu machen, um wirtschaftlich überhaupt zu überleben. Diesen Gedanken sei auch die Ärzteschaft durch die Aufhebung des absoluten Werbeverbots nachgekommen. Bis 1992 sei bekanntlich dem Arzt im Zusammenhang mit der Ausübung seines ärztlichen Berufs jede Art der Werbung verboten gewesen. § 53 sowie die unbestimmten Begriffe in Verordnung Arzt und Öffentlichkeit seien im Licht der geänderten Wettbewerbsverhältnisse zu interpretieren. Insbesondere sei das Grundrecht auf Meinungsfreiheit Beurteilungsstandard. Zur Aussendung des Disziplinarbeschuldigten sei zu sagen, dass ein Notarzt in einer Stresssituation binnen Sekunden unter schwierigsten Bedingungen lebenswichtige Entscheidungen treffen müsse. Es sei daher unumgänglich, dass Notärzte bestmöglich ausgebildet seien. Darauf habe der Disziplinarbeschuldigte mit seiner Werbung hingewiesen. Selbst die CC-Kammer würde sich um auf ihre Anliegen hinzuweisen plakativer Sprache sowie Aufmachung ihrer Werbeplakate bedienen. Dazu wurden zwei Plakate als Fotos in den Schriftsatz aufgenommen. Dazu wurde ausgeführt, dass diese Plakate Teil einer weit verbreiteten Werbekampagne gewesen seien, die sich auch noch an Patienten gerichtet habe und an öffentlichen Plätzen ausgehängt worden seien.

Der Vorwurf, die Aussendung des Disziplinarbeschuldigten sei aufdringlich, lasse sich schon dadurch entkräften, dass es jedem Nutzer des sozialen Netzwerks EE freistehe, ob er sich die dort ersichtlichen Stories überhaupt ansehe. Entgegen den Beiträgen in Newsfeed von EE, die zwangsläufig nach dem Öffnen angezeigt würden, müsse man Stories extra anklicken. Überhaupt nicht zu vergleichen sei die Reichweite der Aussendung des Disziplinarbeschuldigten mit den Aussendungen/Plakaten der CC-Kammer. Aus Sicht des Disziplinarbeschuldigten habe er sich keiner anderen Darstellungsweise bedient als die CC-Kammer. Es sei davon auszugehen, dass auch für Werbungen der CC-Kammer die gleichen Standards gelten müssten wie für die Werbungen ihrer Mitglieder. Nach Durchsicht der Kampagne der Xer CC-Kammer habe der Disziplinarbeschuldigte davon ausgehen können, dass sich das Verständnis der Ärzteschaft in Hinblick auf die Werbebeschränkungen zwischenzeitlich gewandelt habe und nunmehr auch plakative Slogans der Werberichtlinie entsprechen würden.

In einer ergänzenden Stellungnahme wurde mit Schriftsatz vom 22.06.2020 seitens des Disziplinarbeschuldigten noch weiter vorgebracht, dass sich die Xer CC-Kammer genau der gleichen Rhetorik und plakativen Sprache wie der Disziplinarbeschuldigte bediene, um auf Missstände im medizinischen System aufmerksam zu machen und wurden sechs verschiedene Beispiele dargetan. Die CC-Kammer X vertrete die Ansicht, dass plakative Sprache und Aufmachung auch im Rahmen der für Ärzte geltenden Werbebestimmungen zulässig seien. Die Videos der Xer CC-Kammer seien in der Primetime im JJ geschaltet gewesen und sei daher zwanglos davon auszugehen, dass diese Videos einen großen Adressatenkreis erreicht hätten.

Am 07.07.2020 fand vor dem Disziplinarrat der österreichischen CC-Kammer, Disziplinarkommission für Tirol, eine nicht öffentliche Verhandlung statt, bei der der Disziplinarbeschuldigte einvernommen wurde und das gegenständliche Video vorgespielt wurde.

Anlässlich dieser Verhandlung wurde das Disziplinarerkenntnis verkündet.

Im nunmehr angefochtenen Disziplinarerkenntnis wird der Beschwerdeführer eines Disziplinarvergehens nach § 136 Abs 1 Z 2 ÄrzteG für schuldig erkannt, da er im November 2019 in Z die Berufspflichten verletzt habe, zu deren Einhaltung er nach § 53 Abs 1 ÄrzteG iVm der Verordnung der Österreichischen CC-Kammer über die Art und Form zulässige ärztliche Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014) verpflichtet gewesen sei, indem er im Internet auf EE ein Video für die DD Tirol GmbH („FF hatte heute zweimal Pech…“) veröffentlicht habe, mit welchem er reklamehaft anstatt bloß informativ für ärztliche Notfallmedizin-Kurse geworben habe. Als Disziplinarstrafe nach § 139 Abs 1 Z 2 ÄrzteG würde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von Euro 4.000.00 verhängt, die ihm gemäß § 139 Abs 3 ÄrzteG unter Festsetzung einer Bewährungsfrist von drei Jahren unbedingt nachgesehen wurde. Überdies wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, die mit Euro 800,00 bestimmten Kosten des Disziplinarverfahrens zu bezahlen.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin sei, jedoch keine Praxis führe, sondern Wohnsitzarzt in Z und Geschäftsführer der DD Tirol GmbH sei, die an seiner Wohnadresse ihren Sitz habe. Diese GmbH veranstalte Notfallmedizin-Kurse. Um für solche Notfallmedizin-Kurse für Ärzte zu werben, habe der Beschwerdeführer im November 2019 das nachfolgend beschriebene Video auf seinem EE Account in das Internet gestellt:

Unter dem Gesichtsbild des Disziplinarbeschuldigten und dem Namen AA erscheine eine Filmsequenz die einen beschädigten PKW zeige, auf dessen Dach ein großer – anscheinend umgestürzter – Baum liege. Es würden Schriften eingeblendet:

FF HATTE HEUTE ZWEIMAL PECH. ZUERST HAT IHN EIN BAUM SCHWER VERLETZT. DANN KAM EIN LEIDER SEHR UNERFAHRENER NOTARZT. DESHALB MUSSTE FF STERBEN. WÄRST DU BESSER VORBEREITET? – Bist du in der Notfallmedizin sattelfest. (URL IM ORIGINAL ENTHALTEN).

Angeboten würden die Antwortmöglichkeiten: „JA“ oder „WÄRE AUCH UNSICHER“. Im Balken am unteren Rand stehe „Antworte AA“. Sichtbar sei diese Veröffentlichung für die damals rund 955 EE-Freunde des Disziplinarbeschuldigten, bei denen es sich zu ca. 90 % um Ärzte und im Übrigen um Rettungssanitäter und Krankenpfleger handelte; rund 75 EE-Freunde hätten die Veröffentlichung tatsächlich angesehen. In Wahrheit habe es keinen Verunfallten und durch einen unerfahrenen Notarzt verstorbenen „FF“ gegeben. Der Beschwerdeführer habe gewusst, dass die veröffentlichte Geschichte bloß fiktiv gewesen sei. Dass er durch diese Art der Werbung gegen seine Berufspflichten verstoßen würde, sei ihm bei entsprechender Aufmerksamkeit erkennbar gewesen. Der Beschwerdeführer sei schon im Verfahren *** mit einer ähnlichen Thematik konfrontiert worden. Nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 53 Abs 1 ÄrzteG sowie Ausführungen zur Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 führte die belangte Behörde aus, dass die Aufzählung der ärztlichen Tätigkeit in § 2 Abs 2 ÄrzteG nicht taxativ, sondern bloß demonstrativ sei. Auch eine Lehrtätigkeit im klinischen Bereich sei eine ärztliche Tätigkeit, wobei anderes gelte, wenn Ärzte nicht klinisch, sondern rein naturwissenschaftliche Fächer unterrichten würden. Dementsprechend würden die vom Disziplinarbeschuldigten abgehaltenen und beworbenen Notarzt-Kurse unter die Werbebeschränkungen nach § 53 Abs 1 ÄrzteG und nach der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 fallen. Die Information für mehr als 900 EE-Freunde über einen angeblich Verunfallten und durch einen unerfahrenen Notarzt verstorbenen „FF“ sei fiktiv, also tatsachenwidrig und im Sinn des § 53 Abs 1 ÄrzteG und des § 2 Abs 2 der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 „unwahr“. Auch „Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistungen durch aufdringliche/oder marktschreierische Darstellung“ im Sinn des § 2 Abs 3 Z 3 der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 liege vor, weil es sich um ein reklamehaftes Erregen von Aufmerksamkeit handle, wobei der sachlichen Information über die ärztliche Lehrtätigkeit nur eine untergeordnete Rolle zugekommen sei.

Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass das inkriminierte Video nur von rund 75 Personen gesehen worden sei. Das gesamte Video sei für lediglich 24 Stunden einsehbar gewesen und im Nachhinein nicht mehr abrufbar. Da nicht festgestellt worden sei, für welche Dauer das Inkriminierte Video einsehbar gewesen sei, sei der Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt worden. Es sei bei der Frage, ob es sich um ein standeswidriges Vorgehen handle, wesentlich, welchen Verbreitungsgrad die inkriminierten Aussagen gehabt hätten. Diese seien nur für äußerst kurze Zeit und nur für einen ausgewählten Adressatenkreis, bestehend ausschließlich aus Ärzten, Krankenpflegern und Rettungssanitätern, einsehbar gewesen. Auf Basis dieser Feststellung sei auch ein Vorgehen nach § 136 Abs 8 ÄrzteG gerechtfertigt. Weiters sei das inkriminierte Video im Lichte der modernen Kommunikationstechnologien und des gewandelten Verständnisses der freien Berufe von Werbung im Allgemeinen zu interpretieren. Das Verständnis von Kommunikation und Werbung habe sich in Zeiten von personalisierter Werbung, Influencern, und vor allem der Möglichkeit von Werbung in sozialen Medien, sohin an einen ganz gezielten Adressatenkreis, verändert. In Zeiten, in welchen Ärzte bzw das Unternehmen des Disziplinarbeschuldigten auch durch die Dienstleistungsfreiheit und die Grenznähe in starkem Konkurrenzverhältnis stehen würden, sei es notwendig, auf seine Dienstleistungen aufmerksam zu machen, um wirtschaftlich zu überleben.

Diesem Gedanken sei auch die Ärzteschaft durch die Aufhebung des absoluten Werbeverbots nachgekommen. § 53 ÄrzteG sowie die unbestimmten Begriffe in der Verordnung „Arzt und Öffentlichkeit" seien nunmehr aber im Lichte der geänderten Wettbewerbsverhältnisse zu interpretieren. Nach Art 2 der Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit" sei eine Information dann unwahr, wenn sie den Tatsachen nicht entspreche. So etwa, wenn der Arzt eine Website-Einschaltung veranlasse, auf der angegeben sei, dass er in seiner Zweitordination alle Kassen habe, obwohl dies nicht zutreffe, oder wenn ein approbierter Arzt sich als „Gastprofessor an der staatlichen Universität W für Management im Gesundheitswesen" bezeichnet, obwohl es eine Universität dieser Bezeichnung gar nicht gäbe. Unzulässig ist ferner die Bezeichnung „Augenchirurgie und Laserzentrum am Sanatorium …“, wenn eine solche Institution mangels Bewilligung nicht existiere; oder die Bezeichnung „Klinik" für die Ordination eines Augenarztes, weil der durchschnittliche Patient mit einer „Klinik" ein Krankenhaus oder eine Bettenstation verbinde.

Im gegenständlichen Fall handle es sich aber um eine fiktive Geschichte. Eine unwahre Behauptung wie in den oben angeführten ausjudizierten Fällen liege daher nicht vor. Der Disziplinarbeschuldigte habe sich nicht eines unrichtigen Titels oder unrichtiger Informationen bedient, er habe vielmehr eine fiktive Geschichte geschaffen, was für einen durchschnittlichen Seher auch erkennbar gewesen sei. Der Disziplinarbeschuldigte habe sich daher keiner unwahren sondern lediglich fiktiver Behauptungen bedient. Es werde auch die fehlende Darstellung der Disziplinarkommission gerügt, dass das Video in einer sogenannten Story auf EE lediglich 24 Stunden einsehbar gewesen sei. Es habe nicht weiterverbreitet werden können und sei nach 24 Stunden auch nicht mehr einsehbar gewesen. Das Video habe auch dadurch nur einen geringen, darüber hinaus noch ausgewählten Adressatenkreis erreicht und könne aus Sicht des Disziplinarbeschuldigten nicht als Werbung im klassischen Sinne qualifiziert werden. Es steht jedem Nutzer des sozialen Netzwerkes EE nämlich frei, ob er sich die dort ersichtlichen „Storys" überhaupt ansehe. Entgegen den Beiträgen im Newsfeed von EE, welche zwangsläufig nach dem Öffnen der Webseite oder des Apps angezeigt würden, müsse man Storys auf EE extra anklicken. Überhaupt nicht zu vergleichen sei die Reichweite der Aussendung des Disziplinarbeschuldigten mit den Plakaten und Videos der CC-Kammer. Mangels Erfüllung der objektiven Tatseite sei der Disziplinarbeschuldigte daher freizusprechen.

Die Öffentlichkeitsarbeit der Xer CC-Kammer, die in den Stellungnahmen des Disziplinarbeschuldigten in ON 7 und 9 ausführlich dargestellt worden sei und die Videos, die in der mündlichen Verhandlung vorgeführt worden seien, seien sehr wohl für die Auslegung der unbestimmten Begriffe der Werberichtlinie beurteilungsrelevant. Es handle sich bei den Videos und Plakaten der Xer CC-Kammer um „reißerische Öffentlichkeitsarbeit", wie die Disziplinarkommission selbst einräume. Dadurch, dass diese Videos im JJ zur Primetime ausgestrahlt worden waren, seien sie auch dem Disziplinarbeschuldigten bekannt gewesen. Auch die Plakatkampagne, wie in ON 7 abgebildet, sei an gut einsehbaren öffentlichen Plätzen ausgehängt gewesen. Der Disziplinarbeschuldigte habe daher davon ausgehen können, dass die Ärzteschaft, die durch die CC-Kammern repräsentiert werde, inzwischen eine (sehr) liberale Auslegung der Verordnung „Arzt und Öffentlichkeitsarbeit" billige. Dass die Richtlinie auf die CC-Kammer als Körperschaft öffentlichen Rechts und mangels Anwendbarkeit des ÄrzteG auf diese keine Anwendung finde, müsse dem Disziplinarbeschuldigten als rechtlichen Laien nicht bekannt sein. Immerhin sind die CC-Kammern die zuständigen Stellen für die Überwachung und Einhaltung der Werbebeschränkungen. Dass sie sich jedoch selbst nicht an die Richtlinien halten würden, die sie ihren Mitgliedern vorgeben würden, sei für einen rechtlichen Laien und selbst für Rechtskundige nur schwer nachvollziehbar.

Im Übrigen betreibe auch die Österreichische CC-Kammer einen EE-Auftritt. Unter dem Hashtag #KK werden über diesen EE-Auftritt zahlreiche - jederzeit abrufbare - Videos veröffentlicht. Es werde darin unter anderem auch sehr offen Kritik an der Unterfinanzierung des Gesundheitswesens geübt. Dies beispielsweise auch mit einem Video, wo zwei Personen unter einem Mikroskop die Budgeterhöhungen für Ärzte mit Kassenvertrag suchen. Die Seite der Österreichischen CC-Kammer wurde - Stand 07.07.2020 - von 9.308 Personen abonniert, war sohin für sehr viele Personen einsehbar. Es sei dem Disziplinarbeschuldigten daher nicht subjektiv vorwerfbar und hätte es ihm auch nicht auffallen müssen, dass er mit dem inkriminierten Video gegen seine Berufspflichten verstöße. Sein Verschulden ist - wenn überhaupt - nur äußerst gering. Die Öffentlichkeitsarbeit der CC-Kammern habe beim Disziplinarbeschuldigten einen Rechtsirrtum hervorgerufen. Auch aus diesem Grund habe die Disziplinarkommission mit einem Freispruch, allenfalls einem Vorgehen nach § 136 Abs 8 ÄrzteG vorgehen müssen.

Tatsächlich seien die zur Beurteilung herangezogenen Bestimmungen jedoch auf den gegenständlichen Sachverhalt überhaupt nicht anwendbar. Die Disziplinarkommission habe § 53 Abs 1 ÄrzteG iVm § 2 Abs 3 Z 3 der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 einen Inhalt unterstellt, der diesen Bestimmungen überhaupt nicht zukomme. Im gegenständlichen Fall hätten die inkriminierten Aussagen nur von solchen Personen gesehen werden, die sich vorher aktiv für Inhalte des Disziplinarbeschuldigten auf der Plattform EE interessiert hätten. Es sei nämlich notwendig, mit dem disziplinarbeschuldigten über EE virtuell „befreundet" zu sein. Es erscheine nunmehr systemwidrig, wenn es tatsächlich disziplinär sein sollte, dass jemand, der sich aktiv für die Inhalte des Disziplinarbeschuldigten interessiere, sich durch diese Inhalte nunmehr belästigt fühle. Werbungen von Ärzten hätten Patienten ein sachliches Informationsangebot zu vermitteln, andererseits jedoch Verfälschungen des Berufsbildes und nicht weiter überprüfbare Aussagen, die unrichtige Vorstellungen oder Erwartungen entstehen lassen, hintanzuhalten.

Gemäß den Feststellungen der Disziplinarkommission befinde sich kein einziger Patient unter den Freunden des Disziplinarbeschuldigten auf dem benutzten Medium, nämlich der Plattform EE. In diesem Zusammenhang fehle auch die begehrte Feststellung, dass die Inhalte, die der Disziplinarbeschuldigte auf seiner EE-Plattform bereitstelle, weder geteilt, weiterverbreitet, noch öffentlich (dh über Suchmaschinen) eingesehen werden konnten, wie dies bereits in der Stellungnahme vom 07.02.2020 aufgezeigt worden sei. Da die Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 aber die Reputation der Ärzteschaft gegenüber Patienten schützen solle, sei sie auf die Werbung zwischen Berufskollegen untereinander nicht anwendbar. Die Werbebeschränkung solle das Interesse der Allgemeinheit wahren, sich bei der Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen von sachlichen Erwägungen leiten zu lassen. Es gelte der Grundsatz, dass durch Informationen bei medizinisch ungebildeten Personen keine ungerechtfertigten Erwartungen erweckt werden dürften. Das Verbot unsachlicher Werbung solle auch verhindern, dass dadurch beim Patienten unrichtige Vorstellungen oder Erwartungen entstehen würden. Sie würden das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient schützen. Die ärztlichen Werbebeschränkungen verfolgten darüber hinaus das Ziel, dass der Patient nicht durch Werbemittel in einen psychologischen Kaufzwang gebracht werden solle, sondern sich aus sachlichen Gründen zu einer Heilbehandlung entscheiden solle und nicht, vor allem mit Mitteln der Werbung dazu überredet werde.

Der Disziplinarbeschuldigte biete mit seiner Firma DD Tirol GmbH Kurse für Notfallmediziner und -Sanitäter an. Sein Kursangebot richte sich ausschließlich an Berufskollegen. An Werbung in der Öffentlichkeit habe der Disziplinarbeschuldigte daher kein Interesse. Auch mangels Anwendbarkeit der Bestimmungen auf den gegenständlichen Sachverhalt sei der Disziplinarbeschuldigte freizusprechen gewesen. Darüber hinaus wendet sich der Disziplinarbeschuldigte eventualiter gegen die Strafhöhe. Das inkriminierte Video habe einen vergleichsweise geringen Adressatenkreis von nur 75 Personen erreicht. Darüber hinaus sei das Video nicht öffentlich, sondern lediglich für „Freunde", und auch für diese nur für 24 Stunden einsehbar; dies bedeutete einen vorher vom Disziplinarbeschuldigten bestimmten und genau eingrenzbaren Personenkreis. Darüber hinaus habe sich - wie bereits ausgeführt - der Disziplinarbeschuldigte aufgrund der Öffentlichkeitsarbeit der CC-Kammern in einem Rechtsirrtum befunden, was sich ebenfalls mildernd auf die Strafe hätte auswirken müssen. Aus Sicht des Disziplinarbeschuldigten hätte mit einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe von Euro 2.000,00, wie sie in vergleichbaren Fällen bereits verhängt worden sei, jedenfalls das Auslangen gefunden werden müssen.

Anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol hat der Disziplinaranwalt-Stellvertreter ausgeführt, dass bei dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe sich keiner unwahren, sondern lediglich fiktiver Behauptungen bedient und sei dies für einen durchschnittlichen Seher erkennbar gewesen, übersehen werde, dass die Disziplinarkommission im Spruch des Erkenntnisses dem Beschwerdeführer bloß ein reklamehaftes statt informatives Werben für ärztliche Notfallkurse vorgeworfen habe und allein dieser Verdacht auch im Einleitungsbeschluss aufscheine. Wie aber die Disziplinarkommission in der Begründung richtig ausgeführt habe, liege eine „Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistungen durch aufdringliche/oder marktschreierische Darstellung“ im Sinn des § 2 Abs 3 Z 3 der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 hier vor, weil es sich um ein reklamehaftes Erregen von Aufmerksamkeit handle, wobei der sachlichen Information über die ärztliche Lehrtätigkeit nur eine untergeordnete Rolle zugekommen sei (VwGH 25.11.2015, Ra 2015/09/0045). Richtig sei, wie der Beschwerdeführer ausführe, dass das Werbeverbot darauf abziele, die Informationen des Arztes gegenüber seiner Patienten bzw potenziellen Patienten zu regeln. § 53 ÄrzteG komme daher nicht zur Anwendung, wenn sich die Information an einen Personenkreis wende, der ohnehin nie zum Patientenkreis zählen könne. Dann stelle sich aber die Frage, ob derartige Informationen solche seien, die das Standesansehen beeinträchtigen könnten, was nach § 136 Abs 1 Z1 Ärzte G verboten wäre. Ebenso würden Informationen, die zwischen Ärzten gegeben werden, nicht unter den Anwendungsbereichen des § 53 ÄrzteG fallen. Dies liege hier aber nicht vor. Nach Auskunft des Beschwerdeführers habe dieser rund 955 EE-Freunde, bei denen es sich nicht ausschließlich um Ärzte, sondern auch um Rettungssanitäter und Krankenpfleger handle. § 53 Abs 1 und 4 sowie die Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 kämen hier sehr wohl zur Anwendung. Dass man die Stories auf EE extra anklicken müsse, könne den Beschwerdeführer nicht exkulpieren, denn er habe ja das inkriminierte Video auf seinen EE-Account in das Internet gestellt. Genauso wie Postwurfsendungen, die von einem Arzt selbst oder über seine Veranlassung verfasst wurden und bei denen man auch nicht einwenden könne, dass der Empfänger zuerst den Postkasten öffnen und die Postwurfsendung lesen müsse, als eine Art der Verbreitung, die dem Standesansehen abträglich sei, sei dies auch mit dieser marktschreierischen Story auf EE. Richtig sei, dass es nicht nur Videos und Plakate der Xer CC-Kammer, sondern auch Inserate zB der MMer Landeskrankenhäuser in der „LL-Zeitung“ gäbe, die als marktschreierisch zu beurteilen seien. Damit sei für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, denn § 53 Abs 1 ÄrzteG beziehe sich nicht auf die CC-Kammer und sonstiger Institutionen, sondern ausschließlich auf Ärzte. Der Beschwerdeführer habe aber aufgrund des nur wenige Monate vorher abgeschlossenen Verfahrens ebenfalls wegen eines Verstoßes gegen § 2 Abs 3 Z 3 der Verordnung „Arzt und Öffentlichkeit 2014“ keineswegs der Meinung sein können, dass ihm eine ähnlich marktschreierische Werbung gestattet sei. Hier könne auch nicht mit einem Rechtsirrtum argumentiert werden, zumal ein Rechtsirrtum nur dann schuldbefreiend sei, wenn er nicht vorwerfbar sei. Nach § 9 Abs 2 StGB ist aber der Rechtsirrtum unter anderem dann vorzuwerfen, wenn sich der Täter mit den einschlägigen Vorschriften nicht bekannt gemacht hat, obwohl er seinem Beruf, seiner Beschäftigung oder sonstigen Umständen nach dazu verpflichtet gewesen wäre. Gerade dies treffe aber auf den Beschwerdeführer zu, der sich nicht bei der Tiroler CC-Kammer erkundigt habe. Dass es hinsichtlich der Werbung von Ärzten standesrechtliche Beschränkungen gäbe, müsse – wie der VwGH mehrfach ausgesprochen habe – Ärzten bekannt sein und sei dem Beschwerdeführer hier auch aus dem Vorverfahren bekannt gewesen. Dieser wurde schon einmal wegen geringer Schuld freigesprochen. Beim zweiten Mal wegen des gleichen Verstoßes könne von geringer Schuld keine Rede mehr sein, sodass sich auch Feststellungen, wie lange das inkriminierte Video sichtbar gewesen sei, erübrigen würden. Die Strafbemessungsgründe seien im Erkenntnis richtig und vollständig festgehalten. In Wahrheit habe der Beschwerdeführer allerdings die Disziplinarvergehen nach § 136 Abs 1 Z 1 und 2 ÄrzteG nicht nur nach Z 2 – wie im Erkenntnis der Disziplinarkommission festgehalten – begangen, denn ein Verstoß gegen die Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 sei grundsätzlich geeignet, auch ein standeswidriges Verhalten im Sinn des § 136 Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998 qualifiziert zu werden, was auch aus dem Spruch des Vorakts hervorgehe und worauf im Einleitungsantrag hingewiesen worden sei. In diesem Fall würde das Zusammentreffen von zwei Vergehen als erschwerend zu werten gewesen sein. Die Disziplinarkommission habe eine sehr maßvolle Strafe verhängt und diese überdies für eine Bewährung fristbedingt nachgesehen. Für eine Herabsetzung der Strafe bestehe – auch mangels eines Geständnisses – überhaupt kein Grund.

Seitens des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers wurde weiters vorgebracht, dass das Disziplinarverfahren Dk 4/2019 nicht einschlägig sei. Man könne kurz zusammengefasst sagen, dass der Beschwerdeführer sicherlich etwas provokant geworben habe. Wer sich nicht bei einer Werbung von den 08/15-Werbungen abhebe, bekomme keine Aufmerksamkeit. Der Beschwerdeführer stehe in einem starken Konkurrenzverhältnis mit anderen in Österreich und habe sich bei seinem Kundenkreis etwas hervorheben müssen. Wesentlich sei im gegenständlichen Fall auch der Adressatenkreis. § 53 ÄrzteG verbiete jeden Fall der unsachlichen Werbung und gebe es dazu auch eine Ausführungsverordnung, die dies genau regle. Dies richte sich aber eigentlich alles an die Patienten und sollen diese nicht unrichtig informiert werden und nicht zu Handlungen gedrängt werden, die medizinisch nicht notwendig seien und liege die schutzwürdige Gruppe nicht in den Ärzten und Rettungssanitätern, sondern bei den Patienten. An Patienten sei die Werbung in keinster Weise gerichtet gewesen. Dafür habe der Disziplinarbeschuldigte ausreichend Vorsorge getroffen. Dass das Ganze eine fiktive Geschichte gewesen sei, sei auch jedem aufgefallen. Es sei eine fiktive Geschichte, um einprägsam in Erinnerung zu rufen, dass es eine Fortbildung brauche, damit im Fall des Falles richtig reagiert werden könne. Wenn die Österreichische CC-Kammer vor der „NN“ ein Video schalte, wo ein Patient am OP-Tisch liege, mit offenen Augen, nicht anästhesiert und die Ärzte hinter ihm stehen würden und herumschrien und es heiße aus Geldmangel sei kein Anästhesist dagewesen, könne man den großen Unterschied zur Werbung des Beschwerdeführers nicht erkennen. Die CC-Kammer falle natürlich nicht unter das Disziplinarrecht, aber die Verordnung mit der die Werberichtlinie genauer geregelt werde, werde von der Österreichischen CC-Kammer erlassen. Das heiße, dass der Beschwerdeführer gewusst habe, dass die Österreichische CC-Kammer offensichtlich eine Werbung in dieser Form nicht problematisch sehe, da sie dies sonst selbst nicht geschaltet gehabt hätte und müsse man davon ausgehen, dass die Verordnung unbestimmt gehalten sei und dies eine authentische Interpretation des Verordnungsgebers sein könne. Ansonsten könne sich der Verordnungsgeber ja nicht rechtswidrig verhalten. Jedenfalls habe sich der Beschwerdeführer im Rechtsirrtum befunden, da wenn schon die Österreichische CC-Kammer derartige Filme in der Primetime im Fernsehen schalten könne, dies dann im gegenständlichen Fall für den Beschwerdeführer ebenfalls zulässig sei. Auch im Disziplinarverfahren gelte der Grundsatz in dubio pro reo und sei im Zweifel davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich allenfalls in einem Rechtsirrtum befunden habe und die Folgen dieser Werbung absolut gering gewesen seien, da das Ganze nur an Ärzte und Notfallsanitäter gegangen sei.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt und durch Einvernahme des Beschwerdeführers. Im behördlichen Akt ist auf einem Speichermedium eine Kopie des auf EE geteilten Films enthalten.

II.      Feststellungen:

Nachfolgender Sachverhalt steht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens fest:

Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin, führt allerdings keine eigene Praxis, sondern ist Wohnsitzarzt in Z. Der Beschwerdeführer ist darüber hinaus Geschäftsführer der DD Tirol GmbH mit der Zustelladresse Adresse 1, **** Z. Dabei handelt es sich auch um die Wohnadresse des Beschwerdeführers. Die DD Tirol GmbH veranstaltet Notfallmedizinkurse und schult der Beschwerdeführer im Zuge dessen an einem Simulator Ärzte aus dem deutschsprachigen Raum auf reale Fallszenarien. Die DD Tirol GmbH bietet Notfalltrainings für Ärzte und deren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie auch Fortbildungen für Notärzte an.

Der Beschwerdeführer betreibt unter seinem Namen eine EE-Seite, wobei sich in der Freundesliste des Disziplinarbeschuldigten im sozialen Netzwerk EE zu Beginn des Jahres 2020 (Schriftsatz, der rechtsfreundlicher Vertreter des Beschwerdeführers, vom 07.02.2020) 955 Personen befunden hatten.

Im November 2019 hat der Beschwerdeführer auf dieser EE-Seite ein Video als sogenannte Story im sozialen Netzwerk EE zum Abruf zur Verfügung gestellt, das zumindest 75 Aufrufe von Personen, die sich in der Freundesliste des Beschwerdeführers befunden haben, aufgewiesen hatten. In dieser Story erscheint zunächst ein Bild eines durch einen Baum beschädigten weißen PKW, wobei am oberen Bildrand ein Gesichtsbild des Beschwerdeführers sowie der Name „AA“ und am unteren Rand ein nach rechts weisender Pfeil, der das Symbol für „teilen“ ist sowie daran anschließend ein Feld „antworte AA“ und daran anschließend ein Feld mit einem Daumen nach oben sowie daran wiederum anschließend ein rotes rundes Feld mit einem Herz und daran anschließend ein Emoji zeigt. Am Bild ist zu erkennen, dass auf dem Dach des PKW ein großer, anscheinend umgestürzter, Baum liegt und wird sodann eine Schrift gelb unterlegt „FF HATTE HEUTE“ und darunter weiß unterlegt „ZWEIMAL PECH.“ Eingeblendet. Sodann erscheint – wiederum gelb unterlegt – der Satz: „ZUERST HAT IHN EIN BAUM SCHWER VERLETZT.“ Dann folgt der Satz, „DANN KAM EIN LEIDER SEHR UNERFAHRENER NOTARZT.“, wobei umgeblendet wird und sodann das Fahrzeug (Blickrichtung auf das Fahrzeug) links vorne gezeigt wird und erkennbar ist, dass der Baum bis auf die Motorhaube zu liegen gekommen ist, sodass es erscheint, als wäre das Dach samt der Windschutzscheibe vom Baum gänzlich nach unten gedrückt. In weiterer Folge schiebt sich ein schwarzes noch etwas durchsichtiges Feld über den Bildschirm, sodass das Fahrzeug samt Baum nur mehr stark abgedunkelt erkennbar ist und erscheint sodann oben ein Logo mit den Worten Simulation.Tirol und darunter die Sätze „DESHALB MUSSTE FF STERBEN. WÄRST DU BESSER VORBEREITET?“ und unter diesen Sätzen die Webadresse „(URL IM ORIGINAL ENTHALTEN)“. Sodann erscheint über dem Logo Simulation.Tirol die Frage „Bist du in der Notfallmedizin sattelfest?“ und darunter ein großes Feld, dass in der Mitte geteilt ist und links „JA“ und rechts „WÄRE AUCH UNSICHER“ aufweist.

Der Beschwerdeführer wollte mit der Schaltung dieses Videos vor allem Ärzte erreichen von denen er weiß, dass es Notärzte sind, die schon bei der DD Tirol GmbH Kurse besucht hatten, um diese daran zu erinnern, dass sie wieder einen nächsten Kurs dort buchen können. Kunden sind jedoch nicht nur Ärzte, sondern auch Rettungssanitäter und manchmal auch Krankenschwestern.

Die OO GmbH stellt realistische Einsätze nach, wo dann medizinische Notfälle leitlinienkonform abgearbeitet werden müssen und wird eine Videoanalyse erstellt um herauszufinden, wo Verbesserungsmöglichkeiten sind und wird darauf geachtet, dass medizinisch nach aktuellem Stand der Wissenschaft gearbeitet wird und man im Notfall mit dem Team richtig kommuniziert um Fehler zu vermeiden.

Abonnenten des Beschwerdeführers sind Ärzte, Rettungssanitäter, diplomierte Krankenpfleger sowie Personen in Pflegegeberufen.

Es wird immer vom Beschwerdeführer wieder eine Werbung geschaltet, dass man einen Auffrischungskurs für Notärzte machen kann. Notärzte müssen alle drei Jahre eine Ausbildung machen, was eine Fortbildung darstellt.

Der Beschwerdeführer hat die Videoclips, die von einem anderen Unternehmen gekauft wurden, mit einem Videobearbeitungsprogramm mit den zuvor erwähnten Texten versehen.

Die Intention war, Werbung für die Kursteilnehmer zu machen.

Die DD Tirol GmbH bietet Fortbildungskurse an, wobei ca 12 Kursmodelle im notfallmedizinischen Bereich angesiedelt sind und auch Ersthelferausbildungen für Firmen veranstaltet werden. Alle von der DD Tirol GmbH angebotenen Kurse sind von der Österreichischen CC-Kammer anerkannt.

Die EE-Seite des Beschwerdeführers ist für jedermann einsehbar. Stories auf EE können mit Freunden und Abonnenten geteilt werden und sind nur 24 Stunden verfügbar (URL im Original enthalten).

III.     Beweiswürdigung:

Die vorher erwähnten Feststellungen ergeben sich einerseits aus den (angeführten) Beweismitteln, andererseits aus den Angaben des Beschwerdeführers selbst sowie dem, auf einem Speichermedium abgespeicherten, Video.

Der Beschwerdeführer hat anlässlich der mündlichen Verhandlung selbst angegeben, dass es die Intention gewesen war, Werbung für die Kursteilnehmer zu machen. Er hat auch ausgeführt, dass die Videoclips gekauft wurden und er selbst mit einem Videobearbeitungsprogramm die Videos mit Text versehen hat. Der Beschwerdeführer hat auch angegeben, dass man gezielt derartige Videos für 24 Stunden schalten würde, um daran zu erinnern, dass man einen nächsten Kurs bei der Firma DD Tirol GmbH buchen kann, wobei gezielt auf Ärzte geschaltet wird, die bereits in einem Kurs waren, aber auch Rettungssanitäter und Krankenschwestern als Kunden in Frage kommen.

Die EE-Seite des Beschwerdeführers wird von diesem nicht nur für Informationen aus seinem privaten Leben, sondern auch für Informationen im Zusammenhang mit der DD Tirol GmbH verwendet.

Werbung und Marketing für die DD Tirol. GmbH hat der Beschwerdeführer zwischenzeitig abgegeben.

IV.      Rechtslage:

Die wesentlichen Bestimmungen des ÄrzteG 1998, BGBl I Nr 169/1998 idF BGBl I Nr 1722021, lauten.

㤠47

Wohnsitzarzt

(1) Zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärztinnen/Ärzte, die ausschließlich solche ärztliche Tätigkeiten auszuüben beabsichtigen, die weder eine Ordinationsstätte (§ 45 Abs. 2) erfordern noch in einem Angestelltenverhältnis (§ 46) ausgeübt werden, wie insbesondere Erstellung von Aktengutachten, Vertretungen in Ordinationsstätten, arbeitsmedizinische und schulärztliche Tätigkeiten, Teilnahme an ärztlichen Notdiensten oder organisierten Notarztdiensten, haben der Österreichischen CC-Kammer den Wohnsitz, sollte ein solcher im Bundesgebiet nicht gegeben sein, den Ort der Tätigkeiten, unverzüglich bekannt zu geben. Dieser Ort entspricht der Wohnadresse gemäß § 27 Abs. 1 sowie dem Wohnsitz gemäß §§ 27 Abs. 10, 29 Abs. 2, 63, 68 Abs. 4 Z 1 und 145 Abs. 1 Z 3.

[…]

§ 53

Werbebeschränkung und Provisionsverbot

(1) Der Arzt hat sich jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.

[…]

§ 136

Disziplinarvergehen

(1) Ärzte machen sich eines Disziplinarvergehens schuldig, wenn sie im Inland oder im Ausland

1.       das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch ihr Verhalten der Gemeinschaft,  den Patienten oder den Kollegen gegenüber beeinträchtigen oder

2.       die Berufspflichten verletzen, zu deren Einhaltung sie sich anläßlich der Promotion zum  Doctor medicinae universae verpflichtet haben oder zu deren Einhaltung sie nach  diesem Bundesgesetz oder nach anderen Vorschriften verpflichtet sind.

[…]

§ 139

Disziplinarstrafen

(1) Disziplinarstrafen sind

1.       der schriftliche Verweis,

2.       die Geldstrafe bis zum Betrag von 36 340 Euro,

3.       die befristete Untersagung der Berufsausübung,

4.       die Streichung aus der Ärzteliste.

[…]

(3) Die Disziplinarstrafen gemäß Abs. 1 Z 2 bis 4 können bedingt unter Festsetzung einer Bewährungsfrist von einem Jahr bis zu drei Jahren verhängt werden, wenn anzunehmen ist, daß ihre Androhung genügen werde, um den Beschuldigten von weiteren Disziplinarvergehen abzuhalten und es nicht der Vollstreckung der Strafe bedarf, um der Begehung von Disziplinarvergehen durch andere Ärzte entgegenzuwirken.

[…]“

Die wesentlichen Bestimmungen der Verordnung der Österreichischen CC-Kammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014), Stammfassung Tatbeschluss der Vollversammlung der Österreichischen CC-Kammer vom 27.06.2014 idF der zweiten Änderung laut Beschluss der Vollversammlung der Österreichischen CC-Kammer vom 14.12.2018, lauten:

㤠1

Der Ärztin (dem Arzt) ist jede unsachliche, unwahre oder das Ansehen der Ärzteschaft

beeinträchtigende Information untersagt.

§ 2

(1) Unsachlich ist eine medizinische Information, wenn sie wissenschaftlichen Erkenntnissen

oder medizinischen Erfahrungen widerspricht.

(2) Unwahr ist eine Information, wenn sie den Tatsachen nicht entspricht.

(3) Eine das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information liegt vor bei

1.       herabsetzenden Äußerungen über Ärztinnen (Ärzte), ihre Tätigkeit und ihre  medizinischen Methoden;

2.       Darstellen einer wahrheitswidrigen medizinischen Exklusivität;

3.       Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistungen durch aufdringliche und/oder

         marktschreierische Darstellung

[…]“

V.       Erwägungen:

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer Wohnsitzarzt ist und Geschäftsführer der DD Tirol GmbH, wobei unter anderem Notfallmedizinkurse veranstaltet werden.

Nach den Feststellungen hat der Beschwerdeführer weiters ein Video als Story auf seiner EE-Seite gepostet, wobei mit diesem Video Werbung für einen Kurs bei der DD Tirol GmbH gemacht wurde.

Nach den Feststellungen ist der Beschwerdeführer Geschäftsführer dieses Unternehmens und leitet auch entsprechende Kurse im Unternehmen.

Nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers hat dieser mit einem Videobearbeitungsprogramm die zwei gekauften Videoclips mit Text versehen, die dann als Story auf EE vom Beschwerdeführer gepostet wurde, wobei die Intention war, Werbung für die Kursteilnehmer zu machen.

§ 1 der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 untersagt der Ärztin (dem Arzt) jede unsachliche, unwahre oder das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information. Dabei wird nicht darauf abgestellt, an wen diese Information gerichtet ist, sodass damit nicht nur Informationen an Patientinnen und Patienten erfasst sind (dies gibt sich schon daraus, dass eine das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information auch eine herabsetzende Äußerung über Ärztinnen oder Ärzte sein kann).

Nach § 2 Abs 3 der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 liegt eine das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information gemäß Z 3 dieser Bestimmung bei Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistungen durch aufdringliche und/oder marktschreierische Darstellung vor. Nach der Rechtsprechung ist eine Darstellung der eigenen ärztlichen Tätigkeit durch reklamehaftes Herausstellen in aufdringlicher, marktschreierischer Weise mit der Vorstellung unvereinbar, die sich mit dem Bild des Arztes in der Öffentlichkeit verbindet und ist dies daher standeswidrig (OGH 19.09.1995, 4 Ob 73/95). Marktschreierisch sind Ankündigungen, wenn sie von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht wörtlich genommen, sondern sogleich als nicht ernstgemeinte Übertreibung aufgefasst und damit von jedermann auf ihren tatsächlichen Gehalt zurückgeführt werden, der in einer ohne Anspruch auf Glaubwürdigkeit erhobenen reklamehaften Anpreisung liegt (Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht, XXI, Rn 270). Danach können auch Mitteilungen marktschreierisch sein, wenn diese überdurchschnittlich laut, stark oder aufdringlich vorgetragen werden.

Die vom Beschwerdeführer gepostete Story erfüllt jedenfalls diese Voraussetzungen. Durch das Bild eines Autos, auf das ein Baum gestürzt ist in Verbindung mit dem Text, dass „FF“ zweimal Pech hatte und ihn erst ein Baum schwer verletzt hat, wird angedeutet, dass eine Person, die in diesem Auto gesessen sein soll, durch einen umgestürzten Baum schwer verletzt worden wäre. Tatsächlich gibt es diese Person nicht. Es wird damit keine reale Situation dargelegt, sondern in marktschreierischer Weise Aufmerksamkeit erregt, indem eine besonders dramatische Situation rein zu Werbezwecken vorgegeben wird. Mit der Aufnahme wird nicht auf einen konkreten Hergang Bezug genommen und anhand eines konkreten Falles eine Beschreibung einer Situation vorgenommen, sondern ein aufsehenerregendes Bild, nämlich ein Auto, auf welches ein großer Baum gestürzt ist und bei dem man aufgrund dessen weder ein Autodach noch eine Windschutzscheibe erkennen kann, sodass man annehmen muss, dieses Autodach und die Windschutzscheibe wären durch den umstürzenden Baum in Richtung Boden gedrückt worden. Mit dem zusätzlich vom Beschwerdeführer verfassten Text, dass ein „FF“ dadurch schwer verletzt worden wäre, wird beim Betrachter eine besondere Aufmerksamkeit erregt wird. Da sich der Vorfall tatsächlich gar nicht so abgespielt hat und ein „FF“ nicht existiert, geht es sohin ausschließlich um die Erregung von Aufmerksamkeit und nicht um die Information aufgrund einer tatsächlichen Begebenheit. Bereits diese Darstellung erweist sich im Sinne des zuvor angeführten als laut, stark und aufdringlich.

Dadurch, dass im Weiterem bei dieser Story als Text noch angeführt wird, dass sodann ein leider sehr unerfahrener Notarzt gekommen sei, weshalb „FF“ habe sterben müssen, wird die bereits zuvor aufdringlich erregte Aufmerksamkeit noch weiter mit der rein erfundenen Geschichte eines unerfahrenen Notarztes und dem Tod des „FF“ in der Aufdringlichkeit verstärkt. Auch in diesem Zusammenhang geht es nicht um die Darlegung einer real vorgekommenen Situation, sondern zielt die Erfindung eines „unerfahrenen Notarztes“ im Zusammenhang mit dem darauffolgenden Tod des „FF“ beim Betrachter nur darauf ab, diesen mit der nachfolgenden Frage „wärst du besser vorbereitet“ einem „psychologischen Kaufzwang“ auszusetzen (siehe dazu zB OGH 20.06.2006, 4 Ob 88/06d ua). Ein Betrachter muss sich nämlich unweigerlich die Frage stellen, ob er selbst wüsste, wie er den Tod des „FF“ hätte verhindern können. Auch der weitere Satz am Ende der Story, „bist du in der Notfallmedizin sattelfest. (URL im Original enthalten)“ verstärkt den psychologischen Kaufzwang, da sich der Betrachter nun fragen muss, ob er „sattelfest“ ist und für den Fall, dass er diese Frage nicht mit Überzeugung positiv beantworten kann, wird dem Betrachter die Webadresse des vom Beschwerdeführer geführten Unternehmens, das Kurse in Notfallmedizin anbietet, angegeben. Unsachliche Werbung ist auch im Fall der Ausübung des psychologischen Kaufzwangs durch Werbemittel gegeben, da nicht mehr sachliche Gründe für Notfallmedizinkurse im Vordergrund stehen, sondern die Kunden mit Mitteln der Werbung dazu überredet werden sollen.

Unabhängig davon, ob die Verbreitung dieser Story für sich bereits ein reklamehaftes Kommunikationsmittel, nämlich eine Story auf EE, darstellt, ist diese Story für sich jedenfalls marktschreierisch und dazu geeignet, eine Art psychologischen Kaufzwang auszulösen. Eine derartige Werbung ist mit dem Standesansehen nicht vereinbar.

Der sachlichen Information kommt in der zuvor beschriebenen Story keine oder lediglich untergeordnete Rolle zu. Der vordergründige Zweck der Darstellung liegt offensichtlich darin, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen. Dies ist jedoch standeswidrig (vgl VwGH 25.11.2015, Ra 2015/09/0045).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs umfassen die in § 136 ÄrzteG 1998 normierten Standespflichten sowohl das Verhalten des Arztes bei der Ausübung seines Berufes als auch außerberufliches Verhalten. Dabei ist an das außerberufliche Verhalten eines Arztes ein strengerer Maßstab zu legen, als bei der Ausübung des Berufes (VwGH 20.10.2019, Ra 2019/09/0010). § 53 Abs 1 ÄrzteG 1998 betrifft nur Informationen durch einen Arzt „im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes“. Das Posten einer Story auf der EE-Seite des Beschwerdeführers, die nach den Feststellungen auch private Informationen des Beschwerdeführers enthält, stellt keinen ausreichenden Zusammenhang mit der Ausübung des Berufes des Beschwerdeführers da, weshalb im gegenständlichen Fall auch ein Verstoß gegen die Berufspflichten nicht anzunehmen ist.

Jedoch kann auch ein außerberufliches Verhalten eines Arztes eine Verletzung der in § 136 Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998 normierten allgemeinen Standespflichten darstellen, hat der Arzt nach dieser Vorschrift doch in seinem gesamten Verhalten und auch außerhalb der Ausübung seines Berufes auf die Wahrung des Standesansehens zu achten (vgl VwGH 25.11.2015, Ra 2015/09/0045). Aber auch in diesem Bereic

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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