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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §18 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des A in Cham (BRD), vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 23. Februar 1995, Zl. 02/04-31, betreffend Untersagung der Fortsetzung der Bauarbeiten gemäß § 104 Abs. 3 Bgld. Bauordnung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Neusiedl am See, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund des Bauansuchens des Beschwerdeführers vom 22. Juli 1992 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 30. September 1992
"die baubehördliche Bewilligung unter der verknüpfenden Bedingung der Vorlage eines dem Teilbebauungsplan "Unt. Kirchberg" entsprechenden Einreichplanes zur Errichtung eines Wohnhauses mit einer Einfriedung auf dem Grundstück in Neusiedl am See, Gst. Nr. n1/17, EZ n2, KG Neusiedl am See, nach Maßgabe der folgenden Baubeschreibung sowie unter Vorschreibung der nachstehenden Bedingungen und Auflagen.
Baubeschreibung
Der Bewilligungswerber plant die Errichtung eines Wohnhauses mit einer straßenseitigen Einfriedung.
Die Vorlage eines dem Teilbebauungsplan entsprechenden Einreichplanes bzw. die Einhaltung der Bauvorschreibungen gemäß Blg. A.) bildet eine wesentliche Voraussetzung für diese Bewilligung. Als Frist wird der 15. Oktober 1992 eingeräumt.
Mit den Bauarbeiten darf keinesfalls vor Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides begonnen werden. Fundamentierungsarbeiten gelten bereits als Bauarbeiten.
Bedingungen und Auflagen ... ."
Es folgt eine Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 4. Juni 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Der Teilbebauungsplan "Unterer Kirchberg", der vom Gemeinderat am 24. Februar 1977 beschlossen und am 9. September 1977 von der burgenländischen Landesregierung genehmigt worden sei, sehe ausschließlich die offen-freistehende und die offen-gekuppelte Bebauung vor. Im gegenständlichen Bereich würde eine geschlossene Bebauung angestrebt, was aus den Einreichunterlagen eindeutig ersichtlich sei. Da das Grundstück Nr. n1/17, das im Eigentum des Beschwerdeführers stehe, das letzte innerhalb des Geltungsbereiches dieses Teilbebauungsplanes sei, seien "die Bestimmungen des Teilbebauungsplanes und der dazugehörigen Verordnung" anzuwenden. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.
Im Akt liegt eine Bestätigung vom 20. Dezember 1993 mit folgendem Wortlaut:
"Das Bauvorhaben der Familie A, in Neusiedl am See, wird gemäß dem von der Baubehörde genehmigten Auswechslungsplan ausgeführt. Eine Ausführung lt. diesem genehmigten Plan ist daher zulässig."
Diese Bestätigung enthält unter der Funktionsangabe "Der Bürgermeister" keine leserliche Unterschrift des Bürgermeisters und den Stempel der mitbeteiligten Partei. Im Gefolge dieser Bestätigung befindet sich im Akt ein Auswechslungsplan mit folgendem Vermerk:
"Stadtsenat Neusiedl am See
Bei der Bauverhandlung vom 20.8.1992 vorgelegen u. zur Ausführung mit dem Bescheid Zahl ... vom 30.9.1992 genehmigt:
Der Bürgermeister" (es folgt eine nicht leserliche Unterschrift)
Auch unter dem angeführten Genehmigungsvermerk findet sich eine nicht leserliche Unterschrift und der Stempel der mitbeteiligten Partei.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 15. April 1994 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 104 Abs. 3 Bgld. Bauordnung die Fortsetzung der Bauarbeiten betreffend die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses in Neusiedl am See, Grundstück Nr. n1/17, EZ n2, untersagt. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Es habe am 14. April 1994 eine Bauüberprüfung durch Organe der Baubehörde bei gleichzeitiger Anwesenheit des Planverfassers stattgefunden. Diese Überprüfung habe ergeben, daß die Gesamthöhe entgegen der bescheidmäßig festgelegten Höhe von 9 m um insgesamt 84 cm und die Dachneigung im Bereich des Satteldaches um 8 Grad überschritten würde. Da diese Überschreitungen gravierende Abweichungen von der Baubewilligung darstellten, sei spruchgemäß zu entscheiden.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 28. September 1994 als unbegründet abgewiesen. Die Berufungsbehörde vertrat die Auffassung, daß die Baubewilligung vom 30. September 1992 unter der Bedingung erteilt worden sei, daß bis zum 15. Oktober 1992 ein dem Teilbebauungsplan entsprechender Auswechslungsplan vorzulegen sei. Der ursprünglich vorgelegte Einreichplan habe den Bestimmungen des Teilbebauungsplanes nicht entsprochen. Aus dem Akt ergebe sich, daß der Auswechslungsplan erst am 3. September 1993, sohin verspätet, vorgelegt worden sei. Die im genannten Bescheid statuierte aufschiebende Bedingung führe zu dem Ergebnis, daß durch die Nichterfüllung eine Baubewilligung nicht vorliege. Die Einstellung der Bauarbeiten sei daher durch den bekämpften Bescheid zu Recht erfolgt, da eine Baubewilligung nicht bestehe und § 104 Abs. 3 erster Satz Bgld. Bauordnung zur Anwendung komme. Weiters sei bei der Überprüfung festgestellt worden, daß eine Überschreitung der Gesamthöhe um 84 cm erfolge und auch die Dachneigung um 8 Grad zu steil sei. Da aus den angeführten Gründen nicht vom Vorliegen einer baubehördlichen Bewilligung auszugehen sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die Baubeschreibung des erstinstanzlichen Bescheides stelle eine nähere Konkretisierung des Spruches dar und sei somit ein Teil des Spruches. Aus der Baubeschreibung ergebe sich für die statuierte aufschiebende Bedingung die Erfüllungsfrist bis zum 15. Oktober 1992 für die Vorlage eines entsprechenden Einreichplanes. Wenn auch die von der erstinstanzlichen Baubehörde gewählte Vorgangsweise rechtlich äußerst problematisch sei - eine derartige Bedingung widerspreche dem zulässigen Inhalt einer Baubewilligung -, sei die Bedingung Bestandteil des in Rede stehenden Bescheides geworden und der Rechtskraft fähig. Das bedeute im Ergebnis, daß die Baubehörde erster Instanz eine Baubewilligung unter der Bedingung erteilt habe, daß ein dem Teilbebauungsplan "Unterer Kirchberg" entsprechender Einreichplan bis 15. Oktober 1992 vorgelegt werde. Die Baubewilligung sei somit vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses bis zu einem festgesetzten Termin abhängig gemacht worden. Dieser Bescheid sei von der Berufungsbehörde vollinhaltlich bestätigt worden. Inhalt einer aufschiebenden Bedingung sei es, daß bei Nichteintritt der Bedingung zum festgesetzten Zeitpunkt - hier die zeitgerechte Vorlage des geänderten Einreichplanes - das in Aussicht gestellte Recht überhaupt nicht entstehe. Aus dem Akt ergebe sich, daß der geforderte geänderte Auswechslungsplan tatsächlich erst am 3. September 1993, also nach der festgesetzten Frist, vorgelegt worden sei. Dadurch sei aber die in Rede stehende Baubewilligung mangels zeitgerechter Erfüllung der Bedingung nicht wirksam geworden. Die Bestätigung der Baubehörde vom 20. Dezember 1993 könne nicht als Bescheid qualifiziert werden, fehle ihr doch schon ein Adressat, an den sich dieser Bescheid richten sollte. Eine allfällige Fristverlängerung hätte vor Fristablauf beantragt werden müssen. Akte, die ein niemals entstandenes Recht zum Gegenstand hätten, seien ohne rechtliche Relevanz. Daher sei auch die Bestätigung vom 20. Dezember 1993 nicht geeignet, eine Änderung der Rechtslage herbeizuführen. Dem Beschwerdeführer verbleibe allerdings die Möglichkeit, durch einen neuen Antrag unter gleichzeitiger Vorlage von dem Teilbebauungsplan entsprechenden Planunterlagen eine Baubewilligung zu erwirken. Mangels Vorliegens einer Baubewilligung habe sich die belangte Behörde auch nicht mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob es sich bei den Planabweichungen um bloß geringfügige gehandelt habe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 104 Abs. 1 Burgenländische Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 (im folgenden: Bgld. Bauordnung), hat die Baubehörde, wenn bei einer Überprüfung Mängel festgestellt werden, deren Behebung innerhalb einer angemessenen Frist anzuordnen und die Einstellung der Arbeiten an den davon betroffenen Teilen des Vorhabens zu verfügen. Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle hat die Baubehörde die Fortsetzung der Arbeiten mit schriftlichem Bescheid zu untersagen, wenn ein Vorhaben, das einer Baubewilligung bedarf, ohne Baubewilligung ausgeführt wird. Wird um die nachträgliche Baubewilligung nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen angesucht oder wird die Baubewilligung nicht erteilt, hat die Baubehörde die Herstellung des ursprünglichen Zustandes zu verfügen.
Der Beschwerdeführer führt ins Treffen, daß ihm bescheidmäßig keine strikte Frist für die Vorlage eines entsprechenden Einreichplanes mit der Rechtsfolge erteilt worden sei, daß bei deren Nichteinhaltung die Bauführung untersagt würde. Daß die Baubehörde erster Instanz diese Auffassung zunächst nicht vertreten habe, ergebe sich aus der Bestätigung der mitbeteiligten Partei vom 20. Dezember 1993. Es könne einem Staatsbürger nicht zugemutet werden, derart diffizile rechtliche Erwägungen darüber anzustellen, ob dieser Bestätigung Bescheidcharakter zukomme. Der Beschwerdeführer habe sich darauf verlassen, daß ihm die Baubehörde amtlich beurkundet habe, er könne sein Bauvorhaben weiterführen. Es sei unerfindlich, warum die Baubehörde erster Instanz zunächst die amtliche Bestätigung ausgestellt habe und in der Folge wegen der verspäteten Vorlage des Planes die Weiterführung der Bauarbeiten untersagt habe.
Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers kommt keine Berechtigung zu. Die belangte Behörde war zutreffend der Auffassung, daß die Baubewilligung vom 30. September 1992 unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wurde, daß ein dem Teilbebauungsplan "Unterer Kirchberg" entsprechender Einreichplan zur Errichtung des Wohnhauses bis 15. Oktober 1992 vorgelegt wird. Wie sich aus dem Wortlaut des eingangs zitierten Spruches des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 30. September 1992 ergibt, wurde die angeführte, bedingt erteilte baurechtliche Bewilligung "nach Maßgabe der folgenden Baubeschreibung sowie unter Vorschreibung der nachstehenden Bedingungen und Auflagen" erteilt. Aus dieser Formulierung ergibt sich, daß die Baubeschreibung Teil des erstinstanzlichen Spruches war, wie dies mit anderer Begründung auch von der belangten Behörde angenommen wurde. Es muß daher nicht die Frage geprüft werden, ob es überhaupt zulässig ist, eine Baubewilligung unter der aufschiebenden Bedingung der Vorlage eines dem geltenden Raumordnungsplan entsprechenden Einreichplanes zu erteilen, da das allenfalls damit eingeräumte Recht durch Nichterfüllung der geforderten Bedingung bis zum gesetzten Termin (15. Oktober 1992) jedenfalls nicht entstanden ist. Die belangte Behörde hat sich daher zutreffend darauf berufen, daß für die untersagten verfahrensgegenständlichen Bauarbeiten im Sinne des § 104 Abs. 3 leg. cit. keine Baubewilligung vorliegt. Die Untersagung der Fortsetzung der Arbeiten auf dem Grundstück des Beschwerdeführers erfolgte daher im Einklang mit § 104 Abs. 3 Bgld. Bauordnung.
Der offensichtlich im Dezember 1993 rückwirkend vorgenommene Genehmigungsvermerk auf dem im Dezember 1993 vorgelegten Auswechslungsplan, nach dem dieser in der Bauverhandlung vom 20. August 1992 vorgelegen sein soll, obwohl dieser Plan das Änderungsdatum "08.93" enthält und die Akten eindeutig ergeben, daß dieser Auswechslungsplan erst im Dezember 1993 vorgelegt wurde, ist allein schon deshalb jedenfalls nicht von Bedeutung, weil er keine leserliche Unterschrift des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei trägt. Dieser Genehmigungsvermerk stellt daher schon allein aus diesem Grund (siehe das hg. Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 95/05/0224, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) keinen Bescheid dar, weshalb ihm keine Normativität zukommt. Auch die angeführte Bestätigung kann schon mangels eines normativen Abspruches im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A, nicht als Bescheid qualifiziert werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Baurecht PlanungswesenUnterschrift des GenehmigendenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995050096.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009