TE Vwgh Erkenntnis 1975/5/23 0095/75

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Veröffentlicht am 23.05.1975
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Index

StVO
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Dolp und die Hofräte Dr. Schmid, Dr. Schmelz, Dr. Jurasek und Dr. Reichel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Korsche über die Beschwerde des FN in B, vertreten durch Dr. Walter Schlesinger, Rechtsanwalt in Baden, Annagasse 8, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. November 1974, Zl. I/7-5345-1974, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Walter Schlesinger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Baden sprach mit Straferkenntnis vom 25. September 1974 aus, der Beschwerdeführer habe sich am 3. Juli 1974 um 21.00 Uhr am, Gendarmeriepostenkommando Baden geweigert, von einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zulassen, obwohl habe vermutet werden können, daß er unmittelbar vorher in Baden vor dem Hause Dammgasse 4 einen Personenkraftwagen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Betrieb genommen habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159 (StVO), begangen und es werde über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. eine Geldstrafe von S 7.000,-- (Ersatzarreststrafe von zehn Tagen) verhängt. Außerdem würde der Beschwerdeführer verhalten, die Kosten des Strafverfahrens nach § 64 Abs. 2 VStG 1950 und nach § 5 Abs. 9 StVO 1960 zu ersetzen. Die Behörde begründete ihr Straferkenntnis damit, daß der strafbare Tatbestand durch die dienstliche Wahrnehmung von zwei Gendarmeriebeamten, durch den klinischen Untersuchungsbefund von Dr. GR sowie durch die eigenen Angaben des Beschwerdeführers erwiesen sei. Der Beschwerdeführer habe selbst zugegeben, den Motor seines Kraftfahrzeuges in Gang gesetzt zu haben, um die elektrische Anlage an seinem Fahrzeug zu überprüfen. Außerdem habe er angegeben, zwei Viertel Wein getrunken zu haben. Die Ingangsetzung des Motors zwecks Überprüfung eines Teiles des Kraftfahrzeuges sei stets als Inbetriebnahme anzusehen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juli 1965, Zl. 85/65). Die Gendarmeriebeamten seien daher berechtigt gewesen, die Atemluft des Beschwerdeführers auf den Alkoholgehalt zu untersuchen. Da der Beschwerdeführer dies verweigert habe, sei wie im Spruch zu erkennen gewesen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, den Motor seines Kraftfahrzeuges nur deshalb in Gang gesetzt zu haben, um die elektrische Anlage des Fahrzeuges zu überprüfen bzw. am Radioanschluß eine Montage durchzuführen. Überdies sei er bei der Beanstandung durch die Gendarmeriebeamten auf dem Beifahrersitz gesessen. Auch daraus ergebe sich, daß die Ingangsetzung des Motors keinesfalls auf einen anschließenden Betrieb des Fahrzeuges gerichtet gewesen sei. Somit falle sein Verhalten nicht unter den Begriff der „Inbetriebnahme“ im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO. Weiters bekämpfte der Beschwerdeführer in seiner Berufung auch die Kostenentscheidung nach § 5 Abs. 9 StVO.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung, insoweit sie sich gegen die Bestrafung nach § 5 Abs. 2 StVO richtete, keine Folge und bestätigte diesbezüglich das Straferkenntnis. Insoweit sich die Berufung des Beschwerdeführers aber gegen die Kostenentscheidung nach § 5 Abs. 9 StVO richtete, wurde der Berufung Folge gegeben und der Ausspruch über die Auferlegung des Kostenersatzes von S 640,-- behoben. Zur Begründung führte die belangte Behörde in wesentlichen aus, es sei unbestritten, daß der Beschwerdeführer am 3. Juli 1974 kurz vor 21.00 Uhr den Motor seines vor dem Hause Dammgasse 4 in Baden geparkten Personenkraftwagens gestartet und die Fahrzeugbeleuchtung eingeschaltet gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe nach seinen eigenen Angaben vorher zwei Viertel Wein konsumiert, sodaß die Gendarmeriebeamten deutliche Alkoholisierungsmerkmale hätten vermuten können, was sie zur Vornahme des Alkotestes berechtigt habe. Die Ingangsetzung des Verbrennungsmotors eines betriebsfähigen Kraftfahrzeuges sei immer als Inbetriebnahme anzusehen, dies auch dann, wenn die Inbetriebnahme nur zur Überprüfung des Motors, zur Einschaltung der Heizung oder der Scheibenwischer erfolgt sei, Gleiches gelte auch, wenn, wie vom Beschwerdeführer behauptet worden sei die Inbetriebnahme nur zur Überprüfung der elektrischen Anlage erfolgt sei. Abgesehen davon müßten auf Grund der Bestimmung des § 14 Abs. 8 KFG 1967 die Scheinwerfer sowie die Begrenzungs-, Schluß- und Kennzeichenleuchten auch bei stillstehendem Motor wirksam sein, sodaß zum Zweck einer bloßen Überprüfung der elektrischen Anlage keinesfalls der Motor hätte gestartet werden müssen. Unrichtig sei es nach der Anzeige, daß der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Beanstandung am Beifahrersitz gesessen sei, vielmehr habe er sich auf dem Lenkersitz befunden. Das Ermittlungsverfahren habe auch keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß der Personenkraftwagen des Beschwerdeführers zum gegenständlichen Zeitpunkt betriebsunfähig gewesen sei und sei dies auch nicht vom Beschwerdeführer behauptet worden. Der Berufung sei daher hinsichtlich der Bestrafung nach § 5 Abs. 2 StVO ein Erfolg zu versagen gewesen. Hinsichtlich der Berufung gegen die Entscheidung nach § 5 Abs. 9 StVO seien die Voraussetzungen für eine Kostenvorschreibung nicht vorgelegen gewesen, weshalb der dagegen erhobenen Berufung Folge zu geben gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid wendet sich der Beschwerdeführer mit der vorliegenden an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde, in der er Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, wobei er bei der mündlichen Verhandlung den letztgenannten Aufhebungstatbestand zurückzog und sich ausdrücklich nur gegen die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 StVO wendete.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde abermals vor, daß eine „Inbetriebnahme“ seines Kraftfahrzeuges im Sinne der Bestimmung des § 5 Abs. 2 StVO nicht erfolgt sei. Er habe lediglich den Motor seines Fahrzeuges in Gang gesetzt, um die Lichtanlage des Fahrzeuges zu überprüfen, doch keinesfalls die Absicht gehabt, seinen Personenkraftwagen tatsächlich in Betrieb zu nehmen und diesen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zu lenken. Dies ergebe sich schon daraus, daß das Fahrzeug ordnungsgemäß am Fahrbahnrand geparkt gewesen sei. Die Rechtsmeinung der belangten Behörde, daß das Laufenlassen des Motors zwecks Überprüfung der Lichtanlage, bereits eine Inbetriebnahme des Fahrzeuges im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO darstelle, sei verfehlt.

Die in diesem Vorbringen zum Ausdruck gebrachte Rüge ist nicht begründet.

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht ermächtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen, oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Im vorliegenden Fall wird nicht bestritten, daß der Beschwerdeführer vor seiner Anhaltung zwei Viertel Wein getrunken hat. Damit ist die erste Voraussetzung, die einen Alkotest rechtfertigt, nämlich die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung gegeben. Der Beschwerdeführer gibt auch zu, bei laufendem Motor und eingeschalteter Lichtanlage angetroffen worden zu sein. Er wendet sich in seiner Beschwerde auch nicht mehr gegen die Feststellung der belangten Behörde, daß er nicht, wie er ursprünglich behauptete, am Beifahrersitz, sondern am Lenkersitz angetroffen wurde. Der Beschwerdeführer vermeint nur, zum Alkotest deshalb nicht verpflichtet gewesen zu sein, weil er zur Tatzeit seinen Personenkraftwagen nicht in Betrieb nehmen wollte, sondern seine damalige Tätigkeit sich lediglich auf die Überprüfung der Lichtanlage beschränkt habe, weshalb darin keine „Inbetriebnahme“ im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO gesehen werden könne. Die belangte Behörde sah hingegen auch die zweite Voraussetzung für die Verwirklichung des Tatbestandes der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 StVO, nämlich die „Inbetriebnahme“ eines Kraftfahrzeuges als gegeben an, weil die Ingangsetzung des Verbrennungsmotors eines betriebsfähigen Kraftfahrzeuges immer als eine „Inbetriebnahme“ anzusehen sei. Dieser Rechtsmeinung pflichtet der Gerichtshof bei. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt mit dem Begriff der „Inbetriebnahme“ eines Kraftfahrzeuges auseinandergesetzt und ausgesprochen, daß darunter jene Tätigkeit zu verstehen sei, die der Lenkung eines Kraftfahrzeuges vorausgehe, zu der alle jene Handlungen gehören, die notwendig seien, um durch Einwirkung der motorischen Kräfte das Fahrzeug fortbewegen zu können. Einen Verbrennungsmotor in Gang zu setzen, sei aber immer als „Inbetriebnahme“ anzusehen. Dies auch dann, wenn die Inbetriebnahme zur Überprüfung des Motors, zur Einschaltung der Heizung oder der Scheibenwischer erfolgt sei (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 1955, Slg. N. F. Nr. 3854/A, vorn 4. Juli 1957, Zl. 904/56, vom 18. Oktober 1963, Zl. 1775/62 u.a.m.). Dasselbe hat auch für die Inbetriebnahme zur Überprüfung der elektrischen Anlagen zu gelten, weil kein Grund gegeben wäre, diesen Fall anders zu beurteilen. Richtig ist, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. September 1970, Zl. 473/70, ausgesprochen hat, daß der Begriff „Inbetriebnahme“ im Sinne des § 5 Abs. 2 dann nicht gegeben ist, wenn es sich um einen fahrunfähigen Kraftwagen handelt, dessen Motor wohl in Betrieb gesetzt werden kann, bei dem aber eine Fortbewegung des Fahrzeuges nicht möglich ist. Nur in diesem Fall kann bei Ingangsetzung des Verbrennungsmotors nicht von einer „Inbetriebnahme“ des Kraftfahrzeuges gesprochen werden. Ein solcher Fall ist aber gegenständlich nicht gegeben. Wenn daher die belangte Behörde zur Auffassung gelangt ist, daß im gegenständlichen Fall eine Inbetriebnahme im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO vorgelegen sei, so kann ihr diesbezüglich nicht entgegengetreten werden. Damit wurde vom Beschwerdefahrer auch die zweite Voraussetzung des § 5 Abs. 2 StVO, nämlich die „Inbetriebnahme“ eines Kraftfahrzeuges erfüllt, weshalb er den Alkotest nicht verweigern durfte und deshalb von der belangten Behörde mit Recht der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 StVO schuldig erkannt wurde. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostentscheidung gründet Sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 im Zusammenhang mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 19. Dezember 1974, BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am 23. Mai 1975

Schlagworte

Alkotest Voraussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1975:1975000095.X00

Im RIS seit

17.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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