TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/21 95/11/0378

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Veröffentlicht am 21.05.1996
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §102 Abs12;
KFG 1967 §36 lita;
KFG 1967 §37;
KFG 1967 §79 Abs1;
KFG 1967 §82 Abs8;
KFG 1967 §82;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde der G in Prato (Italien), vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 28. September 1995, Zl. UVS 20.3-5/95-7, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Abnahme des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die von der Beschwerdeführerin, einer italienischen Staatsangehörigen mit dem ständigen Wohnsitz in Italien, erhobene Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG und § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG als unbegründet abgewiesen. Diese Beschwerde war gegen die am 25. Februar 1995 an näher genannten Straßenstellen in Graz durch Sicherheitswachebeamte der Bundespolizeidirektion Graz erfolgte Abnahme des - auf die Beschwerdeführerin als Zulassungsbesitzerin lautenden - italienischen Zulassungsscheines betreffend einen Lkw mit einem näher genannten italienischen Kennzeichen, die Abnahme der Kennzeichentafeln dieses Kraftfahrzeuges und die Anbringung von Radklammern an diesem Fahrzeug gerichtet.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier zum Tragen kommenden Bestimmungen des KFG 1967 haben folgenden Inhalt: Gemäß § 36 lit. a dürfen u.a. Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen des § 82 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39). Gemäß § 79 Abs. 1 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden (und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 eingehalten werden). Gemäß § 82 Abs. 1 müssen Kraftfahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen (§ 79 Abs. 1) von einem Mitgliedstaat eines von drei Internationalen Übereinkommen, zu denen Italien zählt, zugelassen sein. Fahrzeuge ohne dauernden Standort im Bundesgebiet dürfen nur verwendet werden, wenn sie das ihnen zugewiesene Kennzeichen führen.

Gemäß § 82 Abs. 8 sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während der drei unmittelbar auf ihre Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Tage zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung. Gemäß § 102 Abs. 12 lit. a sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht berechtigt, Personen am Lenken oder an der Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern, wenn diese hiedurch eine Übertretung des § 36 lit. a oder des § 82 Abs. 1 bis 3 begehen würden.

Nach dem vorletzten Satz des § 102 Abs. 12 sind zu diesem Zweck, falls erforderlich, je nach Lage des Falles und Art des Fahrzeuges oder der Beladung Zwangsmaßnahmen, wie etwa Abnahme der Fahrzeugschlüssel, Absperren oder Einstellung des Fahrzeuges und dergleichen, anzuwenden.

Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Auffassung, daß eine Übertretung nach § 36 lit. a vorlag, weil das Kfz nicht ordnungsgemäß zugelassen war, sodaß die bekämpften Maßnahmen nach § 102 Abs. 12 lit. a gerechtfertigt gewesen seien. Sie ging davon aus, daß das Kfz von der Beschwerdeführerin an S.N., eine österreichische Staatsangehörige mit Hauptwohnsitz in Österreich, zur Benützung überlassen, im Jahr 1994 nach Österreich zum Zweck der Erlangung eines österreichischen behördlichen Kennzeichens verbracht und zur Zeit der Setzung der bekämpften Maßnahmen von einem Arbeitnehmer der S.N. gelenkt worden war. Sie stützte sich dabei auf die Akten der bei ihr belangten Bundespolizeidirektion Graz, insbesondere auf die vom Lenker des Kfz den einschreitenden Sicherheitswachebeamten vorgewiesenen Unterlagen (italienischer Zulassungsschein, "Ausweiskarte" des Zollamtes Klagenfurt zur Erlangung eines inländischen behördlichen Kennzeichens, in italienischer Sprache verfaßte Benützungsbewilligung der Beschwerdeführerin für S.N.), und die in der mündlichen Verhandlung vom 13. September 1995 gemachten Zeugenaussagen.

Die Beschwerdeführerin vertritt dagegen die Auffassung, daß § 102 Abs. 12 lit. a Maßnahmen wie die bekämpften nicht decke. Wenn in dieser Gesetzesstelle von der Abnahme von Zulassungsschein und Kennzeichentafeln sowie der Anbringung von Radklammern nicht die Rede ist, macht dies entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin solche Maßnahme noch nicht rechtswidrig. Die dort angeführten Zwangsmaßnahmen sind nur demonstrativ aufgezählt, auch andere zum Ziele führende und nicht unverhältnismäßige Maßnahmen sind zulässig, wozu insbesondere auch die Abnahme von Zulassungsschein und Kennzeichentafeln zählen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. März 1989, Zl. 88/11/0036). Die Anbringung von Radklammern ist in ihrer Wirkung der ausdrücklich genannten Einstellung des Fahrzeuges gleichzuhalten und schon deswegen eine nach § 102 Abs. 12 zulässige Maßnahme (arg. "und dergleichen").

Das Argument der Beschwerdeführerin, das Kfz sei in Italien zugelassen und eine Übertretung nach § 36 lit. a könne überhaupt nicht vorliegen, übersieht, daß diese Bestimmung insofern subsidiäre Geltung hat, als sie in einem Anwendungsfall u.a. des § 82 nicht zum Tragen kommt. Endet hingegen die Berechtigung zur Verwendung eines Kfz mit ausländischem Kennzeichen gemäß § 82, so bedarf sein Benützer zur weiteren verwendung einer Zulassung nach § 36 lit. a (§ 37). Das Lenken von im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen (und zwar in einem der Mitgliedstaaten eines der in § 82 Abs. 1 genannten Internationalen Übereinkommen) ist nach Maßgabe des § 82 erlaubt, also ohne dauernden Standort in Österreich bis zu einer Höchstdauer von einem Jahr (§ 79 Abs. 1). Hat das Fahrzeug seinen dauernden Standort in Österreich - was nach § 82 Abs. 8 erster Satz bei Verwendung durch eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland anzunehmen ist -, ist diese Verwendung ohne inländische Zulassung nur drei Tage nach der Einbringung ins Inland zulässig. Nach Ablauf der drei Tage fehlt dem Fahrzeug die für die Verwendung auf inländischen Straßen mit öffentlichem Verkehr erforderliche Zulassung im Sinne des § 37.

Es kommt daher darauf an, von wem das im Ausland zugelassene Kfz im Inland verwendet wird. Ist dies eine Person ohne Hauptwohnsitz im Inland, so kommt § 79 Abs. 1 (mit seiner Jahresregel), ist es hingegen eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland, so kommt § 82 Abs. 8 zum Tragen.

Nach dem Beschwerdevorbringen erfolgte die Verwendung des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges durch S.N. bzw. ihren Arbeitnehmer. Daraus folgt die Anwendbarkeit des § 82 Abs. 8. Daraus folgt weiters die Richtigkeit der Annahme der belangten Behörde, es habe sich um ein nicht ordnungsgemäß zugelassenes Kfz gehandelt und weiters die Vertretbarkeit der Auffassung der Sicherheitswachebeamten, die die bekämpften Maßnahmen gesetzt haben, es liege eine Übertretung nach § 36 lit. a vor.

Die im übrigen vorgetragene Meinung der Beschwerdeführerin, eine Verletzung der im § 82 Abs. 8 dritter Satz normierten Ablieferungspflicht stelle eine im § 102 Abs. 12 nicht genannte Verwaltungsübertretung dar und rechtfertige somit nicht die Setzung von Maßnahmen nach dieser Gesetzesstelle, übersieht, daß die Verwendung eines unter § 82 Abs. 8 fallenden Kfzs nach Ablauf der Dreitagesfrist jedenfalls ohne Zulassung erfolgt, gleichgültig ob der Ablieferungspflicht nachgekommen wurde oder nicht.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995110378.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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