TE OGH 2022/4/6 6Ob6/22h

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Veröffentlicht am 06.04.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* L*, vertreten durch Dr. Thomas Bründl, Rechtsanwalt in Straßwalchen, gegen die beklagte Partei B* S*, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 12.267,15 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 20. Oktober 2021, GZ 22 R 256/21g-35, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 10. Juni 2021, GZ 5 C 319/20z-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 939,24 EUR (darin enthalten 156,54 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1]       Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

[2]       Die Vorinstanzen wiesen das Begehren des Klägers auf Zahlung restlichen Werklohns für die Lieferung und den Einbau von Türen und Fenstern ab.

[3]       Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nachträglich mit der Begründung zu, im Hinblick auf den Vorwurf, das Berufungsgericht habe sich mit der Beweisrüge mangelhaft befasst und keine nachvollziehbaren Überlegungen angestellt und im Berufungsurteil festgehalten, sei es angebracht, dem Obersten Gerichtshof eine Überprüfung seiner Entscheidung zu ermöglichen.

Rechtliche Beurteilung

[4]       Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

[5]       1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[6]            2.1 Der Besteller (Käufer) kann nach ständiger Rechtsprechung bei nicht mängelfreier Leistung grundsätzlich den gesamten Werklohn (Kaufpreis) zurückbehalten und nicht nur den der Höhe nach auf die Behebung des Mangels entfallenden Teil des Deckungskapitals (RS0018507; RS0021872). Das Leistungsverweigerungsrecht steht grundsätzlich auch bei Vorliegen geringfügiger Mängel zu, es sei denn die Ausübung dieses Rechts artet zur Schikane aus (RS0020161; RS0021730). Das ist der Fall, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen Grund der Rechtsausübung bildet oder wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Missverhältnis besteht (RS0026265). Der Werkunternehmer muss sich dabei im Prozess auf Schikane berufen (6 Ob 92/15w [ErwGr 3.2]). Im Regelfall begründet es keine erhebliche Rechtsfrage, ob im Einzelfall bestimmte, näher festgestellte Mängel den Werkbesteller berechtigen, einen offenen Teil des Werklohns bis zur Mängelbehebung zurückzubehalten (5 Ob 191/20d).

[7]       2.2 Das Berufungsgericht war der Ansicht, den in der Beweisrüge bekämpften Feststellungen komme keine Relevanz zu, weil die teilweise Zurückbehaltung des vereinbarten Werklohns durch den Beklagten in Höhe des Klagsbetrags selbst aufgrund jener Mängel, die in der Beweisrüge des Klägers gar nicht bekämpft wurden, gerechtfertigt gewesen sei; der Kläger habe sich überdies gar nicht auf Schikane berufen. Mit dieser Auffassung setzt sich die Revision nicht auseinander. Sie lässt auch die Beurteilung des Berufungsgerichts unbekämpft, (auch) die nicht mittig verbaute Haustüre stelle einen vom Kläger zu vertretenden Mangel dar.

[8]            3.1 Der Besteller verliert das Recht zur Zurückbehaltung des Werklohns, wenn er unberechtigterweise die vom Unternehmer beabsichtigte Verbesserung des vorhandenen Mangels ablehnt (3 Ob 645/82 = RS0021684 [T1]; vgl RS0021814). Ob die Erklärung des Bestellers im konkreten Fall als Nichtzulassung der Verbesserung aufzufassen ist, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ebenso die Mitwirkungserfordernisse zur Bewerkstelligung der Mängelbehebung (4 Ob 163/11s).

[9]       3.2 Dass der Kläger dem Beklagten die Verbesserung (auch) der nicht mittig verbauten Haustüre während des erstinstanzlichen Verfahrens angeboten habe, hat der Kläger weder behauptet, noch ist dies aktenkundig. Vielmehr hat der Kläger dort vorgebracht, die Verbesserung insoweit abzulehnen, weil ihm dieser Umstand nicht zurechenbar sei. Schon deshalb gehen die Ausführungen der Revision ins Leere, unter Zugrundelegung des klägerischen Vorbringens sei die Fälligkeit des restlichen Werklohns eingetreten, weil der Beklagte die vom Kläger während des erstinstanzlichen Verfahrens angebotene Behebung sämtlicher Mängel unter Hinweis auf „private Gründe“ grundlos verweigert habe. Damit kann die Revision die Relevanz der von ihr vermissten Feststellungen zur Frage, ob die Behebung der übrigen unbekämpft festgestellten Mängel angeboten worden sei und der Beklagte diese grundlos abgelehnt habe, nicht darlegen.

[10]       4. Da somit Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beurteilen sind, ist die Revision zurückzuweisen.

[11]     5. Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E134769

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00006.22H.0406.000

Im RIS seit

17.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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