TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/21 96/11/0020

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Veröffentlicht am 21.05.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
KFG 1967 §44 Abs2 lita;
KFG 1967 §44 Abs2;
VwGG §47 Abs1;
VwGG §48 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. November 1995, Zl. I/7-St-V-953, betreffend Aufhebung einer Zulassung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 44 Abs. 2 lit. a KFG 1967 die Zulassung eines der Fahrgestellnummer und dem polizeilichen Kennzeichen nach bestimmten Motorrades (Baujahr 1976) aufgehoben.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, daß an den Beschwerdeführer insgesamt vier Aufforderungen zur Vorführung des in Rede stehenden Motorrades gemäß § 56 KFG 1967 (für den 28. Juli, den 20. Oktober und den 20. Dezember 1994 sowie für den 30. März 1995) ergangen seien, denen der Beschwerdeführer nicht entsprochen habe. Er habe geltend gemacht, daß das Motorrad wegen eines schadhaften Bestandteiles nicht funktionstüchtig sei. Der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Vorlage einer Bestätigung, ein entsprechender Ersatzteil sei in Österreich nicht erhältlich, sei er nicht nachgekommen. Obwohl er seinen Angaben zufolge am 2. März 1995 den Ersatzteil erstanden habe, sei er der Aufforderung für den 30. März 1995 nicht nachgekommen.

Gemäß § 44 Abs. 2 lit. a KFG 1967 kann die Zulassung von der Behörde, die das Fahrzeug zugelassen hat, aufgehoben werden, wenn der Aufforderung, ein Fahrzeug zur Überprüfung vorzuführen, wiederholt nicht entsprochen wurde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, handelt es sich bei der Entscheidung der Kraftfahrbehörde nach der genannten Bestimmung um eine Ermessensentscheidung (vgl. die Erkenntnisse vom 27. Juni 1984, Slg. Nr. 11480/A, vom 17. April 1985, Zl. 83/11/0287, und vom 17. November 1992, Zl. 92/11/0182). Die Behörde hat daher bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Möglichkeit, die Zulassung aufzuheben, muß es aber nicht, wenn im Sinne des Gesetzes gelegene Gründe gegen die Aufhebung der Zulassung sprechen. Dabei kommt dem Vorbringen der Partei im Verwaltungsverfahren eine entscheidende Rolle zu. Enthält dieses Vorbringen Gründe, die dafür sprechen, daß das Kraftfahrzeug nicht in einem die Verkehrs- oder Betriebssicherheit ausschließenden Zustand auf Straßen mit öffentlichem Verkehr benützt wird, wird es regelmäßig im Sinne des Gesetzes liegen, trotz der wiederholten Nichtvorführung zu einer Überprüfung von einer Aufhebung der Zulassung abzusehen. Im Falle der Aufhebung haben die entsprechenden Überlegungen in der Begründung des Aufhebungsbescheides aufzuscheinen.

Derartige Ausführungen finden sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht. Darin liegt zunächst ein Begründungsmangel. Dieser ist auch wesentlich, weil der Beschwerdeführer mit Schreiben an die Erstbehörde, die Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt, vom 18. Juli 1995 ein Gutachten eines Gewerbetreibenden gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 vorgelegt hat, wonach das Kraftfahrzeug am 20. Juni 1995 den Erfordernissen der Umwelt und der Verkehrs- und Betriebssicherheit entsprochen habe. Darauf wäre unter dem Gesichtspunkt des Zweckes einer solchen Überprüfung sowie des zweiten Satzes des § 56 Abs. 1 KFG 1967 in der Begründung einzugehen gewesen. Die Aufhebung der Zulassung ist ihrem Wesen keine Bestrafung eines ungehorsamen Zulassungsbesitzers, sondern eine vorbeugende Administrativmaßnahme im Interesse u. a. der Verkehrssicherheit. Bereits aus diesen Gründen ist der angefochtene Bescheid nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Begründungsmangels aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis kann dahinstehen, ob die (nach der Begründung des Erstbescheides vom 17. Oktober 1995 auf einen "Erlaß der NÖ Landesregierung" vom 11. Oktober 1993 gestützten, offenbar ohne konkrete Bedenken im Sinne des § 56 Abs. 1 KFG 1967 ergangenen) Aufforderungen zur Vorführung des Motorrades zur Überprüfung rechtmäßig waren (vgl. abermals das zitierte Erkenntnis vom 17. November 1992, wonach ein bestimmtes Alter eines Kraftfahrzeuges für sich noch nicht entsprechende Bedenken begründet).

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des gestellten Begehrens. Zu den auf den Kostenantrag bezughabenden Ausführungen in der Gegenschrift ist anzumerken, daß zwar tatsächlich nur ein Rechtsträger zum Ersatz verpflichtet werden kann (wie es auch der ständigen Praxis des Verwaltungsgerichtshofes bei der Formulierung von Kostenzusprüchen entspricht), daß aber die Verpflichtung der "belangten Behörde" zum Aufwandersatz durchaus mit der Diktion des VwGG (§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2, § 48 Abs. 2) im Einklang steht. Daß der Zuspruch von Aufwandersatz "jedenfalls" beantragt wurde, bezieht sich ganz offenkundig auf die beiden, in eventu gestellten, Anträge auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes einerseits oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften andererseits, wobei nach dem Gesetz von vornherein ein solcher Zuspruch nur der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden (oder dieser gleichzuhaltenden - § 55 Abs. 1 oder § 56 VwGG) Partei zustehen kann.

Schlagworte

Begründung von Ermessensentscheidungen Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Beweiswürdigung Ermessen Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996110020.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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