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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ASVG §346;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache des P in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen die Landesschiedskommission für Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einem Kündigungsverfahren gemäß § 343 ASVG, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit vorliegender Beschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Landesschiedskommission für Wien geltend: Er habe die Kündigung seines Kassenvertrages am 28. Juli 1995 bei dieser Behörde durch Einspruch bekämpft. Obwohl am 23. April 1996 eine Verhandlung vor der Landesschiedskommission stattgefunden habe, sei bis zum Tag der Beschwerdeerhebung durch mehr als sechs Monate eine bescheidmäßige Erledigung nicht erfolgt. Die Landesschiedskommission sei oberste Behörde, weshalb die Säumnisbeschwerde zulässig sei.
Entgegen dieser Auffassung des Beschwerdeführers ist seine Säumnisbeschwerde schon deshalb unzulässig, weil gegen die Entscheidung der Landesschiedskommission gemäß § 345a Abs. 3 ASVG die Bundesschiedskommission mit Berufung angerufen werden kann. Gemäß § 347 Abs. 4 ASVG hat sowohl die Landesschiedskommission als auch die Bundesschiedskommission auf das Verfahren das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 anzuwenden.
Es gilt daher im Verfahren vor beiden Behörden die Bestimmung des § 73 Abs. 2 AVG, wonach die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergeht, wenn der Bescheid der Partei nicht innerhalb der Entscheidungsfrist von sechs Monaten (§ 73 Abs. 1 AVG bzw. § 343 Abs. 4 vierter Satz ASVG) zugestellt wurde.
Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
Da der Beschwerdeführer die oberste in Betracht kommende Behörde mittels Devolutionsantrag bisher nicht angerufen hat, erweist sich die Säumnisbeschwerde schon deshalb als unzulässig.
Im übrigen wird darauf verwiesen, daß gemäß Art. 133 Z. 4 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem die Angelegenheiten ausgeschlossen sind, über die in oberster Instanz die Entscheidung einer Kollegialbehörde zusteht, wenn nach dem die Einrichtung dieser Behörde regelnden Bundes- oder Landesgesetz unter den Mitgliedern sich wenigstens ein Richter befindet, auch die übrigen Mitglieder in Ausübung dieses Amtes an keine Weisungen gebunden sind, die Bescheide der Behörde nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen und nicht, ungeachtet des Zutreffens dieser Bedingungen, die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich für zulässig erklärt ist.
Diese Voraussetzungen treffen auf die Bundesschiedskommission gemäß § 346 Abs. 2, 6 und 7 ASVG zu. Da ein Beschwerderecht an den Verwaltungsgerichtshof nicht ausdrücklich eingeräumt ist, wäre die gegenständliche Angelegenheit daher gemäß Art. 133 Z. 4 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes auch dann ausgeschlossen, wenn - anders als im Beschwerdefall - die oberste in Betracht kommende Behörde angerufen worden wäre (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit (1983), 48, sowie die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 338, vorletzter Absatz, zitierte Rechtsprechung).
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Bescheide von Kollegialbehörden iSd B-VG Art133 Z4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996080110.X00Im RIS seit
20.11.2000