Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/11/0106Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über 1. die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. September 1995, Zl. 202354/1-ZDF/95, betreffend Zivildiensterklärung (hg. Zl. 95/11/0424), und 2. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist (hg. Zl. 96/11/0106), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 5a Abs. 4 iVm § 5a Abs. 3 Z. 2 ZDG festgestellt, daß die am 8. Juni 1995 eingebrachte Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers wegen Fristversäumnis Zivildienstpflicht nicht habe eintreten lassen können. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer laut Beschwerde am 18. September 1995 zugestellt. Die sechswöchige Beschwerdefrist endete demnach mit 30. Oktober 1995.
Der vorliegende Beschwerdeschriftsatz ist zwar mit 20. Oktober 1995 datiert, die nicht eingeschrieben zur Post gegebene Sendung langte aber erst am 28. Dezember 1995 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Der Tag der Postaufgabe ist aus dem insoweit unleserlichen Poststempel nicht ersichtlich. Aus einem am Briefkuvert angebrachten Nachgebühr-Vermerk des Zustellpostamtes 1014 Wien vom 28. Dezember 1995 ergibt sich, daß für die Sendung eine Nachgebühr zu entrichten war. Die Sendung wurde dem die Post abholenden Bediensteten des Verwaltungsgerichtshofes nach Entrichtung des Fehlbetrages am 28. Dezember 1995 ausgehändigt. Ermittlungen bei der Post ergaben, daß Sendungen im Falle einer Portogebühren-Beanstandung nur ausgefolgt werden, wenn der Empfänger bereit ist, die Nachgebühr zu entrichten. Ein Schriftverkehr oder eine sonstige Kontaktaufnahme mit dem Absender erfolgt in einem solchen Fall nicht.
Dieser Sachverhalt wurde der Vertreterin des Beschwerdeführers mit dem Bemerken mitgeteilt, er lege den Schluß nahe, daß die Beschwerde einige Tage vor dem 28. Dezember 1995 - somit erst nahezu zwei Monate nach dem Ende der Beschwerdefrist - zur Post gegeben worden sei.
Anhaltspunkte, die für eine rechtzeitige Postaufgabe sprechen könnten, seien nicht ersichtlich.
Die Vertreterin des Beschwerdeführers äußerte sich dazu in ihrer Stellungnahme vom 10. April 1996 wie folgt: Sie habe den Beschwerdeschriftsatz in offener Frist verfaßt und - da sie damals erkrankt gewesen sei und das Haus, in dem sie die Kanzlei habe, einen Kilometer vom nächsten Postamt entfernt sei - zusammen mit anderen Schriftstücken nicht eingeschrieben aufgegeben, sondern in den nächsten Postkasten eingeworfen. Das genaue Datum könne sie nicht mehr nachvollziehen. Sie habe in ihrer langjährigen Berufstätigkeit noch nie eine Rechtsmittelfrist versäumt. Es sei daher anzunehmen, daß die Sendung "einen Irrweg bei der Post gelaufen" sei, zumal die Rechtsvertreterin "in den Weihnachtsfeiertagen nicht in Wien, sondern bis 5.1.1996 auf Urlaub" gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch dieses Vorbringen nicht veranlaßt, von seiner der Vertreterin des Beschwerdeführers bekanntgegebenen vorläufigen Annahme, die Beschwerde sei erst nach Ablauf der Beschwerdefrist zur Post gegeben worden, abzugehen. Es ist nichts hervorgekommen, was für eine rechtzeitige Postaufgabe der die Beschwerde enthaltenden Sendung sprechen könnte. Das auf dem Beschwerdeschriftsatz aufscheinende Datum (20. Oktober 1995) ist ein Indiz dafür, daß dieser Schriftsatz an diesem Tag verfaßt wurde. Für das Datum der Postaufgabe ist daraus aber nichts abzuleiten. Dazu hat die Beschwerdevertreterin weder ein konkretes, nachprüfbares Vorbringen erstattet noch zweckdienliche Bescheinigungsmittel (Kopie von internen Abfertigungsvermerken und dergleichen) vorgelegt. Es besteht kein objektiver Hinweis auf den von ihr behaupteten "Irrweg" der Sendung innerhalb der Post. Das Briefkuvert weist außer dem Stempel des Aufgabepostamtes (2320 Schwechat) und dem Nachgebühr-Vermerk des Zustellpostamtes (1014 Wien) vom 28. Dezember 1995 keinerlei weitere postamtlichen Vermerke, wie sie im Falle eines - noch dazu mehrmonatigen - "Irrweges" zu erwarten wären, auf. Es ist daher vom normalen Ablauf des Zustellvorganges auszugehen. Dieser dauert bei Sendungen von Schwechat nach Wien erfahrungsgemäß nicht mehr als 2 bis 3 Tage. Daraus folgt - angesichts der Abholung der Sendung am
2. Werktag nach den Weihnachtsfeiertagen nach vorangegangener Aufforderung zur Entrichtung einer Nachgebühr -, daß von der Postaufgabe der Sendung in der Woche vor Weihnachten 1995 auszugehen ist. Dem steht die von der Rechtsvertreterin behauptete urlaubsbedingte Abwesenheit von Wien ("in den Weihnachtsfeiertagen ... bis 5.1.1996") schon rein zeitlich nicht entgegen. Davon abgesehen vermag dieses Vorbringen auch mangels jeglicher Konkretisierung in Bezug auf Urlaubsbeginn und Urlaubsort keine Zweifel an der besagten Annahme zu erwecken.
Aus diesen Gründen ist von der Versäumung der Beschwerdefrist auszugehen.
2. In der erwähnten Stellungnahme vom 10. April 1996 wird "vorsichtshalber" der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gestellt und mit dem Hinweis auf den Irrweg der Sendung bei der Post begründet. Dabei handle es sich um ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis. Den Beschwerdeführer und seine Vertreterin treffe kein Verschulden am verspäteten Einlangen der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof.
Dieses Vorbringen läßt auch nicht ansatzweise ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das einen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG bilden könnte, erkennen. Da gemäß § 33 Abs. 3 AVG die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet werden, kommt es für die Wahrung der Beschwerdefrist nicht auf das Einlangen der (an den Verwaltungsgerichtshof adressierten) Sendung beim Verwaltungsgerichtshof, sondern auf die Postaufgabe an. Verzögerungen infolge allfälliger "Irrwege" innerhalb der Post sind daher - die rechtzeitige Postaufgabe vorausgesetzt - für die Wahrung der Frist ohne Belang. Im vorliegenden Fall lag aber aus den vorhin dargelegten Gründen die besagte Voraussetzung nicht vor. Ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, durch das der Beschwerdeführer bzw. seiner Vertreterin im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG gehindert gewesen wäre, die Beschwerde spätestens am 30. Oktober 1995 zur Post zu geben, wurde nicht geltend gemacht.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher schon deshalb nicht stattzugeben.
3. Infolge Versäumung der Beschwerdefrist war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiters Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995110424.X00Im RIS seit
03.04.2001