TE Vwgh Beschluss 2022/3/21 Ra 2022/17/0013

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Veröffentlicht am 21.03.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §57
VwGG §30 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des A, geboren 1990, vertreten durch Mag. Dr. Stefan Rieder, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Giselakai 43, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2021, W159 2244052-1/15E, betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots samt Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber, einem kosovarischen Staatsangehörigen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, seine Abschiebung in den Herkunftsstaat für zulässig erklärt, gegen ihn ein befristetes Einreiseverbot für die Dauer von sechs Monaten erlassen und ihm eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt.

2. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision verband der Revisionswerber mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Er brachte vor, die Versagung der aufschiebenden Wirkung würde die Revision konterkarieren. Ziel der Revision sei es, dass er bei seinen Eltern im Bundesgebiet im gemeinsamen Haushalt bleiben könne, um ihnen zu helfen und sie zu betreuen. Seine Ausreise und die damit verbundene Unterbrechung der Hilfe und Betreuung wäre der Befindlichkeit und Gesundheit seiner Eltern abträglich. Diese wären auch nicht in der Lage, sich eine Übergangsbetreuung zu organisieren, weil sich der Revisionswerber um alle ihre Belange kümmere. Im Übrigen akzeptierten die Eltern keine Fremdbetreuung und wäre eine solche auch mit Kosten für die Allgemeinheit verbunden. Ferner würde die (vorübergehende) Rückkehr des Revisionswerbers in seinen Herkunftsstaat zu einem unverhältnismäßigen Zeit- und Kostenaufwand führen.

3. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht und ab der Vorlage der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

4.1. Ein unverhältnismäßiger Nachteil im genannten Sinn liegt nur dann vor, wenn zumindest die Möglichkeit nachteiliger Einwirkungen durch den Vollzug gegeben ist, wobei die - mit der Umsetzung der bekämpften Entscheidung in die Wirklichkeit verbundenen - Nachteile dem Revisionswerber selbst unmittelbar drohen müssen (vgl. VwGH 12.11.2007, AW 2007/07/0059; 26.5.2014, Ro 2014/07/0049, mwN).

4.2. Vorliegend behauptet der Revisionswerber - weit überwiegend (siehe aber Pkt. 5.) - keine ihm selbst unmittelbar drohenden Nachteile durch den Vollzug, sondern macht Nachteile geltend, die seinen Eltern drohten, wenn er nicht bei ihnen im Bundesgebiet im gemeinsamen Haushalt bleiben könne, um ihnen die benötigte Hilfe und Betreuung zu leisten, bzw. weist darauf hin, dass im Fall einer Fremdbetreuung der Eltern allenfalls auch Kosten für die Allgemeinheit entstehen könnten.

Damit beruft sich der Revisionswerber (insofern) lediglich auf die Interessen Dritter (seiner Eltern und der Öffentlichkeit), deren Verletzung er aber nicht als ihn selbst unmittelbar treffende Nachteile im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG geltend machen kann (vgl. eingehend Ro 2014/07/0049). Ein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinn der genannten Bestimmung liegt (insoweit) schon deshalb nicht vor.

5.1. Um die vom Gesetzgeber im Hinblick auf § 30 Abs. 2 VwGG geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, hat der Revisionswerber schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzulegen, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl. etwa VwGH 27.4.2021, Ra 2020/22/0273).

Macht der Revisionswerber einen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteil (etwa aufgrund eines besonderen Zeit- und Kostenaufwands) geltend, so hat er dies durch nachvollziehbare Dartuung der konkreten wirtschaftlichen Folgen auf dem Boden seiner ebenso konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse darzustellen. Erst eine solche ausreichende Konkretisierung ermöglicht die nach dem Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl. VwGH 27.12.2017, Ra 2017/08/0096; 3.2.2021, Ra 2021/10/0002).

5.2. Gegenständlich behauptet der Revisionswerber (zwar) insoweit einen ihm selbst unmittelbar drohenden Nachteil, als er geltend macht, seine (vorübergehende) Rückkehr in den Herkunftsstaat würde zu einem unverhältnismäßigen Zeit- und Kostenaufwand (für ihn selbst) führen. Allerdings unterlässt er es, konkret und substanziiert darzutun, aus welchen Umständen - insbesondere aus welchen konkreten wirtschaftlichen Folgen im Hinblick auf seine gesamten Verhältnisse - durch einen nicht aufgeschobenen Vollzug ein unverhältnismäßiger Nachteil drohen sollte. Mangels ausreichender Konkretisierung ist daher auch insoweit ein unverhältnismäßiger Nachteil nicht ersichtlich.

6. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG war somit nicht stattzugeben.

Wien, am 21. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022170013.L00

Im RIS seit

16.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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