TE Vwgh Beschluss 2022/4/8 Ra 2022/03/0087

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Veröffentlicht am 08.04.2022
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

AVG §13 Abs3
AVG §13 Abs4
EpG 1950-BerechnungsV 2020 §6 Abs1
EpG 1950-BerechnungsV 2020 §6 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des O E in K, vertreten durch Harisch & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Otto Holzbauer Straße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 18. Jänner 2022, Zl. 405-8/1156/1/2-2022, betreffend Ansprüche nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zell am See), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Zell am See den Antrag des Revisionswerbers auf Zuerkennung einer Vergütung für den Verdienstentgang aufgrund der Betriebsschließung gemäß § 20 iVm § 32 Abs. 5 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) in einem näher umschriebenen Zeitraum zurück und erklärte die Revision für nicht zulässig.

2        Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, der Revisionswerber habe einem Verbesserungsauftrag der belangten Behörde nicht vollständig entsprochen, indem er zwar ein ausgefülltes „Berechnungstool“ im Sinne des § 6 Abs. 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung übermittelt, die notwendige Bestätigung der Richtigkeit der Berechnung durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter gemäß § 6 Abs. 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung aber nicht angeschlossen habe. Die nur teilweise Erfüllung des Verbesserungsauftrags sei der gänzlichen Unterlassung der Mängelbehebung gleichzusetzen und rechtfertige die Zurückweisung des Antrags gemäß § 13 Abs. 3 AVG.

3        Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zu ihrer Zulässigkeit wird geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht keine Verhandlung durchführt und sei damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Unter Beachtung der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung hätte das Verwaltungsgericht außerdem trotz der fehlenden Bestätigung eines Steuerberaters (durch Unterfertigung des „Berechnungstools“) keine Zurückweisung vornehmen dürfen. Das Fehlen einer Unterschrift bilde nämlich keinen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG und rechtfertige keine Zurückweisung nach dieser Norm. Vielmehr wäre ein nochmaliger Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 4 AVG zu erteilen gewesen. Im Übrigen habe der Verbesserungsauftrag keine eindeutige Belehrung über die Rechtsfolgen enthalten. Für einen solchen Fall habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Erkenntnis zu beheben sei (VwSlg 14.819 A/1998).

4        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

5        Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass der Revisionswerber dem Auftrag der belangten Behörde zur Verbesserung seines Antrags gemäß § 6 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung fristgerecht nicht vollständig entsprochen hat. Er übermittelte der Behörde zwar ein von ihm ausgefülltes Formular des „Berechnungstools“ gemäß § 6 Abs. 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung, schloss diesem aber keine Bestätigung der Richtigkeit der Berechnung durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter gemäß § 6 Abs. 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung an; dies, obwohl er auf die Notwendigkeit dieser Bestätigung und die Rechtsfolge der mangelhaften Erfüllung des Verbesserungsauftrages ausdrücklich hingewiesen worden war („Hingewiesen wird, dass bei fruchtlosem Verstreichen der ... Frist ihr Antrag gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen wird“).

6        Auf dieser Grundlage ist die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags des Revisionswerbers gemäß § 13 Abs. 3 AVG nicht als rechtswidrig zu erkennen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG auch eine nur teilweise Erfüllung des Verbesserungsauftrags der gänzlichen Unterlassung der Behebung von Mängeln gleichzuhalten ist (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2018/10/0113, mwN).

7        Wenn die Revision dem entgegenhält, es sei hier kein Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vorgelegen, sondern es habe lediglich die Unterschrift eines Steuerberaters gefehlt, die im Wege des § 13 Abs. 4 AVG zu verbessern gewesen wäre, kann dem nicht beigepflichtet werden. Es ist zwar richtig, dass seit der Novelle des AVG BGBl. I Nr. 357/1990 das Fehlen einer Unterschrift auf einem Antrag kein Formgebrechen darstellt, sondern zwischen Fällen des Formgebrechens und des Fehlens einer Unterschrift differenziert wird. Bei Formgebrechen ist ein Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu erteilen, bei fehlender Unterschrift hingegen nach § 13 Abs. 4 AVG vorzugehen (vgl. VwGH 31.7.2014, 2012/08/0232). Im gegenständlichen Fall fehlte dem Antrag des Revisionswerbers aber nicht seine Unterschrift, sondern es wurde die Verbesserung durch Vorlage des ausgefüllten amtlichen Formulars zur Berechnung des Verdienstentgangs gemäß § 6 Abs. 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung sowie einer Bestätigung der Richtigkeit der Berechnung durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter gemäß § 6 Abs. 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung aufgetragen. Dabei handelte es sich um Mängel des Antrags im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG.

8        Die teilweise Nichterfüllung des Verbesserungsauftrags rechtfertigte daher auch die - in der Belehrung angedrohte - Zurückweisung seines Antrags.

9        Dem von Revision angesprochenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1998, 97/11/0218, VwSlg. 14.819 A/1998, lag in sachverhaltsmäßiger Hinsicht ein Fall zugrunde, der mit dem vorliegenden schon deshalb nicht vergleichbar ist, zumal dort gegenüber der unvertretenen Partei kein ausdrücklicher Hinweis zu den Rechtsfolgen der Nichterfüllung des Verbesserungsauftrags gegeben worden ist.

10       Dem Revisionsvorbringen, das Verwaltungsgericht sei von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Verhandlungspflicht abgewichen, ist zu erwidern, dass nach § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung unter anderem dann entfallen kann, wenn der verfahrenseinleitende Antrag - wie hier - zurückzuweisen ist. Dass das Verwaltungsgericht trotz dieses gesetzlichen eingeräumten Ermessens zur Abstandnahme von der Verhandlung eine solche durchzuführen gehabt hätte, legt die Revision nicht dar (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 13.12.2021, Ra 2021/04/0190, mwN).

11       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 8. April 2022

Schlagworte

Formgebrechen behebbare Unterschrift Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022030087.L00

Im RIS seit

16.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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