TE Vwgh Beschluss 2022/4/20 Ro 2018/06/0001

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Veröffentlicht am 20.04.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs3
VwGG §34 Abs2
VwGG §45 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ro 2018/06/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Mag. Rehak sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über den Antrag 1. der J U und 2. des W U, beide in S, beide vertreten durch Mag. Wolfgang Vinatzer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 25/11, auf Wiederaufnahme des mit hg. Beschluss vom 17. Dezember 2021, Ro 2018/06/0001 bis 0002-4, abgeschlossenen Verfahrens betreffend Zurückweisung eines Antrages nach dem Kärntner Straßengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde Seeboden am Millstätter See), den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 45 VwGG wird dem Wiederaufnahmeantrag nicht stattgegeben.

Begründung

1        Mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten (LVwG) vom 6. November 2017 wurde die von den Wiederaufnahmewerbern gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Seeboden vom 30. Jänner 2017, mit dem ihr Antrag auf Zuerkennung einer Ablöse im Sinne des § 58 Abs. 2 Kärntner Straßengesetz 1991 (K-StrG) als unbegründet abgewiesen worden war, erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im Spruch des Bescheides die Wortfolge „als unbegründet ab“ durch die Wortfolge „als unzulässig zurück“ ersetzt werde.

2        Die von den Wiederaufnahmewerbern dagegen erhobene ordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 2021, Ro 2018/06/0001 und 0002-4, zurückgewiesen, weil sie durch die Entscheidung des LVwG allenfalls in ihrem Recht auf Sachentscheidung durch das Verwaltungsgericht, nicht aber in dem als Revisionspunkte geltend gemachten Recht auf Grundablöse verletzt werden konnten.

3        Mit dem am 20. Jänner 2022 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Antrag begehren die antragstellenden Parteien die Wiederaufnahme des mit hg. Beschluss vom 17. Dezember 2021, Ro 2018/06/0001 und 0002-4, abgeschlossenen Verfahrens.

4        Sie stützen ihren Antrag auf den Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG, der dadurch verwirklicht sei, dass die vom Verwaltungsgerichtshof aufgegriffene Bezeichnung der Revisionspunkte aus der Revisionsschrift „Rechten auf Grundablöse gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 37 K-StrG 1991 (§ 60 Abs. 1 iVm § 37 K-StrG 2017)“ einerseits als Mehrzahlbegriff und andererseits unter Verknüpfung mit den für die Bemessung der Entschädigung geltenden Verwaltungsvorschriften formuliert worden sei (Hervorhebungen durch die Wiederaufnahmewerber). Daraus folge, dass die vorliegende Bezeichnung der Revisionspunkte nicht etwa nur ein einziges Recht auf Grundablöse - oder nur die Ablöse im Sinne des als Entschädigung für die Grundablösung zustehenden Geldbetrages - sondern auch das Recht auf meritorische Erledigung der im Gesetz bezeichneten Ablösung des Grundes im Verwaltungsrechtswege beinhalte. Dies werde in den Revisionsgründen auch so ausgeführt. Auch die weiteren Begründungen der Revision unter dem Revisionsgrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit zielten darauf ab, dass dem Rechtsunterworfenen bei Zuerkennung subjektiver Rechte auch die entsprechenden Parteirechte einzuräumen seien, um diese Ansprüche geltend zu machen.

5        Zudem schließe auch die insoweit unverändert gebliebene Bestimmung des § 58 Abs. 2 K-StrG (nunmehr § 60 Abs. 2 K-StrG 2017), wonach der Privateigentümer die „Ablösung des Grundes verlangen kann“ - zumal hiefür keine Einschränkungen vorgesehen seien - das Recht auf Sachentscheidung im Verwaltungsrechtsweg ein, auch wenn das Gesetz selbst nicht die Frage beantworte, wem gegenüber dieses Verlangen gestellt werden könne.

6        Jedenfalls - so die Wiederaufnahmewerber weiter - hätte ihnen der Verwaltungsgerichtshof Gehör nach § 34 Abs. 2 VwGG gewähren müssen, um im Wege der Verbesserung eines Inhaltsmangels klarzustellen, ob mit den als Revisionspunkt in der Mehrzahl bezeichneten Rechten auf Grundablöse nach den zitierten Bestimmungen auch das Recht auf Sachentscheidung im Verwaltungsrechtsweg als verletzt erachtet werde. Bei Gelegenheit zur Verbesserung hätten sie - was mit dem Wiederaufnahmeantrag nachgeholt sei - als Revisionspunkt unter den Rechten auf Grundablöse neben dem Bisherigen zusätzlich auch das Recht auf Sachentscheidung im Verwaltungsrechtswege - wie in der Revision weiter ausgeführt - herausgehoben.

7        Einschlägig seien auch die Bestimmungen des § 41 zweiter Satz VwGG und allenfalls auch des § 33 Abs. 2 VwGG. Die im Zurückweisungsbeschluss zu wesentlichen Belangen angeführte Judikatur sei erst lange nach Erhebung der ordentlichen Revision ergangen. Diese Rechtsprechung erscheine auch nicht einheitlich. In dem im Zurückweisungsbeschluss vom 17. Dezember 2021 zum Rechtssatz, wonach bei Zurückweisung eines Antrags durch das Verwaltungsgericht die Sache des Revisionsverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung sei, zitierten hg. Beschluss vom 16. Dezember 2020, Ra 2020/11/0095, werde dieser Rechtssatz aus der dort genannten Vorjudikatur abgeleitet, die jedoch nicht einschlägig erscheine. Die abschließende Erwägung im Zurückweisungsbeschluss, dass die Wiederaufnahmewerber durch diese Entscheidung allenfalls in ihrem Recht auf Sachentscheidung durch das Verwaltungsgericht, nicht aber in dem als Revisionspunkte geltend gemachten Recht (Rechten) auf Grundablöse verletzt wären, scheine zudem von der hg. Entscheidung vom 26. Februar 2019, Ra 2018/06/0199, abzuweichen (wird näher ausgeführt).

8        Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte.

9        Im Wiederaufnahmeverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof nur zu prüfen, ob einer der - taxativ aufgezählten - Wiederaufnahmegründe vorliegt und demgemäß das bereits erledigte verwaltungsgerichtliche Verfahren neu durchzuführen ist (vgl. VwGH 19.2.2009, 2008/01/0780, mwN).

10       Die Wiederaufnahme eines Verfahrens ist gemäß § 45 VwGG nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich und dient nicht der allgemeinen Überprüfung abgeschlossener Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof oder einer Korrektur seiner Entscheidungen. Eine Wiederaufnahme eines Verfahrens nach § 45 VwGG bietet somit keine Handhabe dafür, eine in einem abgeschlossenen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegte Sachverhaltsannahme oder die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs zu bekämpfen (vgl. etwa VwGH 27.10.2021, Ra 2020/10/0166-27, mwN).

11       Ferner sind Unzulänglichkeiten eines Anbringens, die nicht die Vollständigkeit, sondern vielmehr seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen, nicht als Mangel im Sinn des § 34 Abs. 2 VwGG anzusehen (vgl. etwa VwGH 17.9.2014, Ro 2014/04/0055, mwN; vgl. aus der ständigen Rechtsprechung, wonach § 34 Abs. 2 VwGG ebenso wie § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen dient, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind, etwa VwGH 18.12.2012, 2012/11/0228 und 0229, mwN).

12       Die Wiederaufnahmewerber haben in dem Verfahren, dessen Wiederaufnahme sie begehren, die Revisionspunkte - wie im hg. Beschluss vom 17. Dezember 2021, Ro 2018/06/0001 und 0002-4, näher dargestellt wurde - ausdrücklich und unmissverständlich mit „in den einfachgesetzlichen Rechten auf Grundablöse“ bezeichnet. Die zusätzliche Erwähnung gesetzlicher Bestimmungen ändert daran ebenso wenig wie die Verwendung des Pluralbegriffs „Rechten“. Eine Verpflichtung zur Erteilung eines Verbesserungsauftrages bestand daher nicht (vgl. dazu auch VwGH 18.4.2019, Ra 2019/08/0044, mwN).

13       Es bestand auch kein Grund, die Wiederaufnahmewerber gemäß § 41 zweiter Satz VwGG zu hören, zumal im vorliegenden Fall keine Rechts- oder Tatfragen zu klären waren, die die Gewährung von Parteiengehör erfordert hätten.

14       Die oben wiedergegebenen weiteren Rechtsausführungen im vorliegenden Wiederaufnahmeantrag führen schon deshalb nicht zum Erfolg, weil nach der bereits zitierten Judikatur die Wiederaufnahme eines Verfahrens unter anderem nicht einer Korrektur von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes dient. Im Übrigen konnten die Wiederaufnahmewerber durch das Erkenntnis des LVwG vom 6. November 2017 in dem von ihnen in ihrer Revision als Revisionspunkte allein geltend gemachten Recht auf Grundablöse selbst dann nicht verletzt werden, wenn man zugrunde legte, dass sie ausschließlich in ihrem Recht auf Sachentscheidung über ihren Antrag auf Zuerkennung einer Ablöse im Sinne des § 58 Abs. 2 K-StrG bzw. § 60 Abs. 2 K-StrG 2017 (und nicht in ihrem Recht auf Sachentscheidung durch das Verwaltungsgericht) verletzt hätten werden können.

15       Da der von den antragstellenden Parteien geltend gemachte Wiederaufnahmegrund somit nicht vorliegt, war dem Wiederaufnahmeantrag nicht stattzugeben.

Wien, am 20. April 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RO2018060001.J00

Im RIS seit

16.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

23.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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