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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des E A, vertreten durch Mag. Claus Steiner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Kaiser Franz Ring 13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2021, W184 2247187-1/3E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 27. Mai 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, den er im Wesentlichen damit begründete, dass ihn sein drogenabhängiger Vater im Iran dazu gezwungen habe, Suchtgift zu verkaufen. Als die Mutter des Revisionswerbers dies erfahren habe, habe sie ihn angewiesen, das Land zu verlassen.
2 Mit Bescheid vom 3. September 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers betreffend die Versagung des Status des Asylberechtigten als unbegründet ab und erklärte die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Das Bundesverwaltungsgericht führte begründend - soweit hier maßgeblich - aus, der Revisionswerber habe eine gegen ihn gerichtete Verfolgung nicht aufgezeigt, weil sich die von ihm vorgebrachten Gründe ausschließlich auf den Iran bezögen, denen aber mangels Bezug zum Herkunftsland keine Asylrelevanz zukomme. Es verneinte außerdem - mit näherer Begründung - eine Gruppenverfolgung im Hinblick auf die Volksgruppe der Hazara.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die vorliegende Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das Bundesverwaltungsgericht habe es - insbesondere im Hinblick auf die „tagespolitischen Geschehnisse ab ca. August 2021“ in Afghanistan - geradezu willkürlich unterlassen, aktuelle Erhebungen betreffend die (Sicherheits-) Lage in Afghanistan beizuschaffen und diese seinen Feststellungen zugrunde zu legen. Auch die Ermittlungen zu den ethnischen Gruppen in Afghanistan seien veraltet. Das Bundesverwaltungsgericht hätte aktuelle Berichte über die schiitische Minderheit der Hazara einholen müssen.
9 Soweit in der Revision damit die Beachtung aktueller Länderberichte eingefordert wird, ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass immer dann, wenn Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt werden, auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 9.3.2022, Ra 2021/14/0248, mwN). Eine solche Darstellung enthält die Revision jedoch nicht.
10 Hinzu kommt, dass dem Revisionswerber im Hinblick auf die aktuelle Sicherheitslage in Afghanistan und unter Berücksichtigung seiner Minderjährigkeit bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.
11 Soweit der Revisionswerber vorbringt, selbst unter Berücksichtigung der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen und veralteten - näher dargelegten - Länderfeststellungen hätte das Bundesverwaltungsgericht in seiner Prognose feststellen müssen, dass objektiv nach herrschender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine entscheidungsrelevante Bedrohung für den Revisionswerber gegeben wäre, ist festzuhalten, dass die Ausführungen in der Revision Mutmaßungen zu einer künftig im Herkunftsstaat zu erwartenden Verfolgung auch wegen der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe in den Raum stellen. Erläuterungen dazu, aus welchen Gründen das Bundesverwaltungsgericht den Eintritt solcher Ereignisse im Zeitpunkt seiner Entscheidung als maßgeblich wahrscheinlich hätte ansehen müssen, legt der Revisionswerber nicht dar (vgl. dazu, dass die Verfolgungsgefahr nur dann anzunehmen ist, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht, etwa VwGH 14.7.2021, Ra 2021/14/0066, mwN).
12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 20. April 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021140375.L00Im RIS seit
16.05.2022Zuletzt aktualisiert am
01.06.2022