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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Besein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der I in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. September 1994, Zl. 101.515/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (belangte Behörde) vom 5. September 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 16. Dezember 1993 auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid damit, daß die Beschwerdeführerin gemeinsam mit zwei anderen Personen in einer Wohnung mit einer Nutzfläche von 21,3 m2 lebe. Ausgehend von einem grundsätzlichen Mindestbedarf von 10 m2 Nutzfläche pro Person, könne im Hinblick auf eine derartige Beengtheit eine für Inländer ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG jedenfalls nicht vorliegen. Die Beschwerdeführerin habe zwar familiäre Beziehungen in Österreich, jedoch sonst keine nennenswerten Bindungen zur Republik Österreich. Den öffentlichen Interessen an der Versagung der Aufenthaltsbewilligung sei gegenüber ihren privaten Interessen Priorität einzuräumen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz einem Fremden u.a. nicht erteilt werden, wenn eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.
Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid im wesentlichen deswegen für rechtswidrig, weil es sich bei dem von der belangten Behörde angenommenen Mindesterfordernis von 10 m2 pro Person um keine Zwangsvorschrift handle, sondern um eine Sollrichtlinie, um den Mietenwucher in Gastarbeiterquartieren hintanzuhalten. Die belangte Behörde lasse außer acht, daß auch für inländische Familien mit ein oder zwei Kindern Wohnungen mit einer Nutzfläche von 20 m2 bis 30 m2 durchaus üblich seien. In Beherbergungsbetrieben weise ein Zweibettzimmer in der Regel maximal eine Größe von 12 m2 zuzüglich WC auf. Die Quartiernahme in einem Beherbergungsbetrieb werde jedoch durchaus als den Bestimmungen des FrG für die Erteilung eines Sichtvermerkes noch ausreichend angesehen. Die Beschwerdeführerin verweist auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1994, Zl. 94/16/0028 u.a. Zlen., mit welchem dieser ausgesprochen habe, daß eine unbeheizbare Waschküche als für Wohnzwecke geeignet anzusehen sei. Dies müsse daher umsomehr für die Wohnung der Beschwerdeführerin gelten, welche aus zwei Kabinetten, Küche und Vorzimmer bestehe und noch dazu beheizbar sei.
Die Beschwerdeführerin weist zutreffend darauf hin, daß sich die belangte Behörde mit der Frage, aus welchen Gründen die der Beschwerdeführerin und zwei weiteren Personen zur Verfügung stehende Wohnung mit einer Nutzfläche von 21,3 m2 für drei Personen nicht ausreiche, im Konkreten überhaupt nicht auseinandergesetzt hat. Die belangte Behörde ging vielmehr davon aus, daß eine für Inländer ortsübliche Unterkunft nur dann vorliege, wenn pro Person eine Nutzfläche von 10 m2 zur Verfügung steht. Sie hat sich aber nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, mit welchen Personen die Beschwerdeführerin zusammenlebt. Welche Erwägungen ihrer Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "ortsübliche Unterkunft" zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden. Hiebei handelt es sich keineswegs um eine offenkundige Tatsache, das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen im Einzelfall macht daher die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit unmöglich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0089). Der Beschwerdehinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 94/16/0028, 0029, in welchem es um die grunderwerbssteuerrechtliche Beurteilung der Wohnnutzfläche eines Hauses ging, ist für die Beurteilung im vorliegenden Fall freilich ohne Relevanz.
Die belangte Behörde hat daher gegen die Begründungspflicht gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG i.V.m. § 67 AVG verstoßen, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war im Hinblick darauf abzuweisen, daß die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung die Beilage nur einer Kopie des angefochtenen Bescheides notwendig war.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995210383.X00Im RIS seit
02.05.2001