TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/22 95/21/0405

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.05.1996
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs1;
AVG §58 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. November 1994, Zl. 103.040/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres (belangte Behörde) vom 23. November 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wurde damit begründet, daß die vom Gesetz verlangte ortsübliche Unterkunft nicht gegeben sei, weil die zur Verfügung stehende Wohnung des Beschwerdeführers im Ausmaß von 35 m2 für den dauernden Aufenthalt von vier Personen nicht ausreiche, wobei die Behörde auch die allgemeine Wohnsituation in der unmittelbaren Umgebung der angegebenen Wohnung zu berücksichtigen gehabt habe. Die im Berufungsverfahren gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen hätten nicht belegen können, aus welchen Gründen die Ermessensausübung der Behörde bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit der Wohnung gesetzwidrig gewesen sei. Gerade die Notwendigkeit, in einem ohnedies sensiblen "Wohnbereich" die weitere Zuwanderung sorgfältig zu steuern, mache es erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der Ortsüblichkeit von Wohnverhältnissen von Zuwanderern anzulegen. Zwar sei ein Bewohner der vom Beschwerdeführer bewohnten Wohnung fallweise abwesend; dies vermöge an der Ortsunüblichkeit der Unterkunft jedoch nichts zu ändern, zumal vom Beschwerdeführer selbst eingestanden werde, daß sich dieser Bewohner doch regelmäßig in der Wohnung aufhalte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte - unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung einem Fremden nicht erteilt werden, wenn u.a. eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil sich in der von ihm bewohnten Wohnung tatsächlich nur drei Personen aufhielten, eine vierte Person hingegen nur sporadisch, weil diese eine Freundin in Wien habe und vor allem bei dieser wohne. Die vierte Person komme in die Wohnung lediglich, um dort ihre Kleider oder sonstigen Gegenstände zu holen. Die belangte Behörde habe nicht ausreichend begründet, weshalb eine für Inländer ortsübliche Unterkunft nur dann vorliege, wenn auf jede der dort gemeinsam wohnenden Personen mindestens eine Nutzfläche von 10 m2 entfalle.

Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde im Ergebnis, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die belangte Behörde ist nämlich einerseits von der unzutreffenden Annahme ausgegangen, ihr sei bei der Beurteilung, ob eine Wohnung im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG ortsüblich sei, Ermessen eingeräumt und sie müsse in einem ohnedies sensiblen "Wohnbereich" die weitere Zuwanderung sorgfältig steuern, weshalb strenge Maßstäbe an die Beurteilung der Ortsüblichkeit von Wohnverhältnissen von Zuwanderern anzulegen seien. Andererseits läßt der angefochtene Bescheid eine Begründung dahingehend vermissen, aus welchen Gründen im konkreten Falle eine Wohnung im Ausmaß von 35 m2 für vier Personen, von denen eine jedenfalls nicht ständig dort wohnt, nicht als ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG anzusehen ist. Welche Erwägungen der von der belangten Behörde vorliegend getroffenen Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "ortsübliche Unterkunft" zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides daher nicht entnommen werden. Hiebei handelt es sich keineswegs um eine offenkundige Tatsache; auch ein nicht näher determinierter Hinweis auf "die allgemeine Wohnsituation in der unmittelbaren Umgebung der angegebenen Wohnung" stellt keine ausreichende Begründung dar. Das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen hindert daher die Nachprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtsmäßigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995210405.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten