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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §6;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/16/0020 E 22. Mai 1996Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde der Dr. P-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. August 1994, Zl. GA 9-754/94, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem gemäß § 200 Abs. 1 BAO ergangenen Bescheid vom 7. April 1994 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien nach einem am 21. Dezember 1990 zwischen der beschwerdeführenden und einer weiteren Gesellschaft geschlossenen prätorischen Vergleich über die Abtretung von Geschäftsanteilen an vier Gesellschaften im Grunde des § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG Rechtsgebühr in der Höhe von S 16.480,-- vor.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Gesellschaft vor, das Rechtsgeschäft des gerichtlichen Vergleichs sei in der Aufzählung des § 33 GebG nicht enthalten, daher könne mangels gesetzlicher Deckung auch keine Gebühr vorgeschrieben werden; auf § 18 B-VG (Legalitätsprinzip) werde verwiesen. Gemäß § 33 GebG "Tarif der Gebühren für Rechtsgeschäfte", TP 20 "Vergleiche (außergerichtliche)" unterlägen außergerichtliche Vergleiche gewissen Gebühren. Da eine entsprechende Vorschrift für gerichtliche Vergleiche fehle, seien gerichtliche Vergleiche nach dem Gebührengesetz nicht gebührenpflichtig. Dies sei eine grundsätzliche und zweifelsfreie Abgrenzung, deren Motiv offensichtlich darin liege, daß zur Gerichtsgebühr nicht eine weitere Vergebührung treten solle. Ob diese nun eine pauschale Gebühr sei oder nicht, sei für das Gebührengesetz belanglos. Eine andere Interpretation als die, daß von der Gebührenpflicht der außergerichtlichen Vergleiche auf die Gebührenfreiheit der gerichtlichen Vergleiche zu schließen sei, sei nach dem Gesetz der Logik nicht denkmöglich.
Gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung stellte die beschwerdeführende Gesellschaft den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, wobei sie die Entscheidungsgründe im wesentlichen auf das Erkenntnis vom 18. November 1993, Zl. 93/16/0014, stützte.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 16. Dezember 1994, B 1951/94-4, B 1952/94-4, ab und führte dabei aus, die Beschwerde würde nicht ausreichend beachten, daß die Gebühren für je und je unterschiedliche Rechtsvorgänge (prätorischer Vergleich über eine unstrittige Sache - Erwerb von Geschäftsanteilen einerseits und Inanspruchnahme des Gerichts andererseits) vorgeschrieben würden und die gerügten Rechtsverletzungen nur die Folge einer allenfalls grob unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes sein könnten. Mit Beschluß vom 10. Jänner 1995, B 1951/94-6, B 1952/94-6, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Gesellschaft in ihrem Recht auf Gebührenfreiheit beschwert. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die beschwerdeführende Gesellschaft äußerte sich zur Gegenschrift der belangten Behörde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit Erkenntnis vom 18. November 1993, Zl. 93/16/0014, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gleichgelagerten Fall entschieden, daß im Anwendungsbereich des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984, der Umstand, daß für ein mit einem gerichtlichen Vergleich welcher Art auch immer beendetes Verfahren die Pauschalgebühr zu entrichten sei, der Gebührenpflicht eines im Vergleich abgeschlossenen Rechtsgeschäftes im Sinn der Tarifbestimmungen des § 33 GebG 1957 nicht entgegenstehe. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Wenn die belangte Behörde sich bei ihrer Entscheidung in einem gleichgelagerten Fall auf dieses Erkenntnis stützt, kann von einer - wie die beschwerdeführende Gesellschaft unterstellt - grob unrichtigen Anwendung einfacher Gesetze keine Rede sein.
Die in der Beschwerde gegen dieses Erkenntnis vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen, sodaß kein Anlaß besteht, von der zitierten Entscheidung abzugehen. Der Vorwurf, der Gerichtshof habe sich nicht mit dem historischen Argument auseinandergesetzt, es habe einen Gesetzesentwurf "(anläßlich der Gebührengesetz-Novelle 1988)" gegeben, der zu dem Ergebnis des Erkenntnisses geführt hätte, der Gesetzgeber habe sich aber gegen eine derartige Neuregelung entschlossen, ist nicht stichhaltig. Zunächst ist festzuhalten, daß ein unter vielen ausgearbeiteter Gesetzesentwurf nicht die tragende Begründung einer historischen Interpretation sein kann. Im übrigen fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, der Gesetzgeber habe sich gegen eine derartige Neuregelung entschlossen und damit auch ein solches Ergebnis abgelehnt. Woraus dies geschlossen werden könnte, ist nicht ersichtlich.
Wenn weiters § 7 Abs. 6 zweiter Halbsatz Nahverkehrsgesetz, § 86 Kartellgesetz und die Anmerkung 3 zu TP 12 GGG zur Argumentation gegen die "Richtigkeit" des zitierten Erkenntnisses herangezogen werden, dann übersieht die beschwerdeführende Gesellschaft, daß es im Beschwerdefall um keine dort angeführten Fälle geht, sondern um die Abtretung von Geschäftsanteilen im Rahmen eines prätorischen Vergleiches. Warum gerade diese Sonderfälle regelnden Bestimmungen bei der Interpretation des Gebührengesetzes im Beschwerdefall maßgebend sein sollen, ist nach dem Beschwerdevorbringen nicht erkennbar.
Im übrigen sind aus Anlaß des Beschwerdefalles auch keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Kostenregelung in der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 - vorgebracht wird die unterschiedliche prozentuelle Erhöhung der Ansätze für Schriftsatzaufwand der belangten Behörde und des Beschwerdeführers als obsiegende Parteien - entstanden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995160021.X00Im RIS seit
24.10.2001