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20/02 Familienrecht;Norm
EheG §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des M in P, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 19. April 1995, Zl. Fr 706/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 19. April 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot bis zum 20. Jänner 2000 erlassen.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1991 "sichtvermerksfrei" eingereist sei und sich bis zur Erteilung des Sichtvermerks am 14. November 1991 rechtswidrig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Er sei deshalb auch von der Bezirkshauptmannschaft Melk rechtskräftig bestraft worden. Aufgrund seiner am 17. September 1991 vor dem Standesamt Wien-Hietzing mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe sei ihm jedoch antragsgemäß ein Befreiungsschein ausgestellt und ein Sichtvermerk mit Gültigkeitsdauer bis 14. November 1993 erteilt worden. Bei der vom Beschwerdeführer am 17. September 1991 geschlossenen Ehe habe es sich jedoch nur um eine Scheinehe gehandelt, die der Beschwerdeführer zur Erlangung der fremdenrechtlichen Bewilligungen eingegangen sei. Mittlerweile sei die Ehe mit Urteil des Bezirksgerichtes Wien-Fünfhaus vom 22. November 1993 gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden. Angesichts dieses Sachverhaltes sei die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Im vorliegenden Fall sei das im Grunde dieser Gesetzesstelle relevante Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers in der rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen (Beschäftigungsbewilligung, Aufenthaltsberechtigung) zu erblicken. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers handle es sich bei diesem Rechtsmißbrauch um ein die öffentliche Ordnung erheblich beeinträchtigendes Verhalten, das eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 18 Abs. 1 leg. cit. darstelle. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 leg. cit. entgegenstünden.
Diesbezüglich sei festzuhalten, daß das Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers im Hinblick darauf, daß Aufenthalt und Beschäftigung auf das besagte rechtsmißbräuchliche Verhalten zurückzuführen seien, nicht wesentlich zu seinen Gunsten zu veranschlagen sei. Der Beschwerdeführer habe zwar mit Schriftsatz vom 23. März 1995 eine Heiratsurkunde vorgelegt, wonach er am 20. März 1995 die österreichische Staatsangehörige F geheiratet habe. Dieser während des Aufenthaltsverbotsverfahrens geschlossenen Ehe könne allerdings kein maßgebliches Gewicht beigemessen werden, wenngleich nunmehr eine Beeinträchtigung der familiären Interessen des Beschwerdeführers anzunehmen sei. Die belangte Behörde sei zur Auffassung gelangt, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner (nunmehrigen) Ehegattin keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen "Rechtswidrigkeit aufzuheben".
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Behauptung in der vorliegenden Beschwerde, der Beschwerdeführer hätte auch ohne Eingehung der Scheinehe eine Aufenthaltsberechtigung und Arbeitsbewilligung erhalten, läßt die im angefochtenen Bescheid unbekämpft getroffenen Feststellungen außer acht, daß sich der Beschwerdeführer damals illegal im Bundesgebiet aufgehalten und die mittlerweile für nichtig erklärte Ehe ausschließlich zu dem Zweck geschlossen habe, sich einen Befreiungsschein und eine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Aufgrund der Ehe und des ihm antragsgemäß ausgestellten Befreiungsscheines sei ihm schließlich tatsächlich ein Sichtvermerk erteilt worden. Damit ist die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme (in Ansehung der öffentlichen Ordnung) gerechtfertigt und das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und demnach im Grunde des § 19 FrG zulässig sei, zutreffend. Dazu ist auf die ständige hg. Judikatur zu verweisen (etwa auf die Erkenntisse vom 28. April 1995, Zl. 95/18/0441, und Zl. 95/18/0464, sowie das Erkenntnis vom 7. September 1995, Zl. 95/18/1197). Dazu kommt, daß die rechtskräftige Bestrafung nach dem Fremdengesetz und der rechtswidrige Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 15. November 1993 dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden erlassenen Vorschriften entgegenstehen. Ob der Beschwerdeführer die Ehe überdies noch zum Zwecke der Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft geschlossen hat, ist unerheblich. Ebensowenig ist maßgeblich, ob der Beschwerdeführer den begehrten Befreiungsschein sowie eine Aufenthaltsberechtigung auch dann bekommen hätte, wenn er nicht aus rechtsmißbräuchlichen Gründen geheiratet, sich also gesetzestreu verhalten hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/18/1441).
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe die Interessenabwägung (gemäß § 20 Abs. 1 FrG) zu Unrecht zu seinen Ungusten durchgeführt. Es sei die Dauer seines Aufenthaltes wie auch seine Berufstätigkeit im Bundesgebiet nicht entsprechend berücksichtigt worden. Insbesondere habe er am 20. März 1995 vor dem Standesamt Aschbach-Markt die (nunmehr ernste) Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin F geschlossen.
Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß sowohl der Aufenthalt des Beschwerdeführers als auch seine Beschäftigung in Österreich hinsichtlich ihrer Berechtigung auf die rechtsmißbräuchlich eingegangene Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zurückzuführen, folglich im gegebenen Zusammenhang ohne wesentliches Gewicht seien. Aber auch der nach Ausspruch des Aufenthaltsverbotes mit Bescheid vom 24. Jänner 1995 durch die Bezirkshauptmannschaft Amstetten geschlossenen Ehe des Beschwerdeführers, der sich nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihm erteilten Sichtvermerks mit 14. November 1993 illegal in Österreich aufhielt (was dem hg. Akt Zl. 95/21/0191 entnommen werden kann), kann nicht entscheidend zu seinen Gunsten ausschlagen. Wenn die belangte Behörde angesichts dieser Umstände zum Ergebnis gelangte, daß die Beeinträchtigung maßgeblicher öffentlicher Interessen durch den Beschwerdeführer schwerer wiege, kann dies nicht als rechtswidrig angesehen werden.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, ist sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995210822.X00Im RIS seit
20.11.2000