TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/22 96/01/0310

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Veröffentlicht am 22.05.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
B-VG Art7 Abs1 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Oktober 1995, Zl. 4.346.874/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsangehöriger, der am 5. Juni 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist, den Bescheid des Bundesasylamtes vom 7. Juni 1995, mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden war, mit Berufung bekämpft hat.

Mit Bescheid vom 4. Oktober 1995 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat erwogen hat:

Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich im Zusammenhang mit den Beschwerdeausführungen, daß der Beschwerdeführer bei seiner Ersteinvernahme durch das Bundesasylamt am 6. Juni 1995 angegeben hat, sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien und Italien aufgehalten zu haben. Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung und damit die Versagung von Asyl unter Zugrundelegung des von der Behörde erster Instanz ermittelten Sachverhaltes und der rechtlichen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid auch damit begründet, daß der Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes in Slowenien und Italien bereits in diesen Staaten vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb ausgehend von § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Gewährung von Asyl gemäß § 3 leg. cit. nicht in Betracht komme. Zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere auf das hg. Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030, verwiesen.

Die belangte Behörde hat der Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers und damit der Versagung von Asyl die im erstinstanzlichen Bescheid zusammengefaßten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die maßgebenden Erwägungen der Beweiswürdigung und die Beurteilung der Rechtsfrage durch das Bundesasylamt vollinhaltlich zugrunde gelegt und diese Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhoben, wozu sie - ohne diese wiederholen zu müssen - berechtigt war (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045). In dieser Vorgangsweise ist somit entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Verletzung der Begründungspflicht durch die belangte Behörde zu erblicken.

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde neben Ausführungen darüber, daß die belangte Behörde in bezug auf seine Person zu Unrecht das Vorliegen von Fluchtgründen verneint und die Asylgewährung versagt habe, zu dem infolge seines Aufenthaltes in Slowenien und Italien von der belangten Behörde herangezogenen Ausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 geltend gemacht, für die Heranziehung dieses Ausschlußgrundes seien die Dauer des Aufenthaltes eines Asylwerbers im jeweiligen Drittstaat, die Kenntnis und Duldung des Aufenthaltes durch die Behörden dieser Staaten und allenfalls die Stellung eines Asylantrages maßgebend. Es sei auch nicht einzusehen, daß ein Asylwerber, der mit dem Flugzeug einreise, anders behandelt werde als ein solcher, der auf dem Landweg seinen Zielstaat erreiche.

Entgegen dieser Auffassung genügt es für die Annahme der Verfolgungssicherheit, daß der Asylwerber in dem Staat, in dem er sich vor der Einreise in das Bundesgebiet aufgehalten hat, keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte. Von Verfolgungssicherheit kann nicht erst ab einer bestimmten Aufenthaltsdauer des Asylwerbers in einem Durchreisestaat oder dann gesprochen werden, wenn der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde, oder erst wenn der Asylwerber im Drittstaat einen Asylantrag gestellt hat. Auch kommt es für die Frage des Vorliegens von Verfolgungssicherheit nicht darauf an, welchen Staat ein Asylwerber als Ziel seiner Reise gewählt hat (vgl. für viele andere das bereits angeführte Erkenntnis vom 6. September 1995).

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, es sei nicht gerechtfertigt, Asylwerber, die im Flugzeug direkt nach Österreich einreisten, anders zu behandeln, als solche, die mit dem Pkw durch ein angrenzendes Drittland in das Bundesgebiet gelangten, ist ihm entgegenzuhalten, daß diese Überlegung in den Fällen, in denen tatsächlich die Annahme der Verfolgungssicherheit in einem anderen Staat gerechtfertigt ist, nicht gegen die erfolgte Auslegung spricht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 94/01/0344).

Da somit ausgehend vom Beschwerdevorbringen keine Gründe ersichtlich sind, aus denen der Beschwerdeführer gehindert gewesen wäre, bereits in Slowenien oder Italien um Asyl anzusuchen, und auch kein Sachverhalt geltend gemacht wurde, aus dem sich die Nichteinhaltung der aus der Genfer Flüchtlingskonvention erfließenden Verpflichtungen, insbesondere des Refoulement-Verbots durch diese Staaten ergäbe, liegen keine Umstände vor, die gegen die von der belangten Behörde angenommene Erlangung der Verfolgungssicherheit in den angeführten Staaten sprächen.

Es ergibt sich somit, daß angesichts des Vorbringens des Beschwerdeführers der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer bereits in einem anderen Staat - nämlich in Slowenien und Italien - vor Verfolgung sicher war. Daraus folgt, daß die belangte Behörde, ohne den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, das Vorliegen des Ausschlußgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung zugrunde legen konnte. Selbst wenn die belangte Behörde die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers als gegeben erachtet hätte, käme sohin die Asylgewährung für ihn nicht in Betracht, weil dieser der von der belangten Behörde zu Recht herangezogene Ausschlußgrund entgegenstünde (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162).

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage konnte eine Auseinandersetzung mit den die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers betreffenden Beschwerdeausführungen und mit den in dieser Hinsicht geltend gemachten Verfahrensmängeln unterbleiben.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996010310.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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