TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/22 92/14/0142

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Veröffentlicht am 22.05.1996
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §23 Z3;
EStG 1972 §24 Abs3;
EStG 1972 §28;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des L in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 27. Mai 1992, Zl. 178 - 3/90, betreffend gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist der Neffe der im Jahr 1908 geborenen Maria K., welche bis zum Jahr 1977 ein protokolliertes Einzelunternehmen in K. (in der Folge Modehaus) betrieb. Mit Pachtvertrag vom Dezember 1976 und Nachtrag vom 15. Februar 1977 verpachtete Maria K. dieses Modehaus ab 1977 an eine (in der gleichen Branche tätige) KG auf die Dauer von zwölf Jahren mit Verlängerungsmöglichkeit um jeweils drei Jahre (bis 1992).

Im Jahr 1986 verfaßte Maria K. ein Testament, in welchem sie ihren damals 86-jährigen Bruder, den Vater des Beschwerdeführers, zum Universalerben einsetzte. Hinsichtlich der in ihrem Besitz stehenden drei Liegenschaften - in K., auf welchem das Modehaus betrieben wurde, in P. und in G. - verpflichtete sie ihren Bruder zum Nachlegat zugunsten seiner drei Kinder, wobei der Beschwerdeführer mit der Liegenschaft in K. bedacht wurde. Im selben Jahr verstarb Maria K.

Anläßlich einer im Februar 1987 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung über die Jahre 1980 bis 1984 wurden die bis dahin für das Modehaus erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als solche aus Gewerbebetrieb beurteilt, weil "keine Betriebsaufgabe bzw. Überführung in das Privatvermögen erfolgt" sei.

Nach unbedingter Erbserklärung durch den Vater des Beschwerdeführers (im März 1987) erfüllte dieser vorweg mit Schenkungsvertrag (vom 13. April 1987) das Nachlegat zugunsten des Beschwerdeführers. Als Verrechnungsstichtag für Nutzen und Lasten wurde der Todestag der Maria K. vereinbart. Rund ein Jahr später verstarb der Vater des Beschwerdeführers. Im September 1988 schloß der Beschwerdeführer mit der Pächterin unter einvernehmlicher Auflösung des seinerzeitigen Pachtvertrages mit Wirksamkeit vom 13. April 1987 einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit ab.

In der Folge erließ das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer einen Bescheid, in welchem gemäß § 187 BAO Einkünfte des Beschwerdeführers aus der Betriebsaufgabe hinsichlich des Modehauses in Höhe von rund S 12,9 Mio festgestellt wurden.

In einer dagegen eingebrachten Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, daß er niemals Eigentümer des Modehauses gewesen sei und ihm ein Veräußerungsgewinn nicht zugerechnet werden könne. Vielmehr habe sein Vater die Liegenschaft aus dem Betriebsvermögen im April 1987 entnommen, um sie ihm zu schenken. In einer Ergänzung zur Berufung wurde in der Folge (auch) ausgeführt, aus dem vorliegenden Sachverhalt müsse der Schluß gezogen werden, daß Maria K. bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages ihren Willen bekundet habe, das Modehaus selbst nicht mehr zu betreiben, sondern es altersbedingt und mangels direkter Nachkommen aufzugeben. Das bedeute, daß im Zeitpunkt der (Pacht-)Vertragsunterfertigung mit hoher Wahrscheinlichkeit festgestanden sei, daß die Verpächterin das Modehaus nie mehr auf eigene Rechnung und Gefahr betreiben würde. Die Betriebsaufgabe sei daher bereits im Jahr 1976 anzusetzen, sodaß sich die Frage der "nachgeholten" Betriebsaufgabe im Zeitpunkt des Todes seines Vaters nicht stellen könne.

Im Laufe des weiteren Berufungsverfahrens hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter anderem ein Schreiben des Finanzamtes vom 21. März 1979 an Maria K., die Antwort des steuerlichen Vertreters der Maria K. vom 8. Juni 1979 sowie einen Aktenvermerk vom 11. Juni 1979 über ein Telefongespräch mit demselben steuerlichen Vertreter vor. Danach habe das Finanzamt unter Hinweis auf das Geburtsdatum von Maria K. und den langfristigen Pachtvertrag die Annahme zum Ausdruck gebracht, Maria K. werde den Betrieb nicht mehr weiterführen. Sie werde daher gebeten, "eine Betriebsaufgabe bzw. eine Überführung ins Privatvermögen durchzuführen". Der steuerliche Vertreter von Maria K. habe sich hiezu wie folgt geäußert:

"Die Ansicht des Finanzamtes, daß anzunehmen ist, daß der verpachtete Betrieb nicht weitergeführt wird, wäre nicht von der Hand zu weisen und habe ich bei den diesbezüglichen Verhandlungen als Berater in diesem Sinne gehandelt. Die Pflichtige aber glaubt und dies nicht mit Unrecht, daß es ohneweiters möglich wäre, daß das Pachtverhältnis durch höhere Gewalt vorzeitig gelöst werden könnte, weshalb sie sich entschlossen hat, die von der Pächterfirma ausgeschiedenen Möbel einzulagern und im Notfall wieder zu gebrauchen. Der Wert der Möbel ist derzeit mit Null anzusetzen. Im Gegenteil, es würden die Entfernungskosten mehr ausmachen als sie für die Möbel erlösen könnte."

Der oben erwähnte Aktenvermerk über das Telefongespräch lautet dahingehend, daß laut Rücksprache mit dem steuerlichen Vertreter Maria K. den Gewerbeschein für den verpachteten Betrieb nicht zurückgelegt habe, ebenso habe sie noch den Gewerbeschein "für das Hotel, welches sie trotz ihres Alters noch selbst führt". An eine Weiterführung des Betriebes "wird gedacht, wenn die Erfüllung des Pachtvertrages mit der ...

(Pächterin) ... nicht in Ordnung geht und der Vertrag vorzeitig

aufgelöst wird. Daher keine Betriebsauflösung (Einkünfte aus

Gewerbebetrieb). Die Pflichtige hat Kenntnis, daß die ...

(Pächterin) ... nicht ganz in Ordnung ist und es leider zu

erwarten ist, daß der Pachtvertrag vorzeitig aufgelöst wird."

Der Beschwerdeführer nahm hiezu dahingehend Stellung, daß für die Betriebsaufgabe im vorliegenden Fall insbesondere das hohe Alter von Maria K. im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, die Veräußerung des Warenlagers, die Übergabe des Kundenstockes, die Nutzungsüberlassung von Einrichtungsgegenständen und insbesondere die Langfristigkeit des Pachtverhältnisses spreche. Dieses wäre nur im Fall von höherer Gewalt bzw. wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Pächters aufgelöst worden. Die Tatsache, daß Maria K. nur im Notfall einer Insolvenz der Pächterin den Betrieb mit den vom Pächter als nicht brauchbar ausgeschiedenen (Wert = Null) Möbeln weitergeführt hätte, bestätige darüber hinaus die Absicht von Maria K., die betriebliche Tätigkeit grundsätzlich nicht mehr aufnehmen zu wollen. Die Aufrechterhaltung der Eintragung im Handelsregister bzw. der Gewerbeberechtigung falle bei diesem Sachverhalt nicht ins Gewicht. Es sei somit eine Betriebsaufgabe im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu unterstellen bzw. spätestens in dem Zeitpunkt, in dem die unterstellte hohe Wahrscheinlichkeit der Vertragsauflösung durch eine drohende Insolvenz der Pächterin nicht mehr gegeben gewesen sei. Der Wegfall dieser Wahrscheinlichkeit sei durch Maria K. selbst in späteren Jahren dokumentiert worden, indem sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (vgl. Prüfung 1980 bis 1984) erklärt habe. Im Rahmen der Betriebsprüfung 1980 bis 1984 seien seitens der Finanzbehörde die als Vermietung und Verpachtung deklarierten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert worden. Dies lediglich mit der Feststellung, daß bisher keine Betriebsaufgabe erfolgt sei. Dazu werde festgestellt, daß weder im Prüfungsbericht, noch im Veranlagungsakt sachliche Begründungen existierten, die darauf schließen ließen, daß im Prüfungszeitraum wirtschaftlich ein noch aufrechter Gewerbebetrieb vorgelegen sei. Vielmehr sei das Problem der bislang steuerlich - warum auch immer - noch nicht durchgeführten Betriebsaufgabe auf die Erben von Maria K. verschoben worden. Im übrigen sei durch notariell beglaubigten Schenkungsvertrag vom 13. April 1987 dem Beschwerdeführer ausdrücklich nur die genannte Liegenschaft übertragen worden. Die Schenkung sei dem Finanzamt angezeigt worden und als Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer der Einheitswert der Liegenschaft herangezogen worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid folgte die belangte Behörde der Ansicht des Beschwerdeführers, es sei bei ihm kein Betriebsaufgabegewinn zu erfassen, nicht (setzte aber den Betriebsaufgabegewinn auf rund S 7,8 Mio herab). Dies im wesentlichen mit der Begründung, Maria K. habe ihre Gewerbeberechtigung nicht zurückgelegt und ihre Firma sei im Handelsregister eingetragen geblieben. Trotz ihres hohen Alters habe sie auch den Betrieb der Fremdenpension "Villa K.", eine Frühstückspension mit 40 Betten in P., bis zu ihrem Tode aufrechterhalten, wenn sie auch wegen ihres hohen Alters zwei Angestellte und mehrere Aushilfskräfte habe beschäftigen müssen. Sie habe auch nicht um die Zuerkennung einer Pension angesucht, was sie in Anbetracht der dauernden Verluste aus dem Betrieb der Frühstückspension nach Zurücklegung der Gewerbeberechtigung für den Pensionsbetrieb (und nach Zurücklegung der Gewerbeberechtigung für das Modehaus) verständlicherweise hätte tun können. Die Geschäftseinrichtung sei von ihr nicht veräußert, sondern mit dem Geschäftslokal verpachtet worden. Da sie befürchtet habe, daß die Pächterin die Bestimmungen des Pachtvertrages nicht werde erfüllen können, habe sie die von der Pächterin ausgeschiedenen Einrichtungsgegenstände eingelagert, um sie für den Fall der Auflösung des Pachtverhältnisses wieder zu gebrauchen. Da der Pachtvertrag vorgesehen habe, daß "die Verpächterin einen lebenden Betrieb, bestehend aus Inventar, Kundenstock, Goodwill und der Betriebspflicht etc., überläßt", könne die Übergabe des Kundenstockes und die Nutzungsüberlassung von Einrichtungsgegenständen nicht als Argument für eine Betriebsaufgabe herangezogen werden. Daß die Verpächterin den Warenbestand an die Pächterin veräußert habe, sei im vorliegenden Fall noch kein wesentliches Anzeichen für eine Betriebsaufgabe anläßlich der Verpachtung. Die Verpächterin habe froh sein müssen, ihren Warenbestand der Pächterin zu verkaufen, da die Pächterin als renommierte Firma dieser Branche bestrebt gewesen sei, in ihrer Filiale in K. vorwiegend ihre eigenen Waren und nicht jene der Verpächterin zu verkaufen. Bei Zurückbehaltung des Warenbestandes hätte es der Verpächterin an einem geeigneten Geschäftslokal zwecks Verkaufes ihrer Waren gemangelt. Im Jahre 1979 seien der Steuerberater (von Maria K.) und das Finanzamt übereingekommen, daß eine Betriebsaufgabe noch nicht anzunehmen sei, weil Maria K. an eine Weiterführung denke, "wenn die Erfüllung des Pachtvertrages mit der Pächterin nicht in Ordnung gehe und der Vertrag vorzeitig aufgelöst wird". Auch in der Folge sei bis zum Abschluß des Mietvertrages durch den Beschwerdeführer keine Betriebsaufgabe - sei es durch Maria K., sei es durch den Bruder des Beschwerdeführers - durchgeführt worden, weshalb die Betriebsaufgabe im Abschluß des Mietvertrages zwischen dem Beschwerdeführer und der ehemaligen Pächterin mit Wirksamkeit vom 13. April 1987 zu sehen sei.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid erkennbar in seinem Recht, nicht durch einen Betriebsaufgabegewinn hinsichtlich des Modehauses belastet zu werden, verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Frage strittig, ob im Jahr 1987 durch den Beschwerdeführer eine Betriebsaufgabe hinsichtlich des Modehauses erfolgt ist. Die belangte Behörde bejaht dies unter der Sachverhaltsannahme, daß dem Beschwerdeführer als Vermächtnisnehmer durch die Schenkung am 13. April 1987 der "Betrieb des Modehauses" unentgeltlich übertragen worden sei.

Soweit die belangte Behörde diese Annahme damit zu begründen versucht, aus dem Schenkungsvertrag gehe unmißverständlich hervor, daß der Geschenkgeber den Schenkungsgegenstand dem Geschenknehmer in dem rechtlichen und faktischen Zustand übergeben habe, indem er (der Geschenkgeber) den Schenkungsgegenstand von Maria K. geerbt habe, ist schon darauf hinzuweisen, daß Vertragsgegenstand nach § 1 des Schenkungsvertrages lediglich eine Liegenschaft, nicht aber der Betrieb eines Modehauses war. Auch aus § 5 des Schenkungsvertrages, wonach der Geschenkgeber den Schenkungsgegenstand an den Geschenknehmer in dem rechtlichen und faktischen Zustand, in dem er die VertragsLIEGENSCHAFT von Maria K. ererbt habe, übergeben hat, kann in keiner Weise schlüssig abgeleitet werden, dem Beschwerdeführer wäre der Betrieb eines Modehauses unentgeltlich übertragen worden, zumal danach schon der Geschenkgeber keinen Betrieb, sondern nur eine Liegenschaft ererbt hat.

Der angefochtene Bescheid erweist sich schon deswegen als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Hiezu kommt, daß für eine Betriebsaufgabe durch den Beschwerdeführer schon dann kein Raum bleibt, wenn eine Betriebsaufgabe schon in einem früheren Zeitpunkt, insbesondere bereits durch Maria K. bei Beginn des Pachtverhältnisses, erfolgt wäre. Eine Betriebsaufgabe u.a. in diesem Zeitpunkt hat die belangte Behörde verneint. Hiezu ist folgendes zu sagen:

Nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 24 EStG 1972, Tz 34, Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, Anm. 44 zu § 24 EStG 1972 und die dort angeführte Judikatur) ist die Verpachtung eines Betriebes für sich allein in der Regel noch nicht als Betriebsaufgabe im Sinne des § 24 Abs. 3 EStG 1972 anzusehen. Die Frage, ob eine solche im Falle der Verpachtung dennoch anzunehmen ist oder nicht, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab; sie wird dann bejaht, wenn diese Umstände objektiv darauf schließen lassen, daß der Verpächter nach einer allfälligen Beendigung des Pachtverhältnisses mit dem vorhandenen Betriebsvermögen nicht mehr in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen, oder sonst das Gesamtbild der Verhältnisse für die Absicht des Verpächters spricht, den Betrieb nach Auflösung des Pachtvertrages nicht mehr weiterzuführen, für welche Annahme das Zurücklegen der Gewerbeberechtigung, hohes Alter des Verpächters, Veräußerung statt Verpachtung der Geschäftseinrichtung an den Pächter, Indizien, jedoch nicht in jedem konkreten Fall auch Voraussetzung sind. Vielmehr liegt die Aufgabe des Betriebes im Falle von dessen Verpachtung in der Regel nicht, in konkret gegebenen Fällen aber stets dann vor, wenn die Gesamtheit der dafür maßgebenden Tatsachen mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der Verpächter selbst diesen Betrieb nie mehr wieder auf eigene Rechnung und Gefahr führen wird; nicht nötig hingegen ist es, daß letzteres wegen rechtlicher oder sachlicher Möglichkeit für immer ausgeschlossen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1984, 83/13/0004).

Vor diesem Hintergrund hält auch die Beweiswürdigung der belangten Behörde eine Betriebsaufgabe wäre bei Beginn des Pachtverhältnisses durch Maria K. nicht erfolgt, der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht stand. Dies ungeachtet des Umstandes, daß sich Maria K. (durch ihren steuerlichen Vertreter) anläßlich der Vorhaltsbeantwortung im Jahr 1979 gegen die Beurteilung einer Betriebsaufgabe aussprach. Der von Maria K. im Jahr 1979 aufgrund einer behaupteten Kenntnis des Umstandes, daß es der Verpächterin finanziell nicht gut gehe, geäußerten Absicht, das Modehaus für den Fall der deswegen zu erwartenden vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrages selbst weiter zu führen, kann schon deswegen keine entscheidende Bedeutung zugemessen werden, weil sie nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages bezogen werden kann. Auf diesen im Jahr 1977 gelegenen Zeitpunkt bezogen, ergibt sich aber aus der Gesamtheit der unstrittig gegebenen Umstände die Beurteilung, Maria K. würde das Modehaus mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr wieder auf eigene Rechnung und Gefahr führen. Zu Recht weist der Beschwerdeführer insbesondere darauf hin, daß Maria K. im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages im 69. Lebensjahr stand, und der Pachtvertrag zumindest auf zwölf Jahre abgeschlossen wurde, Maria K. somit - abgesehen von möglichen Fällen einer vorzeitigen Vertragsauflösung - frühestens im 81. Lebensjahr das Modehaus wieder selbst hätte führen können. Die im Pachtvertrag vereinbarten Fälle der vorzeitigen Vertragsauflösung (insbesondere Nichtzahlung des Pachtschillings, Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, Einstellung des Gewerbebetriebes) sind solche, die in erster Linie nur der Sicherung der finanziellen Mindestinteressen der Verpächterin dienen - etwa einen Pachtvertragsabschluß mit einem anderen Pächter ermöglichen - aber keinesweges darauf schließen lassen, daß die Verpächterin den Betrieb wieder auf eigene Rechnung führen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1980, 2639/79). Auch der Umstand, daß Maria K. bis zu ihrem Tod ein anderes Unternehmen selbst führte - ein Umstand, mit welchem die belangte Behörde aufzuzeigen versucht, daß Maria K. sich offenbar trotz ihres hohen Alters nicht in die Pension zurückziehen wollte -, spricht in diesem Zusammenhang nicht gegen, sondern für die Betriebsaufgabe: Die Verpachtung des Modehauses dokumentiert eindeutig den (wohl altersbedingt) getroffenen Entschluß, nicht mehr beide Unternehmen auf eigene Rechnung führen zu wollen. Für die Annahme jedoch, daß Maria K. nach Ablauf des Pachtvertrages mit 81 Jahren den Betrieb des anderen Unternehmens aufgeben und das Modehaus wieder auf eigene Rechnung führen wollte, fehlt jeder Anhaltspunkt. Eine entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob im Beschwerdefall die Verpachtung des Betriebes durch Maria K. bereits als Betriebsaufgabe zu werten war, kann bei der gegebenen Sachlage weder dem Umstand beigemessen werden, daß neben dem Betriebsgebäude auch das Inventar, der Kundenstock und ein Goodwill verpachtet wurde, weil Gegenstand des Pachtvertrages unbestritten ein "lebender Betrieb" war, welcher sich auch aus diesen Wirtschaftsgütern zusammensetzt, noch spricht gegenständlich die Beibehaltung der Konzession und die Aufrechterhaltung der Protokollierung im Handelsregister (Firmenbuch) entscheidend gegen die Betriebsaufgabe, weil diese Umstände zwar ein Indiz gegen die Annahme einer solchen darstelle, diese Indizien aber nur im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse zu würdigen sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 1989, 88/14/0096). Voraussetzung für eine Betriebsaufgabe ist weder die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung, noch die Löschung der Firma im Firmenbuch.

Bei dieser Beurteilung erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine Betriebsaufgabe in einem späteren Zeitpunkt von Maria K. - einen Anhaltspunkt hiefür bietet etwa deren Testament, in welchem Maria K. nur mehr von Liegenschaften als "wesentlichem Vermögen" sprach, oder auch der Umstand, daß sich die "finanzielle Lage" der Verpächterin offenbar so besserte, daß der Pachtvertrag nicht vorzeitig aufgelöst wurde, in Verbindung mit dem naturgemäß weiter fortgeschrittenen Alter der Maria K. im Zeitraum der laufenden Verpachtung - erfolgte.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1992140142.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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