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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Bayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des D H in B, vertreten durch Dr. Josef Sailer und Dr. Romana Schön, Rechtsanwälte in 2460 Bruck an der Leitha, Schloßmühlgasse 14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 19. Dezember 2019, VGW-001/087/12227/2019-23, betreffend Übertretung des § 27 Mietrechtsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk; weitere Partei: Bundesminister für Inneres), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk, vom 27. August 2019, wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, als früherer Mieter einer näher genannten Wohnung in Wien 3. entgegen § 27 Abs. 1 Z 1 MRG von den Nachmietern dieser Wohnung am 22. Mai 2018 und am 19. Juni 2018 insofern ohne gleichwertige Gegenleistung je EUR 14.000,-- (gesamt daher EUR 28.000,--) entgegengenommen zu haben, als der Revisionswerber den Nachmieter dafür zwar im Beschluss näher genannte Gegenstände veräußert habe, der Betrag dafür jedoch zu hoch bemessen gewesen sei. Der Revisionswerber wurde deshalb gemäß § 27 Abs. 5 MRG mit einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Tage 12 Stunden) bestraft und ihm die Bezahlung von Verfahrenskosten vorgeschrieben.
2 Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien als unbegründet abgewiesen und mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch zu lauten habe, der Revisionswerber habe als früherer Mieter der näher bezeichneten Wohnung entgegen § 27 Abs. 1 Z 1 MRG vom Nachmieter der genannten Wohnung am 22. Mai 2018 und am 19. Juni 2018 ohne gleichwertige Gegenleistung insgesamt EUR 28.000,-- entgegengenommen. Die vom Revisionswerber überlassene Gegenleistung bestehend aus dem Zeitwert von Gegenständen und Investitionen in der Wohnung hätten lediglich einen Wert von EUR 12.086,02 entsprochen. Die Erhebung einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die gegenständliche außerordentliche Revision, die sich gegen das Vorliegen eines Verschuldens sowie die vorgenommene Strafzumessung wendet.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit bringt die Revision vor, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich oftmals mit Beschwerdesachen auseinanderzusetzen gehabt, in denen bereits die Vorinstanzen wesentliche Reduktionen der gemäß § 27 Abs. 5 MRG verhängten Geldstrafe vorgenommen hätten. Zudem bestehe noch keine ständige Rechtsprechung mit besonderem Augenmerk auf die Verhältnismäßigkeit der Strafhöhe bzw. besonderem Augenmerk auf die Strafbarkeit an sich, die innere Tatseite und den Schuldgehalt. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht ausreichend mit der inneren Tatseite, also dem Vorliegen eines Verschuldens, ebensowenig mit der Frage einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz auseinandergesetzt. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber angelastet, keine weiteren Gutachten bzw. fachmännischen Stellungnahmen eingeholt zu haben, dabei habe es völlig übersehen, dass für den Revisionswerber aufgrund der Vielzahl von Interessenten, die alle nach Besichtigung bereit gewesen wären, EUR 20.000,-- zu zahlen, keine Veranlassung bestanden habe, weiteren fachmännischen Rat einzuholen.
8 Der Revisionswerber argumentiert weiters, ein entschuldbarer Rechtsirrtum sei jedenfalls beachtlich. Er sei davon ausgegangen, dass schon alleine die von ihm getätigten Investitionen und die auf deren Basis zurückgelassenen Vermögenswerte die Höhe des angebotenen Ablösebetrages rechtfertigten. Darüber hinaus sei er davon ausgegangen, dass mit einem derartigen Ablösebetrag zumindest teilweise die Kosten einer Übersiedlung bzw. für eine Ersatzwohnung gedeckt seien, was auch dann bei der inneren Tatseite zu berücksichtigen sei, wenn keine Besprechung mit dem Interessenten erfolgt sei.
9 Die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 5 VStG ist eine von der belangten Behörde zu beurteilende Rechtsfrage. Dem Vorbringen des Revisionswerbers mangelt es diesbezüglich an der konkreten Darstellung, inwieweit das Verwaltungsgericht mit seiner rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei; eine krasse, vom Verwaltungsgerichtshof als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzugreifende Fehlbeurteilung des vorliegenden Einzelfalles zeigt der Revisionswerber ebensowenig auf. Eine solche ist angesichts des konkret festgestellten und in der Revision nicht bestrittenen Sachverhalts auch nicht ersichtlich.
10 Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge handelt es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint. Da es sich bei der Strafbemessung somit um eine einzelfallbezogene Abwägung handelt, stellt sie im Allgemeinen - wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - keine grundsätzliche Rechtsfrage dar (vgl. etwa VwGH 13.10.2021, Ra 2021/05/0141, mwN).
11 Das Verwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im angefochtenen Erkenntnis unter Ausführungen zum Unrechtsgehalt der Tat und Berücksichtigung, dass keine Erschwerungs- und Milderungsgründe vorliegen, sowie den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Revisionswerbers eine ausreichende Abwägung zur Strafbemessung vorgenommen. Demgegenüber wird in der Revision eine krasse Fehlbeurteilung im Sinn eines Ermessensmissbrauchs oder einer Unvertretbarkeit der einzelfallbezogenen Strafbemessung nicht aufgezeigt.
12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher mangels Berechtigung ihrer Erhebung zurückzuweisen.
Wien, am 20. April 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020060071.L00Im RIS seit
12.05.2022Zuletzt aktualisiert am
23.05.2022