TE Dok 2022/3/10 2022-0.112.518

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Veröffentlicht am 10.03.2022
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Norm

BDG 1979 §43 Abs1, BDG 1979 §44 Abs1 iVm §48 Abs1 u. 3, BDG 1979 §44 Abs1 iVm §56 Abs2 u. 3

Schlagworte

Widerrechtliche Entwendung von Rauchhandgranaten, Unrichtige Führung der Zeitkarte, Nichtmeldung der Nebenbeschäftigung

Text

Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 10.03.2022 nach der am 03.03.2022 in Anwesenheit des Beamten, des Verteidigers, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Beamte ist schuldig, er hat

1.       am 22. September 2021 eine Packung mit 5 Stück Rauchhandgranaten („Rauchkörper Orange“) widerrechtlich entwendet und diese entgegen den Bestimmungen des

Gefahrengutbeförderungsgesetzes aus der Kaserne verbracht und erst am Folgetag nach Aufforderung dem Vorgesetzten zurückgegeben,

2.       die Zeitkarte am 22. September 2021 unrichtig geführt, weil er sein Dienstende mit 1600 Uhr anführte, obwohl er an diesem Tag die Kaserne ohne Erlaubnis bereits vor 1400 Uhr verlassen hatte und

3.       eine neue Nebenbeschäftigung bei der Firma „N.N.“ nicht gemeldet, obwohl ihm die Dienstbehörde mit Bescheid vom 04. März 2021 eine solche untersagt hatte.

Dadurch hat er schuldhaft im Spruchpunkt 1

gegen die Bestimmung des § 43 Abs 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979,
BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), wonach „der Beamte seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln aus eigenem zu erfüllen hatund im

Spruchpunkt 2

gegen die Bestimmung des § 44 Abs 1 BDG 1979 in Verbindung mit § 48 Abs 1 und 3 BDG 1979,

„der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen hat“,

„der Beamte die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten hat, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist. Die tatsächlich erbrachte Dienstzeit ist, sofern nicht wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen, mit Hilfe automatisierter Verfahren zu erfassen“. „Während der innerhalb des Gleitzeitrahmens festzulegenden Blockzeit hat der Beamte jedenfalls Dienst zu versehen“ und im

Spruchpunkt 3 gegen die oben angeführte Bestimmung des § 44 Abs 1 BDG 1979 in Verbindung mit § 56 Abs 2 und Abs 3 BDG 1979, wonach

„der Beamte keine Nebenbeschäftigung ausüben darf, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.“; „der Beamte seiner Dienstbehörde jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung und jede Änderung einer solchen unverzüglich zu melden hat“,

verstoßen und Pflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 Heeresdisziplinargesetz 2014, BGBl I. Nr. 2 (HDG 2014), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020, begangen.

Über den Beamten wird gemäß § 51 Z 3 HDG 2014
die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von € 3.500,--

(dreitausendfünfhundert Euro) verhängt.

Gemäß § 38 Abs. 1 HDG 2014 hat der Beamte dem Bund einen

Kostenbeitrag in der Höhe von € 350, -- (dreihundertfünfzig Euro) zu leisten.

Gemäß § 77 Abs. 4 HDG 2014 wird die Abstattung der Geldstrafe in 35 Monatsraten zu je

€ 100, -- (einhundert Euro) verfügt.

Begründung

Zur Person:

1.       Der Beamte ist auf einem Arbeitsplatz „Kommandant N.N. in der N.N. des N.N. (N.N.), eingeteilt. Im ereignisrelevanten Zeitraum war er in der N.N. dienstverwendet. Er bringt ein Bruttoeinkommen von € 2.480,90 ins Verdienen (ohne allfällige Nebengebühren), Besoldungsmerkmal N.N., N.N., Gehaltsstufe N.N.

2.       Er steht in einem unbefristeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und fällt daher in den Anwendungsbereich des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, (BDG 1979) und des HDG 2014.

3.       Er ist geschieden und hat Sorgepflichten für ein Kind (€ 500.- monatlich) und zahlt einen Hauskredit von € 600.- monatlich zurück. Personalvertreterfunktion übt er keine aus.

Zum Verfahrensgang und Sachverhalt:

4.       Die Disziplinaranzeige des Disziplinarvorgesetzten wurde am 14. Jänner 2022 erstattet und langte am 18. Jänner 2022 bei der Bundesdisziplinarbehörde (BDB), ein.

Der Disziplinaranzeige wurde folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

„Der Beamte steht im Verdacht

1.       des Diebstahles (§127 StGB)

-    der dauernden Sachentziehung (§135 StGB)

-    der fahrlässigen Gemeingefährdung (§177 StGB)

-    des militärischen Diebstahles (§31 (1) Z 2 MilStG)

-    Verwaltungsübertretung nach dem PyroTG (§40 PyroTG)

2.       unwahre Angaben in der Zeitkarte durchgeführt zu haben,

3.       trotz Verbot einer Nebenbeschäftigung nachgegangen zu sein.

zu 1. Verdacht des Diebstahles:

Der Beamte steht im Verdacht am 22.09.2021 eine Packung mit 5 Stück Rauchhandgranaten (Rauchkörpern Orange) widerrechtlich entwendet, diese aus der Kaserne verbracht zu haben, diese entgegen den Bestimmungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes mitgeführt und diese erst am nächsten Tag nach eindringlicher Aufforderung dem Vorgesetzten zurückgegeben zu haben.

zu 2. Unwahre Angaben in der Zeitkarte:

Er steht im Verdacht unwahre Angaben in seiner Zeitkarte angeführt zu haben, indem er am 22.09.2021 die Zeitkarte mit 1600 Uhr abschloss, obwohl auf Grund des Vorliegens von begründeten Verdachtsmomenten davon auszugehen ist, dass er an diesem Tag die Kaserne unerlaubterweise vor 1400 Uhr verlassen hatte und er sich somit – wenn auch nur zeitweilig – unerlaubt von seiner Einheit entfernt hatte.

zu 3. Trotz Verbot eine Nebenbeschäftigung nachzugehen:

Er steht im Verdacht einer Nebenbeschäftigung bei der Firma N.N. nachzugehen, obwohl seit 04.03.2021 ein Verbot der Nebenbeschäftigung ausgesprochen wurde.

Dahingehend wurde durch den Stellvertretenden Kommandanten der N.N., Lt A.A (zu dieser Zeit aufgrund Abwesenheit B.B., Disziplinarkommandant), ein ordentliches Disziplinarverfahren gegen den oa. Beamten am 23.09.2021 eingeleitet. Das Verfahren wurde aufgrund des nicht eindeutigen Sachverhaltes am 23.09.2021 an den Disziplinarvorgesetzten, C.C., abgetreten. Die N.N. wurde mit den gegenständlichen Erhebungen durch den Disziplinarvorgesetzten beauftragt.

Im Zuge der zweiten niederschriftlichen Einvernahme vom 10.11.2021 wurde ein Geständnis abgelegt.

Durch den Disziplinarvorgesetzten, C.C. wird eine Anzeige an die Bundesdisziplinarbehörde erstattet“.

Als verletzte Pflichten wurden „Verstoß gegen die Kasernenordnung, den Erlass Lagerung, Verwahrung sowie außergewöhnliche Ereignisse mit Waffen und Munition – Fassung 2016, Dienstpflichten eines Beamten (BDG) und der Allgemeinen Dienstvorschrift (ADV), Erlass Zeitordnung für den nachgeordneten Bereich, VBl. I Nr. 95/2020, Pyrothechnikgesetz und Gefahrengutbeförderungsgesetz“ angeführt und 23 Beilagen angeschlossen.

5.       Der Einheitskommandant leitete am 23. September 2021 das Disziplinarverfahren ein, der Disziplinarvorgesetzte erstattete am 14.01.2022 wegen der Anschuldigungspunkte 1 bis 3 eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft N.N. unter anderem wegen (militärischem) Diebstahl, dauernde Sachentziehung, fahrlässiger Gemeingefährdung, unerlaubter Abwesenheit und Vergehen nach dem Pyrotechnikgesetz. Gemäß § 5 Abs 5 HDG 2014 ist das Disziplinarverfahren ohne Unterbrechung weiterzuführen, weil die Strafdrohung der oa. Strafdelikte im Verdachtsbereich eine zweijährige Freiheitsstrafe nicht übersteigt.

6.       Die Bundesdisziplinarbehörde (BDB) erließ mit Bescheid vom 20.01.2022 einen Einleitungsbeschluss, der am 16. Februar 2022 zu eigenen Handen über den Dienstvorgesetzten zugestellt wurde.

7.       Bezüglich der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten wurde im Einleitungsbeschluss angeführt: In der Befragung durch die Militärpolizei am 21. Oktober 2021 gab er zunächst an, er wäre am 22.09.2021 mit den D.D. und E.E. und dem F.F. zur Nachbereitung des Nachschubgerätes anlässlich der Gefechtsvorführung für Filmaufnahmen des Vortages eingeteilt gewesen. G.G. hätte ihm die in Rede stehenden fünf Rauchkörper zur Verbringung in das Zugslager übergeben und er (der Beamte) sagte zu ihm: „Du, die habt ihr doch gestern verschossen, oder.“ Mit dieser Aussage äußerte ich die Absicht, die Rauchkörper zu behalten, weil ich sie für die GWD-Ausbildung verwenden wollte“. Er hätte danach die Verpackung aufgeschnitten, weil er neugierig war, ob die Rauchkörper von der alten oder neuen Art gewesen wären. Sie wären von der neuen Art gewesen. Die Verpackung hätte er entsorgt, die fünf Rauchkörper in seinem Spind gelagert. Danach hätte er noch verschiedene Dinge erledigt und wartete auf das Ende seines Dienstes um 1400 Uhr. Pünktlich um 1400 Uhr hätte er den Dienst beendet, weil er nach N.N. musste. Um 1407 Uhr hätte er den H.H. zurückgerufen, der ihn nach den Rauchkörpern fragte und ihm gegenüber antwortete er, dass sich diese in seinem Spind befänden und er sie ihm morgen geben würde. Am Folgetag hätte A.A. schon auf ihn gewartet, er wäre dann zunächst in seine Unterkunft gegangen, wo er die Rauchkörper aus dem Spind genommen und in seinen Rucksack gegeben hätte. Später übergab er diese dem A.A., der gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet hätte. Er sei im Zuge seiner Ausbildung auf den gegenständlichen Rauchkörpern ausgebildet worden und kenne deshalb die Sicherheitsbestimmungen, erst während der Einvernahme durch die Militärpolizei sei ihm klargeworden, dass die Lagerung in seinem Spind verboten sei. Er hätte die Rauchkörper niemals außerhalb der Kaserne verbracht. Er hätte die Kaserne nicht vor 1400 Uhr verlassen, weshalb er keinen Zettel bezüglich Abwesenheit in der Blockzeit auszufüllen gehabt hätte. Auf Befragung, weil er in seiner Karte als Dienstende 1600 Uhr angegeben hatte, gab er an, er hätte sich in der Zeile geirrt. Es könne schon sein, dass er die Kaserne vor 1400 Uhr verlassen habe, da er nicht so genau auf seine Uhr gesehen hätte. Bezüglich dem Verbot seiner Nebenbeschäftigung bei der Firma N.N. gab er an, dass sich das Verbot explizit nur auf die Tätigkeit als Wachorgan (zB. Türsteher) beziehen würde, dies hätte er sogar schriftlich. Er sei nunmehr als Disponent für die besagte Firma tätig, er würde nunmehr schon einsehen, dass er diese neue Tätigkeit dem Dienstgeber zu melden gehabt hätte. In seiner Beschuldigteneinvernahme am 10. November 2021, konfrontiert mit den Ermittlungsergebnissen, gab er gegenüber den Organen der Militärpolizei zu, dass seine Angaben vom 21. Oktober 2021 nicht ganz stimmen und er sie deshalb widerrufe würde. Er hätte die fünf Rauchkörper aus der Kaserne verbracht, auch wäre er vor 1400 Uhr, nämlich so um 1300 Uhr vom Dienst ohne Erlaubnis abgetreten, um den Zug nach N.N. um 1409 Uhr zu erreichen. Er hätte die Rauchkörper aus der Verpackung genommen und in seinen Rucksack gegeben, den er später im Auto verstaute. Er hätte sie für die GWD-Ausbildung und niemals für private Zwecke verwendet. Er sei sich nunmehr auch bewusst, dass er gegen die Zeitordnung verstoßen habe, weil er ohne Genehmigung eines Vorgesetzten den Dienst vor 1400 Uhr verließ. Den falschen Eintrag in seine Zeitkarte hätte er nicht absichtlich gemacht, vielmehr habe er sich in der Zeile geirrt. Es sei schon früher vorgekommen, dass er Knallkörper 78 und 81, Rauchkörper und Knallmunition mitgenommen hätte, aber niemals für private Zwecke und das auch nur zu Beginn seiner Dienstzeit. Diese Gegenstände hätte er auch nie aus der Kaserne verbracht.

8.       Die mündliche Verhandlung wurde am 11. Februar 2022 durch die BDB angeordnet und für den 10. März 2022 anberaumt. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde ihm über den Dienstvorgesetzten am 16. Februar 2022 zugestellt.

Als Ergebnis des Beweisverfahrens der mündlichen Verhandlung am 10. März 2022, bei der der Beamte als Beschuldigter ein umfassendes und reumütiges Geständnis zeigte und die im Akt aufliegenden Unterlagen, ist für die Bundesdisziplinarbehörde der im Spruch angeführte Sachverhalt erwiesen.

9.       Der Disziplinarbeschuldigte bekannte sich zu Beginn der mündlichen Verhandlung zum vorgeworfenen Verhalten des Einleitungsbeschlusses schuldig. Er blieb bei seiner unter Ziffer 7 dargestellten Verantwortung und beteuerte, dass es ihm sehr leidtue und ein derartiges inakzeptables Verhalten nicht mehr vorkommen würde. Hinsichtlich des Spruchpunktes 3 räumte er ein, dass er derzeit als Disponent bei der Firma „N.N.“ arbeite und ca. € 485.- pro Monat verdiene, da er das Geld für seine monetären Verpflichtungen benötigen würde. Ihm sei klar, dass ihm aufgrund seiner viermaligen strafrechtlichen Verurteilungen unter anderem wegen der Vergehen der Körperverletzung und Nötigung von der Dienstbehörde die Ausübung dieser Nebenbeschäftigung als „Türsteher“ und Ordner untersagt wurde. Er habe daraufhin die neue Nebenbeschäftigung bei der besagten Firma als Disponent aufgenommen und es unterlassen, diese der Dienstbehörde zu melden. Hinsichtlich der unrichtigen Führung der Zeitkarte gab er zu, dass er eine Verdunkelungstat ausführte, weil er unerlaubt vor Beendigung der Blockzeit (1400 Uhr) den Dienst in der Kaserne verließ, um den Zug zu erreichen. Die Behauptung sich in der Zeile beim Eintragen der unrichtigen Zeit der Beendigung des Dienstes (1600 Uhr) sei eine Schutzbehauptung gewesen. Hinsichtlich der Vorhalte, die „Rauchkörper orange“ zum Zwecke der Verwendung bei der privaten Firma dem Dienstgeber entwendet zu habe, blieb er bei der Verantwortung, sie für die Ausbildung der Präsenzdiener (GWD) an sich genommen zu haben. Den Einwand des Senatsvorsitzenden, dass eine Verbringung außerhalb der Kaserne keinen Sinn mache, wenn er die Kampfmittel für eine dienstliche Verwendung vorgesehen hätte, blieb unbeantwortet. Letztlich hatte die Motivlage aber keine Auswirkungen für die Beurteilung der Rechtsfrage. Ihm sei mittlerweile schon klar, dass er gegen die für die Sicherheit von Personen errichteten gesetzlichen Bestimmungen (Gefahrengüterbeförderungsgesetz und PyrotechnikG) verstoßen und zumindest beim Transport mit dem Auto den Lenker (E.E.) gefährdet hätte.

10.      Auf die Einvernahme des Zeugen A.A. über Videotransportsystem („Zoom“), da sich dieser zur beruflichen Fortbildung derzeit im Ausland aufhält, konnte ob der vollinhaltlich geständigen Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten verzichtet werden.

11.      Am Ende der Beweisaufnahme verlas der Senatsvorsitzende die dienstliche Beurteilung des Battailonskommandanten, der dem Disziplinarbeschuldigten eine sehr schlechte dienstliche Leistung attestierte. Er kenne ihn schon seit mehr als zehn Jahren und wäre schon sein KpKdt gewesen. In seinem gesamten Verhalten und Auftreten sei er definitiv kein Vorbild als Soldat. Er hätte ihn schon mehrmals belehrt und auch disziplinär zur Verantwortung gezogen. Derzeit scheinen im Führungsbuch zwei Disziplinarverfügungen auf, einmal, weil er entgegen des schriftlichen Befehles trotz COVID eine Zivilperson in die Kaserne mitgenommen und weil er während der Dienstzeit in seinem Alarmzimmer im Bett geschlafen hätte. Er wäre zwar wie alle Ausbilder belohnt worden, aber für seine dienstlichen Leistungen wäre er definitiv nicht mit einer Geldbelohnung bedacht worden.

12.      Die beiden Senatsmitglieder konnten dem Disziplinarbeschuldigten durch Befragung und Herausarbeiten seiner Tathandlungen vor Augen führen, dass er Unteroffizierskameraden zu einer strafbaren Handlung (Übergabe von Kampfmitteln) bestimmen wollte, Untergebenen kein Vorbild an soldatischer Pflichterfüllung gewesen sei und diese sogar konkret gefährdete. Sein gesamtes Auftreten vor dem Senat sei eine Schande für das Unteroffizierskorps, da er seine Uniform nicht vorschriftskonform trage, einen insgesamt ungepflegten Eindruck (Barttracht) mache und durch seine Tätowierungen (er beteuerte der „Club 81“ sei ein Motorradverein und kein Ausdruck einer nationalsozialistischen Einstellung) an den Fingern ein Verhalten an den Tag lege, die eines Unteroffiziers unwürdig wären.

13.      In den Schlussworten führte der Herr Disziplinaranwalt beim BMLV (DiszAnw) aus, dass der Disziplinarbeschuldigte durch seine Tathandlungen vorsätzlich gegen seine Dienstpflichten verstoßen habe. Der § 43 Abs 1 BDG 1979 habe die treue Pflichterfüllung des Beamten zum Ziel, die Begehung strafbarer Handlungen während der Ausübung des Dienstes verletze diese Pflicht. In den Anschuldigungspunkten 2 und 3 liege dem Disziplinarbeschuldigten die Verletzung der Gehorsamspflicht in Verbindung mit dem Erlass über die Zeitordnung bzw. der gesetzlichen Bestimmungen bei Ausübung einer Nebenbeschäftigung zur Last. Bei der Strafbemessung wäre von einer sehr schweren Dienstpflichtverletzung auszugehen, da von Dienstgeberseite die Dienstpflichtverletzungen nicht hingenommen werden könnten. Die Gehorsamspflicht sei eine der vornehmsten Pflichten des Beamten, da ohne Befehl und Gehorsam das Bundesheer seine Aufgaben nicht erfüllen könne. Die Einhaltung dieser Pflicht stelle eine wesentliche Säule des täglichen Dienstbetriebes dar. Ohne Befehl und Gehorsam würde das System Bundesheer im Rahmen der militärischen Landesverteidigung nicht funktionieren. Spezialpräventive Aspekte wären ob der negativen Zukunftsprognose durch die vorhandenen disziplinären Vorstrafen zu berücksichtigen. Auch müsste durch eine strenge Bestrafung der Generalprävention Beachtung zukommen. Nach Darstellung der Erschwerungs- und Milderungsgründe (siehe unten) forderte er eine Geldstrafe in der Höhe von 150% der Bemessungsgrundlage, also € 3.721.-, nicht zuletzt wegen der eingeschränkten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Disziplinarbeschuldigten. Im Wiederholungsfalle würde er jedenfalls die Entlassung fordern.

14.      Der Disziplinarbeschuldigte betonte nochmals, dass ihm die Sache leidtue und er nicht noch einmal in so eine Situation kommen würde. Er stehe zu den Fehlern die absoluter Blödsinn gewesen wären und schloss sich der rechtlichen Beurteilung des Herrn DiszAnw an. Er wolle in Zukunft ein tadelloses Verhalten an den Tag legen und als Unteroffizier weiter Dienst versehen dürfen. Er bat abschließend um eine milde Bestrafung.,

15.      Der Senatsvorsitzende befragt am Ende der mündlichen Verhandlung die Parteien, ob die Aufnahme des Schallträgers wiedergegeben werden soll. Auf das Abspielen der Aufzeichnung wird verzichtet. Auf die Verlesung der Verhandlungsschrift wird von den Parteien verzichtet.

Der Disziplinarsenat hat erwogen:

Rechtliche Grundlagen in Bezug auf die Dienstpflichtverletzungen:

§ 43 Abs 1 BDG 1979 (Allgemeine Dienstpflichten; Treuepflicht):

„Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen“.

§ 44 Abs 1 BDG 1979 (Gehorsamspflicht):

„Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen“.

§ 48 Abs 1 und 3 BDG 1979 (Auszug):

„Der Beamte hat die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist. Die tatsächlich erbrachte Dienstzeit ist, sofern nicht wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen, mit Hilfe automatisierter Verfahren zu erfassen“. „Während der innerhalb des Gleitzeitrahmens festzulegenden Blockzeit hat der Beamte jedenfalls Dienst zu versehen“.

§ 56 BDG 1979 (Auszug):

„Der Beamte darf keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.“, „die Ausübung einer aus den Gründen des Abs. 2 unzulässigen Nebenbeschäftigung oder Tätigkeit im Sinne des Abs. 5 ist von der Dienstbehörde unverzüglich mit schriftlicher Weisung zu untersagen“ bzw. „der Beamte hat seiner Dienstbehörde jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung und jede Änderung einer solchen unverzüglich zu melden“.

§ 2 Abs. 1 HDG 2014: „Soldaten sind disziplinär zur Verantwortung zu ziehen wegen

1.   Verletzung der Ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten oder 2. ...........“.

§ 62 Abs. 3 HDG 2014: „Das Verfahren ist …. einzustellen, wenn

1.       der Beschuldigte die ihm zu Last gelegte Pflichtverletzung nicht begangen hat oder

diese Pflichtverletzung nicht erwiesen werden kann oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, oder

2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Pflichtverletzung darstellt, oder

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder

4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von weiteren Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken.“

Zur rechtlichen Würdigung:

Beweiswürdigung (Feststellungen):

16.      Das Disziplinarrecht erfüllt eine Ordnungsfunktion. Es soll einer durch ein Dienstvergehen verursachten Störung des beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses mit dem Ziel begegnen, die Sauberkeit und die Leistungsfähigkeit des österreichischen Beamtentums zu erhalten und sein Ansehen zu wahren. (VwGH 14. 1. 1980 SlgNF 10.007 A).

Zum Spruchpunkt 1:

17.      Gemäß § 43 Abs 1 BDG ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln aus eigenem zu erfüllen. Er darf also während der Ausübung seines Dienstes keine strafbaren Handlungen begehen (VwGH 4.9.1990, 88/09/0013) und muss die ihm übertragenen Aufgaben ordentlich erledigen (treu, gewissenhaft, engagiert). Dazu gehört es selbstredend auch, dass er die geltende Rechtsordnung und insbesondere die für seinen Arbeitsplatz maßgeblichen Bestimmungen und Vollzugsvorschriften strikt beachtet. Ein Dienstnehmer, der seinem Dienstgeber Kampfmittel („Rauchkörper orange“) entwendet und diese entgegen der gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen aus der Kaserne verbringt, der verletzt seine Dienstpflicht schwer.

Zum Spruchpunkt 2:

18.      Der § 48 Abs 1 und 3 BDG 1979 verpflichtet den Beamten die im Dienstplan vorgesehenen Dienststunden einzuhalten und seine tatsächlich erbrachte Dienstzeit zu erfassen. Im BMLV ist dies durch den Erlass „Zeitordnung für den nachgeordneten Bereich“ geregelt, kundgemacht im Verlautbarungsblatt I Nummer 95/2020. Dieser Erlass stellt unstrittig eine Weisung dar. Darin ist normiert, dass während der Blockzeit (0900 bis 1400 Uhr) Dienst zu versehen ist (vgl. mit dem § 48 Abs 3 BDG) soweit nicht eine Genehmigung durch den Vorgesetzten erteilt wurde. Die Einhaltung einer generellen Weisung zu einem bestimmten Verhalten stellt eine tragende Säule des Dienstbetriebes im öffentlichen Dienst im Allgemeinen, im Besonderen beim Dienst im Bundesheer dar. Die Einhaltung dieses Erlasses ist für eine erfolgreiche Aufgabenerfüllung des Bundesheeres unverzichtbar. Wer gegen eine Weisung verstößt, der verletzt die Dienstpflicht zum Gehorsam (§ 44 Abs 1 BDG).

Zum Spruchpunkt 3:

19.      Der § 56 Abs 2 BDG verpflichtet den Beamten keine Nebenbeschäftigung auszuüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben hindern. Nicht zuletzt wegen der viermaligen strafrechtlichen Verurteilung untersagte die Dienstbehörde dem Disziplinarbeschuldigten diese Nebenbeschäftigung. Abs 3 leg.cit. verpflichtet den Beamten jede erwerbsmäßige und jedwede Änderung einer Nebenbeschäftigung seiner Dienstbehörde unverzüglich zu melden. Da dies der Disziplinarbeschuldigte schuldhaft unterlassen hat, verletzte er diese Dienstpflicht unstrittig.

Zum Grad des Verschuldens:

20.      Der Beamte hat es durch seine Tathandlungen in allen drei Anschuldigungspunkten ernstlich in Kauf genommen und sich damit abgefunden, die auferlegten Dienstpflichten zu verletzen und hat somit vorsätzlich gehandelt. Ein rechtmäßiges Alternativverhalten, nämlich die Einhaltung der Dienstpflichten, wäre ihm zumutbar gewesen.

Zur Strafbemessung:

21.      Die Strafe war vom erkennenden Senat im Sinne der nachstehenden Erwägungen gemäß

§ 6 HDG 2014 nach Maßgabe der im Strafgesetzbuch festgelegten Gründe zu bemessen (§§ 32-35 StGB).

Nach gewissenhafter Abwägung aller für bzw. wider den Beamten sprechenden Umstände gelangte der erkennende Senat in der Frage der zu verhängenden Strafart und Strafhöhe angesichts der im Folgenden darzulegenden Überlegungen zu dem im Spruch ersichtlichen Ergebnis.

Grundlage für die Strafbemessung war die im Beweisverfahren zweifelsfrei erwiesene Schuld des Disziplinarbeschuldigten durch vorsätzliche Tatbegehungen in allen Punkten. Seine Dispositions- und Diskretionsfähigkeit stehen für den Senat wie oben ausgeführt außer Zweifel.

Die objektive Schwere der Pflichtverletzung ist im oberen Bereich einzustufen.

Dies deshalb, weil der Befehl und die korrespondierende Gehorsamspflicht zur tragenden Säule des Dienstbetriebes im öffentlichen Dient, insbesondere im Bundesheer, gehören. Ihr kommt zentrale Bedeutung für eine erfolgreiche Auftragserfüllung zu.

Ein Kommandant hat zudem durch Vorbild zu führen. Da der Befolgung von Weisungen ein nicht bloß geringer Stellenwert zukommt (VwGH 26.06.2012, 2011/09/0032), kann auch deren Nichtbefolgung nicht als Bagatelldelikt abgetan werden.

Das Eigentum des Bundes ist vor unberechtigtem Zugriff zu schützen. Wer seinem Dienstgeber während der Dienstzeit Kampfmittel entwendet begeht eine sehr schwere Verletzung seiner Dienstpflichten. Es war deshalb auch die Beendigung des Dienstverhältnisses in Erwägung zu ziehen. Umso mehr, als sich der Disziplinarbeschuldigte durch seine bisherige Dienstauffassung außerhalb der Wertegemeinschaft der Soldaten und hier insbesondere der Unteroffiziere, die nicht zu Unrecht als Rückgrat der Armee bezeichnet werden, gestellt hat. Zahlreiche disziplinäre Würdigungen durch die Disziplinarkommandanten haben bisher keine Änderung zum Besseren bewirken können, auch wenn aufgrund der Tilgungsbestimmungen derzeit „nur“ zwei Strafen im Führungsbuch aufscheinen. Seine mehrmaligen strafrechtlichen Verurteilungen sind zudem natürlich nicht geeignet, das Vertrauen in den Bediensteten zu heben. Das N.N. ist ein herausragender Einsatzverband des Bundesheeres. Der Disziplinarbeschuldigte ist derzeit nicht in der Lage, an den Einsatzaufgaben im In- und Ausland des Verbandes auch nur im Ansatz einen Beitrag zu leisten. Dennoch hat sich der Senat nach reiflicher Überlegung entschieden, dem Beamten eine letzte Bewährungschance zu geben, die er hoffentlich nutzt.

Aus diesem Grund sind spezialpräventive Aspekte jedenfalls gegeben, um ihn vor weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Wie der Herr Disziplinaranwalt zutreffend ausführte, ist die Zukunftsprognose ob des bisherigen Verhaltens und der dienstlichen Beurteilung durch den Bataillonskommandanten als negativ zu beurteilen. Generalpräventive Gründe sind gegeben, weil allen Bediensteten vor Augen zu führen ist, dass ein derartiges Verhalten von Dienstgeberseite, nicht geduldet wird. Unteroffiziere haben Vorbild an Pflichterfüllung zu sein.

Straferschwerend wurde gewertet:

? Negative Vorbildwirkung als Gruppenkommandant

? Mehrere Pflichtverletzungen

? Inkaufnahme der Gefährdung zumindest einer Charge durch Kampfmittel

Strafmildernd wurde gewertet:

?  sein reumütiges und umfassendes Tatsachengeständnis

?  sein einsichtiges Verhalten und Distanzierung vom schädigenden Verhalten

Die Bemessungsgrundlage von € 2.480,90 errechnet sich aus dem Grundbezug (€ 2.419,80) und der Truppendienstzulage (€ 61,10) des Disziplinarbeschuldigten im Monat März 2022 ohne Sonderzahlungen.

Die ausgesprochene Geldstrafe in der Höhe von ca. 141 Prozent der Bemessungsgrundlage nach

§ 52 Abs. 3 HDG 2014 wurde vom Senat daher als tat- und schuldangemessen festgelegt, nicht zuletzt deshalb, weil die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wegen der Sorgepflicht für ein Kind eingeschränkt ist und die Taten wohl auch aus wirtschaftlicher Not heraus begangen wurden. Sie ist aber außerordentlich milde und soll beim Disziplinarbeschuldigten zu keinen unrichtigen Schlüssen führen.

Er muss sich klar darüber sein, dass bei weiteren schädigenden Verhaltensweisen unverzüglich eine Dienstenthebung als Sicherungsmaßnahme zu verfügen sein wird und die Beendigung des Dienstverhältnisses die Folge sein könnte.

Der Beamte, der vor dem Senat versprochen hat, dass derartige Pflichtverletzungen nicht mehr vorkommen werden, möge die milde Bestrafung als Vertrauensvorschuss sehen, dass er in Zukunft derartige charakterschädliche Taten gänzlich unterlässt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2022
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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