Entscheidungsdatum
13.12.2021Norm
UIG §2 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seine Richterin Mag. Buchinger über die Beschwerden der 1.) Ö – A, vertreten durch Mag. T A und 2.) V P – Stiftung für Tierschutz, L vertreten durch MMag. E R, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 19.01.2021, GZ: BHRIVetR-2021-26618/4-SC, betreffend Zurückweisung des Antrags vom 04.12.2020 auf Herausgabe von Umweltinformationen nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG)
zu Recht:
I. Aus Anlass der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.
II. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
I.1. Unter Berufung auf die §§ 1 und 5 Umweltinformationsgesetz (UIG) begehrten Ö – A (im Folgenden: Bf1 [Beschwerdeführerin 1]) und V P – S (im Folgenden: Bf2 [Beschwerdeführerin 2]; beide im Folgenden: bP [beschwerdeführende Parteien]) mit Antrag vom 04.12.2020 bei der Bezirkshauptmannschaft Ried (im Folgenden: bB [belangte Behörde]) die Herausgabe von Umweltinformationen bzw die Beantwortung von Fragen. Hilfsweise werde die Anfrage auf Art 3 EU-Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG und Art 2 und 4 Aarhus-Konvention gestützt.
Tiertransporte seien eine gemeinsame Priorität der Umweltbewegung; eine Einsicht aller Stakeholder in die relevanten Unterlagen sei daher nicht zuletzt iSd gemeinsamen Anstrengungen hin zu mehr Transparenz und verbesserter Rechtsanwendung essentiell.
Unter anderem werde darauf hingewiesen, dass Informationen, die Aufschluss über Auswirkungen auf Umweltbestandteile geben, ausdrücklich vom UIG, dem Oö. Umweltschutzgesetz 1996 (Oö. USchG), der EU-Umweltinformationsrichtline 2003/4/EG und der Aarhus Konvention erfasst seien.
Folglich wurde die Herausgabe von näher angeführten Informationen betreffend „1) Fahrtenbuch gemäß Anhang II der Verordnung (EG) 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen (EU-Tiertransport-VO)“ sowie „2) Notfallpläne“ beantragt.
Sofern Teile der Informationen nicht sofort herausgegeben werden könnten, beantragten die bP unter Berufung auf die Aarhus-Konvention und die EU-Umweltinformationsrichtlinie die unverzügliche Herausgabe jener Information, die unmittelbar erfolgen könne und Information darüber, bis wann die restlichen Fragen beantwortet werden könnten. Bei Unklarheiten werde auf die ausdrücklich erhöhte Manuduktionspflicht im UIG, der EU-Umweltinformationsrichtlinie und der Aarhus Konvention hingewiesen.
Sofern sich das Begehren inhaltlich auf landesrechtliche Informationen beziehe, stellten die bP den Anträgen sinngemäß nach landesrechtlichen Bestimmungen. Sofern das jeweilige Bundesland die EU-Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG oder Art 2 und 4 Aarhus Konvention nicht oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt habe, habe die Behörde diese unmittelbar anzuwenden, da sie hinreichend konkretisiert sei und keine Nachteile für Dritte bewirke. Zusätzlich beziehen sich die bP auf das Auskunftspflichtgesetz des Bundes sowie die allgemeinen Bestimmungen des Oö. USchG. Es gelte das Günstigkeitsprinzip.
I.2. Mit Bescheid vom 19.01.2021 wies die bB den Antrag der bP unter Bezugnahme auf die §§ 2, 4 und 8 UIG zurück.
Begründend wurde ausgeführt, dass eine sachliche Zuständigkeit für die Entscheidung in der gegenständlichen Angelegenheit seitens der Behörde nicht erblickt werden könne, da sich das Auskunftsbegehren nicht auf die im UIG (und im Übrigen auch in der EU-Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG) angeführten Punkte beziehe, welche dem freien Zugang zu Informationen unterliegen. Bei Tiertransporten generell und Informationen zu Fahrtenbüchern und Notfallplänen im Speziellen handle es sich nicht um Umweltinformationen.
Den Erläuterungen bzw Materialien zum UIG sei zu entnehmen, dass auch auf die menschliche Gesundheit und Sicherheit Bezug zu nehmen sei, soweit diese durch den Zustand der Umwelt beeinflusst werden oder beeinflusst werden könnten. Das Merkmal „Umwelt“ erfasse jedoch – gemäß einer Entscheidung des deutschen Bundesverwaltungsgerichts in einem ähnlich gelagerten Fall – nur die Artenvielfalt, nicht aber den Tierschutz. Dieser Schutz sei zu dem auf wild wachsende Pflanzen und wildlebende Tiere beschränkt. In Gefangenschaft gehaltene Tiere seien nur erfasst, soweit es sich hierbei um bedrohte Arten handelt, die nicht mehr in ihren natürlichen Lebensräumen vorkommen.
Auskünfte zu Fahrtenbüchern, Streckenplanungen, Lenkerruhezeiten sowie Notfallplänen seien unter den Betriff „Umweltinformationen“ und somit unter § 4 Abs 2 UIG nicht subsumierbar. Daran ändere auch die Bestimmung des § 6 Abs 2 UIG nichts, da auch dort von anderen „Umweltinformationen“ die Rede sei und der Begriff bei den angefragten Bereichen eben nicht erfüllt sei. Zudem lägen keine Mitteilungsschranken vor, sondern es sei der Tatbestand des § 4 UIG nicht erfüllt.
Da die Eingabe der bP daher als rechtsgrundlos anzusehen sei, fehle es schon grundsätzlich an der sachlichen Zuständigkeit der bB und sei das Ansuchen zurückzuweisen gewesen.
I.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde der bP vom 16.02.2021, worin ausgeführt wird, dass Auskünfte zu Fahrtenbüchern, Streckenplanungen, Lenkerruhezeiten sowie Notfallplänen für Tiertransporte sehr wohl unter den Begriff „Umweltinformationen“ gemäß § 2 UIG zu subsumieren seien.
Die bP hätten der bB konkrete Fragen zum Fahrtenbuch und zu den Notfallplänen gestellt. Die EU-Tiertransporte-VO sehe Regeln für den Schutz (des Wohls und der Gesundheit) von Tieren bei deren Transport in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit vor und soll dadurch auch die Ausbreitung von Krankheiten hintangehalten werden. Für den Transport auf der Langstrecke würden zusätzliche Anforderungen hinsichtlich der Ausstattung des Transportmittels und der Planung und Dokumentation des Transports gelten. Für Langstreckentransporte sei ein Fahrtenbuch zu führen und seien Notfallpläne zu erstellen.
Der Begriff der Umweltinformation sei weit auszulegen. Die Aarhus-Konvention sehe etwa auch Verfahren nach den Tierschutzgesetzen im Anwendungsbereich der Konvention, wobei diese erst kürzlich wieder festhielt, dass der Zugang zu Gerichten nach Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention in den betreffenden Verfahren umzusetzen sei, auch wenn Österreich im Rahmen der Umsetzung mehrmals darauf hingewiesen habe, dass es sich bei den relevanten Bestimmungen um Individualtierschutz handle.
Der weit verstandene Umweltbegriff der Aarhus Konvention leite sich aus der Definition von Umweltinformationen in Art 2 Abs 3 der Konvention ab, wobei es sich bei den Aufzählungen um eine demonstrative Aufzählung handle und weitere Umweltbestandteile und Faktoren von ihr ebenso erfasst sein könnten. Informationen zu Tieren und ihrem Schutz und Wohlergehen sollten, dem Verständnis der Aarhus Konvention zufolge, vom Begriff der Umweltinformation erfasst sein.
Die Begriffsdefinition in § 2 UIG sei erweitert worden und die Aufzählung eine demonstrative und keine abschließende darüber, was eine „Information über die Umwelt“ sein könne. Auch der VwGH betone in seiner Rsp, dass eine weite Auslegung des Begriffs der Umweltinformation gegeben sei.
Nach Ansicht der bP würden auch Tiere zu den von § 2 Z 1 UIG erfassten Umweltbestandteilen zählen. Die Entscheidung des deutschen BVerwG verkenne den demonstrativen Charakter der Aufzählung. Nach Ansicht der bP gehe es nicht darum, den Begriff „Artenvielfalt“ weit auszulegen, sondern darum, dass das Tier als Lebewesen und Bestandteil der menschlichen Umwelt ein eigner nicht in den oben genannten Bestimmungen aufgezählter Umweltbestandteil sei, der von § 2 Z 1 UIG erfasst sei.
Wenn es sich um den Transport einer geschützten Art (etwa eines Luchses) handle und man davon ausgehe, dass dies eine Informationen über den Zustand des Umweltbestandteils „Artenschutz und seine Bestandteile“ handle, gäbe es keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass Informationen zum Schutz und Wohlergehen einer Kuh während ihres Transports dann nicht öffentlich zugänglich sein dürften. Beide Informationen würden den Zustand eines Bestandteils der menschlichen Umwelt betreffen und sollen Auskunft über dessen Schutz und Wohlergehen geben, wobei diese betreffend einzelne Individuen einer geschützten Art und einer Kuh wohl gleichermaßen im öffentlichen Interesse seien.
Ungeachtet der bisher vorgebrachten Argumente sollten Informationen über Tiertransporte zumindest als Informationen über eine Tätigkeit, die sich auf den Zustand von Umweltbestandteilen auswirkt, einer grundsätzlichen Offenlegungspflicht gemäß UIG unterliegen. Nach der Judikatur meine die Z 3 auch Informationen über Maßnahmen und Tätigkeiten, die sich auf die maßgeblichen Umweltgüter auswirken oder wahrscheinlich auswirken, also diesbezüglich zumindest beeinträchtigend wirken können; es werde nicht unterschieden zwischen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen.
Die Tiertransporte-VO basiere auf Art 43 AUEV zur gemeinsamen Agrarpolitik und seien die in der VO getroffenen Bestimmungen den Bereichen Landwirtschaft und Verkehr zuzuordnen. Der Transport sei demzufolge als Teil der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu sehen. Sowohl der Transportbereich als auch die Landwirtschaft hätten Auswirkungen auf die Umwelt, die Nutztierhaltung und die ihr zugrundeliegenden Tätigkeiten (inkl Transport) seien Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile und Faktoren auswirken.
Die Einhaltung der Vorschriften der EU-Tiertransporte-VO solle mitunter auch gewährleisten, dass Ausbrüche und die Ausbreitung von Tierseuchen hintangehalten würden, weshalb Informationen über die Anwendung und die Einhaltung der VO beim Transport von landwirtschaftlichen Nutztieren für den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit relevant seien und gemäß § 2 Z 6 eine Umweltinformation darstellen würden.
Nach dem Verständnis vom Begriff der „Umweltschutzorganisation“ komme man nicht umhin festzustellen, dass auch Tierschutz als Teilbereich des Umweltschutzes gelten soll. Die Bf2 sei als eine Umweltorganisation iSd § 19 Abs 6 UVP-G anerkannt und dabei die Stiftungsurkunde vom 04.12.2015 als Nachweis dafür herangezogen worden, dass der Tierschutz der vorrangige Zweck der Organisation sei. Der Stiftungsurkunde könne entnommen werden, dass Ziel und Zweck der Stiftung sei, Tiere vor Qualen und Schmerzen zu bewahren, allen Mitgeschöpfen ein artgerechtes und leidensfreies Leben zu sichern und Menschen eine, das Tier einschließende ethische Geisteshaltung zu vermitteln. Hier komme klar zum Vorschein, dass vorrangiger Zweck der Stiftung der Individualtierschutz sei, der als Tätigkeit zum Schutz der Umwelt anerkannt worden sei. Auch der VwGH habe ein weites Verständnis von einer Tätigkeit zum Schutz der Umwelt, die sich inhaltlich und räumlich auf den „Schutz des Allgemeininteresses“ richten. Es sei nicht einzusehen, dass Tierschutz zwar als Tätigkeit zum Schutz der Umwelt anerkannt werde, eine Information über den Schutz und das Wohlergehen von Tieren auf der anderen Seite aber nicht als Information über die Umwelt eingeordnet werden dürfe.
Die bP beantragten, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag der bP stattgegeben werde und die beantragten Umweltinformationen herausgegeben werden; in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückzuverweisen.
I.4. Die bB legte mit Schreiben vom 19.02.2021, Einlangen 22.02.2021, die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.
II. Sachverhalt, Beweiswürdigung:
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der bB zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung kann gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Es steht der unter Pkt I. dargestellte Verfahrensablauf als entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest, dieser ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
III. In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:
III.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes (UIG), BGBl 495/1993 idF 74/2018 lauten:
„Umweltinformationen
§ 2. Umweltinformationen sind sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über
1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Berggebiete, Feuchtgebiete, Küsten und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;
2. Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder Abfall einschließlich radioaktiven Abfalls, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen oder Organismen in die Umwelt, die sich auf die in Z 1 genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken;
3. Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie zB Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die sich auf die in den Z 1 und 2 genannten Umweltbestandteile und -faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zu deren Schutz;
4. Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts;
5. Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die im Rahmen der in Z 3 genannten Maßnahmen und Tätigkeiten verwendet werden;
6. den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit einschließlich – soweit diesbezüglich von Bedeutung – Kontamination der Lebensmittelkette, Bedingungen für menschliches Leben sowie Kulturstätten und Bauwerke in dem Maße, in dem sie vom Zustand der in Z 1 genannten Umweltbestandteile oder – durch diese Bestandteile – von den in den Z 2 und 3 aufgeführten Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten betroffen sind oder sein können.
[…]
Mitteilungspflicht
§ 5. (1) Das Begehren auf Mitteilung von Umweltinformationen kann schriftlich oder soweit es der Natur der Sache nach tunlich erscheint, mündlich gestellt werden. Dies kann in jeder technischen Form geschehen, die die informationspflichtige Stelle zu empfangen in der Lage ist. Geht aus einem angebrachten Begehren der Inhalt oder der Umfang der gewünschten Mitteilung nicht ausreichend klar hervor, so ist dem/der Informationssuchenden innerhalb einer zwei Wochen nicht übersteigenden Frist eine schriftliche Präzisierung des Ansuchens aufzutragen. Der/Die Informationssuchende ist dabei zu unterstützen. Bei Entsprechung dieses Präzisierungsauftrags gilt das Begehren als an dem Tag des Einlangens des präzisierten Ansuchens bei der informationspflichtigen Stelle eingebracht.
(2) Wird das Begehren an eine informationspflichtige Stelle gerichtet, die nicht über die Umweltinformationen verfügt, so hat sie es – falls ihr bekannt ist, dass eine andere informationspflichtige Stelle über die Informationen verfügt – möglichst rasch an diese weiterzuleiten oder den/die Informationssuchende/n auf andere ihr bekannte informationspflichtige Stellen hinzuweisen, die über diese Informationen verfügen könnten, sofern dies sachlich geboten ist oder im Interesse des/der Informationssuchenden liegt. Der/Die Informationssuchende ist von der Weiterleitung seines/ihres Begehrens jedenfalls zu verständigen.
[…]“
III.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl VwGH 17.12.2019, Ra 2017/04/0141, uHa VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002) ist in jenen Fällen, in denen die Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, „Sache“ eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Dem Verwaltungsgericht ist es demnach verwehrt, über diesen Rahmen hinaus in einer Entscheidung über die „Hauptsache“ vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrags und damit den Parteien eine Instanz genommen würde. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist somit die Zurückweisung des Antrags auf Herausgabe von Umweltinformationen betreffend Tiertransporte (zu den Bereichen Fahrtenbücher und Notfallpläne) gemäß §§ 2, 4 und 8 Umweltinformationsgesetz. Eine Zurückweisung wäre dann gerechtfertigt, wenn keine materielle Prüfung eines Antrags zu erfolgen hätte.
III.3.1. Umweltinformationen iSd § 2 Z 1 UIG sind sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Berggebiete, Feuchtgebiete, Küsten und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen.
Der Behörde ist nicht entgegenzutreten, wenn diese – unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Deutschland vom 30.01.2020, BVerwG 10 C 11.19, tierschutzrechtliche Informationen grundsätzlich nicht zu diesen aufgelisteten Informationen zugehörig beurteilt. „Der Begriff ‚Artenvielfalt‘ ist im Sinne biologischer Vielfalt zu verstehen“ (ErlRV 641 BlgNR 22 GP 4). Beim Artenschutz geht es um den Erhalt der Biodiversität, mithin insbesondere um den Schutz bedrohter Arten (BVerwG 30.01.2020, BVerwG 10 C 11.19, Rn 22).
Im Hinblick auf die oben zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch darauf hinzuweisen, dass dem dort zugrundeliegenden Antrag konkret zu entnehmen war, um welche Tiertransporte es sind handelte, nämlich „Transporten von Puten zur beigeladenen Geflügelschlachterei“ (BVerwG 30.01.2020, BVerwG 10 C 11.19, Rn 1).
Dem im vorliegenden Verfahren zugrundeliegenden Antrag ist jedoch nicht zu entnehmen, um welche Tiertransporte in concreto es sich handelt. Die bP nehmen allgemein Bezug auf die EU-Tiertransporte-VO, ohne jedoch die konkrete Tierart sowie den Transportweg udgl zu bezeichnen bzw zu konkretisieren, zu welchen bestimmten Tiertransporten sie Informationen begehrt.
III.3.2. Gemäß § 5 Abs 2 UIG ist der/die Informationssuchende innerhalb einer zwei Wochen nicht übersteigenden Frist eine schriftliche Präzisierung des Ansuchens aufzutragen, wenn aus einem angebrachten Begehren der Inhalt oder der Umfang der gewünschten Mitteilung nicht ausreichend klar hervorgeht.
Die bB ist somit verpflichtet, einen Verbesserungsauftrag zu erteilen, wenn der Antrag im Hinblick auf den Inhalt oder den Umfang zu ungenau ist (sh Ennöckl/Maitz, UIG² [2011]45). Dies hat die bB im vorliegenden Fall unterlassen und die bP nicht aufgefordert ihren Antrag zu konkretisieren, zumal den bP nicht ohne Weiteres entgegengetreten werden kann, dass Informationen über den Transport einer geschützten Tierart gegebenenfalls Umweltinformationen darstellen könnten (Arg: „Artenvielfalt“; so auch die Argumentation der bB: „In Gefangenschaft gehaltene Tiere seien nur erfasst, soweit es sich hierbei um bedrohte Arten handelt, die nicht mehr in ihren natürlichen Lebensräumen vorkommen.“). Bei einem zu ungenau gebliebenen Informationsbegehren ist die informationspflichtige Stelle erst nach dem Verbesserungsauftrag berechtigt, den Antrag gegebenenfalls abzuweisen (zB nach § 6 Abs 1 Z 3 UIG, sofern dieser weiterhin „zu allgemein geblieben ist“ [VwGH 24.05.2012, 2010/03/0035]) oder gegebenenfalls zurückzuweisen.
III.3.3. Wie bereits eingangs ausgeführt kann das Verwaltungsgericht in diesem Fall den Zurückweisungsbescheid nur aufheben, wenn es die Zurückweisung als rechtswidrig erachtet. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der Verwaltungssache ist in einem derartigen Fall daher weder erforderlich noch zulässig.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfragen zu klären waren, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung entspricht der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.
Schlagworte
Umweltinformation; Tierschutz; ArtenvielfaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGOB:2021:LVwG.552007.4.SB.552008.4Zuletzt aktualisiert am
11.05.2022