TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/22 95/21/0211

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Veröffentlicht am 22.05.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §5 Abs1;
AsylG 1991 §3 Abs1;
AufG 1992 §1 Abs3 Z6;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §13 Abs2;
AufG 1992 §2 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs4;
AufG 1992 §9 Abs1;
AufG 1992 §9 Abs3;
AVG §1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. November 1994, Zl. 107.479/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurde der beim Amt der Wiener Landesregierung eingebrachte Antrag des Beschwerdeführers, eines vietnamesischen Staatsbürgers, vom 10. Mai 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 9 Abs. 3 AufG (idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) abgewiesen.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß die mit der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, für das Bundesland Wien festgesetzte Höchstzahl von

4.300 Bewilligungen "nunmehr" erreicht sei, sodaß gemäß § 9 Abs. 3 leg. cit. keine weiteren Bewilligungen mehr erteilt werden dürften. Auch bei eingehender Prüfung des Gesamtvorbringens des Beschwerdeführers könne ein Rechtsanspruch für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht abgeleitet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 AufG hat die Bundesregierung für jeweils ein Jahr mit Verordnung die Anzahl der Bewilligungen festzulegen, die höchstens erteilt werden dürfen; gemäß § 2 Abs. 2 AufG sind hiebei die Bewilligungen auf die Länder aufzuteilen. Mit der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, wurde für Wien eine Höchstzahl von

4.300 Bewilligungen festgelegt. Gemäß § 9 Abs. 3 AufG dürfen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden, sobald die gemäß § 2 Abs. 1 AufG festgelegte Anzahl erreicht ist. Nach dem zweiten Satz des § 9 Abs. 3 leg. cit. ist die Entscheidung über anhängige Anträge gemäß § 3 auf das folgende Jahr zu verschieben; andere anhängige Anträge sind abzuweisen.

Mit der Behauptung, daß er zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes bereits einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich begründet gehabt habe, bestreitet der Beschwerdeführer zunächst die Zuständigkeit des in erster Instanz mit der Sache befaßten Landeshauptmannes von Wien sowie die der belangten Behörde als Berufungsbehörde. Er sei seinerzeit als Asylwerber in das Bundesgebiet eingereist und habe zunächst über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt und unverzüglich nach rechtskräftiger Beendigung des Asylverfahrens den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt.

Ausschlaggebend dafür, ob die hier angefochtene Entscheidung von einer sachlich unzuständigen Behörde getroffen wurde, ist die Antwort auf die Frage, ob der bekämpfte Bescheid vor oder nach dem 1. Juli 1993 erlassen wurde. Da im Beschwerdefall gesetzlich nicht anderes vorgesehen ist, ist maßgebend für die Zuständigkeit zur bescheidmäßigen Erledigung der gegenständlichen Verwaltungssache die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Rechtslage. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er seinen Antrag auf Bewilligung seines Aufenthaltes am 10. Mai 1994 gestellt hat und der in Beschwerde gezogene Bescheid jedenfalls im zeitlichen Geltungsbereich des Aufenthaltsgesetzes ergangen ist. Somit kann kein Zweifel bestehen, daß in Ansehung des Beschwerdeführers ein Fall vorliegt, in dem für den Aufenthalt des Fremden eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (§§ 1 und 6) benötigt wird. Demnach bestand eine sachliche Zuständigkeit zur Entscheidung über diesen Antrag für die in § 6 Abs. 4 leg. cit. genannte Behörde und nicht für die vom Beschwerdeführer als zuständig erachtete "fremdenpolizeiliche Behörde".

Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe im Verfahren keine Gelegenheit gehabt, zu der von der belangten Behörde angenommenen Ausschöpfung der Quote Stellung zu nehmen, weshalb er in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden wäre, trifft nicht zu.

Bereits die Behörde erster Instanz hat den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz unter Hinweis auf § 9 Abs. 3 AufG abgewiesen. Dieser Entscheidung lag die ausdrücklich getroffene Feststellung zugrunde, daß die in der Verordnung der Bundesregierung für Wien festgelegte Anzahl von 4.300 Bewilligungen ausgeschöpft sei, weshalb dem Beschwerdeführer keine Bewilligung mehr erteilt werden dürfte. Diese Feststellung hat der Beschwerdeführer in der dagegen erhobenen Berufung nicht weiter bekämpft, sondern lediglich geltend gemacht, daß er gegenüber anderen ausländischen Staatsangehörigen, auf die die Bestimmung des § 9 AufG keine Anwendung finde, wie etwa "EWR-Fremde", diskriminiert sei.

Das verwaltungsgerichtliche Verfahren dient nicht dazu, im Verwaltungsverfahren unterlaufene Versäumnisse der Parteien nachzuholen. Dem Beschwerdeführer wurde durch die Berufungsmöglichkeit gegen die ihm zugestellte erstinstanzliche Entscheidung ausreichend Gelegenheit geboten, gegen die Feststellung der bereits ausgeschöpften Anzahl von Bewilligungen nach der maßgeblichen Verordnung der Bundesregierung sachgerechte Einwendungen (wenigstens aber deren Bestreitung) zu erheben. Der Beschwerdeführer hat sich aufgrund dieser Unterlassung der Möglichkeit begeben, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Richtigkeit der erstbehördlichen Annahme zu bestreiten bzw. auf allfällige der belangten Behörde insoweit unterlaufene Verfahrensmängel mit Erfolg hinzuweisen. Wenn also die belangte Behörde gestützt auf das von ihr gemäß § 9 Abs. 1 AufG zu führende gesetzliche Register zum Ergebnis gelangte, daß im maßgeblichen Zeitpunkt die Höchstzahl von 4.300 Bewilligungen bereits erreicht gewesen sei, bestehen dagegen keine Bedenken. Ausgehend von dieser Sachverhaltsfeststellung und unter Zugrundelegung der Ansicht der belangten Behörde, daß es sich beim Antrag des Beschwerdeführers um einen Erstantrag handle, steht die mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug ausgesprochene Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers mit dem Gesetz (§ 9 Abs. 3 leg. cit.) in Einklang. Soweit der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, daß er als Asylwerber eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz gehabt habe, geltend macht, daß die belangte Behörde seinen Antrag zu Unrecht als Erstantrag gewertet habe, es sich bei seinem Antrag vielmehr um einen gemäß § 13 Abs. 1 AufG unverzüglich nach Beendigung seines Asylverfahrens gestellten Verlängerungsantrag gehandelt habe, ist ihm zu entgegnen, daß (wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0187, und vom 18. September 1995, Zl. 95/18/0473, ausgeführt hat, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) die Bestimmung des § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG sowohl auf vorläufige Aufenthaltsberechtigungen, welche nach § 5 Abs. 1 Asylgesetz 1968 als auch auf solche, welche nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 erworben wurden, zur Anwendung kommt. Daraus folgt, daß der Beschwerdeführer sich nach negativem Abschluß seines Asylverfahrens nicht auf § 13 Abs. 1 AufG berufen kann, sondern es kommt vielmehr § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zur Anwendung, wonach der abgewiesene Asylwerber seinen Antrag betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen hat. Somit ist nach rechtskräftigem Abschluß des Asylverfahrens eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht zu erteilen, wenn der Antrag auf Aufenthaltsbewilligung - wie im gegenständlichen Fall - vom Inland aus gestellt wurde. Demgemäß fehlt der Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte abzuklären gehabt, ob es sich beim Antrag des Beschwerdeführers um einen Erstantrag oder um einen Verlängerungsantrag handelt, die rechtliche Relevanz. Wenn die belangte Behörde dem Antrag zwar nicht wegen Fehlens des Erfordernisses, daß der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen ist, nicht stattgab, sondern wegen der Ausschöpfung der Höchstzahl der zu erteilenden Bewilligungen, ist der Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht verletzt worden (vgl. hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1995, Zl. 95/21/0071).

Da sich die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

sachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995210211.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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