TE Vwgh Erkenntnis 2015/3/24 2013/03/0064

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Veröffentlicht am 24.03.2015
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
16/02 Rundfunk
19/05 Menschenrechte

Norm

AMD-G 2001
AMD-G 2001 §2 Z38
B-VG Art18
MRK Art10
ORF-G 2001 §1a Z5
ORF-G 2001 §3
ORF-G 2001 §3 Abs1
ORF-G 2001 §3 Abs1 idF 2010/I/050
ORF-G 2001 §3 Abs1 Z2
ORF-G 2001 §3 Abs2
ORF-G 2001 §36
ORF-G 2001 §4
ORF-G 2001 §4 Abs1
ORF-G 2001 §4 Abs1 idF 2010/I/050
ORF-G 2001 §4 Abs1 Z1
ORF-G 2001 §4 Abs1 Z5
ORF-G 2001 §4 Abs1 Z7
ORF-G 2001 §4 Abs2
ORF-G 2001 §4 Abs2 idF 2010/I/050
ORF-G 2001 §4 Abs2 idF 2010/I/50
ORF-G 2001 §4 Abs3
ORF-G 2001 §4 Abs4
ORF-G 2001 §4a
ORF-G 2001 §4a Abs3
ORF-G 2001 §4a Abs8
ORF-G 2001 §7
VwRallg

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
2013/03/0069

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny

I.) über die zu Zl 2013/03/0064 protokollierte Beschwerde der beschwerdeführenden Partei Österreichischer Rundfunk in Wien, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20, und II.) über die zu Zl 2013/03/0069 protokollierte Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien 1. A GmbH, 2. A KG, 3. I GmbH, alle in W, der 4. P GmbH in S, der 5. Pr GmbH, 6. Pu KG, beide in W, der 7. R GmbH in W, der 8. S GmbH in W, der 9. Sa GmbH in W, der 10. Se GmbH (nunmehr: Re GmbH) in W, der 11. Sk GmbH in W, und der 12. St KG in G, alle vertreten durch Ploil Krepp Boesch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 4, jeweils gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 18. April 2013, Zl 611.941/0004-BKS/2013, betreffend Verletzung des ORF-Gesetzes (weitere Partei: Bundeskanzler; mitbeteiligte Parteien zu I.):

1. A GmbH, 2. A KG, 3. I GmbH, alle in W, 4. P GmbH in S, 5. Pr GmbH, 6. Pu KG, beide in W, 7. R GmbH in W, 8. S GmbH in W, 9. Sa GmbH in W, 10. Re GmbH in W, 11. Sk GmbH in W, 12. St KG in G, alle vertreten durch Ploil Krepp Boesch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 4; zu II.) Österreichischer Rundfunk in Wien, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden (zu I. und II.) werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei zu I.) hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 581,90 und den mitbeteiligten Parteien zu I.) Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die beschwerdeführenden Parteien zu II.) haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 581,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Sachverhalt

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte die belangte Behörde aufgrund einer auf § 36 Abs 1 Z 1 lit c ORF - Gesetz (ORF-G) gestützten Beschwerde privater Fernsehveranstalter (der beschwerdeführenden Parteien zu II.) fest, dass der Österreichische Rundfunk (ORF) vom 1. Jänner 2011 bis zum 31. August 2011 kein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle angeboten habe, weil kein angemessenes Verhältnis der Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport zueinander bestanden habe. Er habe dadurch § 4 Abs 2 ORF-G verletzt (Spruchpunkt 1.).

Die weitergehenden Anträge der Beschwerde, es möge festgestellt werden, dass der ORF auch vom 1. Jänner 2010 bis zum 31. Dezember 2010 kein differenziertes Gesamtprogramm angeboten und dadurch § 4 Abs 2 ORF-G verletzt habe, bzw dass der ORF vom 1. Oktober 2010 bis zum 31. August 2011 keine zwei Vollprogramme mit den Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport veranstaltet und dadurch §§ 3 Abs 1 Z 2 iVm 4 Abs 2 ORF-G verletzt habe, wies die belangte Behörde ab (Spruchpunkte 2. und 3.).

Mit Spruchpunkt 4. verpflichtete die belangte Behörde den ORF, die festgestellte Rechtsverletzung gemäß § 37 Abs 4 ORF-G durch Verlesung eines näher umschriebenen Textes zu veröffentlichen und die Erfüllung des Auftrages zur Veröffentlichung gemäß § 36 Abs 4 ORF-G nachzuweisen.

2.1. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) habe aufgrund einer Beschwerde privater Fernsehveranstalter mit Bescheid vom 4. Oktober 2012 dem ORF angelastet, das ORF-G dadurch verletzt zu haben, dass er vom 1. Jänner 2010 bis 31. August 2011 - mangels eines angemessenen Verhältnisses der im Folgenden genannten Kategorien zueinander - kein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle angeboten und keine zwei Vollprogramme veranstaltet habe.

2.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des ORF sei teilweise berechtigt:

2.3. Mit der am 1. Oktober 2010 in Kraft getretenen Novelle zum ORF-G, BGBl I Nr 50/2010, sei durch § 4 Abs 2 letzter Satz ORF-G die Anforderung eines angemessenen Verhältnisses zwischen den Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport in den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag aufgenommen worden. Der Gesetzgeber habe in den Materialien zum Ausdruck gebracht, dass er mit dieser Anforderung eine überproportionale Ausweitung einer der genannten Kategorien hintanhalten wollte. Erstmals sei damit ein spezifischer quantitativer Maßstab für das Verhältnis der vier Kategorien aufgestellt worden.

2.4. Daraus ergebe sich, dass die Beschwerde der privaten Fernsehveranstalter, soweit sie das Jahr 2010 betreffe, aus zweierlei Gesichtspunkten abzuweisen sei: Einerseits habe es zwischen dem 1. Jänner 2010 und dem 30. September 2010 an einer gesetzlichen Grundlage für die Anforderung eines angemessenen Verhältnisses von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport gefehlt. Andererseits sei der Beobachtungszeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 31. Dezember 2010 zu kurz, um die Erfüllung dieser Anforderung zu überprüfen.

2.5. Der Beobachtungszeitraum zwischen dem 1. Jänner 2011 und dem 31. August 2011 sei hingegen - trotz Unterschreitung eines Programmjahres - als ausreichend einzustufen. Im vorliegenden Fall habe der ORF im letzten Quartal des Jahres 2011 (konkret am 26. Oktober 2011) ein Spartenprogramm gestartet und den Vollbetrieb aufgenommen. In dieser besonderen Situation sei es im Sinne der Sicherstellung eines effizienten Rechtsschutzes zulässig, auch den Zustand vor der eingetretenen Änderung der Sachlage im Hinblick auf seine Übereinstimmung mit dem ORF-G zu überprüfen. Hinzu komme, dass ein - in Beschwerde gezogenes - acht Monate anhaltendes Missverhältnis im Sinne des § 4 Abs 2 ORF-G nicht durch den zweimonatigen Vollbetrieb zweier neuer (Sparten)Programme ausgeglichen werden könne.

2.6. Basis für die Beurteilung des in § 4 Abs 2 ORF-G normierten "angemessenen Verhältnisses" der dort bezeichneten Kategorien zueinander seien die jeweils einzelnen Mediengattungen (Fernsehen, Radio, Onlineangebote). Ein Mangel einer bestimmten Kategorie im Fernsehen könne daher nicht durch Anhebung der Anteile der betreffenden Kategorie im Radio substituiert werden. Umgekehrt komme es aber auch nicht darauf an, dass die Kategorien im jeweiligen Fernsehkanal erfüllt seien. Entscheidend sei vielmehr das gesamte Fernsehprogramm, fallbezogen also die Fernsehprogramme ORFeins und ORF 2 sowie das (im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht als 24 Stunden Spartenprogramm ausgestrahlte) Programm ORF SPORT+. Im Rahmen dieser Programme sei auf die jeweils einzelne Sendung, nicht jedoch auf einzelne Beiträge als kleinste programmliche Einheit abzustellen. Diese Interpretation ergebe sich schon aus dem Wortlaut und dem systematischen Argument, dass Sendungen (und nicht deren einzelne Sequenzen) Gegenstand der Jahrespläne und damit die taugliche Basis für die Überprüfung der Anforderungen des § 4 Abs 2 ORF-G seien. Die Aufzählung der Kategorien in § 4 Abs 2 ORF-G sei abschließend; weitere Kategorien, wie sie etwa die ORF-eigene Programmstrukturanalyse vorsehe, sei hingegen nicht von Relevanz.

2.7. § 4 Abs 2 ORF-G verlange vom ORF eine sachlich begründete und nachvollziehbare Zuordnung der einzelnen Sendungen zu einer der genannten Kategorien. Insofern komme einem funktionierenden Qualitätssicherungssystem (§ 4a ORF-G) Bedeutung zu. Daraus lasse sich aber nicht folgern, dass § 4 Abs 2 ORF-G nur eine nicht näher determinierte Zielvorgabe sei oder keinen eigenen normativen Anwendungsbereich habe. Solange sich eine Zurechnung durch den ORF sachlich begründen lasse, bestehe für die Regulierungsbehörde kein Anlass, ihre eigene Vorstellung über den Gehalt einer Kategorisierung zu entwickeln und dem ORF zur Einhaltung vorzuschreiben; dem ORF komme insofern ein entsprechender Spielraum zu.

2.8. In Bezug auf die in § 4 Abs 2 ORF-G angeführten vier Kategorien liege dem ORF-G kein eigenes, erst durch medienwissenschaftliche Studien belegbares Verständnis zugrunde. Vielmehr sei den Kategorien jener Inhalt beizumessen, den ein durchschnittlich verständiger und informierter ORF-Konsument mit diesen Begriffen verbinde. Der besonders umstrittene Begriff "Kultur" stehe in einem systematischen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des ORF-G, wonach sich Sendungen in diesem Bereich "durch hohe Qualität auszuzeichnen" hätten (§ 4 Abs 4 Satz 1 ORF-G). Der ORF habe auch für die "Vermittlung und Förderung von (...) Kultur" (§ 4 Abs 1 Z 5 ORF-G) und die "Vermittlung eines vielfältigen kulturellen Angebots" (§ 4 Abs 1 Z 7 ORF-G) neben der "Darbietung von Unterhaltung" (§ 4 Abs 1 Z 8 ORF-G) zu sorgen. Hinzu trete der in § 10 Abs 8 ORF-G normierte ausdrückliche Auftrag an den ORF, dass er als "Kultursender sowohl Berichterstatter wie eigenständiger Produzent sein und vor allem Arbeitgeber und Forum österreichischer Kreativität und Gegenwartskunst sein" solle. § 4c ORF-G lasse sich umgekehrt nicht dahingehend interpretieren, dass die schwere Kulturkost dem Spartenprogramm vorbehalten sein solle, während in den sonstigen Programmen von einem weit gezogenen "leichten Kulturbegriff" ausgegangen werden könne. Ein vom ORF zugrunde gelegtes weites Verständnis des Kulturbegriffs führe dazu, dass alle menschlichen Leistungen und Erschaffungen und somit das gesamte Fernsehprogramm als Kultur bezeichnet werden müsse. Demgegenüber begegneten einem Kulturbegriff, der insbesondere Bereiche der Malerei, Kunst, Musik, Theater, Oper, Literatur und Philosophie sowohl in ihrer klassischen als auch modernen künstlerischen Ausgestaltung, aber auch moderne Kunstformen wie Film und Fotografie erfasse, keine Bedenken. Auch regionale Kultur und Brauchtum fielen nicht prinzipiell aus dem Kulturbegriff des § 4 Abs 2 ORF-G heraus. Voraussetzung sei dabei freilich, dass nicht jede Sendung über einen auch im wirklichen Leben nahezu ausschließlich der Unterhaltung dienenden Frühschoppen als Brauchtum identifiziert, nicht jede Darstellung beim Kochen in einem Landgasthaus als regionale Kultur präsentiert und nicht jedes Event volkstümlicher Musik - statt tatsächlich als Volksmusik zu bewertende Auftritte - als Liedpflege tituliert werde. Auch der Bereich "Lebenshilfe" lasse sich nicht dem Begriff "Kultur" zuordnen, nur weil er sich allenfalls mit der menschlichen Umgangskultur in ihren unterschiedlichen Facetten beschäftige. Es dürfe daher der Begriff der Kultur, deren Vermittlung dem ORF aufgetragen sei, nicht zu großzügig ausgelegt werden. Dies decke sich auch mit dem Verständnis nach dem allgemeinen Sprachgebrauch (eines Durchschnittskonsumenten) oder jenem Verständnis, wie es in den Kultur- oder Feuilletonseiten der österreichischen Zeitungslandschaft, die mit einem eingeschränkten Kulturbegriff arbeite, zum Ausdruck komme.

2.9. Im Verfahren sei unbestritten geblieben, dass sich keine exakte rechnerische Größe für ein angemessenes Verhältnis der in § 4 Abs 2 ORF-G genannten Kategorien zueinander festlegen lasse, die nicht gleichzeitig Gefahr laufe, in ein Spannungsverhältnis mit Art 10 EMRK zu geraten. Dieser räume dem ORF einen Gestaltungsspielraum ein, der es ermögliche, die in der Ausgangsbasis grundsätzlich gleich großen Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport im Verhältnis zueinander zu vergrößern oder zu verkleinern. Der Spielraum finde aber dort seine Grenzen, wo ein angemessenes Verhältnis der Kategorien im Sinn des § 4 Abs 2 ORF-G nicht mehr gewährleistet sei. Der Gesetzgeber habe ausschließen wollen, dass eine bestimmte Kategorie unverhältnismäßig größer sei als eine oder mehrere der anderen Kategorien. Negativ abgegrenzt bedeute dies, es dürfe bei vier vorgegebenen Kategorien nicht zu einem Überwiegen einer der vier Kategorien gegenüber den zusammengerechneten anderen Kategorien kommen. Zielrichtung und Anlass des Gesetzes sei eindeutig die Sorge vor überproportionaler Unterhaltung gewesen.

2.10. Für den vorliegenden Fall bedeute dies Folgendes:

Nach den Feststellungen der KommAustria habe das Gesamtfernsehprogramm des ORF (ORF eins, ORF 2 und ORF SPORT+) vom 1. Jänner bis 31. August 2011 zu 26,63% aus Information, 2,85% aus Kultur, 51,56% aus Unterhaltung und 18,96% aus Sport bestanden. Der vorläufigen Berechnung der Programmstrukturanalyse für 2011 zufolge sei - in Bezug auf die Programme ORFeins und ORF 2 - von folgenden Anteilen auszugehen: 45% Unterhaltung, 22% Information, 5% Kultur und 6% Sport. Der vom ORF vorgelegte Jahresbericht 2011 weise Anteile von 21,4% "Unterhaltung" (richtig: Information), 5,4% Kultur/Religion, 1,3% Wissenschaft und Bildung, 8,6% Lebenshilfe, 5,5% Sport, 45,5% Unterhaltung und 12,3% Familie (Kinder/Jugend/Senioren) aus. Das vom ORF beigebrachte Gutachten von Univ-Prof Dr H H betreffend die Ausgewogenheit des ORF-Gesamtprogramms (ORFeins, ORF 2, ORF SPORT+) gehe für den Zeitraum vom 1. Jänner bis 31. August 2011 von einem Verhältnis von 22% Information, 50,6% Unterhaltung, 3,5% Kultur 1 (enger Kulturbegriff), 4,9% Kultur 2 (mittlerer Kulturbegriff) und 19% Sport aus.

Die Betrachtung zeige, dass nach allen Berechnungsmethoden jedenfalls die Anteile der Kategorie Unterhaltung zu den Anteilen der Kategorie Kultur außer Verhältnis stünden.

2.11. Nicht zu folgen sei der KommAustria in ihrer Rechtsansicht, der ORF habe im Rahmen seiner Programme ORFeins und ORF 2 gemäß § 3 Abs 1 ORF-G ein konkretes, in Zahlen ausdrückbares Mindestmaß an Aufgabenwahrnehmung zu erfüllen. Dem Gesetzeswortlaut sei nicht zu entnehmen, dass es sich bei den genannten Programmen um Vollprogramme handle; eine Festlegung auf einen Höchst- und Mindestanteil der Kategorien könne dem Gesetzgeber in diesem Rahmen schon gar nicht zugesonnen werden.

3. Gegen Spruchpunkt 1. und 4. (Feststellung der Verletzung des ORF-G und Veröffentlichungsauftrag) dieses Bescheides richtet sich die zur Zl 2013/04/0064 protokollierte Beschwerde des ORF mit dem Antrag, ihn insoweit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

4. Gegen die Spruchpunkte 2., 3. und 4. (Abweisung der begehrten Feststellungen in Bezug auf die Verletzung des ORF-G und Veröffentlichungsauftrag) wendet sich die zur Zl 2013/04/0069 protokollierte Beschwerde der privaten Fernsehveranstalter mit dem Antrag, ihn insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

II. Rechtslage

1. Die §§ 3 und 4 ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl Nr 379/1984 in der Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 50/2010, lauteten auszugsweise wie folgt:

"Versorgungsauftrag

§ 3. (1) Der Österreichische Rundfunk hat unter Mitwirkung aller Studios

1. für drei österreichweit und neun bundeslandweit empfangbare Programme des Hörfunks und

2. für zwei österreichweit empfangbare Programme des Fernsehens zu sorgen.

(...)

Programmauftrag

§ 4. (1) Der Österreichische Rundfunk hat durch die Gesamtheit seiner gemäß § 3 verbreiteten Programme zu sorgen für:

1. die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen;

2. die Förderung des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens;

3. die Förderung der österreichischen Identität im Blickwinkel der europäischen Geschichte und Integration;

4. die Förderung des Verständnisses für die europäische Integration;

5. die Vermittlung und Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft;

6. die angemessene Berücksichtigung und Förderung der österreichischen künstlerischen und kreativen Produktion;

7. die Vermittlung eines vielfältigen kulturellen Angebots;

8. die Darbietung von Unterhaltung;

9. die angemessene Berücksichtigung aller Altersgruppen;

10. die angemessene Berücksichtigung der Anliegen behinderter Menschen;

11. die angemessene Berücksichtigung der Anliegen der Familien und der Kinder sowie der Gleichberechtigung von Frauen und Männern;

12. die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften;

13. die Verbreitung und Förderung von Volks- und Jugendbildung unter besonderer Beachtung der Schul- und Erwachsenenbildung;

14. die Information über Themen des Umwelt- und Konsumentenschutzes und der Gesundheit;

15. die Förderung des Interesses der Bevölkerung an aktiver sportlicher Betätigung;

16. die Information über die Bedeutung, Funktion und Aufgaben des Bundesstaates sowie die Förderung der regionalen Identitäten der Bundesländer;

17. die Förderung des Verständnisses für wirtschaftliche Zusammenhänge;

18. die Förderung des Verständnisses für Fragen der europäischen Sicherheitspolitik und der umfassenden Landesverteidigung.

(2) In Erfüllung seines Auftrages hat der Österreichische Rundfunk ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle anzubieten. Das Angebot hat sich an der Vielfalt der Interessen aller Hörer und Seher zu orientieren und sie ausgewogen zu berücksichtigen."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des ORF-G, BGBl Nr 379/1984 in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 50/2010, haben auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Begriffsbestimmungen

§ 1a. Im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet

(...)

5. 'Sendung'

a) in Fernsehprogrammen und Abrufdiensten eine einzelne, in sich geschlossene und zeitlich begrenzte Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die im Fall von Fernsehprogrammen Bestandteil eines Sendeplans oder im Fall von Abrufdiensten eines Katalogs ist; (...)

Versorgungsauftrag

§ 3. (1) Der Österreichische Rundfunk hat unter Mitwirkung aller Studios

1. für drei österreichweit und neun bundeslandweit empfangbare Programme des Hörfunks und

2. für zwei österreichweit empfangbare Programme des Fernsehens zu sorgen.

(...)

(8) Zum Versorgungsauftrag zählt auch die Veranstaltung eines Sport-Spartenprogramms gemäß § 4b, eines Informations- und Kulturspartenprogramms gemäß § 4c sowie die Ausstrahlung eines Fernsehprogramms gemäß § 4d.

Öffentlich-rechtlicher Kernauftrag

§ 4. (1) Der Österreichische Rundfunk hat durch die Gesamtheit seiner gemäß § 3 verbreiteten Programme und Angebote zu sorgen für:

1. die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen;

2. die Förderung des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens;

3. die Förderung der österreichischen Identität im Blickwinkel der europäischen Geschichte und Integration;

4. die Förderung des Verständnisses für die europäische Integration;

5. die Vermittlung und Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft;

6. die angemessene Berücksichtigung und Förderung der österreichischen künstlerischen und kreativen Produktion;

7. die Vermittlung eines vielfältigen kulturellen Angebots;

8. die Darbietung von Unterhaltung;

9. die angemessene Berücksichtigung aller Altersgruppen;

10. die angemessene Berücksichtigung der Anliegen behinderter Menschen;

11. die angemessene Berücksichtigung der Anliegen der Familien und der Kinder sowie der Gleichberechtigung von Frauen und Männern;

12. die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften;

13. die Verbreitung und Förderung von Volks- und Jugendbildung unter besonderer Beachtung der Schul- und Erwachsenenbildung;

14. die Information über Themen der Gesundheit und des Natur- , Umwelt- sowie Konsumentenschutzes unter Berücksichtigung der Förderung des Verständnisses über die Prinzipien der Nachhaltigkeit.

15. die Förderung des Interesses der Bevölkerung an aktiver sportlicher Betätigung;

16. die Information über die Bedeutung, Funktion und Aufgaben des Bundesstaates sowie die Förderung der regionalen Identitäten der Bundesländer;

17. die Förderung des Verständnisses für wirtschaftliche Zusammenhänge;

18. die Förderung des Verständnisses für Fragen der europäischen Sicherheitspolitik und der umfassenden Landesverteidigung;

19. die angemessene Berücksichtigung und Förderung sozialer und humanitärer Aktivitäten, einschließlich der Bewusstseinsbildung zur Integration behinderter Menschen in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt.

Der Österreichische Rundfunk hat, soweit einzelne Aufträge den Spartenprogrammen gemäß §§ 4b bis 4d übertragen wurden, diese Aufgaben auch im Rahmen der Programme gemäß § 3 Abs. 1 wahrzunehmen; der öffentlich-rechtliche Kernauftrag bleibt durch die Spartenprogramme insoweit unberührt.

(2) In Erfüllung seines Auftrages hat der Österreichische Rundfunk ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle anzubieten. Das Angebot hat sich an der Vielfalt der Interessen aller Hörer und Seher zu orientieren und sie ausgewogen zu berücksichtigen. Die Anteile am Gesamtprogramm haben in einem angemessenen Verhältnis zueinander zu stehen.

(3) Das ausgewogene Gesamtprogramm muss anspruchsvolle Inhalte gleichwertig enthalten. Die Jahres- und Monatsschemata des Fernsehens sind so zu erstellen, dass jedenfalls in den Hauptabendprogrammen (20 bis 22 Uhr) in der Regel anspruchsvolle Sendungen zur Wahl stehen. Im Wettbewerb mit den kommerziellen Sendern ist in Inhalt und Auftritt auf die Unverwechselbarkeit des öffentlich-rechtlichen Österreichischen Rundfunks zu achten. Die Qualitätskriterien sind laufend zu prüfen.

(4) Insbesondere Sendungen und Angebote in den Bereichen Information, Kultur und Wissenschaft haben sich durch hohe Qualität auszuzeichnen. Der Österreichische Rundfunk hat ferner bei der Herstellung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen sowie sonstigen Angeboten auf die kulturelle Eigenart, die Geschichte und die politische und kulturelle Eigenständigkeit Österreichs sowie auf den föderalistischen Aufbau der Republik besonders Bedacht zu nehmen.

(5) (...)

(5a) Im Rahmen der gemäß § 3 verbreiteten Programme sind angemessene Anteile in den Volksgruppensprachen jener Volksgruppen, für die ein Volksgruppenbeirat besteht, zu erstellen. Auch die gemäß § 3 Abs. 5 Z 2 verbreiteten Angebote sollen Anteile in diesen Sprachen beinhalten. Das Ausmaß der Programm- und Angebotsanteile ist im jeweiligen Jahressendeschema oder Jahresangebotsschema nach Anhörung des Publikumsrates festzulegen.

(...)

Qualitätssicherungssystem

§ 4a. (1) Der Generaldirektor hat ein Qualitätssicherungssystem zu erstellen, das unter besonderer Berücksichtigung der Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter, der Freiheit der journalistischen Berufsausübung sowie der Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Direktoren und Landesdirektoren Kriterien und Verfahren zur Sicherstellung der Erfüllung des gemäß § 4 erteilten öffentlich-rechtlichen Kernauftrages definiert.

(2) Das Qualitätssicherungssystem bedarf der Genehmigung des Stiftungsrates. Zur Beurteilung der Gesamtleistungen des Qualitätssicherungssystems auf Basis des vorgelegten Jahresberichts, insbesondere ob den Qualitätskriterien in den wesentlichen Belangen entsprochen wurde, ist ein vom Generaldirektor mit Zustimmung des Stiftungsrates beauftragter Sachverständiger heranzuziehen. Der Sachverständige hat eine außerhalb des Unternehmens stehende Person zu sein, muss über die entsprechende berufliche Qualifikation und Erfahrung verfügen und ist in Ausübung der Funktion an keine Weisungen und Aufträge gebunden. Für die Erstattung von Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem (§ 30 Abs. 1 Z 7) ist ein ständiger Ausschuss des Publikumsrates zu bilden (Qualitätsausschuss). Der Publikumsrat hat seine Empfehlungen zu begründen.

(3) Zur Sicherstellung der Ausgewogenheit des Inhaltsangebots (§ 4 Abs. 1 bis 3) und der darauf bezogenen Entscheidungsfindung für die langfristigen Programmpläne sowie die Jahressendeschemen ist neben der Entwicklung qualitativer Kriterien auch in quantitativer Hinsicht die Festschreibung der einzelnen Programmkategorien zuzurechnenden Anteile am bezughabenden Fernseh- und Hörfunkangebot Bestandteil des Qualitätssicherungssystems. Dazu ist vom Österreichischen Rundfunk eine Programmstrukturanalyse für das Fernseh- und Radioprogramm durchzuführen, wobei bei der Kategorisierung der Sendungen und der Einordnung in Kategorien vom für die Erstellung des Berichts nach § 7 eingesetzten Programmcodierungssystem auszugehen ist. Bei der Festlegung dieser Anteile ist vom ORF-Sendeschema für Fernsehen und Radio auszugehen. Für diese Anteile können unter Berücksichtigung externer, die Programm- und Angebotsplanung und - gestaltung betreffender Faktoren wie insbesondere der Entwicklung der Zuschaueranteile und der Konkurrenzsituation, der Vorhersehbarkeit besonderer Themenschwerpunkte oder auch der Prognosen über die weitere wirtschaftliche Entwicklung Schwankungsbreiten von bis zu +/- 5 Prozentpunkten für jeweils einen im Durchschnitt von vier Jahren zu erreichenden Programmanteil festgelegt werden. Jedenfalls ist bei dieser Festlegung auch auf die Publikumsinteressen und -bedürfnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Das Qualitätssicherungssystem für Fernsehen, Radio und Online hat in qualitativer Hinsicht auch begründete Ausführungen zu den im öffentlich-rechtlichen Kernauftrag formulierten Zielen der Unverwechselbarkeit des Inhalts und des Auftritts (§ 4 Abs. 3), der in der Regel anspruchsvollen Sendungsgestaltung in den Hauptabendprogrammen (§ 4 Abs. 3) und der hohen Qualität in den Bereichen Information, Kultur und Wissenschaft (§ 4 Abs. 4) zu umfassen.

(5) (...)

(6) Die vom Österreichischen Rundfunk entwickelten Kriterien und Verfahren sind von ihm zumindest jährlich auf ihre Eignung zu überprüfen (§ 4 Abs. 3) und gegebenenfalls anzupassen.

(7) (...)

(8) Die Regulierungsbehörde hat aufgrund einer Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 die Einhaltung des Verfahrens der Erstellung und Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems zu überprüfen und festzustellen, ob und durch welchen Sachverhalt gegen die vorstehenden gesetzlichen Bestimmungen verstoßen wurde und kann dazu im Falle des Verstoßes Aufträge zur Einhaltung des Verfahrens erteilen. Eine Überprüfung durch die Regulierungsbehörde hat jedenfalls alle zwei Jahre stattzufinden.

(...)

Berichtspflichten

Jahresbericht

§ 7. (1) Der Österreichische Rundfunk hat bis zum 31. März eines jeden Jahres dem Bundeskanzler und der Regulierungsbehörde einen Bericht über die Erfüllung der Aufträge nach den §§ 3 bis 5 und über die Durchführung des der §§ 11 und 12 im vorangegangenen Kalenderjahr zu erstellen. Der Bericht ist entsprechend den Aufträgen nach §§ 3 bis 5 sowie den Anforderungen der §§ 11 und 12 aufzugliedern und hat eine detaillierte Darstellung der entsprechend den Aufträgen unternommenen Maßnahmen und Tätigkeiten insbesondere im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr zu enthalten. Der Bericht hat auch Darstellungen zu den erzielten Reichweiten, die nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden zu erheben sind, zu enthalten und das Ausmaß der aus kommerzieller Kommunikation erzielten Einnahmen auszuweisen. In einem eigenen Teil sind darüber hinaus Art und Umfang der kommerziellen Tätigkeiten des Österreichischen Rundfunks und seiner Tochtergesellschaften darzustellen. Dem Bericht ist schließlich eine Darstellung über die Anwendung und Einhaltung der durch das Qualitätssicherungssystem (§ 4a) vorgegebenen Kriterien und Verfahren bei der Gestaltung des Inhaltsangebots anzuschließen.

(...)

Rechtsaufsicht

§ 36. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet neben den anderen in diesem Bundesgesetz und im KommAustria-Gesetz genannten Fällen - soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist - über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme der Bestimmungen des 5a. Abschnittes oder über die Verletzung des Umfangs eines Angebotskonzepts einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilten Auflagen

1. auf Grund von Beschwerden

a. einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet;

b. eines die Rundfunkgebühr entrichtenden oder von dieser befreiten Rundfunkteilnehmers im Sinne des Rundfunkgebührengesetzes, sofern die Beschwerde von mindestens 120 solchen Personen oder Personen, die mit einem die Rundfunkgebühr entrichtenden oder mit einem von dieser Gebühr befreiten Rundfunkteilnehmer im gemeinsamen Haushalt wohnen, unterstützt wird sowie

c. eines Unternehmens, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch die behauptete Verletzung berührt werden.

2. (bis) 3. (...)

(2) (...)

(3) Beschwerden sind innerhalb von sechs Wochen, Anträge sind innerhalb von sechs Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt der behaupteten Verletzung dieses Bundesgesetzes, einzubringen. (...)"

III. Erwägungen

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

2. Da die Beschwerden bereits am 17. Mai bzw 7. Juni 2013 beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht wurden, sind in den gegenständlichen Beschwerdeverfahren gemäß § 79 Abs 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

3. Soweit der ORF in seiner Beschwerde einleitend geltend macht, der Spruch des angefochtenen Bescheides enthalte einen "nicht aufzulösenden Widerspruch", ist ihm zuzustimmen, dass die belangte Behörde Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides zwar abgeändert, diesen Spruchpunkt aber nicht zur Gänze neu formuliert und dadurch sprachlich ungenau gefasst hat. Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides lassen aber keine Zweifel am gewollten Abspruch der belangten Behörde, und zwar in jenem Sinn, wie er zu Beginn dieses Erkenntnisses wiedergegeben worden und von den Parteien des Verfahrens auch verstanden worden ist. Die sprachlichen Ungenauigkeiten begründen daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

4. In Bezug auf die vom ORF in Zweifel gezogene Beschwerdelegitimation des VÖP ist lediglich anzumerken, dass die privaten Fernsehveranstalter, denen unstrittig Beschwerdelegitimation zukommt, die Beschwerde ohnedies im eigenen Namen erhoben haben. Es lässt sich auch nicht erkennen, dass die Bevollmächtigung der einschreitenden Rechtsvertreter nicht zumindest auch durch die beschwerdeführenden Parteien selbst erfolgt ist.

5. In der Sache ist vorauszuschicken, dass die Höchstgerichte des öffentlichen Rechts zur Rechtslage vor der Novelle zum ORF-G, BGBl I Nr 50/2010, bereits erkannt haben, der ORF habe in Erfüllung seines öffentlich-rechtlichen Auftrages ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle anzubieten. Das Angebot habe sich an der Vielfalt der Interessen der Hörer und Seher zu orientieren und sie ausgewogen zu berücksichtigen. § 4 ORF-G nenne in Abs 1 eine Vielzahl von programmgestalterischen Zielen, die in einem differenzierten und ausgewogenen Gesamtprogramm der Sendungen des ORF ihren Ausdruck finden sollen (Abs 2 und 3) und umschreibe solcherart den Gestaltungsspielraum, der dem ORF bei Umsetzung des Programmauftrages in den einzelnen Sendungen zukomme, final. Bei der Gestaltung des Gesamtprogrammes habe sich der ORF von den im § 4 ORF-G genannten Zielen leiten zu lassen. Er sei aber nicht dazu verpflichtet, Sendungen mit bestimmten Inhalten in sein Programm aufzunehmen oder sie beizubehalten. Vielmehr liege es in seinem Gestaltungsspielraum zu entscheiden, auf welche Art und Weise der Programmgestaltung er den erwähnten Zielsetzungen entspreche. Die Gesamtheit der Programme des ORF müsse aber über einen längeren Zeitraum gesehen erkennen lassen, dass die erwähnten Zielsetzungen bei der Programmgestaltung maßgeblich waren (VwGH vom 21. April 2004, 2004/04/0009 mit Hinweis auf VfSlg 16911/2003; vgl auch VwGH vom 16. Februar 2005, 2004/04/0204, wonach die Programme des ORF "in ihrer Gesamtheit und über einen längeren Zeitraum hin gesehen die Orientierung der Programmgestaltung an der entsprechenden Zielsetzung erkennen lassen müssen").

6. Mit der Novelle zum ORF-G, BGBl I Nr 50/2010, hat diese Rechtslage insofern eine Änderung erfahren, als (unter anderem) in § 4 Abs 2 letzter Satz ORF-G festgehalten wurde, dass die Anteile der zuvor genannten Kategorien (Information, Kultur, Unterhaltung und Sport) am Gesamtprogramm "in einem angemessenen Verhältnis zueinander" stehen müssen. Außerdem wurde im Anschluss an die in § 4 Abs 1 ORF-G definierten Ziele klargestellt, dass die Übertragung einzelner Aufträge an Spartenprogamme nichts daran ändert, dass auch im Rahmen der Programme gemäß § 3 Abs 1 ORF-G (wozu neben den Hörfunkprogrammen die Fernsehprogramme ORFeins und ORF 2 zählen) diese Aufgaben wahrzunehmen sind. Der öffentlichrechtliche Kernauftrag bleibe durch die Spartenprogramme insoweit unberührt.

In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu, die Schaffung von Spartenprogrammen dürfe nicht dazu führen, dass die solcherart übertragenen Aufträge im Rahmen der "Vollprogramme gemäß § 3 Abs 1 ORF-G" nicht mehr wahrzunehmen wären. Der ORF werde durch die Ausstrahlung von Sendungen im Rahmen des Sport-Spartenprogramms beispielsweise nicht von seiner grundsätzlichen Verpflichtung entbunden, im Rahmen der "umfassenden Information über sportliche Fragen" (§ 4 Abs 1 Z 1 ORF-G) auch in ORFeins und ORF 2 über Randsportarten zu berichten; Gleiches gelte für das Informations- und Kultur-Spartenprogramm (611 BlgNR 24. GP, 28). Zur Ergänzung in § 4 Abs 2 ORF-G wurde festgehalten, damit werde klargestellt, dass die jeweiligen Anteile von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport am Gesamtprogramm insgesamt in einem angemessenen Verhältnis zueinander zu stehen haben. Eine überproportionale Ausweitung einer der genannten Kategorien solle damit hintangehalten werden (761 BlgNR 24. GP, 11).

7. Die KommAustria und die belangte Behörde haben die Frage des angemessenen Verhältnisses der Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport zueinander im Gesamtprogramm des ORF für das Hörfunk- und Fernsehprogramm getrennt beurteilt. Sie haben außerdem - mit näherer Begründung - die Online-Angebote des ORF nicht in die Überlegungen einbezogen. Diese (rechtliche) Sichtweise wird von den Verfahrensparteien nicht (mehr) in Zweifel gezogen. Es wird grundsätzlich auch nicht als fehlerhaft gerügt, welche Fernsehprogramme in den Erwägungen der belangten Behörde für den beanstandeten Zeitraum 1. Jänner 2011 bis 31. August 2011 Berücksichtigung fanden (zur strittigen Detailfrage, in welchem Umfang Regionalausstiege zu berücksichtigen sind, siehe den folgenden Punkt 10.).

Der ORF wendet sich in seiner Beschwerde aber dagegen, dass als Beobachtungszeitraum nicht das gesamte Kalenderjahr 2011 herangezogen worden sei. Er bringt vor, dass im außer Betracht gelassenen Zeitraum (September bis Dezember 2011) die beiden neuen 24-Stunden-Spartenkanäle ORF III - Information und Kultur, und ORF SPORT+ gestartet seien, die der ORF in der Jahresplanung (in Bezug auf die Angemessenheit der Kategorien zueinander) bereits berücksichtigt habe. Das Argument der belangten Behörde, ein acht Monate andauerndes Missverhältnis lasse sich im verbleibenden Kalenderjahr ohnedies nicht ausgleichen, sei nach Auffassung des ORF falsch. Es liege im Wesen einer längerfristigen Betrachtung, dass sie gerade aus dem Grund vorgesehen sei, um Schwankungen auszugleichen. Das Kalenderjahr sei der kürzest mögliche Beobachtungszeitraum, weil "unterjährig durchaus saisonbedingte starke Unterschiede auftreten können (etwa in den Sommermonaten beispielsweise durch die Sommerpause des Parlaments oder der Fußball-Bundesliga)".

Dem ist lediglich darin zuzustimmen, dass die Beurteilung der Angemessenheit von Anteilen der Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport im Gesamtprogramm des ORF im Verhältnis zueinander eine längere Beobachtung voraussetzt, um den Gestaltungsspielraum des ORF nicht unverhältnismäßig einzuschränken und ihm die Möglichkeit zu belassen, sein Programm insbesondere den jeweils aktuellen programmgestalterischen Erfordernissen und den Interessen des Publikums anzupassen.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt jedoch nicht die Rechtsansicht des ORF, wonach ein - im Folgenden noch näher zu erörterndes - sachlich nicht begründetes Missverhältnis der vier Kategorien zueinander über zwei Drittel des Kalenderjahres durch eine Aufwertung der zuvor vernachlässigten Kategorien im letzten Jahresdrittel kompensiert werden könnte. Eine Jahresplanung, die ein solches Missverhältnis zulässt, widerspricht daher den Vorgaben und den Intentionen des Gesetzes. Insoweit vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde den Beobachtungszeitraum zu kurz gewählt hätte und bei Berücksichtigung des gesamten Kalenderjahres 2011 ein für den ORF günstigeres Verfahrensergebnis erzielbar gewesen wäre.

8. Mit Blick auf § 4 Abs 2 ORF-G vertritt der ORF in der Beschwerde die Rechtsansicht, es handle sich um eine (bloße) Programmnorm, die nicht neben bzw unabhängig von § 4a ORF-G anwendbar sei. § 4a ORF-G sehe ein Qualitätssicherungssystem vor und definiere die Kriterien zur Einhaltung der Ausgewogenheit sowie der angemessenen Berücksichtigung von Hörer- und Seherinteressen. Rechtsrichtig wäre nach Ansicht des ORF § 4a ORF-G heranzuziehen und an diesem Maßstab zu beurteilen gewesen, ob der ORF den Aufträgen nach § 4 ORF nachkomme; allenfalls wäre das Verfahren gemäß § 4a Abs 8 ORF-G anzuwenden gewesen.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf. Es ist zwar richtig, dass der Generaldirektor nach § 4a ORF-G ein Qualitätssicherungssystem zu erstellen hat, das dazu dienen soll, die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF durch unternehmensinterne Maßnahmen zu überprüfen und sicherzustellen. Ergänzend dazu sieht § 7 ORF-G eine Berichtspflicht des ORF gegenüber dem Bundeskanzler und der Regulierungsbehörde über die Erfüllung der Aufträge insbesondere auch nach § 4 ORF-G vor. Diese Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Kontrolle belassen dem § 4 Abs 2 ORF-G aber einen selbständigen Anwendungsbereich. Mit dieser Norm wird dem ORF eine Verpflichtung auferlegt, deren Einhaltung von den Regulierungsbehörden im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht nach § 36 ORF-G wahrgenommen werden kann. Für die Sichtweise des ORF, die Rechtsaufsicht der Regulierungsbehörden wäre diesbezüglich durch § 4a Abs 8 ORF-G beschränkt, bietet das ORF-G keinen Hinweis; mit dieser Vorschrift wird lediglich klargestellt, dass die Regulierungsbehörde neben ihren sonstigen Aufgaben der Rechtsaufsicht auch die Einhaltung des Verfahrens der Erstellung und Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems zu überprüfen und diesbezügliche Rechtsverletzungen festzustellen hat.

Dass verfassungsrechtliche Vorgaben der Rundfunkfreiheit nur eine behördliche Kontrolle des Qualitätssicherungssystems ("regulierte Selbstregulierung"), nicht aber eine Überprüfung der Einhaltung des § 4 Abs 2 ORF-G zulassen sollen, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuvollziehen. Im Zusammenhang mit § 4 Abs 3 ORF-G hatte der Verfassungsgerichtshof sich mit vergleichbaren Einwänden der diese gesetzliche Bestimmung anfechtenden Wiener Landesregierung auseinanderzusetzen und gelangte zu dem Ergebnis, dass den Regulierungsbehörden nicht die Kontrolle einzelner Sendungen (im dortigen Fall in Bezug auf ihren anspruchsvollen Gehalt) zukomme, sondern eine längerfristige Durchschnittsbetrachtung stattzufinden habe, ob den Zielvorstellungen des Gesetzes entsprochen werde. Dadurch werde der Vorwurf, die Regelung führe zu einem "staatlichen Qualitätsrichtertum", entkräftet. Auch das Bestimmtheitserfordernis des Art 18 B-VG sah der VfGH - wie ergänzend anzumerken ist - durch die Anordnung des § 4 Abs 3 ORF-G, "anspruchsvolle Sendungen" zur Wahl zu stellen, nicht verletzt, und er zog insgesamt auch nicht in Zweifel, dass ein Verstoß gegen § 4 Abs 3 ORF-G im Rahmen der Rechtsaufsicht wahrgenommen werden kann (vgl VfGH vom 25. Juni 2003, G 304/01 = VfSlg 16911/2003). Diese Überlegungen lassen sich sinngemäß auch auf die im gegenständlichen Fall in Rede stehende Vorschrift des § 4 Abs 2 ORF-G übertragen. Die Überprüfung der Einhaltung des § 4 Abs 2 ORF-G im Rahmen der behördlichen Rechtsaufsicht erscheint dem Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage der mit der Novelle zum ORF-G, BGBl I Nr 50/2010, erfolgten Präzisierung im letzten Satz der Norm möglich und zulässig, und zwar jedenfalls dann, wenn der Spielraum des ORF für die Gestaltung seines Gesamtprogramms nicht unverhältnismäßig eingeschränkt wird; eine Unverhältnismäßigkeit in diesem Sinne liegt jedoch - unter Bedachtnahme auf die folgenden Erwägungen - hier nicht vor (vgl zum Ganzen auch den Beschluss des VfGH vom 20. November 2014,

B 660/2013-8, mit dem die Beschwerde des ORF gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid abgelehnt worden ist).

9. Ungeachtet seines sonstigen Vorbringens sei es nach Ansicht des ORF verfehlt, bei der Prüfung nach § 4 Abs 2 ORF-G als relevante Bezugsgröße "die Sendung" heranzuziehen. Dem Gesetzgeber gehe es augenscheinlich nicht darum, dass bestimmte Sendungsformate angeboten würden, sondern bestimmte Inhalte. Den demokratischen und kulturellen Zielen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entspreche es sogar bestmöglich, in derselben Sendung möglichst vielfältige Inhalte zu vermitteln, als zB Information, Kultur und Unterhaltung. § 4 ORF-G statuiere keinen Katalog voneinander getrennt zu sehender Sendungskategorien, die untereinander nicht "vermischt" werden dürfen. Er lege vielmehr fest, welche Programminhalte der ORF verbreiten solle. Aus diesem Grund wären richtigerweise einzelne Beiträge von Sendungen als Bezugsgröße heranzuziehen gewesen.

Auch dieses Vorbringen führt den ORF nicht zum Erfolg. Das ORF-G enthält für den Begriff der "Sendung" in § 1a Z 5 ORF-G eine Legaldefinition und stellt damit eine gesetzlich determinierte einschlägige Bezugsgröße zur Verfügung. Das ORF-G nimmt auf diesen Terminus wiederholt Bezug; unter anderem wird er auch im Zusammenhang mit der Normierung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags (vgl etwa § 4 Abs 3 und 4 ORF-G) und der bereits angesprochenen Regelung des internen Qualitätssicherungssystems (§ 4a Abs 3 ORF-G) verwendet. Es ist daher sachgerecht, die "Sendung" auch bei der in Rede stehenden Prüfung nach § 4 Abs 2 ORF-G als Bezugsgröße heranzuziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof räumt zwar ein, dass einzelne Sendungen (etwa Informationssendungen, die auch Sport- und Kulturbeiträge enthalten) mehrere relevante Kategorien berühren können. Ungeachtet dessen lässt sich auch für solche Sendungen in der Regel festlegen, auf welcher der Kategorien das Schwergewicht der Sendung liegt. Dieser vergröbernden Betrachtung kann schon dadurch entgegengewirkt werden, dass das Prüfkalkül bei der Angemessenheitsprüfung nach § 4 Abs 2 letzter Satz ORF-G nicht zu eng gezogen wird.

10. Es ist auch nicht als fehlerhaft zu erkennen, wenn die Regulierungsbehörden die jeweils nur regional ausgestrahlten Sendungen bei ihrer Beurteilung nur einmal berücksichtigt und keine - vom ORF angestrebte - Mehrfachzählung vorgenommen haben. Für die behördliche Sichtweise spricht, dass es sich bei den "Regionalausstiegen" um regionale Sendungen handelt, die dazu bestimmt sind, im Sinne des § 3 Abs 2 ORF-G die Interessen der Länder zu berücksichtigen. Wenn daher im Fernsehen verschiedene regional ausgestrahlte Sendungen laufen, wenden sich diese nach ihrer Intention an die regional betroffene Bevölkerung, nicht aber an alle Fernsehzuseher in Österreich, und sie decken in ihrer Gesamtheit den gesetzlichen Auftrag zur Berücksichtigung auch der Interessen der Länder ab. Es ist daher gerechtfertigt, bei der Beurteilung der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags nach § 4 Abs 2 ORF-G "für alle" auf die "Regionalausstiege" einmal (und nicht mehrfach) Bedacht zu nehmen.

11. Soweit die Beschwerde des ORF geltend macht, es seien bei der Prüfung nach § 4 Abs 2 ORF-G nicht nur die Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport heranzuziehen, sondern es habe eine weitere Unterteilung - wie im Rahmen der Qualitätssicherung - stattzufinden, reicht es, auf den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes hinzuweisen, nach dem die Angemessenheitsprüfung in Bezug auf die genannten vier Kategorien vorzunehmen ist.

12. Soweit die Beschwerde des ORF - in allgemeinen Worten - den von den Regulierungsbehörden herangezogenen Kulturbegriff in Frage stellt, unterlässt sie es, in ausreichend konkreter Art und Weise darzustellen, welcher Kulturbegriff ihrer Ansicht nach heranzuziehen gewesen wäre und welche zahlenmäßigen Auswirkungen dies für die zu beurteilenden Anteile insbesondere der Kategorien Unterhaltung und Kultur im strittigen Zeitraum gehabt hätte. Schon deshalb ist der Beschwerde insoweit kein Erfolg beschieden. Im Übrigen begegnen den Erwägungen der belangten Behörde zum hier maßgeblichen Kulturbegriff aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedenken.

13. Zur Frage der "Angemessenheit" der Anteile der Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport am maßgeblichen Fernsehprogramm des ORF bringt der ORF in seiner Beschwerde vor, der Gesetzgeber habe mit der Novelle zum ORF-G, BGBl I Nr 50/2010, zum Ausdruck gebracht, dass er mit der bestehenden programminhaltlichen Aufteilung im Wesentlichen einverstanden gewesen sei, widrigenfalls er Übergangsregeln vorgesehen hätte, um eine Veränderung des Programms zu ermöglichen. Darüber hinaus gehe das von der belangten Behörde angenommene Ausgangsverhältnis der vier Kategorien zueinander (1:1:1:1) an der Realität des Rundfunks vorbei und entspreche international auch nicht der Praxis öffentlich-rechtlicher Sender, bei denen Kultur- und Sportanteile weit unter 10% keine Seltenheit, sondern eher die Regel seien. Letztlich zeige die belangte Behörde selbst auf, dass ohne Berücksichtigung zusätzlicher Kriterien, wie der "Publikumsinteressen und -bedürfnisse", die Bestimmung, was als (un)angemessenes Verhältnis zu betrachten sei, nicht sinnvoll möglich sei. Gerade diese Beurteilung hätten die Regulierungsbehörden aber nicht angestellt.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufzuzeigen:

Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass sich keine exakten rechnerischen Größen für das angemessene Verhältnis der in § 4 Abs 2 ORF-G genannten Kategorien zueinander festlegen lassen, sondern dem ORF diesbezüglich ein Gestaltungsspielraum zukomme, der es ihm ermögliche, einzelne Kategorien in seinem Programm stärker oder weniger stark zu bedienen. Der Spielraum finde aber dort seine Grenzen, wo ein angemessenes Verhältnis der Kategorien im Sinn des § 4 Abs 2 ORF-G nicht mehr gewährleistet sei.

Diese rechtliche Beurteilung wird vom Verwaltungsgerichtshof geteilt. Sie findet im Wortlaut des Gesetzes, aber auch in den Gesetzesmaterialien Deckung, wonach eine überproportionale Ausweitung einer der maßgeblichen Kategorien hintangehalten werden soll.

Ausgehend davon ist es nicht von Relevanz, ob die Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport in der (hypothetischen) Ausgangsbasis als grundsätzlich gleich groß angesehen und anschließend in der Programmgestaltung vergrößert oder verkleinert werden, oder ob die Beurteilung von vornherein von unterschiedlichen Anteilen der einzelnen Kategorien ausgeht. Entscheidend ist hingegen, dass das Gesamtprogramm in seiner endgültigen Gestaltung dem Erfordernis der Ausgewogenheit entspricht, wozu eben auch gehört, dass die Anteile der Kategorien nach § 4 Abs 2 ORF-G in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

Dass der Gesetzgeber der ORF-G-Novelle 2010 die Anteile dieser Kategorien im bis dahin gesendeten Programm des ORF für angemessen erachtet habe, ergibt sich - entgegen der Rechtsansicht des ORF - weder aus dem Gesetzestext noch aus den Gesetzesmaterialien. Wenn der ORF im Übrigen das Publikumsinteresse als maßgebliches Kriterium in den Vordergrund rücken möchte, ist ihm zwar zuzustimmen, dass das Programmangebot sich an der Vielfalt der Interessen des Publikums zu orientieren und sie ausgewogen zu berücksichtigen hat (vgl § 4 Abs 2 ORF-G). Das bedeutet aber nicht, dass von einem ausgewogenen Programm schon dann gesprochen werden könnte, wenn es sich überproportional an jenen Interessen orientiert, die von einer allfälligen Mehrheit des Publikums vertreten werden, während die Interessen anderer Teile des Publikums nicht mehr ausreichend Berücksichtigung finden.

Wenn die belangte Behörde argumentiert, es dürfe bei vier vorgegebenen Kategorien nicht zu einem Überwiegen einer der vier Kategorien gegenüber den zusammengerechneten anderen drei Kategorien kommen, vermag der Verwaltungsgerichtshof dieser mathematischen Betrachtung nicht uneingeschränkt zu folgen. Die Unangemessenheit läge nämlich in diesem Fall immer nur dann vor, wenn eine der vier Kategorien mehr als 50% des Gesamtprogramms ausmachte, nicht aber, wenn etwa zwei Kategorien zusammen jeweils knapp unter 50% des Gesamtprogramms erreichten, die anderen beiden Kategorien im Programm aber nahezu nicht vorkämen. Dass auch in diesem Fall von einer überproportionalen Ausweitung von einzelnen (im Beispiel: zwei) Kategorien zu Lasten der anderen auszugehen wäre, steht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes außer Frage.

Ungeachtet dessen ist der belangten Behörde im Ergebnis zuzustimmen, dass im strittigen Zeitraum jedenfalls der Anteil der Kategorie Unterhaltung zum Anteil der Kategorie Kultur im Gesamt(fernseh)programm des ORF außer Verhältnis stand. Nach den Feststellungen der KommAustria, die von der belangten Behörde übernommen wurden, betrug der Anteil der Kategorie Unterhaltung 51,56%, jener der Kultur nur 2,85%. Die Beschwerde des ORF hat nicht aufgezeigt, dass diese Feststellungen - nach dem Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes - fehlerhaft getroffen worden wären (vgl dazu bereits Punkt 12 der Erwägungen). Ausgehend davon war die Kategorie Unterhaltung im Gesamtprogramm des ORF im strittigen Zeitraum 18-fach mehr vertreten als die Kategorie Kultur. Unter Berücksichtigung insbesondere der Zielvorgaben des § 4 Abs 1 ORF-G, die umfassende Information der Allgemeinheit auch über alle wichtigen kulturellen Fragen sicherzustellen (Z 1), für die Vermittlung und Förderung von (unter anderem) Kultur zu sorgen (Z 5) und ein vielfältiges kulturelles Angebot zu bieten (Z 7), sowie unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Vorgabe, die Vielfalt der Interessen des Publikums ausgewogen zu berücksichtigen (§ 4 Abs 2 ORF-G) und "im ausgewogenen Gesamtprogramm anspruchsvolle Inhalte gleichwertig" anzubieten bzw im Wettbewerb mit den kommerziellen Sendern in Inhalt und Auftritt auf die Unverwechselbarkeit des öffentlich-rechtlichen Österreichischen Rundfunks zu achten (§ 4 Abs 3 ORF-G), war ein derartiges Ungleichgewicht von Unterhaltung und Kultur im Fernsehprogramm des ORF im überprüften Zeitraum nicht gesetzeskonform und verstieß daher - wie die Regulierungsbehörde und die belangte Behörde zutreffend festgestellt haben - gegen das Gebot, dass die Anteile der Kategorien nach § 4 Abs 2 ORF-G in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen müssen.

14. Die Beschwerde des ORF erweist sich daher insgesamt als unbegründet.

15. Die Beschwerde der privaten Fernsehveranstalter wendet sich zum einen dagegen, dass die belangte Behörde ihre Beschwerde in Bezug auf die geltend gemachte Verletzung des ORF-G, der ORF habe in einem näher umschriebenen Zeitraum keine zwei Vollprogramme mit den Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport veranstaltet, abgewiesen habe. Sie macht zum anderen geltend, dass auch in der Zeit vor Inkrafttreten der Novelle zum ORF-G, BGBl I Nr 50/2010, bzw nach deren Inkrafttreten am 1. Oktober 2010 bis zum Ende dieses Jahres eine Verletzung des § 4 Abs 2 ORF-G durch den ORF festzustellen gewesen wäre.

16. Zur Frage der "Vollprogramme" ORFeins und ORF 2 führt die Beschwerde der privaten Fernsehveranstalter aus, es müsse sich dabei um Vollprogramme im Sinn des § 2 Z 38 Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G) handeln.

Dem ist zu entgegenzuhalten, dass das ORF-G (anders als das AMD-G) den Begriff des Vollprogramms nicht definiert und es findet auch kein Verweis auf die einschlägigen Vorschriften des AMD-G statt. Der öffentlich-rechtliche Programmauftrag unterscheidet sich auch grundlegend von jenen Aufgaben

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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