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L24008 Gemeindebedienstete VorarlbergNorm
ÄrzteG 1998 §139 Abs10Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die Revision des A B in C, vertreten durch die MMMag. Dr. Franz Josef Giesinger Rechtsanwalt GmbH in 6840 Götzis, Dr. A. Heinzle Straße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 1. April 2020, LVwG-308-1/2020-S2, betreffend Dienststrafe der Entlassung nach dem Gemeindebedienstetengesetz 1988 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Dienststrafkammer für Gemeindebeamte), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionsbeantwortungen des Anklägers und der Bürgermeisterin der Stadt Dornbirn werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Der im Jahr 1962 geborene Revisionswerber stand seit 1. Jänner 1987 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Dornbirn. Er war zunächst mit Aufgaben der Lohnverrechnung betraut, später führte er die Abteilung Personalverwaltung mit dem Schwerpunkt Lohnverrechnung und Gehaltseinstufungen. Zuletzt war er seit dem Jahr 2014 Leiter der Personalabteilung.
2 Mit Dienststraferkenntnis der Dienststrafkammer für Gemeindebeamte vom 12. Dezember 2019 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe in näher angeführten Fällen in seiner Eigenschaft als Beamter unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit, nämlich jene als Mitarbeiter und seit Jänner 2014 auch als Leiter der Personalabteilung im Amt der Stadt Dornbirn, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtsmäßig zu bereichern, gewerbsmäßig zahlreiche Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen bzw. unter Benützung falscher Daten auch zu Unterlassungen verleitet bzw. zu verleiten versucht, welche die Stadt Dornbirn im Betrag von € 90.483,82 an ihrem Vermögen schädigte und um weitere € 16.600,-- schädigen sollten, nämlich als unmittelbarer Täter, im Zeitraum November 2016 bis Mai 2018 Bedienstete näher genannter Vereine, Gebietskörperschaften oder Firmen durch die schriftliche Anweisung, sie sollen Zahlungen auf ein legitimiertes Konto der Stadt Dornbirn bzw. des Kompetenzzentrums Dornbirn leisten, wobei er aber jeweils seine eigene Bankverbindung bekannt gegeben habe, zur Überweisung jeweils konkret genannter Beträge auf sein Privatkonto, sowie als Bestimmungstäter dadurch, dass er eine Mitarbeiterin der K GmbH ersucht habe, den Datensatz für die Erfassung der Tiefgaragenbenutzung derart umzuprogrammieren, dass ein Informationstransfer über seine Parkplatzverwendung zu Verrechnungszwecken an Bedienstete der Besoldungsstelle des Amtes der Stadt Dornbirn verhindert werde, wodurch eine monatliche Vorschreibung der Parkgebühren an ihn im Zuge der Gehaltsabrechnung im Zeitraum August 2013 bis Mai 2018 unterblieben sei und womit der Stadt Dornbirn Einnahmen im Ausmaß von € 875,-- entgangen seien. Er habe dadurch ein Dienstvergehen im Sinn des § 107 Abs. 1 Gesetz über das Dienstrecht jener Gemeindebediensteten, für die nicht das Gemeindeangestelltengesetz 2005 (GAG 2005) gilt (Gemeindebedienstetengesetz 1988) begangen. (Spruchpunkt I).
3 Über den Revisionswerber wurde wegen dieses Dienstvergehens gemäß § 107 Abs. 3 lit. c in Verbindung mit § 107 Abs. 6 Gemeindebedienstetengesetz 1988 mit sofortiger Wirkung die Dienststrafe der Versetzung in den Ruhestand verhängt, und die Minderung des Ruhebezuges auf Dauer mit 60 vH mit Ausnahme allfälliger Kinderzulagen festgesetzt (Spruchpunkt II). Weiters wurde der Revisionswerber zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages verpflichtet (Spruchpunkt III) und ausgesprochen, dass eine Verlautbarung des rechtskräftigen Dienststraferkenntnisses gemäß § 115 Abs. 2 Gemeindebedienstetengesetz 1988 nicht zulässig sei (Spruchpunkt IV).
4 Gegen Spruchpunkt II dieses Dienststraferkenntnisses erhoben sowohl der Revisionswerber als auch der Ankläger Beschwerde, der Ankläger zusätzlich auch gegen Spruchpunkt IV.
5 Mit dem nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen, angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (Verwaltungsgericht) der Beschwerde des Anklägers mit der Maßgabe Folge, dass es gegen den Revisionswerber mit sofortiger Wirkung die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängte und aussprach, dass gemäß § 115 Abs. 2 letzter Satz Gemeindebedienstetengesetz 1988 die Verlautbarung zulässig sei. Im Übrigen gab das Verwaltungsgericht den Beschwerden keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Weiters erklärte es die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig.
6 Zur Entlassung führte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht zusammengefasst aus, dass sich der Revisionswerber im Laufe der Jahre trotz geordneter Lebensverhältnisse und eines hohen Einkommens als Leiter der Personalabteilung einen seinen finanziellen Möglichkeiten nicht mehr angepassten Lebensstil angeeignet habe. Aus diesem Grund habe er sich im Herbst 2016 entschlossen, sein Einkommen aufzubessern, indem er Gelder, die seinem Arbeitgeber zugestanden seien, auf sein privates Konto umgeleitet habe. Der Revisionswerber habe seine Stellung als Leiter der Personalverwaltung ausgenutzt und an sich legitime Forderungsschreiben mit tatsächlich erbrachten Leistungen der Stadt an die jeweiligen Geschäftspartner bzw. das Land Vorarlberg gerichtet. Er habe in zahlreichen Fällen und über mehrere Jahre hindurch jeweils auf gut durchdachte und penibel geplante Art und Weise die Entscheidung getroffen, seinen Dienstgeber unter Ausnutzung seiner dienstlichen Möglichkeiten und während seines Dienstes finanziell zu schädigen. Zudem stelle es eine besonders schwere Missachtung seiner Dienstpflichten dar, wenn der Beschuldigte in Ausnützung seiner leitenden Funktion eine Mitarbeiterin anweise, Datenträger zu seinen eigenen Gunsten umzuprogrammieren, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen. Vom Revisionswerber habe im Hinblick auf seine Stellung als Leiter der Personalabteilung ein besonders hohes Maß an Rechtstreue erwartet werden können. Die Art und Weise, wie der Revisionswerber durch die gut geplanten, durchdachten und mit hoher krimineller Energie durchgeführten Handlungen zahlreiche der Stadt Dornbirn zustehende Geldbeträge auf sein Konto umgelenkt habe, zeuge von einer massiven Missachtung seiner Dienstpflichten. Er habe durch seine Taten gerade jene Rechtsgüter verletzt, deren Schutz bzw. Durchsetzung in einem weiteren Sinn auch zu seinen dienstlichen Aufgaben gezählt habe. Angesichts der großen Anzahl an Begehungen, des langen Zeitraums der begangenen Straftaten sowie der großen Höhe des finanziellen Schadens und im Hinblick auf die außerordentliche negative Vorbildwirkung als einer der höchsten Beamten der Stadt Dornbirn sei eine Entlassung schon aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt und erforderlich. Auch eine einwandfreie Dienstleistung nach Aufdeckung der Tat bzw. die Bereitschaft zur Kooperation mit dem Dienstgeber und die erfolgte Schadenswiedergutmachung vermögen den Vertrauensverlust nicht wiederherzustellen. Andere Gründe wie Existenzvernichtung oder Arbeitslosigkeit seien nicht mehr entscheidend, ebensowenig die gesundheitliche Situation des Revisionswerbers.
7 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den landesgesetzlichen Bestimmungen betreffend die Verhängung der Dienststrafe der Entlassung sowie zur Zulässigkeit der Verlautbarung des Dienststraferkenntnisses.
8 Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 14. März 2019 war der Revisionswerber bereits wegen dieser Taten des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges unter Ausnützung einer Amtsstellung nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 148 zweiter Fall, 12 zweiter Fall, 15 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten (davon 16 Monate bedingt nachgesehen) verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Innsbruck hatte der Berufung des Angeklagten jedoch insoweit Folge gegeben, als es eine Freiheitsstrafe von einem Jahr sowie eine Geldstrafe von 480 Tagessätzen (im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitstrafe von 240 Tagen) verhängte.
9 Gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende - ordentliche - Revision, deren Zulässigkeitsbegründung auf die des Verwaltungsgerichts verweist und ergänzend geltend macht, das angefochtene Erkenntnis widerspreche der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 24.6.2009, 2006/09/0108), weil das Verwaltungsgericht bei der Verhängung der Dienststrafe die Milderungsgründe nicht berücksichtigt und festgestellt habe. Die Rechtslage sei hinsichtlich § 107 Abs. 3 lit. d in Verbindung mit § 107 Abs. 6 Gemeindebedienstetengesetz 1988 nicht klar. Es gebe in Bezug auf § 107 Abs. 6 Gemeindebedienstetengesetz 1988 keine höchstgerichtliche Rechtsprechung und auch keine Entscheidung bis dato auf Landesebene. Es fehle eine vergleichbare Bestimmung im Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979). Im Zusammenhang mit § 115 Abs. 2 letzter Satz Gemeindebedienstetengesetz 1988 verwies der Revisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung darauf, dass weder aus dem Spruch noch der Begründung hervorgehe, „wann, wer, in welchem Medium, wie oft und auf wessen Kosten welcher Inhalt und in welcher Form die Veröffentlichung zu erfolgen“ habe. Der Spruch sei somit mangelhaft und nicht verständlich. Es sei noch nicht geklärt, ob ein öffentliches Interesse an der Verlautbarung eines Dienststraferkenntnisses noch bestehe, wenn das dem Erkenntnis zugrundliegende Strafverfahren von medialer Aufmerksamkeit begleitet gewesen sei und das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) öffentlich zugänglich sei.
10 Die belangte Behörde schloss sich in ihrer Revisionsbeantwortung den Ausführungen des Revisionswerbers an.
11 Die Revision erweist sich als unzulässig. Es wird weder vom Revisionswerber noch vom Verwaltungsgericht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die gegenständliche Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte:
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 26.3.2021, Ro 2020/03/0004, mwN).
13 Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 erster Satz zweite Variante B-VG („weil ... eine solche Rechtsprechung fehlt“) ist das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer konkreten Rechtsfrage (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 13.12.2019, Ro 2019/02/0012, mwN). Mit dem bloßen Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer näher bezeichneten Verwaltungsvorschrift wird nicht dargelegt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu lösen wäre (vgl. VwGH 19.6.2019, Ro 2019/01/0004, mwN). Die Zulässigkeitsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses, in der nur auf das Fehlen von Rechtsprechung zu den landesgesetzlichen Bestimmungen betreffend die Verhängung der Dienststrafe der Entlassung sowie zur Zulässigkeit der Verlautbarung hingewiesen wird, zeigt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
14 Soweit der Revisionswerber unter Hinweis auf das Fehlen einer der Versetzung in den Ruhestand entsprechenden Disziplinarstrafe im BDG 1979 eine grundsätzliche Rechtsfrage darin erblickt, welche Dienststrafe über einen über 50-jährigen Gemeindebediensteten zu verhängen sei, der sich einer gravierenden Dienstpflichtverletzung schuldig gemacht habe, ist darauf zu verweisen, dass die Strafbemessung - diese betrifft auch die Auswahl der Strafart - als Ermessensentscheidung nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen von dessen Befugnissen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unterliegt, als dieser gegebenenfalls zu prüfen hat, ob von dem im Gesetz eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde. Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, in der Begründung seines Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG die für die Überprüfung der Ermessensübung maßgeblichen Gründe insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich sein kann. Soweit daher weder Ermessensmissbrauch noch Ermessensüberschreitung vorliegt, geht die Ausübung des Ermessens über die Bedeutung des Einzelfalls nicht hinaus und stellt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar (vgl. VwGH 26.2.2021, Ra 2020/09/0073, mwN).
15 Es entspricht weiters der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum BDG 1979, dass seit der Dienstrechtsnovelle 2008 das Strafbemessungskriterium der Generalprävention (Bemessung der Strafe soweit dies erforderlich ist, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken) neben jenem der Spezialprävention (Bemessung der Strafe soweit dies erforderlich ist um der Begehung von weiteren Dienstpflichtverletzungen durch den Beschuldigten entgegenzuwirken) in das Gesetz eingeführt wurde. Wenn es, wie auch in den Gesetzeserläuterungen ausgeführt, nunmehr möglich ist, „bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen“ (vgl. ErläutRV 1 BlgNR 24. GP, 5) so bedeutet dies doch nicht, dass bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen Milderungsgründe nicht auch zu berücksichtigen wären und die Strafbemessung nicht auch hier in einer Gesamtbetrachtung insbesondere sowohl der Erschwerungsgründe als auch der Milderungsgründe unter Einbeziehung und Würdigung aller für die Ausmessung der Strafe gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 maßgeblichen Gesichtspunkte geboten wäre (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 10.12.2014, Ro 2014/09/0040). Beide Gesichtspunkte müssen somit bei der Strafbemessung ausgehend von der Schwere der Dienstpflichtverletzung ebenso wie die Erschwerungs- und die Milderungsgründe im Rahmen einer Gesamtbetrachtung Berücksichtigung finden (vgl. neuerlich VwGH 26.2.2021, Ra 2020/09/0073, mwN).
16 Die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Strafbemessung nach dem BDG 1979 entwickelten Grundsätze sind auch für die Strafbemessung nach dem Gemeindebedienstetengesetz 1988 übertragbar (vgl. insbesondere §§ 107 Abs. 1, 116 Abs. 5 lit a und 122 Abs. 2 [iVm § 19 VStG] Gemeindebedienstetengesetz 1988, aus denen die Berücksichtigung generalpräventiver Erwägungen hervorgeht; zur Auslegung ähnlich formulierter Disziplinarrechtsordnungen wie vergleichbare Bestimmungen des BDG 1979 siehe aus der ständigen Rechtsprechung beispielsweise VwGH 25.9.2019; Ro 2019/09/0006, mwN). Die vom Revisionswerber vertretene Rechtsansicht, wonach bei Bediensteten, die kurz vor der Pensionierung stehen, primär die Dienststrafe der Versetzung in den Ruhestand vorgesehen sei, widerspricht den dargelegten Grundsätzen der Strafbemessung (vgl. im Übrigen auch die gegen eine derartige Auffassung sprechenden Materialien zur 1. Gemeindeangestellten-Novelle RV 12 Blg. Vorarlberger Landtag 19. GP, S. 114, wonach durch die Einführung der Altersgrenze bei der strafweisen Versetzung in den Ruhestand verhindert werden soll, dass gemaßregelte Beamte übergebührlich lange Ruhegenüsse beziehen; ähnliche Überlegungen des Gesetzgebers zum BDG 1979 [ErläutRV 500 BlgNR 14. GP] führten dort zum Wegfall der Disziplinarstrafe der Versetzung in den Ruhestand).
17 Entgegen den Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung hat sich das Verwaltungsgericht mit den vom Revisionswerber im Beschwerdeverfahren ins Treffen geführten Milderungsgründen auseinandergesetzt, ist jedoch mit näherer Begründung zur Auffassung gelangt, dass diese zu keiner anderen Beurteilung führen können und eine Entlassung aus generalpräventiven Erwägungen geboten sei. Dabei verwies es insbesondere auf die gut durchdachte und penibel geplante Art und Weise der Durchführung der vom Revisionswerber gesetzten Tathandlungen, auf seine Stellung als Leiter der Personalabteilung und somit einer der höchsten Beamten der Stadt Dornbirn, die vom Revisionswerber ausgenutzt worden sei, die Aufwendung hoher krimineller Energie sowie dem Umstand, dass der Tatzeitraum mehrere Jahre betragen habe, in denen zahlreiche Angriffe gesetzt wurden. Die Entlassung sei geboten, um vor Augen zu führen, dass ein derartiges Verhalten als einer der höchsten Beamten der Stadt Dornbirn nicht toleriert werde.
18 Die Zulässigkeitsbegründung in der Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht die dargestellten, in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Leitlinien missachtet oder den Einzelfall unvertretbar beurteilt hätte, wenn es vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen erkennbar das Gewicht des dem Dienstvergehen des Revisionswerbers zu Grunde liegenden Gesinnungsunwertes und des Handlungsunwertes sowie der Schwere der verschuldeten Rechtsgutbeeinträchtigung als so hoch einschätzte, dass es die Entlassung als unvermeidlich ansah, weil die Versetzung in den Ruhestand mit geminderten Ruhegenuss den besonderen Grad der Pflichtwidrigkeit nicht gerecht werde, um das Vertrauen in die Beamtenschaft nicht zu schädigen.
19 Sofern der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung die mangelnde Feststellung von (weiteren) Milderungsgründen geltend macht, unterlässt er es darzulegen, welche konkreten zusätzlichen Milderungsgründe festzustellen gewesen wären und inwiefern das Verwaltungsgericht bei deren Berücksichtigung zu einer anderen, für den Revisionswerber günstigeren Beurteilung, gelangen hätte können.
20 Betreffend den Ausspruch der Zulässigkeit der Verlautbarung des Dienststraferkenntnisses übersieht der Revisionswerber, dass § 115 Abs. 2 letzter Satz Gemeindebedienstetengesetz 1988 eine Ausnahme vom ansonsten bestehenden Verbot von Mitteilungen an die Öffentlichkeit über den Verlauf und über den Inhalt der Verhandlungen normiert und den Beschuldigten und der Dienstbehörde dadurch ermöglicht wird, das rechtskräftige Dienststraferkenntnis zu veröffentlichen. Hingegen wird damit keine Grundlage geschaffen, im Dienststraferkenntnis selbst auf Veröffentlichung des Dienststraferkenntnisses zu erkennen (vgl. demgegenüber etwa § 139 Abs. 10 Ärztegesetz 1998), weshalb die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Unbestimmtheit des diesbezüglichen Spruchpunktes ins Leere geht.
21 Da es beim Dienststraferkenntnis um dienstrechtliche Aspekte geht und der Wahrung des Ansehens des Beamtenstandes in ihrer Gesamtheit sowie der Wiederherstellung des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben eines Beamten und die Zulässigkeit der Veröffentlichung erkennbar der Stärkung des Vertrauens in einen funktionierenden Rechtsstaat dient, vermag der pauschale Verweis des Revisionswerbers darauf, dass das Strafverfahren von medialer Aufmerksamkeit begleitet war, eine Unvertretbarkeit der nach den Umständen des Einzelfalls getroffenen Beurteilung durch das Verwaltungsgericht zum Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Veröffentlichung nicht aufzuzeigen. Zur eingewendeten Veröffentlichung des angefochtenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) genügt der Hinweis darauf, dass diese lediglich in anonymisierter Form erfolgt.
22 Da sohin keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung dargelegt werden, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
23 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden, zumal eine solche bereits von dem in der Sache entscheidenden Verwaltungsgericht durchführt worden war.
24 Auch wenn dem Ankläger gemäß § 122 Abs. 4 Gemeindebedienstetengesetz 1988 das Recht eingeräumt ist, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in Angelegenheiten des § 114 Abs. 2 und § 116 Abs. 7 leg. cit. gemäß Art. 133 B-VG Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, kommen ihm in Bezug auf den hier in Rede stehenden Gegenstand des Verfahrens keine eigenen subjektiv-öffentlichen Rechte zu. Die von ihm erstattete Gegenschrift war daher mangels Parteistellung in einem Verfahren über eine Revision des Disziplinarbeschuldigten vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückzuweisen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den vergleichbaren Bestimmungen des BDG 1979 beispielsweise VwGH 26.2.2020, Ro 2018/09/0003).
25 Die von der Bürgermeisterin der Stadt Dornbirn erstattete Revisionsbeantwortung war mangels Parteistellung im Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückzuweisen. Interessen der Dienstbehörde können im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof durch die zuständige Landesregierung geltend gemacht werden (§ 21 Abs. 1 Z 3 VwGG).
Wien, am 19. April 2022
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Ermessen VwRallg8 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2020090007.J00Im RIS seit
11.05.2022Zuletzt aktualisiert am
17.05.2022