Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. PD Dr. Rassi sowie MMag. Matzka und die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* S*, vertreten durch die Wintersberger Riess Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei F* G*, vertreten durch Dr. Siegfried Zachhuber, LL.M., Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen 33.818,81 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23. Juni 2021, GZ 6 R 39/21d-29, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Hat ein redlicher Besitzer an eine einem anderen gehörende Sache entweder zur fortwährenden Erhaltung der Substanz einen notwendigen, oder, zur Vermehrung noch fortdauernder Nutzungen einen nützlichen Aufwand gemacht, so gebührt ihm als Kondiktionenschuldner Aufwandersatz nach § 331 ABGB (RS0010232), und zwar der Ersatz nach dem gegenwärtigen Wert, insofern er den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt. Der Ersatz des Aufwands ist daher zweifach begrenzt: Einerseits durch den noch vorhandenen, also den gegenwärtigen Wert der Aufwände und andererseits, wenn diese Wertsteigerung den wirklichen Aufwand übersteigt, durch diesen. Anders gesagt: Fruchtloser Aufwand wird ebenso wenig ersetzt wie eine den Aufwand übersteigende Werterhöhung. Wer einen solchen Aufwand macht, trägt daher die Gefahr des bereits ursprünglich fehlschlagenden Aufwands, aber auch die Gefahr der nachträglichen Vereitelung eines erfolgreichen Aufwands (RS0130237; vgl 9 Ob 34/15p mwN). Tätigt ein redlicher Besitzer Aufwendungen auf eine zurückzustellende Liegenschaft, die dadurch nur eine geringere Wertsteigerung erfährt als die aufgewendeten Mittel ausmachen, so bemisst sich der Aufwandersatzanspruch nur nach dem geringeren Betrag; dabei ist die Nützlichkeit für den Gegner nach objektivem Maßstab zu beurteilen (vgl RS0108249; RS0010234).
[2] 2.1. Grundsätzlich hat jede Partei die für sie günstigen Tatsachen zu behaupten und zu beweisen (RS0037797; RS0109832). Der Kläger muss daher die anspruchsbegründenden, die Beklagte die anspruchshemmenden Tatsachen beweisen (RS0106638). Daher hat ein Bereicherungskläger alle Voraussetzungen seiner Bereicherungsklage zu beweisen (RS0033564); die Nützlichkeit und Notwendigkeit von auf die zurückzustellende Sache aufgewendeten Kosten ist von dem zu behaupten und zu beweisen, der diese geltend macht (vgl 1 Ob 506/94).
[3] 2.2. Ein Klagebegehren ist rechtlich schlüssig, wenn das Sachbegehren des Klägers materiell-rechtlich aus den von ihm zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (RS0037516). § 226 Abs 1 ZPO verlangt zwar nicht, den gesamten Tatbestand vorzutragen, sehr wohl jedoch, die konkreten rechtserzeugenden Tatsachen vollständig und knapp vorzubringen. Werden für den eingeklagten Anspruch schlüssige rechtserzeugende Tatsachen nicht angegeben und lässt sich auch durch richterliche Anleitung (§§ 182, 182a ZPO) eine solche Angabe nicht erreichen, ist die Klage wegen Unschlüssigkeit abzuweisen (vgl RS0039622 [T1]; RS0036973).
[4] 2.3. Es bedarf jedoch keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat; angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Pflicht nach § 182a ZPO zwingt das Gericht nicht zur Erörterung eines Vorbringens, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufzeigte (vgl RS0122365).
[5] 2.4. Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt. Auch ob das bisher erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht bzw wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RS0042828). Ob eine Klage schlüssig ist, begründet daher im Allgemeinen – abgesehen von Fällen auffallender Fehlbeurteilung – keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RS0116144, RS0037780).
[6] 3.1. Hier brachte der Kläger vor, er habe einen LKW-Abstellplatz errichtet, dessen Zeitwert er aus einem aktuellen Angebot zur Neuerrichtung eines solchen Platzes vermindert um Amortisierung für elf von 50 Jahren errechnete, woraus sich abzüglich eines Nutzungsentgelts der Klagsbetrag ergebe; von ihm tatsächlich getragene Kosten für Bauführung ab 30. 9. 2009 hätten 4.360,84 EUR betragen, zu tatsächlichen Kosten davor oder insgesamt erstattete der Kläger kein konkretes Vorbringen.
[7] 3.2. Das Berufungsgericht erachtete dieses Vorbringen als unschlüssig, weil im Sinne der Rechtsprechung zu § 331 ABGB auf die Werterhöhung und damit auf jenen Betrag abzustellen sei, der sich aus der Differenz des Werts der Liegenschaft mit und ohne die vom Kläger durchgeführten Baumaßnahmen errechne, dazu aber keine Behauptungen aufgestellt worden seien.
[8] 3.3. Diese Auffassung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der oben dargelegten Rechtsprechung.
[9] Die Revision hält dem bloß entgegen, dass der Kläger ohnehin vorgebracht habe, dass der Beklagte um den Klagsbetrag bereichert und eine Werterhöhung in diesem Umfang eingetreten sei, und dass die von ihm angeführten Kosten nicht die gesamten Baukosten wären.
[10] Damit wird aber keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts aufgezeigt. Dass keine hinreichend konkrete Darlegung des Aufwands nach § 331 ABGB erstattet wurde, ist im Einzelfall zumindest vertretbar. Der in der Revision unternommene Versuch, die nach dem klaren Wortlaut des Klagsvorbringens geltend gemachten teilamortisierten Neuerrichtungskosten in die Behauptung einer Werterhöhung im Sinne der Rechtsprechung zu § 331 ABGB umzudeuten, vermag nicht zu überzeugen.
[11] 3.4. Einer weiteren Erörterung dieser Frage mit dem Kläger bedurfte und bedarf es nicht, weil der Beklagte bereits im Einspruch gegen den Zahlungsbefehl durch ausdrückliche und konkrete Bestreitung der Schlüssigkeit auf die Schwäche im Prozessvorbringen des Klägers konkret hingewiesen hatte (vgl RS0122365); das Berufungsgericht konnte daher diese Unschlüssigkeit aufgreifen. Zudem erstattet die Revision auch keine diesbezügliche Mängelrüge.
[12] 4. Die Revision zeigt somit keine erhebliche Rechtsfrage auf, aus der sich ergäbe, dass die vom Berufungsgericht – als eine selbstständig tragende Begründung für die Abweisung des Klagebegehrens – verneinte Schlüssigkeit in unvertretbarer Weise fehlbeurteilt worden wäre. Die Revision ist daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedarf; insbesondere muss auf die einzige weitere in der Revision angesprochene Rechtsfrage der Aktivlegitimation des Klägers für ihm abgetretene Ansprüche nicht mehr eingegangen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E134705European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00159.21T.0329.000Im RIS seit
11.05.2022Zuletzt aktualisiert am
11.05.2022