Norm
BDG 1979 §44 Abs1, HDG 2014 §2 Abs1, HDG 2014 §3 Abs1 u. 2, HDG 2014 §62 Abs3Schlagworte
Unsachgemäßes Hantieren mit DienstpistoleText
Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 25.01.2022 nach der am 25.01.2022 in Anwesenheit des Beamten, des Verteidigers, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beamte ist schuldig,
Er hat am 03.10.2019 gegen 1045 Uhr in seiner Kanzlei unsachgemäß mit seiner Dienstpistole P80 hantiert und beim Entspannen des Hahnes einen Schuss abgegeben. Das abgefeuerte Projektil beschädigte den Fensterrahmen und die zugehörige Scheibe,
er hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 44 Abs. 1 BDG i.V.m. § 2 Abs. 1 HDG 2014
begangen.
Über den Beamten wird gemäß § 51 Z 2 HDG 2014 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von Euro 450,- verhängt.
Der Beamte schuldet gem. § 38 Abs. 1 HDG 2014 dem Bund einen Kostenbeitrag in der Höhe von Euro 45,-
Begründung
Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige des Disziplinarvorgesetzten vom 14.12.21.
Darstellung des Sachverhaltes
Am 03.10.2019 um 1045 Uhr löste sich beim Entladen der Dienstpistole des Beamten ein Schuss im Kommandogebäude der N.N. Dabei wurde der Fensterrahmen und die Fenster-
Scheibe beschädigt. Der Beamte zeigte sich gegenüber dem Disziplinarvorgesetzten geständig und wurde von diesem am 26.11.19 im Zuge einer Disziplinarverfügung mit der Disziplinarstrafe des Verweises bedacht. Diese Disziplinarverfügung wurde durch BMLV am 13.12.19 aufgehoben, wogegen der Beschuldigte binnen offener Frist Beschwerde beim BVwG einbrachte. Diese Beschwerde wurde am 02.08.21 mit GZ N.N. als unbegründet abgewiesen. Nach Erhalt der Entscheidung des N.N. wurde durch das N.N. am 26.08.21 ein Disziplinarerkenntnis erlassen. Der Beamte wurde mit der Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von Euro 100,- bestraft. Dieses Disziplinarerkenntnis wurde wiederum vom BMLV mit GZ N.N. vom N.N aufgehoben. Das N.N. wurde nunmehr beauftragt, eine Disziplinaranzeige in gegenständlicher Angelegenheit zu erstatten.
Verletzte Pflichten: § 7 ADV (Gehorsamspflicht)
Durch die Tathandlung besteht der Verdacht, dass Verstöße gegen die Bestimmungen der „DVBH 9mm Pistole 80 (P80)“, bei der Handhabung der Waffe (prüfen der Sicherheit, RZ 39ff, Waffenkontrolle, RZ 43ff sowie Entladen, RZ 51) vorgelegen sind.
Zur Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten
In der niederschriftlichen Einvernahme, vermutlich am 04.10.19 um 0800 Uhr, gab er an, dass er sich am 03.10.19 in seiner Kanzlei befand und seine Dienstpistole P80 entlud. Beim Entspannen des Hahnes löste sich ein Schuss. Dieser traf einen Fensterrahmen, das Projektil blieb stecken. Der Fensterrahmen sowie die zugehörigen Scheiben wurden beschädigt. Die einzig denkbare Erklärung für diesen Vorfall sei, dass er bereits vor dem Entfernen des Magazins die Pistole repetierte. Dadurch wurde die Waffe geladen und beim Entspannen des Hahnes löste sich dann der Schuss. Weitere Personen waren zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend.
Die Bundesdisziplinarbehörde (BDB), Senat 45, erließ mit Bescheid vom N.N.
einen Einleitungsbeschluss, der am N.N. zu eigenen Handen zugestellt wurde und in Rechtskraft erwuchs (GZ N.N.).
Die mündliche Verhandlung wurde am N.N. durch die N.N. angeordnet und für den 25. Jänner 2022 anberaumt und durchgeführt.
Der Senat hat dazu erwogen:
Die anzuwendenden Normen lauten:
§ 44 Abs. 1 BDG 1979 (Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten) normiert: „Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder
Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.“
§ 2 Abs. 1 HDG 2014: „Soldaten sind disziplinär zur Verantwortung zu ziehen wegen
Verletzung der Ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten oder 2. …. .... .
§ 3 Abs. 1 HDG 2014: „Ein Verdächtiger darf wegen einer Pflichtverletzung nur bestraft werden, wenn gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde
innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, an dem die Pflichtverletzung einer für den Verdächtigen in Betracht kommenden Disziplinarbehörde zur Kenntnis gelangt ist, und
innerhalb von drei Jahren seit Beendigung der Pflichtverletzung.
§ 3 Abs. 2 HDG 2014: „Ein Beschuldigter darf wegen einer Pflichtverletzung nur innerhalb von drei Jahren nach Einleitung des Verfahrens bestraft werden. Nach Ablauf dieser Frist gilt das Disziplinarverfahren als eingestellt.“
§ 62 Abs. 3 HDG 2014: „Das Verfahren ist einzustellen, wenn
der Beschuldigte die ihm zu Last gelegte Pflichtverletzung nicht begangen hat oder diese Pflichtverletzung nicht erwiesen werden kann oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, oder die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Pflichtverletzung darstellt, oder Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von weiteren Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken.
Zum Grad des Verschuldens:
5. Die Pistole 80 ist eine Faustfeuerwaffe. Die Sicherheitsbestimmungen sind in der Dienstvorschrift für das Bundesheer (DVBH) „9mm Pistole 80 (P80)" im Erlass vom 15. Juni 2015, GZ S92011/108-Vor/2015, geregelt. Im Vorwort wird ausgeführt, dass diese DVBH die gesamtheitliche Beschreibung, Handhabung, Pflege und Wartung der P80 sowie die Sicherheitsbestimmungen bei deren Handhabung enthält. Die Kenntnis und Befolgung dieser DVBH sind für alle mit der P80 ausgerüsteten Angehörigen des N.N. verpflichtend. Im Kapitel C. Sicherheitsbestimmungen, Abschnitt l. Allgemeine Sicherheitsbestimmungen, Seite 47, Randziffer 68 ist normiert: Folgende 4 allgemeine Grundsätze sind bei der Handhabung von Waffen immer zu beachten: — jede Waffe ist immer als geladen zu betrachten; der Umgang mit Waffen setzt das Wissen über den Ladezustand voraus, — die Waffe ist nie auf etwas zu richten, was man nicht treffen will, — solange der Lauf nicht auf das Ziel gerichtet ist, ist der Abzugsfinger gestreckt, — dem Ziel immer sicher sein; vor jeder Schussabgabe ist das Ziel immer zu identifizieren; der Schütze muss sich über die Konsequenzen bei Querschlägern, Fehlschüssen und beim Durchschießen des Zieles im Klaren sein; der Schütze ist für jeden abgegebenen Schuss verantwortlich. Wer daher in der Kanzlei anstatt am Lade- Entladeplatz mit der Waffe hantiert, sodass in weiterer Folge unbeabsichtigt ein Schuss abgegeben wird, lässt die notwendige Sorgfalt im Umgang mit Schusswaffen vermissen, zu der er aufgrund seiner Ausbildung und Verantwortung verpflichtet ist und handelt daher fahrlässig. Der Erlass über die P80 ist eine generelle Weisung, Verstöße sind daher unter § 44 Abs. 1 BDG 1979 (Gehorsamspflicht) zu subsumieren.
6. Dem Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten, er habe ob der langen Verfahrensdauer im Jahre 2019, 2020 und 2021 trotz weiterhin tadelloser Dienstleistung keine Belohnung erhalten, konnte als Milderungsgrund nicht berücksichtigt werden. Sehr wohl allerdings, warum er die Entscheidung des BMLV, die Disziplinarstrafe gemäß § 67 Abs 1 Zl HDG 2014 aufzuheben, mit dem Rechtsmittel der Beschwerde (erfolglos) bekämpfte. (siehe unten „zur Strafbemessung"). Die Pflichtverletzung ist nicht verjährt, die Einleitung des 'Disziplinarverfahrens (26.11.2019) erfolgte unmittelbar nach der Tat (03.10.2019) und Befassung des Personalvertretungsorganes.
Zur Strafbemessung:
7. Die Strafe war vom erkennenden Senat im Sinne der nachstehenden Erwägungen gemäß
§ 6 HDG 2014 nach Maßgabe der im Strafgesetzbuch (§§ 32-35) festgelegten Gründe zu bemessen. Nach gewissenhafter Abwägung aller für bzw. wider den Beschuldigten sprechenden Umstände gelangte der erkennende Senat in der Frage der zu verhängenden Strafart und Strafhöhe angesichts der im Folgenden darzulegenden Überlegungen zu dem im Spruch ersichtlichen Ergebnis. Grundlage für die Strafbemessung war die im Beweisverfahren zweifelsfrei erwiesene Schuld des Disziplinarbeschuldigten A.A durch die fahrlässige Außerachtlassung der Sicherheitsbestimmungen im Umgang mit seiner Dienstwaffe. Die Benutzung des Lade- und Entladeplatzes, mithin ein rechtmäßiges Alternativverhalten, waren ihm zweifelsfrei zumutbar. Seine Dispositions- und Diskretionsfähigkeit stehen für den Senat wie oben ausgeführt außer Zweifel.
Die objektive Schwere der Pflichtverletzung ist im mittleren bis oberen Bereich einzustufen. Dies deshalb, weil der Befehl (die Weisung) und die korrespondierende Gehorsamspflicht die tragende Säule des Dienstbetriebes im öffentlichen Dienst, insbesondere im Bundesheer sind. Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen sind daher nicht als geringfügig zu betrachten, eine disziplinäre Würdigung ist deshalb bereits aus generalpräventiver Sicht geboten. Es ist allen Soldaten vor Augen zu führen, dass die Verletzung von Sicherheitsbestimmungen kein Bagatelldelikt ist, da sie auch fatale Folgen haben können. Spezialpräventive Gründe treten zwar in den Hintergrund, weil A.A immer zu seiner Tat gestanden ist und die Konsequenzen getragen hat, auch wenn er einen Handhabungsfehler mit der Dienstwaffe begangen hat, die bei der vorschriftmäßigen Benutzung des Lade- Entladeplatzes keine disziplinären Folgen nach sich gezogen hätten. Leider hat er durch einen unachtsamen Augenblick eine Pflichtverletzung begangen, die jedoch im auffallenden Widerspruch zu seiner sonstigen dienstlichen Leistung stehen. Durch seine langjährige tadellose Dienstleistung vor und nach der Pflichtverletzung konnte mit der Disziplinarstrafe der Geldbuße das Auslangen gefunden werden. Den überaus engagierten und zutreffenden Ausführungen des Herrn DiszAnw konnte keine Folge geleistet werden, weil die Signalwirkung einer Geldbuße von 5% der Bemessungsgrundlage ein völlig falsches Signal an die Soldaten N.N. wäre. Es handelt sich um einen Einsatzverband, A.A hat als für die militärische Sicherheit mitverantwortlicher Unteroffizier eine Garantenstellung für die jederzeitige professionelle Aufgabenerfüllung. Hierzu zählt auch die ständige Beachtung der Sicherheitsbestimmungen im Umgang mit der Dienstwaffe. Wegen der zahlreichen Milderungsgründe, die keinem einzigen Erschwerungsgrund gegenüberstanden, konnte mit einer Geldbuße gerade noch das Auslangen gefunden werden.
Straferschwerend wurde gewertet:
? keine
Strafmildernd wurde gewertet:
? bisherige Unbescholtenheit
? Auftreten vor dem Senat
? ausgezeichnete Dienstbeurteilung und dadurch positive Zukunftsprognose
? sein einsichtiges Verhalten, umfassendes und reumütiges Tatsachengeständnis
? auffallendes Missverhältnis zwischen langjähriger treuer Dienstleistung und Tat
? Schadensbereinigungsabsicht vorhanden
? lange Verfahrensdauer
Die Bemessungsgrundlage von € 3.413,7 errechnet sich aus dem Grundbezug MU 3/3/18 (€ 3.041,2), der Funktionszulage (€ 250,4), der Truppendienstzulage (€ 61,1) des Beamten im Monat Jänner 2022.
Die ausgesprochene Geldbuße in der Höhe von ca. 14 Prozent der Bemessungsgrundlage nach § 52 Abs. 2 HDG 2014 wurde vom Senat daher als tat- und schuldangemessen festgelegt, nicht zuletzt deshalb, weil er ein Mitarbeiter ist, wie man sich ihn wünscht!
Sie ist aber außerordentlich milde, grundsätzlich sieht die Rechtsprechung des VwGH in der Verletzung der Gehorsamspflicht kein Bagatelldelikt (siehe VwGH vom 26.06.2012;
2011/09/0032). Eine Geldstrafe ist nach Ansicht des erkennenden Senates bei gleichgelagerten Dienstpflichtverletzungen geboten, weil die strikte Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen bei gefahrengeneigten Tätigkeiten unabdingbar und im Bundesheer somit essentiell ist.
A.A möge die milde Bestrafung als Vertrauensvorschuss sehen, dass er in Zukunft derartige Dienstpflichtverletzungen unterlässt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zuletzt aktualisiert am
10.05.2022