TE Vwgh Erkenntnis 1965/6/29 0851/65

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Veröffentlicht am 29.06.1965
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Index

StVO
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §5 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Chamrath, und die Hofräte Dr. Kaniak, Dr. Naderer, Dr. Schmelz und Dr. Brunner als Richter, im Beisein des Schriftführers, Polizeioberkommissärs Dr. Ottmann, über die Beschwerde des HP in I, vertreten durch Dr. Rudolf Wieser und Dr. Richard Larcher, Rechtsanwälte in Innsbruck, Templstraße 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 1. April 1965, Zl. II B-290/1-1965, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (§ 5 Abs. 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Innsbruck erkannte mit Straferkenntnis vom 20. Jänner 1965 den Beschwerdeführer schuldig, am 9. Dezember 1964 in der Zeit von 6,30 Uhr bis 9,30 Uhr den PKW mit Kennzeichen T nnn in Innsbruck, Müllerstraße, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mehrmals in Betrieb genommen zu haben, weiters diesen PKW in der Zeit von etwa 1 Uhr bis 9,30 Uhr in der Müllerstraße in zweiter Spur geparkt und sohin Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 und § 23 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, begangen zu haben. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 6.000,-- S (Ersatzarreststrafe drei Wochen) und gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von 100,-- S (Ersatzarreststrafe von 24 Stunden) verhängt. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, 9. Dezember 1964 um 9,30 Uhr habe der Meldungsleger während seines Streifendienstes festgestellt, daß der Beschwerdeführer seinen PKW T nnn in der Müllerstraße in Innsbruck in zweiter Spur parkte, wobei der Beschwerdeführer in seinem Wagen saß und den Motor laufen ließ. Bei der Beanstandung wegen des vorschriftswidrigen Parkens sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer aus dem Munde nach Alkohol roch. Obwohl der Beschwerdeführer zugab, in der vergangenen Nacht Alkohol getrunken zu haben, sei der Alkotest an Ort und Stelle verweigert worden. Bei der Vorführung zum Amtsarzt habe dieser festgestellt, daß der Beschwerdeführer unter Alkoholbeeinflussung (mehr als 0,8 Promille) stehe und deswegen nicht fahrtüchtig sei. Es sei unbestritten, daß der Beschwerdeführer vorschriftswidrig parkte und in alkoholisiertem Zustand bei laufendem Motor im PKW saß. Wenn der Beschwerdeführer sich dahin verantworte, er habe nicht die Absicht gehabt, sein Fahrzeug zu lenken, müsse bemerkt werden, daß er nicht deshalb bestraft werde, weil er versucht habe, ein Fahrzeug zu lenken, sondern weil er ein Fahrzeug in Betrieb genommen habe. Nach dem Gesetze sei nicht nur das Lenken eines Fahrzeuges im alkoholisierten Zustand strafbar, sondern auch die Inbetriebnahme desselben. Darunter verstehe man jede Handlung, die unmittelbar darauf gerichtet sei, das Fahrzeug in Bewegung zu setzen oder den Motor in Gang zu bringen (z. B. Anlassen des Motors, Lösen der Bremse, Einrücken des Ganges usw.). Da der Beschwerdeführer im vorliegenden Falle den Motor eingeschaltet hatte, habe er das Fahrzeug in Betrieb genommen. Hinsichtlich der Übertretung des § 23 Abs. 2 StVO (Parken in zweiter Spur) stütze sich das Straferkenntnis auf die Anzeige und das Tatsachengeständnis des Beschwerdeführers.

Die dagegen erhobene. Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab und führte in der Begründung aus, daß unter Inbetriebnahme jede Handlung zu verstehen sei, die unmittelbar darauf gerichtet sei, das Fahrzeug in Bewegung zu setzen oder den Motor in Gang zu bringen. Der Beschwerdeführer habe auch gar nicht in Abrede gestellt, den Motor gestartet zu haben. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, er habe den Motor nur wegen der Heizung gestartet, möge vielleicht für die mehrfache Inbetriebnahme vor der Beanstandung zutreffen; weniger Glauben könne aber der Rechtfertigung beigemessen werden, daß auch das letztmalige Starten des Motors nur dem Ziele gediente habe, den Wagen aufzuheizen, wenn auch der Beschwerdeführer den Zündschlüssel bei der Beanstandung bereits im Mantelsack verwahrt hatte. Aus welchen Gründen der Beschwerdeführer den Motor in Gang gesetzt habe, sei für die Tatbestandserfüllung ohne rechtliche Bedeutung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemachte wird.

Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Erwägungen als unbegründet:

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet.

Der Beschwerdeführer rügt als Rechtswidrigkeit des Inhaltes die Rechtsansicht der Behörde, „wonach das Starten des Kraftfahrzeuges an sich, unter Ausschluß des Zweckes der Fortbewegung desselben, als Inbetriebnahme zu bewerten ist“. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 1955, Zl. 3508/54, Slg. N. F. Nr. 3854/A; vom 4. Juli 1957, Zl. 904/56; vom 18. Oktober 1963, Zl. 1775/62; vom 7. November 1963, Zl. 981/62; u. a. m.), ist unter „Inbetriebnahme“ eines Kraftfahrzeuges jene Tätigkeit zu verstehen, die der Lenkung eines Kraftfahrzeuges vorausgeht und zu der alle jene Handlungen gehören, die notwendig sind, um durch Einwirkung der motorischen Kräfte das Fahrzeug fortbewegen zu können. Einen Verbrennungsmotor in Gang zu setzen ist aber immer als Inbetriebnahme anzusehen. Die Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO ist sohin mit der Ingangsetzung des Verbrennungsmotors schon vollendet, unbeschadet der Behauptung, die Inbetriebnahme sei nur zur Überprüfung des Motors, zur Einschaltung der Heizung oder der Scheibenwischer erfolgt.

Der Gerichtshof kann sohin der Ansicht des Beschwerdeführers nicht folgen, wonach die belangte Behörde rechtswidrig gehandelt habe, weil sie das Starten des Motors zwecks Inbetriebnahme der Wagenheizung als „Inbetriebnahme“ im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO angesehen habe.

Wenn die belangte Behörde der Verantwortung des Beschwerdeführers keinen Glauben geschenkt hat, er habe den Motor nur für die Wagenheizung in Gang gebrachte so kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Die Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nur in der Richtung zu überprüfen, ob der Sachverhalt in einem mängelfreien Verfahren festgestellt worden ist und ob die daraus gezogenen Schlüsse den Denkgesetzen entsprechen. Ein derartiger Mangel konnte indes nicht festgestellt werden.

Wenn der Beschwerdeführer ferner die Nichtvernehmung des Zeugen KG rügt, der die Angabe des Beschwerdeführers, er habe diesen Zeugen telefonisch nach 8 Uhr gebeten, ihn, den Beschwerdeführer, mit dessen PKW abzuholen, so ist zu entgegnen, daß der behauptete Verfahrensmangel gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Ziffer 1 -3 VwGG 1965 nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen könnte, wenn er wesentlich wäre. Dies trifft aber im gegebenen Falle keineswegs zu. Der angefochtene Bescheid ist sohin mit der behaupteten Rechtswidrigkeit nicht belastet, weswegen der Beschwerde ein Erfolg versagt bleiben mußte.

Kosten konnten der belangten Behörde nicht zugesprochen werden, weil sie keine verzeichnet hatte.

Wien, am 29. Juni 1965

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1965:1965000851.X00

Im RIS seit

10.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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