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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte
Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. März 1996, Zl. SD 1307/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 6. März 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 10. Februar 1995 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen gewerbsmäßigen Suchtgifthandels (§ 16 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 SGG), wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt (§ 269 Abs. 1 StGB) und wegen Unterdrückung eines Beweismittels (§ 295 StGB) zu einer sechsmonatigen bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Ein Aufenthaltsverbot könne auch dann erlassen werden, wenn zwar keiner der Tatbestände des § 18 Abs. 2 FrG erfüllt sei, jedoch triftige Gründe vorlägen, die in ihrer Gesamtheit die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigten. Solche triftige Gründe lägen hier vor, weil es sich bei der Suchtgiftkriminalität um besonders gefährliche Delikte handle. Dazu komme noch das die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Im übrigen sei nicht ganz unbeachtlich, daß der Beschwerdeführer am 17. August 1995 in Verdacht geraten sei, mit Suchtgift zu handeln.
Darüber hinaus sei aber auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht, weil der Beschwerdeführer zweimal wegen Übertretung des Fremdengesetzes (am 2. August 1994 und am 21. August 1995) rechtskräftig bestraft worden sei. Dies rechtfertige die Annahme, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung i.S. des § 18 Abs. 1 FrG gefährde.
Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers liege im Hinblick darauf vor, daß er seit 27. Februar 1995 mit einer Österreicherin verheiratet sei. Unbeschadet dessen sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen (Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten, weil die Suchtgiftkriminalität einen besonderen Grad an Gefährlichkeit aufweise. Die belangte Behörde sei überdies der Ansicht, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme, sei doch bei Suchtgiftdelikten selbst bei ansonsten völliger sozialer Integration eines Fremden die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht rechtswidrig.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers vom 10. Februar 1995 - daß diese nicht in Rechtskraft erwachsen sei, wird von ihm nicht behauptet - wegen insgesamt dreier Delikte, darunter gewerbsmäßigen Suchtgifthandels, unbestritten. Wenn die belangte Behörde aus diesem Sachverhalt den Schluß zog, daß das (Gesamt)Fehlverhalten des Beschwerdeführers - ohne daß es der Verwirklichung einer der im § 18 Abs. 2 FrG (hier: im Abs. 2 Z. 1) demonstrativ angeführten Tatbestände bedurft hätte - die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertige, so begegnet dies auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 9. November 1995, Zl. 95/18/0604, und vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/18/1139; vgl. ferner das hg. Erkenntnis vom 7. September 1995, Zl. 95/18/1200).
Die Beschwerde läßt aber auch unbestritten, daß der Beschwerdeführer am 2. August 1994 und am 21. August 1995 jeweils wegen Übertretung des Fremdengesetzes rechtskräftig bestraft worden sei. Die belangte Behörde folgerte aus diesem Sachverhalt zutreffend die Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG. Daß damit die Annahme des § 18 Abs. 1 leg. cit. umso mehr gerechtfertigt ist, bedarf keiner weiteren Darlegungen.
2. Die unter der Annahme eines im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vertretene Ansicht der belangten Behörde, die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer sei mit Rücksicht auf die Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Gesundheit (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und demnach gemäß § 19 leg. cit. zulässig, hat die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltsverbotes aus dem Blickwinkel des § 19 FrG in Fällen von Suchtgiftdelikten für sich (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 21. Dezember 1995, Zl. 95/18/1313, und vom 11. April 1996, Zl. 96/18/0121, mwN). Die bereits damit gegebene Notwendigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wird durch die Verstöße des Beschwerdeführers gegen das Fremdengesetz und die damit bewirkte Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens noch verstärkt.
3. Der Gerichtshof kann auch - im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Meinung - nicht finden, daß die belangte Behörde die Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG unrichtig vorgenommen habe. Daß sich der Beschwerdeführer laut Beschwerde seit knapp vier Jahren in Österreich aufhalte, und hier einer Beschäftigung nachgehe, vermag auch unter Bedachtnahme auf seine Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin vor etwa einem Jahr kein hohes Ausmaß an Integration zu begründen, zumal die für eine Integration wesentliche soziale Komponente durch die von ihm begangenen Straftaten (vor allem jene des gewerbsmäßigen Suchtgifthandels) eine nicht unerhebliche Schmälerung erfahren hat (vgl. auch dazu die hg. Erkenntnisse Zl. 95/18/1139, und Zl. 95/18/1313). Abgesehen davon wies die belangte Behörde zutreffend darauf hin, daß aufgrund der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität selbst eine ansonsten völlige soziale Integration des Fremden der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstünde (vgl. dazu etwa die bereits zitierten hg. Erkenntnisse, Zl. 95/18/1313, und Zl. 96/18/0121, mwN). Vor diesem Hintergrund würde die in der Beschwerde im gegebenen Zusammenhang aufgestellte Behauptung - wenn sie zuträfe (was im Hinblick auf die Bestrafungen nach dem Fremdengesetz in den Jahren 1994 und 1995 offensichtlich nicht der Fall ist) -, daß sich der Beschwerdeführer "seit fast drei Jahren keinen Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung mehr habe zuschulden kommen lassen", jedenfalls der Relevanz entbehren.
4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180213.X00Im RIS seit
20.11.2000