TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/23 95/18/0747

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Veröffentlicht am 23.05.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Jänner 1995, Zl. 103.342/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 23. Jänner 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz - AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz - FrG, abgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Feststellung zugrunde, daß der Beschwerdeführer am 24. Juni 1993 vor dem Standesamt Wolkersdorf eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht habe, woraufhin ihm am 25. Juni 1993 ein Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG ausgestellt worden sei, und weiters, daß diese Ehe mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. November 1994 für nichtig erklärt worden sei, weil sie der Beschwerdeführer nur zum Schein und zwecks Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen eingegangen sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle die rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen evidenten Rechtsmißbrauch dar, sodaß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung gefährde.

Damit liege ein zwingender Sichtvermerksversagungsgrund vor, weshalb dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden könne. "Die öffentlichen Interessen überwiegen daher Ihre privaten Interessen."

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt der von der belangten Behörde im Einklang mit der Aktenlage als maßgeblich angenommene Sachverhalt (siehe oben I. 1.) unbestritten. Damit aber stößt die im angefochtenen Bescheid getroffene rechtliche Beurteilung, der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich würde die öffentliche Ordnung gefährden, womit der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht sei, auf keine Bedenken. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt nämlich die Eingehung einer Ehe allein zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmißbrauch dar, der die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens erheblich gefährdet, und zwar in einem Ausmaß, das sogar die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigt (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 20. Juli 1995, Zl. 95/18/0757, mwN, und das Erkenntnis vom 30. November 1995, Zl. 95/18/1154).

2. Wenn die Beschwerde wiederholt darauf hinweist, daß die belangte Behörde die Auswirkungen der Versagung einer Aufenthaltsbewilligung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, der im Hausverband seiner Tante und seines Onkels lebe, hätte berücksichtigen müssen, so ist sie damit insoweit im Recht, als die Behörde i.S. der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen hat, und zwar derart, daß bei Vorliegen von privaten oder familiären Beziehungen des Fremden im Bundesgebiet die Versagung der Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz aufgrund dieser Bestimmung nur dann zulässig ist, wenn die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. auch dazu das Erkenntnis Zl. 95/18/0757 mwN). Daß die belangte Behörde vorliegend keine Interessenabwägung im beschriebenen Sinn vorgenommen hat, kann ihr indes nicht zum Vorwurf gemacht werden, hat es doch der Beschwerdeführer verabsäumt, im Verwaltungsverfahren konkrete Angaben zu seiner privaten und familiären Situation zu machen, die erst eine Abwägung daraus allenfalls erwachsender Interessen mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen ermöglicht hätten. Die Behörde war jedenfalls nicht gehalten, von sich aus an den Beschwerdeführer heranzutreten, um ihn zur Bekanntgabe allenfalls bedeutsamer, seiner persönlichen Sphäre zugehöriger und damit von einer erhöhten Mitwirkungspflicht umfaßter Umstände zu veranlassen. Das erstmals in der Beschwerde erstattete, seine familiären Bindungen betreffende Vorbringen erweist sich demnach als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).

3. Da nach dem Gesagten dem bekämpften Bescheid Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG iVm der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995180747.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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