TE Vwgh Erkenntnis 2022/4/7 Ra 2019/07/0061

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Veröffentlicht am 07.04.2022
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Index

L01505 Bezirk Salzburg
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §1
AVG §18 Abs3 idF 2008/I/005
AVG §18 Abs4
AVG §56
AVG §58 Abs3
AVG §63
BezirkshauptmannschaftenG Slbg §1 Abs1 litb idF 2013/106
B-VG Art18
VStG §24
VwGG §42 Abs2 Z3 litb
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGVG 2014 §38
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des C K in T, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 19. Dezember 2018, Zl. 405-4/2342/1/4-2018, betreffend Übertretung nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft (BH) Salzburg-Umgebung, Bearbeitungsstelle an der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg, vom 4. Oktober 2018 wurde dem Revisionswerber eine Übertretung gemäß § 5 der Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 3. März 2015, LGBl. Nr. 25/2015 i.d.g.F. in Verbindung mit § 30 Abs. 1 Z 4 Immissionsschutzgesetz - Luft (IG-L) zur Last gelegt, weil er am 15. April 2017 in W. als Lenker eines näher bezeichneten Motorrades (unter Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz) die für das Sanierungsgebiet nach dem IG-L festgesetzte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 55 km/h überschritten habe. Es wurde deshalb über ihn eine Strafe in der Höhe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 42 Stunden) verhängt.

2        Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er unter anderem vorbrachte, es bestünden keine Zweifel daran, dass die BH Salzburg-Umgebung für die Ahndung des verfahrensgegenständlichen Delikts zuständig sei. Das Straferkenntnis vom 4. Oktober 2018 sei von einer Sachbearbeiterin der BH Tamsweg „Für den Bezirkshauptmannschaft (richtig: Bezirkshauptmann) der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung“ gezeichnet. Die BH Tamsweg werde auf der ersten Seite des Straferkenntnisses als „Bearbeitungsstelle der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung“ genannt. Der Strafbescheid enthalte aber keinen Bezug darauf, dass die Sachbearbeiterin auch für die BH Salzburg-Umgebung eine Approbationsbefugnis besitze. Nur in diesem Fall wäre das Straferkenntnis allenfalls der örtlich zuständigen Behörde, der BH Salzburg-Umgebung, zuzurechnen. Liege gegenständlich kein Straferkenntnis der BH Salzburg-Umgebung vor, werde der Beschwerde schon aus diesem Grund Erfolg beschieden sein.

3        Das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) führte eine mündliche Verhandlung durch, in der der Revisionswerber durch seinen Rechtsvertreter das Geständnis ablegte, dass er zum Tatzeitpunkt der Lenker des auf ihn zugelassenen Motorrades gewesen sei, und wies die Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

4        Begründend hielt das LVwG - soweit für die gegenständliche Entscheidung von Bedeutung - fest, dem Vorbringen der angeblichen Unzuständigkeit der belangten Behörde, weil das Straferkenntnis von der „Bearbeitungsstelle der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg“ erlassen worden sei, sei entgegenzuhalten, dass dieser Bescheid - so die eindeutige Aktenlage - laut Briefkopf von der „Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung Bearbeitungsstelle an der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg“ und laut Fertigungsklausel „Für den Bezirkshauptmann der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung“ erlassen worden sei. Eine Zuordnung dieser Erledigung an die Bezirkshauptmannschaft Tamsweg bzw. die Bezirkshauptfrau von Tamsweg als erlassende Behörde sei sohin nach dem eindeutigen Wortlaut nicht möglich. Die Versendung des Strafbescheides der Bearbeitungsstelle in einem Briefkuvert mit dem Absender „Bezirkshauptmannschaft Tamsweg“ - ohne Hinweis auf die Bearbeitungsstelle - sei unerheblich, weil die rechtliche Zuordnung zu einer Behörde aus der Gestaltung der Erledigung selbst (seinem Kopf, dem Einleitungssatz und der Fertigungsklausel) nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen sei.

5        Der Revisionswerber erhob zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Februar 2019, E 419/2019-5, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag mit weiterem Beschluss dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

6        Gegen das angefochtene Erkenntnis des LVwG richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7        In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit unter anderem vorgebracht, es gebe keine Rechtsprechung zur Rechtsfrage, ob eine „Bearbeitungsstelle“ einer Bezirkshauptmannschaft bei einer anderen Bezirkshauptmannschaft eine Zuständigkeit einer anderen Verwaltungsstrafbehörde als jener der nach § 27 Abs. 1 VStG örtlich zuständigen Behörde begründe und damit eine örtlich und sachlich unzuständige Behörde entschieden habe, deren Straferkenntnis vom LVwG aufgehoben hätte werden müssen anstatt über die dagegen erhobene Beschwerde eine Sachentscheidung zu treffen.

8        Das LVwG vertrete die vom Revisionswerber nicht geteilte Rechtsansicht, dass die BH Salzburg-Umgebung das behördliche Verwaltungsstrafverfahren geführt und das Straferkenntnis vom 4. Oktober 2018 erlassen habe. Dem sei entgegenzuhalten, dass sich schon aus der Geschäftszahl des Straferkenntnisses ergebe, dass die BH Tamsweg das Verwaltungsstrafverfahren geführt und das Straferkenntnis erlassen habe, weil die Geschäftszahl dieser Behörde in Verwaltungsstrafsachen immer mit „30506-369/“ beginne, jene der BH Salzburg-Umgebung aber mit „30308-369/“.

9        Dazu komme, dass das Straferkenntnis die Rechtsmittelbelehrung enthalte, dass die Beschwerde „bei uns“ einzubringen sei, sich auf dem Straferkenntnis aber nur eine einzige Adresse und nur eine einzige E-Mail-Adresse befinde, nämlich jene der BH Tamsweg.

10       Überdies enthalte auch die Fußzeile der ersten Seite des Straferkenntnisses die Behördenbezeichnung „Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung / Bearbeitungsstelle an der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg“ unter Anführung allein deren Postanschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse (gemeint: der BH Tamsweg).

11       Nicht zuletzt sei das Straferkenntnis von der BH Tamsweg abgesendet worden und es finde sich auf dem Kuvert der Absender mit der Bezeichnung „Bezirkshauptmannschaft Tamsweg“ ohne Hinweis auf eine allfällige Eigenschaft als Bearbeitungsstelle einer anderen Behörde.

12       In seiner Beschwerde habe der Revisionswerber ausgeführt, dass die Sachbearbeiterin, die das Straferkenntnis erlassen habe, keine Bedienstete der BH Salzburg-Umgebung, sondern eine solche der BH Tamsweg sei, diese daher keine Approbationsbefugnis für die BH Salzburg-Umgebung besitze und das Straferkenntnis nur für die BH Tamsweg erlassen habe dürfen, wo sie approbationsbefugt sei. Dazu habe das LVwG nichts festgestellt und diesem Argument auch nichts entgegengehalten, weshalb infolge des Verstoßes gegen § 18 Abs. 3 und 4 AVG (in Verbindung mit § 24 VStG) schon deshalb Nichtigkeit des Straferkenntnisses vorliege und das LVwG deshalb keine Sachentscheidung über die Beschwerde fällen hätte dürfen, sondern diese mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstands zurückweisen hätte müssen.

13       Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof erstattete die belangte Behörde (BH Salzburg-Umgebung, Bearbeitungsstelle an der BH Tamsweg) eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.

14       Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15       Die Auslegung eines konkreten Bescheides betrifft den Einzelfall und könnte nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen, wenn sie in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (VwGH 10.12.2021, Ra 2020/07/0077, mwN).

16       Gemäß § 18 Abs. 4 in Verbindung mit § 58 Abs. 3 AVG (die gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren gelten) hat jede schriftliche Ausfertigung, insbesondere auch jeder Bescheid, die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß § 18 Abs. 3 AVG genehmigt worden ist.

17       Die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung vermag nur dann Rechtswirkungen zu entfalten, wenn sie einer bestimmten Behörde zurechenbar ist. Für den Bescheidcharakter einer Erledigung ist es daher wesentlich, dass ihr die bescheiderlassende Behörde (und nicht bloß der betreffende Rechtsträger oder Organwalter) bei objektiver Betrachtung entnommen werden kann.

Ob eine Erledigung einer bestimmten Behörde bzw. welcher Behörde sie zuzurechnen ist, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anhand des äußeren Erscheinungsbildes, also insbesondere anhand des Kopfes, des Spruches, der Begründung, der Fertigungsklausel und der Rechtsmittelbelehrung, also nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Die Behörde, der die Erledigung zuzurechnen ist, muss aus der Erledigung selbst hervorgehen (vgl. zum Ganzen VwGH 20.4.2020, Ra 2019/06/0136, mwN).

18       Der Kopf und die Fußzeile der ersten Seite des Straferkenntnisses vom 4. Oktober 2018 weisen die Bezeichnung „Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung / Bearbeitungsstelle an der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg“ auf.

19       Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers in seiner Beschwerde an das LVwG wird auf der ersten Seite des Straferkenntnisses somit nicht „die Bezirkshauptmannschaft Tamsweg“ „als Bearbeitungsstelle der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung“ bezeichnet. Vielmehr geht aus dem genannten Kopf und der Fußzeile hervor, dass eine bei der BH Tamsweg situierte Bearbeitungsstelle der BH Salzburg-Umgebung tätig werden sollte.

20       Da das Straferkenntnis ferner die Fertigungsklausel „Für den Bezirkshauptmann der BH Salzburg-Umgebung“ enthält, erweist sich die Beurteilung des LVwG, dass als bescheiderlassende Behörde die BH Salzburg-Umgebung - und nicht die BH Tamsweg - in Erscheinung treten sollte, keinesfalls als unvertretbar.

21       Eine solche Unvertretbarkeit der Auslegung des Bescheides ergibt sich auch nicht durch das erwähnte Vorbringen des Revisionswerbers betreffend die im Straferkenntnis aufscheinende Geschäftszahl. Gleiches gilt für das Vorbringen zur Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses, gemäß der die Beschwerde schriftlich „bei uns“ einzubringen sei, kann damit nach dem Gesagten doch nur die BH Salzburg-Umgebung gemeint sein. Dass im Straferkenntnis in diesem Zusammenhang die Straßenbezeichnung und der Ort sowie die E-Mail-Adresse der BH Tamsweg angeführt sind, steht dem nicht entgegen, sollte doch - wie ausgeführt - die BH Salzburg-Umgebung, aber eben durch ihre an der BH Tamsweg situierte Bearbeitungsstelle das Straferkenntnis erlassen, weshalb auch die Einbringung der Beschwerde bei dieser Bearbeitungsstelle sinnvoll erscheint. Ungeachtet dessen ist im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen, dass es dem Revisionswerber verwehrt gewesen wäre, seine Rechtsmittel gegen die Strafverfügung und gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis direkt bei der BH Salzburg-Umgebung in Salzburg einzubringen.

22       Daraus ergibt sich im Übrigen auch, dass das Vorbringen des Revisionswerbers, sein „per E-Mail bei der BH Tamsweg“ erhobener und nicht an die BH Salzburg-Umgebung weitergeleiteter Einspruch gegen die dem Straferkenntnis vorangegangene Strafverfügung hätte als verspätet zurückgewiesen werden müssen, ins Leere geht.

23       Soweit das LVwG somit anhand der Gestaltung des Straferkenntnisses vom 4. Oktober 2018 eine Zuordnung zur BH Salzburg-Umgebung vornahm, ist es nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

24       Anhaltspunkte dafür, dass es sich vorliegend um eine durch Landesgesetz vorgesehene sprengelübergreifende Zusammenarbeit von Bezirksverwaltungsbehörden im Sinne des Art. 15 Abs. 10 B-VG handelte, bestehen nicht.

25       Gemäß § 1 Abs. 1 lit. b des Gesetzes vom 19. Mai 1976 über die Einrichtung und Geschäftsführung der Bezirkshauptmannschaften im Lande Salzburg (Bezirkshauptmannschaften-Gesetz), LGBl. Nr. 59/1976 in der Fassung LGBl. Nr. 106/2013, befindet sich der Sitz der BH Salzburg-Umgebung in Salzburg.

26       Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, dass die Einrichtung einer weiteren Büroadresse der BH Salzburg-Umgebung außerhalb des genannten Sitzes - hier in Form einer Bearbeitungsstelle der BH Salzburg-Umgebung an der BH Tamsweg - durch eine innerorganisatorische Maßnahme unzulässig wäre.

27       In diesem Zusammenhang ist auch auf den bereits erwähnten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2019, E 419/2019-5, zu verweisen, mit dem die Behandlung der vom Revisionswerber gegen das angefochtene Erkenntnis des LVwG erhobenen Beschwerde, in der - wie vom Revisionswerber in der vorliegenden Revision selbst hervorgehoben wird - unter anderem die Verletzung im Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 83 Abs. 2 B-VG sowie ein Verstoß gegen Art. 15 Abs. 10 B-VG geltend gemacht worden war, abgelehnt wurde. Die gerügten Rechtsverletzungen wären - so der Verfassungsgerichtshof - im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes.

28       Auch unter diesem Gesichtspunkt wird keine Unvertretbarkeit der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung aufgezeigt.

29       Die vorliegende Revision erweist sich jedoch im Zusammenhang mit dem Vorbringen zur fehlenden Approbationsbefugnis der das Straferkenntnis vom 4. Oktober 2018 unterfertigenden Sachbearbeiterin als zulässig und berechtigt:

30       § 18 Abs. 3 AVG - in der Fassung seit BGBl. I Nr. 5/2008 - verlangt, dass schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen sind; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

31       Voraussetzung für die Zurechnung einer Erledigung an eine monokratisch organisierte Behörde wie die Bezirkshauptmannschaft ist die Genehmigung der Erledigung entweder durch den Leiter der Behörde selbst, oder durch einen zumindest abstrakt approbationsbefugten Organwalter. Ein von einem nicht approbationsbefugten Bediensteten unterschriebener Bescheid würde der Behörde, der der Bedienstete dient, nicht zugerechnet; ein solcher „Bescheid“ wäre - anders als bei der bloßen Überschreitung einer erteilten Approbationsbefugnis - absolut nichtig (vgl. etwa VwGH 21.4.2016, Ra 2016/11/0017, mwN).

32       Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bedarf die Regelung der inneren Organisation einer Behörde grundsätzlich keines Gesetzes (vgl. VwGH 12.9.2017, Ra 2017/16/0106, und die dortigen Judikaturverweise). Ferner bedarf es zur Erteilung einer Approbationsbefugnis namens einer monokratischen Behörde (als Angelegenheit der behördeninternen Organisation) keiner öffentlichen Kundmachung (VwGH 30.4.2014, 2013/12/0123).

33       Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass ein Zusatz, wonach der eine Erledigung genehmigende Organwalter im Auftrag eines näher bezeichneten Leiters einer Organisationseinheit gehandelt hat, lediglich darauf hinweist, dass der Behördenleiter - zulässigerweise - die Besorgung der betreffenden gesetzlichen Aufgabe einem ihm unterstellten Organ übertragen hat (VwGH 19.5.2020, Ra 2019/14/0317, mwN).

34       Das Straferkenntnis vom 4. Oktober 2018 enthielt die Fertigungsklausel „Für den Bezirkshauptmann der BH Salzburg-Umgebung“. Der Revisionswerber brachte in seiner dagegen erhobenen Beschwerde jedoch vor, dass die den Strafbescheid genehmigende Sachbearbeiterin eine solche der BH Tamsweg sei, und zog in Zweifel, dass die Sachbearbeiterin „auch für die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung eine Approbationsbefugnis besitzt“.

35       Damit war im vorliegenden Fall aber strittig, dass der das Straferkenntnis Genehmigenden (irgend)eine Approbationsbefugnis für die BH Salzburg-Umgebung erteilt worden war (vgl. dazu auch VwGH 25.6.2013, 2013/08/0001). Der gegenständliche Fall unterscheidet sich demnach von jenen Fallkonstellationen, in denen ein Organwalter zumindest eine Approbationsbefugnis für einen bestimmten Bereich einer Behörde besitzt, diese Befugnis jedoch gegebenenfalls überschreitet (vgl. etwa VwGH 4.10.2001, 97/08/0078).

36       Zu dem in Rede stehenden Vorbringen des Revisionswerbers traf das LVwG im angefochtenen Erkenntnis keine Feststellungen, es ging in seiner Begründung auf dieses Vorbringen überhaupt nicht ein. Auch die belangte Behörde nahm im Verfahren vor dem LVwG - und im Übrigen auch in der vorliegenden Revisionsbeantwortung - zur Behauptung, der das Straferkenntnis vom 4. Oktober 2018 Genehmigenden fehle jegliche Approbationsbefugnis für die BH Salzburg-Umgebung, nicht Stellung.

37       Wenn ein Begründungsmangel entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert, so führt dies zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof (VwGH 25.6.2020, Ra 2018/07/0457, mwN).

38       Aufgrund des dargelegten Begründungsmangels des angefochtenen Erkenntnisses kann die Richtigkeit des Revisionsvorbringens, die das Straferkenntnis vom 4. Oktober 2018 genehmigende Sachbearbeiterin habe keine Approbationsbefugnis für die BH Salzburg-Umgebung besessen, vom Verwaltungsgerichtshof nicht überprüft werden. Träfe das Vorbringen aber zu, würde das Straferkenntnis der BH Salzburg-Umgebung nicht zugerechnet; der Bescheid wäre vielmehr absolut nichtig. Die inhaltliche Entscheidung (Abweisung) über die dagegen erhobene Beschwerde durch das LVwG erwiese sich als rechtswidrig.

39       Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, weshalb auf das weitere Revisionsvorbringen nicht mehr einzugehen war.

40       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 7. April 2022

Schlagworte

Allgemein Begründung Begründungsmangel Behördenbezeichnung Behördenorganisation Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Fertigungsklausel Intimation Zurechnung von Bescheiden Unterschrift Genehmigungsbefugnis Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019070061.L00

Im RIS seit

09.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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