TE OGH 2022/2/14 5Ob236/21y

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Veröffentlicht am 14.02.2022
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. A* S*, MBA, *, vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in Lilienfeld, gegen die beklagte Partei P* S*, wegen 8.800 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 6. Oktober 2021, GZ 23 R 113/21x, 23 R 360/21w-36, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1]            Der Kläger brachte einen als „Klage auf Rückerstattung des zu Unrecht bezogenen Unterhaltes“ bezeichneten Schriftsatz ein. Das Erstgericht erteilte dem Kläger den Auftrag, diese Klage als Mahnklage (mittels Formblatt oder formatierten Schriftsatzes) einzubringen. Der Kläger kam diesem Verbesserungsauftrag nicht nach. Das Erstgericht wies daraufhin die Klage als nicht zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung geeignet zurück.

[2]            Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss erhob der Kläger Rekurs. Über Aufforderung des Rekursgerichts erteilte das Erstgericht dem Kläger den Verbesserungsauftrag, die Unterschrift eines Rechtsanwalts beizubringen. Der Kläger kam auch diesem Auftrag nicht nach. Das Rekursgericht wies daraufhin den Rekurs zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei (Beschluss vom 21. April 2021, AZ 23 R 113/21x, ON 19)

[3]            Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts richtete sich eine als „Antrag auf außerordentlichen Revisionsrekurs“ bezeichnete Eingabe des Klägers vom 16. 5. 2021 (ON 21). (Auch) Diese Eingabe wies keine Unterschrift eines Rechtsanwalts auf. Das Erstgericht erteilte dem Kläger daher den Verbesserungsauftrag, die Unterschrift eines Rechtsanwalts beizubringen. Der Kläger ließ den ihm im Original zurückgestellten Schriftsatz von einem Rechtsanwalt unterschreiben und legte diesen innerhalb der Verbesserungsfrist neuerlich vor. Dem Namensstempel und der Unterschrift des Rechtsanwalts auf dem Schriftsatz ist der handschriftliche Hinweis beigefügt: „Der Inhalt des Rechtsmittels stammt nicht vom gefertigten RA.“

[4]            Das Erstgericht erteilte dem Rechtsanwalt den Verbesserungsauftrag, die Eingabe im Elektronischen Rechtsverkehr einzubringen. Gegen diesen Verbesserungsauftrag erhob der Kläger Rekurs. Auch dieser Rekurs wies keine Unterschrift eines Rechtsanwalts auf. Das Erstgericht legte daraufhin sowohl die als „Antrag auf außerordentlichen Revisionsrekurs“ bezeichnete Eingabe (ON 21) als auch den neuerlichen Rekurs des Klägers gegen den Verbesserungsauftrag dem Rekursgericht zur Entscheidung vor. Das Rekursgericht wies (zunächst nur) den Rekurs gegen den Verbesserungsauftrag zurück. Die Entscheidung über die als „Antrag auf außerordentlichen Revisionsrekurs“ bezeichnete Eingabe (ON 21) behielt sich das Rekursgericht offenbar bis zur Rechtskraft seiner Entscheidung über den Rekurs des Klägers gegen den Verbesserungsauftrag vor.

[5]            Gegen diese Rekursentscheidung brachte der Kläger neuerlich einen „Antrag auf außerordentlichen Revisionsrekurs“ ein, der neuerlich keine Unterschrift eines Rechtsanwalts aufwies. Das Erstgericht wies diese Eingabe als nicht zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung geeignet zurück; von einem Verbesserungsverfahren sah das Erstgericht im Hinblick auf die bereits wiederholt erteilten Verbesserungsaufträge ab. Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss erhob der Kläger Rekurs, der ebenso keine anwaltliche Unterschrift aufwies.

[6]            Das Rekursgericht wies diesen Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichts auf Zurückweisung des Antrags auf außerordentlichen Revisionsrekurs zurück (Beschluss vom 6. Oktober 2021, Punkt 2., AZ 23 R 360/21w, AZ 23 R 360/21w, ON 36). Zugleich wies das Rekursgericht nun auch die als „Antrag auf außerordentlichen Revisionsrekurs“ bezeichnete Eingabe des Klägers (ON 21) zurück (Beschluss vom 6. Oktober 2021, Punkt 1., AZ 23 R 113/21x, ON 36).

[7]            Gegen die Zurückweisung der als „Antrag auf außerordentlichen Revisionsrekurs“ bezeichneten Eingabe des Klägers (Beschluss vom 6. Oktober 2021, Punkt 1., AZ 23 R 113/21x, ON 36) richtet sich der Revisionsrekurs des mittlerweile durch einen Rechtsanwalt vertretenen Klägers. Er beantragt, dass der Revisionsrekurs zugelassen und diesem inhaltlich stattgegeben werde.

[8]            (Nur) Dieses Rechtsmittel ist Gegenstand dieser Entscheidung. Das Verfahren ist einseitig (RIS-Justiz RS0039200 [T45]).

Rechtliche Beurteilung

[9]            Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

I. Zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses

[10]           Das Rechtsmittel gegen die zweitinstanzliche Zurückweisung eines Rekurses gegen einen Beschluss des Erstgerichts ist ein Revisionsrekurs (RS0044269 [T2]). Dieser ist daher grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 528 ZPO zulässig (RS0044501; RS0044269 [T1]). Richtet sich der Revisionsrekurs aber gegen einen Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichts, der – wie hier – auf die abschließende Verweigerung des Rechtsschutzes nach einer Klage hinausläuft, so ist für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels nach nun ständiger Rechtsprechung § 519 Abs 1 Z 1 ZPO analog anzuwenden (RS0043802 [T4]). Das Rechtsmittel ist daher ungeachtet der Streitwertgrenze des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO und des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn eines „Vollrekurses“ zulässig (8 Ob 169/18p mwN; RS0043882; RS0098745).

II. Zur Berechtigung des Revisionsrekurses

[11]           1. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Zurückweisung der als „Antrag auf außerordentlichen Revisionsrekurs“ bezeichneten Eingabe des Klägers, die das Rekursgericht zutreffend als Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs iSd § 528 Abs 2a ZPO iVm § 500 Abs 2 Z 3, § 508 ZPO deutete.

[12]           2. Ein solcher Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs ist mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden und unterliegt der absoluten Anwaltspflicht (§ 506 Abs 1 Z 4 ZPO iVm § 528 Abs 2a ZPO; § 520 Abs 1 ZPO; in Bezug auf die Revision: Lovrek in Fasching/Konecny3 IV/1 § 505 ZPO Rz 5, § 508 ZPO Rz 6; Neumayr in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-Praxiskommentar § 508 ZPO Rz 7).

[13]           3. Der Revisionsrekurswerber bestreitet dies. Gemäß dem klaren Wortlaut des § 520 Abs 1 ZPO sei lediglich die Unterschrift eines Rechtsanwalts erforderlich, nicht aber die Bevollmächtigung dieses Rechtsanwalts im Verfahren. Der Auftrag des Mandanten könne sich darauf beschränken, die vom Gesetz und vom Gericht geforderte Unterschrift anzubringen, eine Bevollmächtigung auch für das künftige Einschreiten sei nicht zwingend notwendig.

[14]           Nach der (auch für den Revisionsrekurs maßgeblichen) Bestimmung des § 520 Abs 1 ZPO müssen Rekurse „mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts versehen sein“. Den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs der Zulässigkeit eines Revisionsrekurses regelt § 528 Abs 2a ZPO durch Verweis auf die Bestimmungen über die Revision. Die für die Revision und damit für den Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs nach § 508 ZPO maßgebliche Bestimmung des § 506 Abs 1 Z 4 ZPO verlangt, dass die Revisionsschrift „die Unterschrift eines Rechtsanwalts enthalten muss“.

[15]           Der Zweck dieser Bestimmungen ist, die Parteien vor Rechtsnachteilen zu bewahren, die Raschheit und Einfachheit des Verfahrens zu fördern und einer Überlastung des Höchstgerichts durch sachfremde Ausführungen vorzubeugen. Das Erfordernis der Anwaltsunterfertigung als Wirksamkeitsvoraussetzung für die Revision und den Revisionsrekurs ist daher so zu verstehen, dass die Rechtsmittelschrift von einem Anwalt nicht nur unterfertigt, sondern auch verfasst sein muss (RS0043639; Lovrek in Fasching/Konecny3 IV/1 § 506 ZPO Rz 2; Neumayr in Höllwerth/Ziehensack, ZPO Praxiskommentar § 506 ZPO Rz 14; vgl auch Sloboda in Fasching/Konecny3 IV/1 § 520 ZPO Rz 6). Es ist daher unzulässig, wenn der Rechtsanwalt ein von der Partei verfasstes Schriftstück beilegt und darauf verweist, dieses sei „in Eigenverantwortung“ der Partei verfasst worden (RS0043639 [T1, T2]).

[16]           Die Rechtsmittelschriften sind also vom Rechtsanwalt nicht nur zu unterschreiben, sondern von ihm auch zu verantworten; demnach muss er aber auch bevollmächtigt sein (§ 30 ZPO; Kodek in Rechberger/Klicka ZPO5 § 520 ZPO Rz 3; vgl auch Ploier in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-Praxiskommentar § 520 ZPO Rz 3). Bevollmächtigte haben bei der ersten von ihnen in einer Streitsache vorgenommenen Prozesshandlung ihre Bevollmächtigung durch eine Urkunde darzutun (§ 30 Abs 1 ZPO). Der Mangel der Vollmacht ist vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 37 Abs 1 ZPO). Schreitet ein Rechtsanwalt oder Notar ein, so ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis (§ 30 Abs 2 ZPO). Bei diesem vereinfachten Vollmachtsnachweis der Rechtsanwälte und Notare durch Vollmachtsberufung ist die tatsächliche Vollmachtserteilung nur dann zu prüfen, wenn konkrete Zweifel bestehen (§ 30 ZPO; Zib in Fasching/Konecny3 II/1 § 37 ZPO Rz 3).

[17]           4. Im hier zu beurteilenden Fall weist die in Reaktion auf den Verbesserungsauftrag nachgeholte Unterschrift des Rechtsanwalts nicht nur keinen Hinweis auf dessen Bevollmächtigung auf, der Rechtsanwalt stellt auch ausdrücklich klar, dass nicht er das Rechtsmittel verfasst hat.

[18]           Das im Hinblick auf den dadurch bedingten Formmangel an sich gebotene Verbesserungsverfahren (RS0036429 [T2, T3]) hielt das Rekursgericht für entbehrlich. Der Kläger habe die Formvorschrift nämlich trotz wiederholter erteilter Rechtsbelehrung also offenbar absichtlich verletzt (vgl RS0036385). Aus den Äußerungen des Klägers in seinen weiteren Schriftsätzen ergebe sich eindeutig, dass der Kläger dem (benachbarten) Rechtsanwalt keine Prozessvollmacht erteilt, sondern von diesem bewusst lediglich die Unterschrift auf seiner Eingabe eingeholt habe. Das Fehlen der Berufung auf eine solche Vollmacht (und damit auch die Nichteinbringung der Eingabe im Wege des Elektronischen Rechtsverkehrs) beruhe nicht auf einem bloßen Versehen des Rechtsanwalts.

[19]           Die Richtigkeit dieser nachvollziehbar begründeten Überzeugung des Rekursgerichts bestreitet der Kläger in seinem Revisionsrekurs nicht, im Gegenteil er bestätigt sie. Auch das Unterbleiben eines neuerlichen Verbesserungsauftrags rügt der Kläger nicht (vgl RS0048529 [T3, T6]; RS0037095).

[20]           5. Zusammenfassend ist somit festzuhalten: Der Rechtsanwalt, der den Antrag des Klägers auf Abänderung des Zulassungsausspruchs iSd § 528 Abs 2a ZPO iVm §§ 500 Abs 2 Z 3, 508 ZPO unterfertigte, hat diesen weder verfasst noch war er dazu bevollmächtigt. Damit hat der Kläger dem Verbesserungsauftrag und den Formvorschriften der ZPO im Ergebnis nicht entsprochen.

[21]            6. Dem Revisionsrekurs kommt daher keine Berechtigung zu. Die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels hat der Revisionsrekurswerber selbst zu tragen (§§ 40, 50 ZPO).

Textnummer

E134649

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00236.21Y.0214.000

Im RIS seit

09.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

09.05.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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