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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §224 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/15/0236Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerden des N in H, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. November 1992, GA 7 - 944/3/92 und GA 7 - 954/3/92, betreffend Sicherstellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 9.130 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der Gesellschafter-Geschäftsführer der alle einen gemeinsamen Sitz aufweisenden NT GmbH, der TS GmbH und der TA GmbH war, betrieb am Sitz der eben erwähnten Unternehmen auch ein Einzelunternehmen. Der Betriebsgegenstand aller Unternehmen war ähnlich. Außerdem bestanden enge wirtschaftliche Beziehungen.
Am 22. April 1991 beantragte der Beschwerdeführer, das auf seinem Abgabenkonto ausgewiesene Guthaben von 4,690.662 S auf ein Konto der TA GmbH zu überweisen.
Mit Bescheiden vom 28. Mai 1991 nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer unter Hinweis auf §§ 9 und 80 BAO als Haftenden für Abgabenschulden der NT GmbH von 11,945.488 S und der TS GmbH von 1,466.218,08 S in Anspruch.
Mit Bescheiden vom 29. Mai 1991 ordnete das Finanzamt die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beschwerdeführers zur Sicherung der mit den eben erwähnten Haftungsbescheiden geltend gemachten Beträge an. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die Einbringung der im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenschulden sei gefährdet, weswegen das auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers ausgewiesene Guthaben gemäß § 215 Abs 1 BAO zur Tilgung der nunmehr bestehenden Abgabenschulden zu verwenden sei.
Mit Berufungen wandte der Beschwerdeführer ein, weder seine wirtschaftliche Lage noch die besonderen Umstände seines Falles führten zu dem Schluß, nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde erscheine die Einbringung der im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenschulden voraussichtlich gesichert. Das Finanzamt habe auch nicht begründet, weswegen die Sofortmaßnahme der Sicherstellung als erforderliches Mittel anzusehen sei. Die Sicherstellungsaufträge seien daher ersatzlos aufzuheben.
In abweisenden Berufungsvorentscheidungen hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, die Einbringung der geltend gemachten Abgabenschulden sei wesentlich gefährdet, weil einerseits der dringende Verdacht einer Abgabenhinterziehung bestehe, anderseits die dem Beschwerdeführer zurechenbaren Unternehmen überschuldet seien.
In den Anträgen auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nahm der Beschwerdeführer zu den Ausführungen in den Berufungsvorentscheidungen nicht Stellung.
Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen ab, wobei sie zur Begründung unter Hinweis auf § 232 Abs 1 BAO ausführte, eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung von Abgabenschulden liege vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden müsse, nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde erscheine die Abgabeneinbringung gesichert. Wie sich aus dem Bericht über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ergebe, verfüge er außer dem Guthaben auf seinem Abgabenkonto über kein Vermögen. Auf Grund der Feststellungen im Zug einer abgabenbehördlichen Prüfung bestehe der dringende Verdacht einer Abgabenhinterziehung. Es sei somit die Annahme begründet, der Beschwerdeführer werde trachten, sich seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu entziehen. Es habe daher eines raschen Zugriffes der Abgabenbehörde auf das auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers ausgewiesene Guthaben bedurft, um so die Einbringung der im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenschulden sicherzustellen.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in den Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in seinem Recht verletzt, nicht durch Sicherstellungsaufträge "belangt" zu werden, wobei er Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften der angefochtenen Bescheide geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und beantragt in ihren Gegenschriften, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Bei potentiell Haftungspflichtigen entsteht die Abgabenschuld als Gesamtschuld gemäß § 7 Abs 1 BAO mit bescheidmäßiger Geltendmachung von Haftungen. Nach Erlassung von Haftungsbescheiden werden die betreffenden Abgabenschulden nach § 224 Abs 1 BAO fällig und vollstreckbar. Innerhalb dieser Monatsfrist ist die Erlassung von Sicherstellungsaufträgen zulässig.
Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, daß die Begründung der vom Finanzamt erlassenen Sicherstellungsaufträge dürftig ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch nicht die Sicherstellungsaufträge zu prüfen, sondern die angefochtenen Bescheide, die auf Grund der Berufungen des Beschwerdeführers ergangen sind.
Dem Beschwerdeführer kann jedoch nicht zugestimmt werden, wenn er behauptet, den angefochtenen Bescheiden mangle insofern eine Begründung, als nicht ausgeführt worden sei, für welche Primärschuldner er zur Haftung herangezogen worden sei. In Sicherstellungsverfahren ist nur mehr entscheidend, ob die Abgabenschulden entstanden sind, nicht jedoch aus welchem Titel diese bei Erlassung von Sicherstellungsaufträgen bestanden haben. Daß die Abgabenschulden entstanden sind, ergibt sich aus den aktenkundigen Haftungsbescheiden und wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.
Die nunmehr angefochtenen Bescheide enthalten die Gründe, aus denen sich nach Auffassung der belangten Behörde die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenschulden ergibt. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß er - wie die belangte Behörde festgestellt hat - außer dem Guthaben auf seinem Abgabenkonto im Zeitpunkt der Erlassung der Sicherstellungsaufträge über kein Vermögen verfügt hat. Aus dem Bericht über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers vom 5. Juni 1991 geht weiters hervor, daß er bloß über ein Arbeitseinkommen von monatlich 25.000 S verfügt hat. Der Beschwerdeführer stellt weiters nicht in Abrede, daß gegen ihn ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden ist, vertritt jedoch die Ansicht, die Einleitung eines derartigen Verfahrens führe noch nicht zu einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabenschulden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl beispielsweise das Erkenntnis vom 25. Oktober 1995, 94/15/0169, mwA), liegt eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung von Abgabenschulden schon dann vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, daß nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint. Der Annahme der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung von Abgabenschulden müssen entsprechende Tatsachenfeststellungen zugrunde liegen. Vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlungen sind hingegen nicht erforderlich.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund der unbestrittenen Tatsachen, daß der Beschwerdeführer außer dem Guthaben auf seinem Abgabenkonto im Zeitpunkt der Erlassung der Sicherstellungsaufträge über kein Vermögen und im Verhältnis zu den Abgabenschulden nur über ein niedriges Arbeitseinkommen verfügt hat sowie gegen ihn ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden ist, zu dem Schluß gelangt ist, daß die Einbringung der im Haftungsweg geltend gemachten Abgabenschulden gefährdet oder zumindest wesentlich erschwert ist, weswegen sie zwecks raschen Zugriffes auf das auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers bestehende Guthaben die Erlassung von Sicherstellungsaufträgen für erforderlich gehalten hat.
Die Beschwerden erweisen sich somit insgesamt als unbegründet und waren daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1992150235.X00Im RIS seit
03.04.2001