TE Vwgh Erkenntnis 1989/12/13 89/02/0153

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Veröffentlicht am 13.12.1989
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Index

StVO
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §4 Abs1
StVO 1960 §4 Abs5

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Stoll als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des EH in W, vertreten durch DDr. Elisabeth Steiner und Dr. Daniela Witt-Dörring, Rechtsanwälte in Wien I, Schubertring 3/11, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 30. Juni 1989, Zl. MA 70-11/1853/88/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juni 1989 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er sei am 30. Mai 1988 um 21.30 Uhr an einem näher beschriebenen Ort als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen und habe es unterlassen 1) sofort anzuhalten und 2) ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von diesem Unfall zu verständigen. Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen und zwar zu 1) nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO und zu 2) nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzarreststrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0058) haben sowohl die Anhaltepflicht gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO als auch die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 leg. cit. zur Voraussetzung, daß es zu einem Verkehrsunfall - das ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis, das sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ereignet und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat - gekommen und das Verhalten der betreffenden Person am Unfallort damit in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist.

Die belangte Behörde nahm diesbezüglich als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer anläßlich eines Abstellmanövers mit seinem Fahrzeug ein Kraftrad berührte, welches dadurch umfiel und beschädigt wurde. Der Beschwerdeführer bestreitet zwar diese Sachverhaltsannahme der belangten Behörde nicht, er bringt jedoch - so wie bereits im Verwaltungsstrafverfahren - vor, er habe die Berührung mit dem Kraftrad und dessen Sturz weder optisch noch akustisch wahrgenommen, wobei ihm diesbezüglich kein Verschulden anzulasten sei. Dazu ist zu bemerken:

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis) setzen sowohl die Anhaltepflicht gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO als auch die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 leg. cit. auch das Wissen um einen Verkehrsunfall voraus, wobei aber nicht unbedingt das positive Wissen von diesem und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich ist, sondern es genügt, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können; diese Tatbestände sind schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Weiters muß der Lenker den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuwenden.

Der Beschwerdeführer hatte im Verwaltungsverfahren (vgl. seine Stellungnahme vom 7. September 1988) vorgebracht, er habe zur Tatzeit versucht, rückwärtsfahrend in eine Parklücke einzuparken, doch sei diese zu klein gewesen. Dabei sei er mit dem Pkw seitlich neben dem abgestellten Motorrad schräg in der Parklücke zum Stillstand gekommen und nicht hinter dem Motorrad. Er sei sodann aus der Parklücke gefahren und habe einen neuen Parkplatz gesucht. Sollte er das Motorrad mit seinem Pkw seitlich rückwärts gestreift haben, so müsse dies in der Phase der Beschleunigung geschehen sein. Dadurch könne er sich erklären, daß er den Sturz des Motorrades weder optisch noch akustisch wahrgenommen habe. In seiner Berufung vom 23. November 1988 brachte der Beschwerdeführer weiters vor, daß er sich mit seinem Pkw zum Zeitpunkt des Umfallens des Motorrades wohl auch bereits neben diesem befunden haben könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof ist der Ansicht, daß die Überzeugung der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer sei das von ihm behauptete Nichtwissen vom Verkehrsunfall in der Schuldform der Fahrlässigkeit anzulasten, im Hinblick auf die obzitierte hg. Rechtsprechung schon auf Grund des vom Beschwerdeführer zugestandenen Sachverhaltes nicht als rechtswidrig zu erkennen ist. Der vom Beschwerdeführer geschilderte Sachverhalt hätte es nämlich erfordert, den die zu kleine Parklücke begrenzenden Fahrzeugen erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken und sich allenfalls nach dem Herausfahren aus der Parklücke durch geeignete Maßnahmen davon zu überzeugen, daß ihm dies ohne Kontaktierung mit diesen Fahrzeugen gelungen ist; hat er eine Streifung verursacht und dies infolge Unterlassung von ihm möglichen und zumutbaren Erkundungen - etwa durch einen Blick in den Rückspiegel - nicht wahrgenommen, so muß ihm dieser Umstand als Verschulden angerechnet werden (siehe zum vergleichbaren Fall des Durchfahrens einer engen Straßenstelle die hg. Erkenntnisse vom 17. Jänner 1985, Zl. 85/02/0034, und vom 28. März 1985, Zl. 85/02/0072).

Bei diesem Ergebnis können die vom Beschwerdeführer behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften, wie die Feststellung des Standortes des Zeugen sowie die Sicht desselben auf den Tatort, nicht wesentlich sein.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 13. Dezember 1989

Schlagworte

Meldepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1989020153.X00

Im RIS seit

06.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

06.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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