TE Vwgh Beschluss 2022/4/5 Ra 2022/14/0001

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Veröffentlicht am 05.04.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
24/01 Strafgesetzbuch
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §53
MRK Art3
MRK Art8
StGB §278a
StGB §278b Abs2
StGB §46
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg implizit

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des K S in W, vertreten durch Dr. Eva Jana Messerschmidt, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Freyung 6/7/2 (Einvernehmensrechtsanwalt gemäß §14 ElRAG: Dr. Christian Schmaus, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Chwallagasse 4/11), gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. November 2021, W129 2223487-2/10E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, stellte am 21. September 2010 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 9. Juni 2011 des (damals zuständigen) Bundesasylamts wurde dem Revisionswerber der Status des Asylberechtigten im Wege der Asylerstreckung (abgeleitet vom Vater des Revisionswerbers) zuerkannt.

2        Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen St. Pölten vom 20. November 2015 wurde der Revisionswerber wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB und des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a Z 1, 2 und 3 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

3        Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 16. August 2019 wurde dem Revisionswerber der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme. Das BFA erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Es sprach eine Frist für die freiwillige Ausreise aus und erließ ein unbefristetes Einreiseverbot.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe, dass die Dauer des verhängten Einreiseverbotes auf sechs Jahre herabgesetzt werde, als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Begründend führte das BVwG - soweit hier maßgeblich - aus, dass der Revisionswerber durch die Schwere seiner Tat ein besonders schweres Verbrechen verwirklicht habe und als aktuelle Gefahr für die Gesellschaft und Allgemeinheit angesehen werden müsse, weshalb ihm der Status des Asylberechtigten abzuerkennen gewesen sei. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutzes gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 oder eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 lägen beim Revisionswerber nicht vor.

6        Zur Rückkehrentscheidung führte das BVwG zusammengefasst aus, dass trotz seines langjährigen Aufenthalts und seines Familienlebens in Österreich aufgrund der schweren Straffälligkeit des Revisionswerbers ein großes öffentliches Interesse an seiner Außerlandesbringung bestehe. Er sei zudem nur fallweise berufstätig gewesen, beziehe aktuell Sozialleistungen und weise Bindungen zum Herkunftsstaat auf. Die vom Revisionswerber ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit rechtfertige auch die Verhängung eines Einreiseverbotes von sechs Jahren.

7        Dagegen brachte der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision ein.

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Die Revision wendet sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zusammengefasst gegen die Annahme eines besonders schweren Verbrechens im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005, rügt in diesem Zusammenhang ein Abweichen von näher genannter Rechtsprechung und wendet sich ebenso gegen die unter einem vom BVwG vorgenommene Gefährdungsprognose:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht stützte die Aberkennung des Status des Asylberechtigten primär auf den Ausschlussgrund des Vorliegens einer rechtskräftigen Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens und der daraus resultierenden Gefahr für die Gemeinschaft (§ 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005). Unter den Begriff des „besonders schweren Verbrechens“ fallen nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen, wobei der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten hat, dass es sich dabei um eine demonstrative und daher keineswegs abschließende Aufzählung von Delikten in Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 GFK handelt (vgl. VwGH 4.11.2021, Ra 2021/14/0330, mwN).

12       Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, dass es aber nicht genügt, wenn ein abstrakt als „schwer“ einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. Bei der Beurteilung, ob ein „besonders schweres Verbrechen“ vorliegt, ist daher eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und es sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen (vgl. VwGH 22.10.2020, Ra 2020/14/0456, mwN).

13       Der Revisionswerber wurde wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB und des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a Z 1, 2 und 3 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in Höhe von fünf Jahren verurteilt. Das BVwG hat eine konkrete fallbezogene Prüfung der vom Revisionswerber verübten Straftaten vorgenommen und insbesondere auch die relevanten Tatumstände berücksichtigt, nämlich, dass der Revisionswerber nach Syrien gereist sei, um dort an bewaffneten Kampfhandlungen teilzunehmen und ihm nahe stehenden Personen Kontakte zu hochrangigen Anhängern des „Islamischen Staates“ in Aussicht zu stellen, sowie den hohen Strafrahmen, das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen und die Erschwerungs- und Milderungsgründe. Es führte weiters aus, dass sich die Gemeingefährlichkeit des Revisionswerbers aus den der Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten und insbesondere aus der fehlenden Reue und der mangelnden Verantwortungsübernahme ergebe. Auch mit den von der Revision ins Treffen geführten Stellungnahmen der Vereine DERAD und Neustart hat sich das BVwG auseinandergesetzt, in Hinblick auf die Schwere der strafgerichtlichen Verurteilung und den eigenen Angaben des Revisionswerbers im Verfahren jedoch seinen Erwägungen zugrunde gelegt, dass der Revisionswerber eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

14       Vor diesem Hintergrund vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass das BVwG bei der Beurteilung, wonach im Revisionsfall ein besonders schweres Verbrechen im Sinn des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 vorliege, von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, noch gelingt es ihr darzutun, dass die Gefährdungsprognose vom BVwG in einer unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre.

15       Soweit die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 2021, Ra 2021/14/0241 und vom 7. Jänner 2021, Ra 2020/18/0491, betreffend die Aberkennung des einem Familienangehörigen im Familienverfahren (bzw. durch Asylerstreckung) zuerkannten Status des Asylberechtigten wegen Wegfalls der fluchtauslösenden Umstände gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 verweist, geht dies schon aus dem Grund ins Leere, weil das BVwG dem Revisionswerber den Status des Asylberechtigten nach §§ 7 Abs. 1 Z 1 iVm 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005, also auf Grund seiner Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens und nicht etwa aufgrund einer Änderung der Umstände, aberkannt hat.

16       Wenn die Revision weiters ausführt, das BVwG sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Umstand abgewichen, dass der Revisionswerber wegen seiner Verurteilung als (vermeintlicher) Anhänger des „Islamischen Staates“ bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat dort drastischen Repressalien ausgesetzt sei, so ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Fall der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0276, mwN). Der Revisionswerber hat diesbezüglich im Verfahren vor dem BVwG vorgebracht, dass er aufgrund der in Österreich erfolgten Verurteilung als (vermeintlicher) Anhänger des „Islamischen Staates“ bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat drastischen Repressalien ausgesetzt sei.

17       Das BVwG hat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Rückkehr des Revisionswerbers in seinen Herkunftsstaat verneint und dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten daher gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt. Dabei hat es sich vor dem Hintergrund der seiner Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte mit dem vom Revisionswerber dazu erstatteten Vorbringen beweiswürdigend auseinandergesetzt und die von ihm behauptete reale Gefahr einer Verfolgung auf Grund der Tat, für die er in Österreich verurteilt wurde, mit näherer Begründung verneint. Eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit der diesbezüglichen Beweiswürdigung zeigt die Revision in diesem Zusammenhang nicht auf (vgl. zum Prüfmaßstab VwGH 2.2.2022, Ra 2022/14/0005, mwN).

18       Soweit in der Zulässigkeitsbegründung betreffend die Rückkehrentscheidung die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung gerügt wird, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist - nicht revisibel ist. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose sowie für die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots (vgl. VwGH 16.12.2021, Ra 2021/14/0374, mwN).

19       Es trifft zu, dass es notwendig ist, sich bei der nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz vorzunehmenden Interessenabwägung mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl auseinanderzusetzen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, im Ergebnis nur dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie dies insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug der Fall ist. Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, können die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (vgl. VwGH 8.4.2020, Ra 2020/14/0108, mwN).

20       Im vorliegenden Fall hat das BVwG bei seiner Interessenabwägung berücksichtigt, dass der Revisionswerber wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB und des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a Z 1, 2 und 3 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden war.

21       Das BVwG berücksichtigte im Rahmen der Interessenabwägung weiters die fallbezogen entscheidungswesentlichen Umstände, darunter die Dauer des Aufenthalts des Revisionswerbers im Bundesgebiet von knapp über zehn Jahren, seine Ausbildung als Tischler, die lange Verfahrensdauer und sein Familienleben im Bundesgebiet zu seiner asylberechtigten minderjährigen Tochter und seiner asylberechtigten Ehefrau, erachtete jedoch eine Trennung von seinen Familienangehörigen im Einklang mit der hg. Rechtsprechung aufgrund der schweren Straffälligkeit für gerechtfertigt. Dass die anhand sämtlicher für die Entscheidung maßgeblichen Umstände erfolgte Beurteilung des Verwaltungsgerichts als unvertretbar anzusehen wäre, zeigt die Revision nicht auf.

22       Schließlich richtet sich die Revision auch gegen die dem Einreiseverbot zugrundeliegende Gefährdungsprognose und führt dazu aus, das BVwG habe eine einseitige und zum Nachteil des Revisionswerbers gerichtete Gefährdungsprognose erstellt. Die Revision übersieht dabei, dass das BVwG jedoch nicht nur die Verurteilung an sich, sondern auch die diesen zu Grunde liegenden Taten sowie die mangelnde Verantwortungsübernahme und die zu seinen Gunsten sprechenden familiären Bindungen zu dauerhaft Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet festgestellt und in seine Beurteilung miteinbezogen hat. Soweit in der Revision diesbezüglich die „vorzeitige Haftentlassung samt Hafterleichterungen sowie die seit Entlassung unbestrittene strafrechtliche Unbescholtenheit“ des Revisionswerbers ins Treffen geführt wird, genügt der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Fehlverhalten eines Fremden und die daraus abzuleitende Gefährlichkeit ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts, also unabhängig von gerichtlichen Erwägungen über bedingte Strafnachsichten oder eine bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug, zu beurteilen ist (vgl. VwGH 7.10.2021, Ra 2021/21/0276, mwN).

23       Vor diesem Hintergrund vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass die Bemessung der Dauer des Einreiseverbots fallbezogen angesichts des vom BVwG festgestellten Sachverhalts als unvertretbar anzusehen wäre. Im Übrigen steht bei besonders schweren Verbrechen selbst eine vollkommene soziale Integration im Inland einem Einreiseverbot nicht entgegen (vgl. VwGH 10.7.2019, Ra 2019/19/0186, mwN).

24       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 5. April 2022

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022140001.L00

Im RIS seit

06.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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