Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, *, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei c* AG, *, vertreten durch Mag. Stefanie Lugger, Mag. Kersten Bankler Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert: 34.900 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. März 2021, GZ 4 R 51/20d-12, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 30. Jänner 2020, GZ 17 Cg 20/19a-8, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.040,48 EUR (darin 340,08 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin ist ein zur Unterlassungsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband.
[2] Die Beklagte betreibt ein Kreditinstitut im Sinn des § 1 BWG und schließt bei ihrer österreichweiten Tätigkeit mit Verbrauchern Kreditkartenverträge unter Verwendung ihrer „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kreditkarten“ (kurz: AGB) ab.
[3] Der Kläger begehrte, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern die Verwendung von und die Berufung auf insgesamt 22 beanstandete Klauseln dieser AGB idF August 2018 oder sinngleiche Klauseln zu untersagen und ihr die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in einer Samstag-Ausgabe der Kronen-Zeitung zu erteilen. Die Klauseln verstießen gegen gesetzliche Verbote und die guten Sitten; sie seien auch nicht ausreichend transparent. Wiederholungsgefahr bestehe, weil die Beklagte die Klauseln laufend im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern verwende.
[4] Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens sowie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des abweisenden Urteils.
[5] Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren in Bezug auf 21 Klauseln statt, setzte eine Leistungsfrist von vier Monaten fest und verpflichtete die Beklagte in diesem Umfang zur Urteilsveröffentlichung. Das weitere Unterlassungsbegehren (Klausel 4) wies es (rechtskräftig) ab.
[6] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts über das Unterlassungs- und das darauf bezogene Veröffentlichungsbegehren und gab dem Rechtsmittel der Beklagten nur dahin Folge, dass es die Leistungsfrist auf sechs Monate verlängerte. Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einzelnen, für viele Verbraucher bedeutsamen Klauseln fehle.
Rechtliche Beurteilung
[7] Dagegen richtet sich die von der Klägerin beantwortete Revision der Beklagten, die aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt ist.
A. Allgemeines:
[8] 1. Wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann gemäß § 28 Abs 1 KSchG von einem nach § 29 KSchG berechtigten Verband auf Unterlassung geklagt werden. Dieses Unterlassungsgebot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden ist. Der Unterlassungsanspruch nach § 28 Abs 1 KSchG ist nicht auf die Kontrolle und Durchsetzung der Verbote des § 6 KSchG und des § 879 ABGB beschränkt, sondern umfasst auch die Verletzung weiterer zivilrechtlicher wie auch öffentlich-rechtlicher Vorschriften (RIS-Justiz RS0110990 [T4]).
[9] 2.1 Eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist nach § 879 Abs 3 ABGB nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt.
[10] 2.2 Mit dieser Bestimmung wurde ein bewegliches System geschaffen, in dem einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ berücksichtigt werden können (RS0016914 T54, T61]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, hat sich am dispositiven Recht als dem Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs zu orientieren (RS0014676 [T7, T13, T43]). Weicht eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften ab, liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die den Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (RS0016914 [T3, T4, T32], RS0014676 [T21]).
[11] 2.3 Die Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB setzt voraus, dass die zu prüfende Vertragsbestimmung nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt. Diese Ausnahme ist möglichst eng zu verstehen und soll auf die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen beschränkt bleiben (RS0016908 [T1]). Nicht schon jede die Hauptleistung betreffende Vertragsbestimmung ist der Kontrolle entzogen. Bestimmungen, die die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln oder die vertragstypische Leistung in allgemeiner Form näher umschreiben, fallen nicht unter die Ausnahme der Inhaltskontrolle (RS0016931, RS0016908 [T16]).
[12] 3.1 Die Inhaltskontrolle nach § 879 ABGB geht der Geltungskontrolle nach § 864a ABGB nach (RS0037089). § 864a ABGB erfasst jene Fälle, in welchen nach Vertragsabschluss nachteilige Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in AGB oder Vertragsformblättern hervorkommen, mit denen nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde nicht zu rechnen war (RS0105643). Eine grobe Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB wird nicht vorausgesetzt (RS0123234).
[13] 3.2 Objektiv ungewöhnlich ist nur eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte; der Klausel muss also ein Überrumpelungseffekt innewohnen. Insbesondere dann, wenn nur ein beschränkter Adressatenkreis angesprochen wird, kommt es auf die Branchenüblichkeit und den Erwartungshorizont der angesprochenen Kreise an (RS0014646). Die Ungewöhnlichkeit eines Inhalts ist nach dem Gesetzestext objektiv zu verstehen. Die Subsumtion hat sich an der Verkehrsüblichkeit beim betreffenden Geschäftstyp zu orientieren. Ein Abstellen auf die subjektive Erkennbarkeit gerade für den anderen Teil ist daher ausgeschlossen (RS0014627).
[14] 4.1 Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist.
[15] 4.2 Dieses Transparenzgebot für Verbrauchergeschäfte soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird, ihm unberechtigte Pflichten abverlangt werden, ohne dass er sich zur Wehr setzt, oder er über Rechtsfolgen getäuscht oder ihm ein unzutreffendes oder unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt wird (RS0115217 [T8], RS0115219 [T9, T21, T43]). Das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG soll es dem Verbraucher ermöglichen, sich aus dem Vertragsformblatt zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T6, T8, T41]). Das setzt die Verwendung von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig ist oder von ihm jedenfalls festgestellt werden kann. Das können naturgemäß auch Fachbegriffe sein, nicht aber Begriffe, die so unbestimmt sind, dass sich ihr Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht. Der durch ihre Verwendung geschaffene weite Beurteilungsspielraum schließt es aus, dass der Verbraucher Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen kann (RS0115217 [T3]). Aus dem Transparenzgebot kann eine Pflicht zur Vollständigkeit folgen, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben (RS0115219). Einzelwirkungen des Transparenzgebots sind demnach das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit (RS0115217 [T12], RS0115219 [T12]). Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden (RS0126158).
[16] 5.1 Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG sind Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn auszulegen (RS0016590 [T14], RS0038205 [T4, T11]). Es ist von der Auslegungsvariante auszugehen, die für die Kunden der Beklagten die nachteiligste ist (RS0016590 [T5, T17]). Das der Klausel vom Verwender der AGB beigelegte Verständnis ist im Verbandsprozess nicht maßgeblich (RS0016590 [T23]). Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen ist nicht Rücksicht zu nehmen; für eine geltungserhaltende Reduktion ist kein Raum (RS0038205 [T1]; vgl RS0128735).
[17] 5.2 Für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig iSd § 28 KSchG ist nicht die Gliederung des Klauselwerks maßgeblich. Zwei unabhängige Regelungen können in einem Punkt oder sogar in einem Satz der AGB enthalten sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RS0121187 [T1]). Dabei kommt auch der sprachlichen Unselbständigkeit ein gewisses Gewicht zu (RS0121187 [T11]).
[18] 6.1 Die in diesem Verfahren geltend gemachten Gesetzwidrigkeiten beziehen sich hauptsächlich auf Verstöße gegen das Zahlungsdienstegesetz 2018 (idF: ZaDiG 2018), BGBl I 2018/17, das am 1. 6. 2018 in Kraft getreten ist und das Zahlungsdienstegesetz 2009 (ZaDiG aF) abgelöst hat.
[19] 6.2 Das Zahlungsdienstegesetz legt die Bedingungen fest, zu denen Personen Zahlungsdienste gewerblich in Österreich erbringen dürfen (Zahlungsdienstleister). Es regelt die Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstnutzern im Zusammenhang mit Zahlungsdiensten (§ 1 Abs 1 ZaDiG 2018). § 32 Abs 2 ZaDiG 2018 bestimmt, dass Vereinbarungen, die zum Nachteil des Verbrauchers von den Transparenz- und Informationspflichten der §§ 32 bis 54 ZaDiG 2018 abweichen, unwirksam sind. Gleiches gilt gemäß § 55 Abs 2 ZaDiG 2018 für die in den §§ 55 bis 87 ZaDiG 2018 geregelten Rechte und Pflichten des Verbrauchers bei der Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten. Vereinbarungen, die zum Nachteil eines Verbrauchers von diesen Bestimmungen abweichen, sind unwirksam. Nach § 40 Abs 1 ZaDiG 2018 sind Vertragsbestimmungen klar und verständlich abzufassen (5 Ob 15/20x). Ein Abweichen von diesen gesetzlichen Bestimmungen ist im Rahmen einer Verbandsklage aufzugreifen (§ 28a KSchG).
[20] 7.1 Voraussetzung für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs ist eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser Unterlassungspflicht zuwidergehandelt wird (RS0037660, RS0012064). Bei der Gefahr des Zuwiderhandelns ist zu unterscheiden, ob der zu einer bestimmten Unterlassung Verpflichtete bereits einmal zuwidergehandelt oder ob er sich bisher rechtmäßig verhalten hat. Im ersten Fall wird vermutet, dass er wieder zuwiderhandeln werde (Wiederholungsgefahr). Es ist daher Sache des Beklagten, Umstände zu behaupten und zu beweisen, die die Gefahr der Wiederholung seiner Handlung als völlig ausgeschlossen oder doch als äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (RS0037661, RS0080065, RS0079652).
[21] 7.2 Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann in einem Abmahnverfahren nach § 28 Abs 2 KSchG die Wiederholungsgefahr nur durch vollständige Unterwerfung unter den Anspruch der gemäß § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung beseitigt werden (RS0111637, RS0111640 [T20]). Der Verwender von AGB muss, will er die Wiederholungsgefahr beseitigen, nach Abmahnung eine unbedingte, uneingeschränkte und strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben (RS0111637 [T11], RS0124304 [T2]). Die Verwendung der Klauseln muss für die Zukunft geradezu ausgeschlossen sein, und zwar sowohl für neu abzuschließende Verträge als auch durch eine Berufung darauf in bereits bestehenden Verträgen (RS0111637 [T4]). Aus anderen Formen einer Unterwerfungserklärung kann sich die Beseitigung der Wiederholungsgefahr (nur) dann ergeben, wenn diese zumindest einen ähnlichen Gewissheitsgrad aufweisen. Das gilt etwa für das Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs (6 Ob 131/16g); dies beseitigt im Regelfall die Wiederholungsgefahr, sofern der Kläger alles das erhält, was er durch ein seinem Begehren stattgebendes Urteil hätte erlangen können (RS0079899 [T19, T33]). Eine bloße Änderung der Geschäftsbedingungen, die zudem keine Gewähr dafür bietet, dass sich das Unternehmen nicht für bereits bestehende Verträge auf eine frühere Fassung beruft, reicht hingegen nicht aus, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen (RS0111637 [T5, T8, T25], RS0111640 [T9], RS0119007 [T17], RS0124304 [T1]).
[22] B. Zu den im Revisionsverfahren strittigen Klauseln (die vorangestellte Nummerierung entspricht dabei der im Ersturteil übernommenen Bezeichnung durch die Klägerin, der Klammerausdruck hingegen der Nummerierung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kreditkarten der Beklagten):
1. Klauseln 1 und 3:
Klausel 1
„(3.3.) VbV/MCSC Transaktionen erfüllen das Kriterium einer starken Kundenauthentifizierung.“
Klausel 3
„(6.3.) Abweichend von Punkt 6.1. ist der KI card complete nicht zum Schadenersatz verpflichtet, wenn card complete beim Zahlungsvorgang keine starke Kundenauthentifizierung verlangt.“
[23] 1.1 Das Erstgericht gab dem auf diese Klauseln bezogenen Klagebegehren statt. Die Abkürzungen „VbV/MCSC“ seien weder selbsterklärend noch würden sie im vorangehenden Punkt 3.2. der AGB verständlich gemacht. Unklar bleibe, was mit einer „starken Kundenauthentifizierung“ gemeint sei. Erst in Klausel 3 (6.3. der AGB) finde sich eine Haftungsbestimmung, die auf „starke Kundenauthentifizierung“ Bezug nehme. Allein die räumliche Trennung der beiden Klauseln mache die Klauseln intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Auch die Tragweite der Haftung des Karteninhabers erschließe sich nicht. Die Verknüpfung der beiden Klauseln führe zu einer Beweislastverschiebung, was gegen § 66 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 verstoße.
[24] 1.2 Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es möge zwar zutreffen, dass der durchschnittliche Kunde der Beklagten, wenn er die Bedeutung der in Klausel 1 verwendeten Abkürzungen „VbV“ und „MCSC“ nicht kenne, die Erklärung dafür an erwartbarer Stelle zu Beginn der AGB (Punkt 1.) suchen werde und dort sowie aus Punkt 3.2. der AGB (Klausel 1) erfahre, dass es sich dabei um spezielle Sicherheitssysteme handle, die dem Karteninhaber Zahlungen und Serviceleistungen in verschlüsselten elektronischen Datennetzen ermöglichen. Der Fachbegriff „starke Kundenauthentifizierung“, der aus dem ZaDiG 2018 stamme, sei einem Karteninhaber mangels Kenntnis der Begriffsbestimmungen des ZaDiG 2018 jedoch fremd. Er werde daher allein aufgrund der Informationen aus den Punkten 1. und 3.2. der AGB nicht in der Lage sein, zu verstehen, was mit „Authentifizierung“ sowie „starke Kundenauthentifizierung“ gemeint sei; vor allem werde er nicht erkennen, dass es sich dabei um Begriffe aus dem ZaDiG 2018 handle, die dort in § 4 Z 27 und Z 28 gesetzlich definiert seien. Schon gar nicht werde ihm bewusst werden, dass die in § 4 Z 28 ZaDiG 2018 angeführten Voraussetzungen (insbesondere eine Authentifizierung unter Heranziehung von mindestens zwei Elementen der Kategorien Wissen, Besitz oder Inhärenz) erfüllt sein müssen, um von der Erfüllung des Kriteriums einer starken Kundenauthentifizierung (so Klausel 1 [3.3. der AGB]) oder dem Verlangen der Beklagten nach einer starken Kundenauthentifizierung beim Zahlungsvorgang (so Klausel 3 [6.3. der AGB]) ausgehen zu können. Klausel 1 lasse den Kunden zudem mangels Hinweises auf einen Zusammenhang mit den daran geknüpften haftungsrechtlichen Rechtsfolgen laut Klausel 3 (6.3. der AGB) darüber im Unklaren, warum erklärt werde, dass bestimmte Transaktionen das Kriterium einer starken Kundenauthentifizierung erfüllen. Beide Klauseln seien daher intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Darüber hinaus sei Klausel 1 bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin zu verstehen, dass aufgrund der Bestätigung, dass die darin angeführten Transaktionen das Kriterium einer starken Kundenauthentifizierung erfüllen, nicht die grundsätzlich gemäß § 66 Abs 1 ZaDiG 2018 dafür beweispflichtige Beklagte, sondern der Verbraucher, der bestreite, den Zahlungsvorgang einer VbV/MCSC-Transaktion autorisiert zu haben, den Beweis dafür zu erbringen habe. Aufgrund der in Klausel 1 enthaltenen Tatsachenbestätigung sei daher eine Erschwerung der Beweissituation für den Konsumenten denkbar, sodass die Klausel auch gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG verstoße.
[25] 1.3 Die Beklagte vertritt in ihrer Revision – zusammengefasst – den Standpunkt, das Berufungsgericht sei von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 7 Ob 15/10x abgewichen, in der er (sachbezogen) ausgesprochen habe, dass die Verwendung von Fachbegriffen in AGB in der Natur der Sache liege und unumgänglich sei. Einem Karteninhaber sei bei gewisser Mindestkundigkeit verständlich, was mit „starke(r) Kundenauthentifizierung“ gemeint sei, zumal dieser Begriff in den Medien eingehend erläutert worden sei. Das gelte auch für die Haftungsfolgen der starken Kundenauthentifizierung. Diese Klauseln würden keine Tatsachenbestätigung begründen und könnten daher zu keiner Beweislastverschiebung führen. Die Beurteilung, ob die „VbV/MCSC-Methode“ als starke Kundenauthentifizierung zu qualifizieren sei, sei eine Rechtsfrage, die schon ihrem Wesen nach einer Beweislast(-verschiebung) nicht zugänglich sei. Darüber hinaus sei jenes Szenario, in welchem das Berufungsgericht den Karteninhaber beweisbelastet sehe, nicht schlüssig. Das Berufungsgericht bringe die Begriffe „autorisiert“ und „authentifiziert“ durcheinander und missverstehe damit den Norminhalt des § 66 Abs 1 ZaDiG 2018.
[26] 1.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[27] 1.4.1 Zum besseren Verständnis werden auch die Punkte 1., 3.2. und 6.1. der AGB (auszugsweise) wiedergegeben:
„1. Vertragsabschluss
[…] Getrennt von der Karte erhält der Karteninhaber (KI), jeweils nur ihm bekannt gegeben, eine persönliche Identifikationsnummer (PIN), […], sowie einen Registrierungs-Code für die Teilnahme an speziellen Sicherheitssystemen, die dem KI Zahlungen und diverse Serviceleistungen (z.B. Umsatzabfrage) in verschlüsselten elektronischen Datennetzen ermöglichen. Diese Systeme sind insbesondere Verified by Visa (VbV)/Mastercard SecureCode (MCSC).“
„3.2. Der KI weist durch Bekanntgabe der Kartendaten oder Vorlage der Karte und sofern erforderlich nach einer Verifizierung durch Unterfertigung eines Beleges oder Eingabe der PIN oder bei einer VbV/MCSC Transaktion durch Eingabe des Passwortes und der mobilen Transaktionsnummer (mobileTAN) card complete unwiderruflich an, den Rechnungsbetrag an die jeweilige Akzeptanzstelle zu bezahlen. Diese Anweisung nimmt card complete bereits jetzt an.“
„6. Haftung des Karteninhabers
6.1. Der KI haftet unter Berücksichtigung eines allfälligen Mitverschuldens der card complete für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge aufgrund der Nutzung einer verlorenen oder gestohlenen als Zahlungsinstrument verwendeten Karte oder für missbräuchliche Verfügungen mit der als Zahlungsinstrument verwendeten Karte, sofern der card complete ein Schaden infolge des nicht autorisierten Zahlungsvorganges aufgrund der Nutzung eines verlorenen oder gestohlenen oder aufgrund der missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstrumentes entstanden ist: […]“
[28] 1.4.2 Die in den beanstandeten Klauseln verwendeten Fachbegriffe der „Authentifizierung“ bzw „starken Kundenauthentifizierung“ entsprechen der Terminologie des § 4 Z 27 und Z 28 ZaDiG 2018. Die vom Berufungsgericht als erläuterungsbedüftig erachteten Begriffe sind daher solche des Gesetzgebers. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 2 Ob 20/15b (Pkt 2.16.3) unter Berufung auf das Schrifttum (Bollenberger, Vertragsabschluss unter beiderseitig verdünnter Willensfreiheit, ÖBA 2016, 26 [31]) ausgesprochen, dass der Unternehmer den Gesetzgeber an Formulierungskunst nicht übertrumpfen muss. Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht an. Zutreffend weist das Berufungsgericht aber darauf hin, dass die Klausel 1 (3.3. der AGB) völlig offen lässt, aus welchem Grund erklärt wird, dass bestimmte Transaktionsarten (VbV/MCSC) das Kriterium einer starken Kundenauthentifizierung erfüllen. Allein aus dieser Klausel erschließt sich einem durchschnittlichen Verbraucher nicht, was diese Bestimmung bezweckt. Erst eine Zusammenschau mit Klausel 3 (6.3. der AGB) lässt einen haftungsrechtlichen Zusammenhang erkennen, ohne diesen ausreichend deutlich offen zulegen. Damit erweisen sich diese beiden Klauseln als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG, weil die konkreten Rechtsfolgen für den Verbraucher verschleiert werden.
[29] 1.4.3 Nach § 66 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 hat, wenn ein Zahlungsdienstnutzer bestreitet, einen ausgeführten Zahlungsvorgang autorisiert zu haben, oder geltend macht, dass der Zahlungsvorgang nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurde, der Zahlungsdienstleister nachzuweisen, dass der Zahlungsvorgang authentifiziert war. Der Nachweis der Nutzung eines Zahlungsinstruments reicht für sich allein genommen für den Nachweis der Autorisierung des Zahlungsvorgangs durch den Zahler, einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der Sorgfaltspflichten gemäß § 63 ZaDiG 2018 oder eines Handelns des Zahlers in betrügerischer Absicht nicht notwendigerweise aus (§ 66 Abs 3 erster Satz ZaDiG 2018). Dem Zahlungsdienstnutzer steht es damit offen, die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs nachzuweisen, womit die Beweislast, dass ua der Zahlungsvorgang authentifiziert war, wieder auf den Zahlungsdienstleister übergeht, der dann den strikten Beweis zu erbringen hat (zur Vorgängerbestimmung des § 34 Abs 3 ZaDiG 2009: 10 Ob 5/16g [Pkt 2.3]; Haghofer in Weilinger/Knauder/Miernicki, ZaDiG 2018 § 66 Rz 20 f). Das schließt nach § 66 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 den Nachweis mit ein, dass der Zahlungsvorgang mit Hilfe des gemäß § 48 Abs 1 Z 2 lit c leg cit im Rahmenvertrag vereinbarten Verfahrens authentifiziert worden ist und dieses Verfahren sowie die verwendeten Authentifizierungselemente den gesetzlichen Vorgaben entsprechen (Haghofer aaO § 66 Rz 12 ff).
[30] 1.4.4 Die Klausel 1 iVm der Klausel 3 ist bei kundenfeindlichster Auslegung so zu verstehen, dass die Beklagte zwar den Nachweis erbringen muss, dass das Verfahren mithilfe der VbV/MCSC-Methode authentifiziert wurde; dass diese Methode das Kriterium einer starken Kundenauthentifizierung erfüllt (so Klausel 1 = 3.3 der AGB) stellt – bei gebotener kundenfeindlichster Auslegung – aber eine Tatsachenbehauptung dar, die die Rechtsdurchsetzung des Verbrauchers beeinträchtigen kann, weil sie ihn mit einem Beweis belastet, den er sonst nicht erbringen müsste (RS0121955). Der Karteninhaber müsste den Beweis erbringen, dass das VbV/MCSC-Verfahren und die verwendeten Authentifizierungselemente nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Die Klausel verstößt daher gegen die in § 66 Abs 1 ZaDiG 2018 aufgestellte Beweislastverteilung und ist damit unzulässig iSd § 6 Abs 1 Z 11 KSchG.
2. Klausel 2:
„(5.6.) Der KI […] hat sich in angemessenen Abständen vom Fortbesitz der Karte zu überzeugen.“
[31] 2.1 Nach Ansicht des Erstgerichts setze § 63 ZaDiG 2018 den Art 69 der Richtlinie (EU) 2015/2366 um. In den ErläutRV (11 BlgNR 26. GP 17) sei festgehalten, dass eine gesetzliche Verpflichtung des Zahlungsdienstnutzers, das Zahlungsinstrument selbst vor unbefugtem Zugriff zu schützen, keine Grundlage im Text der Richtlinie habe. Damit sei der klare Wille des Gesetzgebers belegt, eine Verpflichtung, wie sie in der Klausel vorgegeben sei, nicht zuzulassen.
[32] 2.2 Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Verpflichtung des Karteninhabers zur fortlaufenden Überprüfung, ob das Zahlungsinstrument bei ihm noch vorhanden ist, für Kreditkarten grundsätzlich innerhalb der durch § 63 ZaDiG 2018 normierten Schranken der Zumutbarkeit auch in AGB wirksam vereinbart werden könne. Jedoch sei der Begriff des „angemessenen Abstands“ intransparent, weil die Klausel für den Verbraucher keine Anhaltspunkte biete, welche zeitlichen Abstände im Regelfall als angemessen gelten, ob diese stets gleich bleiben oder ob sich die Anforderungen an die Häufigkeit der Nachschau nur nach objektiven Kriterien richten sollen oder ob dafür auch die subjektiven Umstände, insbesondere auch Fragen der Zumutbarkeit solcher Maßnahmen für den Karteninhaber entscheidend seien.
[33] 2.3 Die Beklagte vertritt in ihrer Revision, die Auffassung, dass die verwendete Formulierung „angemessen(en) [Abständen]“ für den Karteninhaber klar und verständlich sei. Das Transparenzgebot erfordere nicht, dass dem Verbraucher jede einzelne Fallkonstellation und Rechtsfolge minutiös dargelegt werde. Es genüge, diesem einen Überblick zu geben, mit welchen Rechtsfolgen er zu rechnen habe. Die beanstandete Klausel ermögliche die gebotene Beurteilung im Einzelfall.
[34] 2.4 Die Revision ist nicht berechtigt.
[35] 2.4.1 Das Berufungsgericht ging zutreffend davon aus, dass die Formulierung in „angemessenen Abständen“ intransparent ist. Durch die Klausel wird dem Karteninhaber eine Sorgfaltspflicht auferlegt, wobei – wie das Berufungsgericht zutreffend aufzeigte – unklar bleibt, wie er diese zu erfüllen hat. Diese Klausel verstößt damit gegen das Bestimmtheitsgebot als Teil des Transparenzgebots (für viele 9 Ob 73/17a mwN). Wenn die Revisionswerberin meint, die Klausel ermögliche „die gebotene Einzelfallbeurteilung“, zeigt sie nicht auf, wie der Karteninhaber die ihm auferlegte Verpflichtung erfüllen kann.
[36] 2.4.2 In der Entscheidung zu 8 Ob 106/20a [Pkt 1.3.2] hat der Oberste Gerichtshof bereits klargestellt, dass § 63 Abs 3 ZaDiG 2018 – anders als noch die Vorgängerbestimmung des § 36 Abs 1 und 2 ZaDiG 2009 – grundsätzlich keine gesetzliche Verpflichtung des Zahlungsdienstnutzers mehr vorsieht, das Zahlungsinstrument selbst vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Da ein Zahlungsinstrument nur dann vorliegt, wenn es mit personalisierten Sicherheitsmerkmalen ausgestattet ist (5 Ob 15/20x [Pkt 5.4.3]), kann zwar eine Verpflichtung, dass der Zahlungsdienstnutzer zum Schutz des Zahlungsinstruments verhalten ist, als bloße Konkretisierung der Pflicht nach § 63 ZaDiG 2018 gesehen werden, die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor einem unbefugten Zugriff zu schützen. Name, Adresse oder Nummern, die auf einer Zahlungskarte ersichtlich sind, zählen aber nicht zu den personalisierten Sicherheitsmerkmalen (5 Ob 15/20x [Pkt 5.4.3]; 9 Ob 32/18y [Pkt 3.3] je mwN). Soweit mit der angefochtenen Klausel dem Verbraucher auferlegt wird, sich vom Fortbesitz der Karte zu überzeugen und damit diese selbst sowie die daraus ersichtlichen nicht personalisierten Sicherheitsmerkmale vor einem unbefugtem Zugriff zu schützen, erweitert sie zum Nachteil des Verbrauchers dessen Pflichten nach § 63 ZaDiG 2018. Klausel 2 ist daher auch nach § 55 Abs 2 ZaDiG 2018 unwirksam.
3. Klauseln 5a und 19:
Klausel 5a:
„(9.7.) Im Fall, dass der Kartenvertrag aus Bonitätsgründen gesperrt wird und dies auf einem Verschulden des KI beruht, ist card complete berechtigt, Sollzinsen in Rechnung zu stellen, wobei hierfür die Berechnung des Punktes 9.6. nicht zur Anwendung gelangt. Diese Zinsen werden jeweils mit jenem Tag, welcher dem Tag nach Ablauf der in der jeweiligen Umsatznachricht angegebenen Frist (Punkt 7.7.) folgt verzinst, kapitalisiert und angelastet. Diese Zinsen werden monatlich kapitalisiert, wodurch Zinseszinsen entstehen können. [...] Wird eine Sperre aus Bonitätsgründen aufgehoben, so kommt ab diesem Zeitpunkt wieder die Berechnung laut Punkt 9.6. zur Anwendung.“
Klausel 19:
„(20.) Entgelte, Gebühren, Kostenersätze und Zinsen:
[…]
effektiver Sollzinssatz bei monatlicher Kapitalisierung gemäß Punkt 9.7. 14,95 %“
[37] 3.1 Das Erstgericht erachtete diese Klauseln als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Es fehle an einer Definition des Begriffs „Bonitätsgründe“. Offen bleibe, welche Umstände keine ausreichende Bonität begründeten. Bei den als „Sollzinsen“ bezeichneten Zinsen handle es sich um Verzugszinsen, denen aufgrund des deutlich über den marktüblichen Zinssätzen für unbesicherte Verbraucherkredite liegenden Fixzinssatzes der Charakter einer Vertragsstrafe zukomme, die aber dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliege. Dieser Umstand werde dem Verbraucher verschleiert und mache diese Klauseln ebenfalls intransparent. Eine deutliche Überschreitung des aktuellen Zinsniveaus führe außerdem zu einer Überkompensation des Schadens der Beklagten infolge des Zahlungsverzugs und sei unangemessen. Die Klauseln seien daher auch gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
[38] 3.2 Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Beklagte in ihrer Berufung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts, dass die Verzugszinsen iHv 14,95 % einer Vertragsstrafe gleichkämen, und die Klauseln (auch) deshalb gröblich benachteiligend seien, nicht entgegen trete, die daher auch nicht überprüft werden könne. Schon deshalb sei von der Unwirksamkeit der Klausel auszugehen. Im Übrigen seien die Klauseln auch aus den vom Erstgericht genannten Gründen intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Überdies werde dem Karteninhaber die Rechtsfolge, wonach er auch bei mehrfachem Zahlungsverzug aus Versehen mit Sollzinsen belastet werden könnte, mit dem bloßen Hinweis auf eine Kartensperre aus Bonitätsgründen verschleiert.
[39] 3.3 Die Beklagte entgegnet in ihrer Revision, das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG erfordere keine detaillierte Darstellung jeder einzelnen Rechtsfolge einer Klausel. Es genüge, dass sich der Verbraucher ein Bild darüber machen könne, mit welchen Rechtsfolgen er zu rechnen habe. Zudem sei jedem Verbraucher verständlich, dass seine Bonität in Frage gestellt werde, wenn er mehrmals in Zahlungsverzug gerate, selbst wenn er rein theoretisch zahlungsfähig wäre.
[40] 3.4 Die Revision ist nicht berechtigt.
[41] 3.4.1 Die Beklagte setzt sich in dritter Instanz mit den Argumenten des Berufungsgerichts, warum es die Klauseln nach § 879 Abs 3 ABGB als gröblich benachteiligend und deshalb unzulässig beurteilte, nicht auseinander und kann schon deshalb keine unrichtige rechtliche Beurteilung dieser Frage aufzeigen (vgl RS0118709). Im Übrigen ist die Argumentation der Beklagten auch nicht geeignet, Bedenken gegen die Beurteilung der Vorinstanzen hervorzurufen.
[42] 3.4.2 Verzugszinsen mit einem die üblichen Zinsen übersteigenden Zinssatz kommt der Charakter einer Vertragsstrafe zu (9 Ob 11/18k [Klausel 6]). Vertragsstrafen unterliegen nicht nur der Inhaltskontrolle, sondern auch einer Angemessenheitskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB und sind dann gröblich benachteiligend, wenn der vorgesehene Verzugszinssatz den dem Gläubiger tatsächlich durch den Verzug entstehenden, durchschnittlichen Schaden beträchtlich übersteigt (vgl RS0016913). Da der im vorliegenden Fall in der Klausel 19, die in einem Regelungszusammenhang mit der Klausel 5a steht, vorgesehene Zinssatz von 14,95 % – wie vom Erstgericht (unbekämpft) ausgeführt – weit über dem Marktniveau liegt, führt die deutliche Überschreitung des aktuellen Zinsenniveaus zu einer Überkompensation des Schadens, der der Beklagten durch den Verzug entsteht. Die Klausel ist daher unangemessen und gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
[43] 3.4.3 Allgemeine Vertragsbestimmungen müssen den Verbraucher im Rahmen des Möglichen und Überschaubaren zuverlässig über seine Rechte und Pflichten aus dem Vertrag informieren. Er soll möglichst durchschaubar, klar, verständlich und angepasst an die jeweilige Vertragsart so aufgeklärt werden, dass er nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten und ihm auch keine unberechtigten Pflichten auferlegt werden (vgl RS0115217 [T8]). Nach Ansicht der Beklagten erlauben die angefochtenen Klauseln eine Kartensperre und in der Folge die Verrechnung der in der Klausel 19 vorgesehenen Sollzinsen auch dann, wenn der Karteninhaber mit Zahlungen trotz ausreichender wirtschaftlicher Rückzahlungsfähigkeit etwa aus Nachlässigkeit und ungeachtet seiner Zahlungswilligkeit in Verzug gerät. Diese Rechtsfolge wird ihm in der Klausel mit dem bloßen Hinweis auf eine Kartensperre aus Bonitätsgründen verschleiert. Die Klauseln sind damit auch intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
4. Klausel 5b:
„(9.7.) Einlangende Zahlungen des KI werden jeweils auf die älteste Schuld gebucht.“
[44] 4.1 Das Erstgericht beurteilte diese Klausel als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, weil sie dem Schuldner die Möglichkeit nehme, entgegen §§ 1415 und 1416 ABGB die Tilgung eines bestimmten Postens zu erklären, und es der Beklagten ermögliche, Zahlungen des Kunden auch entgegen dessen Widmung anrechnen zu können.
[45] 4.2 Das Berufungsgericht bestätigte diese Ansicht. Entscheidend sei nicht, dass durch diese Tilgungsregel die Zinsenbelastung für den Verbraucher gering gehalten werden könne, sondern dass ihm dadurch die Möglichkeit genommen werde, die Tilgung eines bestimmten Postens zu erklären.
[46] 4.3 Die Beklagte hält dem in ihrer Revision entgegen, dass eine Benachteiligung des Verbrauchers durch diese Klausel nicht denkbar sei, weil die älteste Forderung den Karteninhaber mit den meisten Nebenkosten belaste. Eine Anrechnung auf die älteste Forderung sei für den Kunden daher in jeder Hinsicht vorteilhaft.
[47] 4.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[48] Der Oberste Gerichtshof hatte zu 6 Ob 17/16t (Klausel 10) und 6 Ob 228/16x (Klausel 20) und 1 Ob 124/18v (Klausel 18) ähnliche Klauseln zu beurteilen und diese als gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB erkannt. Durch die Klausel 5b (9.7. der AGB der Beklagten) wird dem Schuldner die Möglichkeit genommen, die Tilgung eines bestimmten Postens zu erklären. Zwar sind §§ 1415 und 1416 ABGB dispositives Recht; durch die Klausel wird der Beklagten aber die Möglichkeit eingeräumt, eingehende Zahlungen des Kunden auch entgegen seiner Widmung anzurechnen. Dem tritt die Beklagte auch nicht entgegen. Damit ist die Klausel – wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte – gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
5. Klausel 6:
„(10.3.) In Fällen von card complete leicht fahrlässig verursachten Schäden ist ihre Haftung auf den typischen vorhersehbaren Schaden aus der Verletzung von vertraglichen Hauptleistungspflichten beschränkt.“
[49] 5.1 Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Durch die Beschränkung der Haftung auf typisch vorhersehbare Schäden sei diese Klausel geeignet, dem Verbraucher ein unklares bzw unvollständiges Bild seiner Rechte zu vermitteln. Sie sei daher intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG.
[50] 5.2 Auch das Berufungsgericht ging davon aus, dass diese Klausel intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG ist. Die Tragweite der Haftungsbeschränkung im Hinblick auf den unbestimmten Begriff der typisch(en) vorhersehbaren Schäden erschließe sich dem durchschnittlichen Verbraucher nicht. Der Umstand, dass die Klausel keinen generellen und uneingeschränkten Haftungsausschluss in Fällen leichten Verschuldens normiere, könne daran nichts ändern.
[51] 5.3 Nach Ansicht der Beklagten in ihrer Revision handle es sich bei der Wendung „typisch vorhersehbare Schäden“ um einen allgemein verständlichen Rechtsbegriff, der zumindest abstrakt auch einem Verbraucher zugänglich sein müsse. Jeder Verbraucher werde sich ein Bild machen können, was grundsätzlich darunter zu verstehen sei und welche Rechtsfolgen daraus entstünden.
[52] 5.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[53] Zu 1 Ob 124/18v hatte der Oberste Gerichtshof eine Klausel zu beurteilen (dort Klausel 10), in der die Haftung für leicht fahrlässig verursachte Schäden auf den „typisch vorhersehbaren Schaden“ begrenzt werden sollte. Der 1. Senat gelangte zum Ergebnis, die Beschränkung der Haftung auf typisch vorhersehbare Schäden sei geeignet, dem Verbraucher ein unklares bzw unvollständiges Bild seiner Rechte zu vermitteln. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Die Klausel 6 ist daher als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG zu qualifizieren.
6. Klauseln 7 und 21:
Klausel 7:
„(12.2.) Besitzt eine Karte über das Vertragsende hinausgehende Gültigkeit, so hat der KI die jeweilige Karte binnen zwei Wochen nach Vertragsbeendigung an card complete zurückzustellen oder die Vernichtung der jeweiligen Karte schriftlich unterfertigt zu bestätigen. Unterlässt dies der KI schuldhaft, ist card complete berechtigt, nach ungenütztem Verstreichen der zweiwöchigen Frist gegen Verrechnung eines Manipulationsentgelts (Punkt 20.) ihn neuerlich dazu aufzufordern und/oder die Karte einzuziehen.“
Klausel 21:
„(20.) [...] Manipulationsentgelt gem. Punkt 12.2./13.6. EUR 40,-“
6.1 Das Erstgericht gab der Klage statt. Der Oberste Gerichtshof habe zu 9 Ob 82/17z (Klausel 21 und 27) eine vergleichbare Regelung beurteilt und die Vereinbarung eines dort als „Sperrgebühr“ bezeichneten Entgelts für unzulässig erklärt. Mit dem in der Klausel vorgesehenen „Manipulationsentgelt“ werde in Wahrheit eine solche „Sperrgebühr“ festgelegt. Sie sei eine Vertragsstrafe, der keine adäquate Leistung der Beklagten gegenüberstehe. Die Vereinbarung einer mit 40 EUR auch überhöhten Vertragsstrafe sei jedenfalls gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
[54] 6.2 Das Berufungsgericht verwies ebenfalls auf 9 Ob 82/17z. In dieser Entscheidung habe das Höchstgericht zwei Klauseln (dort die Klauseln 21 und 27), in denen die Verrechnung einer „Sperrgebühr“ von 40 EUR für den Fall, dass der Karteninhaber die Rückstellung oder schriftliche Bestätigung der Vernichtung der Karte schuldhaft unterlasse, vorgesehen gewesen sei, mit der Begründung als unwirksam erkannt, dass die in § 35 Abs 1 ZaDiG aF vorgesehene Sperrmöglichkeit eine sonstige Nebenpflicht im Sinn des § 27 Abs 3 ZaDiG aF bilde, für die der Zahlungsdienstleister kein (gesondertes) Entgelt verrechnen dürfe. Auch die in § 62 Abs 1 ZaDiG 2018 vorgesehene Sperrmöglichkeit sei eine Schutzmaßnahme im Sinn des § 56 Abs 1 ZaDiG 2018, die nicht dem taxativ aufgezählten Ausnahmekatalog des § 56 Abs 1 ZaDiG 2018 zuzuordnen sei. Dafür dürfe der Zahlungsdienstleister daher kein (gesondertes) Entgelt verrechnen. Die Klauseln seien daher wegen ihres Verstoßes gegen § 56 Abs 1 ZaDiG 2018 unwirksam.
[55] 6.3 Die Beklagte vertritt in ihrer Revision den Standpunkt, anders als die zu 9 Ob 82/17z für ungültig befundenen Klauseln sähen die hier inkriminierten Regelungen nicht die Verrechnung einer Sperrgebühr vor, sondern enthielten ein Manipulationsentgelt im Sinn eines Aufwandersatzes für ein Aufforderungsschreiben. Dieser rein administrative Aufwand könne als sonstiges Entgelt für die Erbringung von Zahlungsdiensten oder im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag gemäß § 56 Abs 4 ZaDiG 2018 frei vereinbart werden. Zudem betreffe diese Klausel keinen Fall, in dem die Sicherheit des Zahlungsmittels gefährdet sei, vielmehr verlange der Zahlungsdienstleister lediglich sein Eigentum zurück.
[56] 6.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[57] 6.4.1 § 56 Abs 1 ZaDiG 2018 lautet:
„Ein Zahlungsdienstleister darf einem Zahlungsdienstnutzer für die Erfüllung der Informationspflichten oder für Berichtigungs- und Schutzmaßnahmen nach diesem Hauptstück keine Entgelte in Rechnung stellen. Nur für folgende Leistungen dürfen vom Zahlungsdienstleister Entgelte verlangt werden:
1. Mitteilung über die Ablehnung eines Zahlungsauftrages gemäß § 73 Abs. 1;
2. Widerruf eines Zahlungsauftrages nach dem Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit gemäß § 74 Abs. 3 und
3. Wiederbeschaffung eines Geldbetrages wegen einer fehlerhaften Ausführung des Zahlungsvorgangs aufgrund eines vom Zahlungsdienstnutzer fehlerhaft angegebenen Kundenidentifikators (§ 79 Abs. 2).
Entgelte gemäß Z 1 bis 3 sind nur zulässig, wenn sie zwis