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L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
BAO §201;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 8. April 1994, Zl. UVS-05/26/00227/93, betreffend Übertretung des Wiener Vergnügungssteuergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Aufwandersatzmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Eine Gastronomie GmbH als Lokalinhaberin und eine natürliche Person als Eigentümerin und Aufstellerin meldeten am 10. September 1990 einen Apparat "TV Lucky" an einem näher bezeichneten Aufstellungsort zur Vergnügungssteuer an, wobei sie diesen Apparat in die Kategorie "Apparat mit Spielergebnisanzeige (ausgenommen Fußballspiel- und Hockeyautomaten) sofern er nicht unter die Kategorie 6 fällt" mit einem Steuerbetrag pro begonnenem Kalendermonat von 3.000,-- S einordneten. Eine Revision durch den Magistrat der Stadt Wien am 15. September 1990 führte zu keiner Beanstandung. Anläßlich einer Revision am 6. März 1991 wurde in der von der Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der Lokalinhaberin unterfertigten Niederschrift des Magistrates der Stadt Wien festgehalten:
"Weiters ist ein USPA TV-Lucky mit der Platine "Lady Liner" seit der Anmeldung d.i. seit ca. Mitte 9/90 im Lokal aufgestellt und wird seit diesem Zeitpunkt unverändert zum Spielen für meine Gäste zur Verfügung gehalten. Steuerausweis ist am Gerät nicht angebracht."
Im Prüfungsbericht wurde ferner vermerkt, daß es sich bei dem Apparat "TV-Lucky" Type "Lady Liner" um einen Apparat gemäß § 6 Abs. 4 Vergnügungssteuergesetz (VGSG) mit einer Vergnügungssteuer von S 14.000,-- monatlich handle. Weiters heißt es:
"Im Hinblick auf das anhängige Verfahren wurde (die Beschwerdeführerin) von der amtlichen Bemessung nicht in Kenntnis gesetzt."
Mit Schreiben vom 26. Juni 1991 forderte der Magistrat der Stadt Wien die Beschwerdeführerin sowie die Eigentümerin und Aufstellerin auf, den in Rede stehenden Apparat zur Vergnügungssteuer anzumelden. Eine solche Anmeldung wurde nicht vorgenommen. Mit Schreiben vom 31. Juli 1991 meldete die Eigentümerin und Aufstellerin den Apparat von der Vergnügungssteuer ab. Anläßlich einer Revision am 10. August 1991 wurde am Aufstellungsort ein Gerät mit einer Steuerausweisnummer und der Platine "Lady Liner" vorgefunden. Dieses Gerät wurde am 12. August 1991 rückwirkend zum 1. August 1991 mit dem Steuersatz S 14.000,-- angemeldet. Auf der Anmeldung vermerkt war aber: "Ich bin der Meinung und diese wurde amtsbestätigt, es handelt sich um eine TV-Platine mit 3000".
Mit Bescheid vom 5. Dezember 1991 schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Lokalinhaberin sowie der Eigentümerin und Aufstellerin als Gesamtschuldner für den Zeitraum September 1990 bis Juli 1991 die Vergnügungssteuer in der Höhe von S 154.000,-- vor. Die Berufung dagegen wurde als unbegründet abgewiesen, ebenso die dagegen erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 17. Dezember 1993, Zl. 92/17/0296).
Nach Aufforderungen zur Rechtfertigung vom 3. Juli 1992 und 20. November 1992 erging an die Beschwerdeführerin nachstehendes Straferkenntnis vom 4. Mai 1993:
"Sie haben als Geschäftsführerin der Lokalinhaberin, der
... Gastronomie GesmbH., die Vergnügungssteuer für das im
Betrieb in Wien ... gehaltene Bildschirmgerät der Type
"Lady Liner" für die Monate September 1990 bis August 1991
im Gesamtbetrag von 156.000,-- S unter Verletzung der
Anmeldepflicht nicht entrichtet, dadurch die
Vergnügungssteuer in Wien in der Zeit von September 1990
bis 5. Dezember 1991 verkürzt und eine
Verwaltungsübertretung begangen. Sie haben dadurch folgende
Rechtsvorschriften verletzt: § 19 Abs. 1 VGSG 1987 § 9
Abs. 1 VStG. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden
über Sie folgende Strafen verhängt: Geldstrafe von
S 187.000,--, falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Tagen."
In der Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei belegt durch ein späteres Sachverständigengutachten der keinesfalls von vornherein abzulehnenden Ansicht gewesen, die Platine "Lady Liner" sei nach § 6 Abs. 3 VGSG zu versteuern, sodaß es an der für die Bestrafung unerläßlichen subjektiven Tatseite fehle, da sie ihrer Ansicht nach lediglich eine Platine gegen eine derselben Steuerkategorie ausgetauscht habe. Ebenfalls könne der Verkürzungszeitraum nicht stimmen, weil im März 1991 angegeben worden sei, die Platine "Lady Liner" befinde sich seit einem Monat im Gerät. Es sei auch nicht richtig, daß die Lokalinhaberin und die Aufstellerin die Steuer bis 5. Dezember 1991 verkürzt hätten. Die Erstbehörde selbst werfe eine Nichtentrichtung der Steuer bis August 1991 vor. Es könne daher keine Verkürzung bis 5. Dezember 1991 vorliegen. Auch aus diesem Grund sei die Tat nicht ausreichend konkretisiert.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid wurde das angefochtene Straferkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wie folgt abgeändert:
"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abgeändert als der erste Absatz des Spruches zu lauten hat:
"Sie haben als Geschäftsführerin der Lokalinhaberin, der
... GastronomiegesmbH., die Vergnügungssteuer für ein im
Betrieb in Wien ... gehaltenes Bildschirmgerät mit der
Platine "Lady Liner" für die Monate September 1990 bis
August 1991 im Gesamtbetrag von 156.000,-- S unter
Verletzung der Anmeldepflicht nicht entrichtet, dadurch die
Vergnügungssteuer in Wien in der Zeit von September 1991
bis 5. Dezember 1991 verkürzt und eine
Verwaltungsübertretung begangen."
Die Zitierung der verletzten Verwaltungsvorschriften hat zu lauten: Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 17 Abs. 3 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 und § 19 Abs. 1 des Vergnügungssteuergesetzes 1987, LGBl. für Wien Nr. 43, in der zur Tatzeit geltenden Fassung, in Verbindung mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991.
Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 187.000,-- auf S 70.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Tagen auf 21 Tage herabgesetzt wird. Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf S 7.000,-- das sind 10 % der verhängten Geldstrafe, reduziert.
Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt."
Zum Verschulden führte die belangte Behörde in der Begründung aus, die Beschwerdeführerin bestreite in ihrer Berufung, eine Steuerverkürzung beabsichtigt zu haben. Sofort, nachdem ihr die Auffassung bekanntgeworden sei, daß der Apparat "Lady Liner" gemäß § 6 Abs. 4 VGSG mit S 14.000,-- monatlich besteuert werde, wäre die höhere Steuer abgeführt worden. Damit in Widerspruch stehe der als erwiesen angenommene Sachverhalt, demzufolge der Beschwerdeführerin schon bei der Aufstellung des Gerätes "Lady Liner", bekannt gewesen sei, daß dafür S 14.000,-- zu entrichten wären. Bei der Abrechnung mit der Eigentümerin bzw. dem geschiedenen Ehegatten sei dieser Steuerbetrag sogar bei der Aufteilung der Erlöse in Abzug gebracht worden. Selbst auf die Aufforderung des Magistrates der Stadt Wien vom 26. Juni 1991, eine nachträgliche Anmeldung vorzunehmen, habe die Beschwerdeführerin nicht reagiert. Weiters wurde die Höhe des Verkürzungsbetrages, das Nichtvorliegen der Verjährung sowie die Strafbemessung begründet.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 14. Juni 1994, B 1042/94-3, B 1043/94-3, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin erkennbar in ihrem Recht auf Nichtbestrafung nach dem Vergnügungssteuergesetz verletzt, sie beantragt, den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes) aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 VGSG 1987, LGBl. für Wien Nr. 43 in der Fassung LGBl. Nr. 44/1990, sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von höchstens 300.000,-- S verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 600.000,-- S zu bestrafen. Im Fall der Uneinbringlichkeit tritt anstelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen. Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von mehr als 300.000,-- S verkürzt wird, sind vom Gericht als Finanzvergehen mit Freiheitsstrafen bis zu neun Monaten oder Geldstrafen bis 360 Tagessätzen zu bestrafen.
Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind Übertretungen der §§ 6 Abs. 9, 14 Abs. 1, 2, 4 und 7 und 17 Abs. 1 und 3 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 6.000,-- zu bestrafen. Im Falle der Uneinbringlichkeit tritt an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VGSG in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 73/1990, kundgemacht am 21. Dezember 1990, sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von höchstens 300.000,-- S verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 600.000,-- S zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von mehr als 300.000,-- S fahrlässig oder vorsätzlich verkürzt wird, sind vom Gericht als Finanzvergehen mit Freiheitsstrafen bis zu neun Monaten oder mit Geldstrafen bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Monaten festzusetzen.
Der Tatbestand des § 19 Abs. 1 VGSG setzt ein Verhalten (Handlungen oder Unterlassungen) voraus, durch welches die Steuer verkürzt wird. Das Verhalten und die Verkürzung stehen demnach in einem unmittelbaren Kausalzusammenhang. Zu diesem Verhalten zählen alle Umstände, die vorliegen müssen, um die Steuer zu verkürzen. Im Beschwerdefall wird der Beschwerdeführerin vorgeworfen, unter Verletzung der Anmeldepflicht die Abgaben nicht entrichtet zu haben.
Gemäß § 14 Abs. 1 VGSG sind die im § 1 genannten Vergnügungen vom Unternehmer spätestens drei Werktage vorher beim Magistrat anzumelden. Die Anmeldung hat sämtliche für die Bemessungen der Steuer in Betracht kommenden Angaben und den Ort der Veranstaltung zu enthalten. Änderungen sind dem Magistrat spätestens einen Werktag vor der Veranstaltung anzuzeigen. Soweit jedoch Änderungen erst am Veranstaltungstag eintreten, sind sie am nächsten Werktag anzuzeigen. Über die Anmeldung ist eine Bescheinigung zu erteilen. Die im § 2 Z. 4 bis 7, § 5 Abs. 2 Z. 1 und § 6 Abs. 2 zweiter Satz bezeichneten Veranstaltungen sind nicht anmeldepflichtig.
Gemäß § 14 Abs. 2 ist das Halten von Apparaten (§ 6) spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzumelden. Die Anmeldung haben alle Mitunternehmer (§ 13 Abs. 1) gemeinsam vorzunehmen und dabei auch den Mitunternehmer festzulegen, der die Zahlungen zu leisten hat.
Gemäß § 17 Abs. 3 VGSG gilt die Anmeldung von Apparaten (§ 14 Abs. 2) als Steuererklärung für die Dauer der Steuerpflicht. Die durch die Anmeldung erfolgte Selbstbemessung des Inhabers des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes wirkt im Falle eines Wechsels in der Person unmittelbar auch gegen den neuen Inhaber, wenn der Apparat weiterhin gehalten wird. Die Steuer ist erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. Bei der Zahlung ist als Verwendungszweck der Apparat anzugeben, für den die Zahlung geleistet wird; die Zahlung ist diesem Zweck entsprechend zu verrechnen.
Mit der Anmeldung nach § 14 VGSG wird die Abgabenbehörde von den für die Bemessung der Steuer maßgebenden Angaben in Kenntnis gesetzt. Ist die Anmeldepflicht und die Bekanntgabe der abgabenrechtlich relevanten Daten erfüllt, überwacht die Abgabenbehörde danach den Eingang der Zahlungen nach Selbstbemessung durch den Abgabepflichtigen. Werden auf Grund der gesetzmäßig erfolgten Anmeldung die Abgaben entsprechend entrichtet, ergeht keine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung. Bemißt der Abgabenpflichtige die Abgaben bezogen auf die Anmeldung jedoch nicht oder in geringerer Höhe, dann sind die Abgaben nach § 149 WAO bescheidmäßig festzusetzen. Der Behörde ist nämlich durch die Anmeldung der abgabenrechtlich relevante Sachverhalt bekannt, sodaß eine Nicht- oder Minderbemessung zwingend zu einer Abgabenvorschreibung in der gesetzmäßigen Höhe führt. In solchen Fällen kann daher durch die Nicht- oder Minderbemessung und -entrichtung ein Verkürzungserfolg nicht eintreten.
Das tatbildmäßige Verhalten nach § 19 Abs. 1 VGSG, durch das die Steuer verkürzt wird, setzt somit die vom Abgabepflichtigen zu vertretende Verletzung der Anmelde - bzw. Anzeigepflicht, wodurch die Abgabenbehörde in Unkenntnis abgabenrechtlich bedeutsamer Tatsachen bleibt, und die Nichtentrichtung der im Wege der Selbstbemessung ermittelten Abgaben am Fälligkeitstag voraus. Eine Abgabenverkürzung liegt demnach dann vor, wenn die Abgabe unter Verletzung einer Anmeldepflicht nicht zu den vorgesehenen Terminen entrichtet wird (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. April 1974, Zl. 68/74).
Im Beschwerdefall wurde zwar ab September 1990 ein Apparat "TV Lucky" angemeldet, ein noch in diesem Monat erfolgter Platinentausch, der eine Änderung der Steuerkategorie zur Folge hatte, wurde aber entgegen den Bestimmungen des § 14 VGSG nicht angezeigt. Im März 1991 fand eine Prüfung statt, anläßlich der die Verletzung der Anmeldepflicht wegen Haltens eines Apparates nach § 6 Abs. 4 VGSG entdeckt wurde; das Tatbild des § 19 Abs. 1 VGSG war für die dem April 1991 vorangegangenen Abgabenzeiträume daher erfüllt.
Damit war der Abgabenbehörde aber, wenn auch nicht durch eine Anmeldung, sondern durch behördliche Ermittlungen bekannt, daß im Lokal der Beschwerdeführerin ein Apparat nach § 6 Abs. 4 VGSG, für den eine Vergnügungssteuerpflicht von S 14.000,-- monatlich besteht, gehalten wird. Die Abgabenbehörde hatte somit vor Entstehen der Abgabenschuld für die nachfolgenden Abgabenzeiträume Kenntnis vom Halten eines solchen Apparates, der abgabenrechtlich bedeutsame Sachverhalt war durch die behördlichen Ermittlungen offengelegt. Bei unveränderter Sachlage (Änderungen der für die Bemessung der Steuer in Betracht kommenden Angaben sind gemäß § 14 VGSG anzeigepflichtig) war die Abgabe bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat für den Apparat nach § 6 Abs. 4 VGSG in der Höhe von S 14.000,-- zu entrichten. Wurde weiterhin der Abgabenbetrag im bisherigen geringeren Ausmaß bezahlt, dann konnte bei der Abgabenbehörde bereits bekanntem Sachverhalt ein Verkürzungserfolg verursacht durch Verletzung der Anmeldepflicht nicht mehr eintreten. Die unvollständige Abgabenentrichtung allein erfüllt noch nicht den Tatbestand des § 19 Abs. 1 VGSG, weil eine wesentliche Voraussetzung, nämlich die Unkenntnis der Abgabenbehörde vom abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt infolge Unterlassung der Anmeldung fehlt. Dabei ist strafrechtlich ohne Relevanz, ob der anläßlich der Prüfung festgestellte und damit der Behörde bekannte Sachverhalt anschließend in Form einer Anmeldung (nochmals) bekanntgegeben wird. Von einer unter Verletzung der Anmeldepflicht erfolgten Verkürzung kann bei dieser Sachlage keine Rede sein. Die bloße Nicht- oder Minderzahlung zum Fälligkeitstag ist dem Tatbild nach eine Übertretung nach § 19 Abs. 2 VGSG infolge nicht gesetzmäßiger Entrichtung der Abgaben nach § 17 Abs. 3 VGSG.
Die belangte Behörde stützte die Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen der Verkürzung der Vergnügungssteuer für den Zeitraum September 1990 bis August 1991 auf § 19 Abs. 1 VGSG. Damit hat sie verkannt, daß nach der durchgeführten Prüfung und Kenntnis der Abgabenbehörde von den abgabenrechtlich relevanten Umständen ab dem Zeitraum April 1991 nicht mehr der Tatbestand des § 19 Abs. 1 VGSG verwirklicht und die Beschwerdeführerin für den Zeitraum April bis Juli 1991, dem Zeitpunkt der Abmeldung des Apparates, nicht wegen dieses Deliktes zu bestrafen war. Für den Abgabenzeitraum August 1991 war zunächst kein Apparat angemeldet. Im Zuge einer Revision am 10. August 1991 wurde am Aufstellungsort ein solcher vorgefunden, so daß für diesen Abgabenzeitraum die Vergnügungssteuer unter Verletzung der Anmeldepflicht verkürzt und somit das Tatbild des § 19 Abs. 1 VGSG verwirklicht wurde. Die auf den Beginn des Monats August bezogene Anmeldung erfolgte nämlich am 12. August 1991 nachträglich und vermochte an der bereits eingetretenen Verwirklichung des Tatbildes nichts zu ändern.
Der Straftatbestand des § 19 Abs. 1 VGSG ist dem Tatbild nach ein Erfolgsdelikt. Das Tatbild ist dabei auf die Herbeiführung eines Erfolges, der Verkürzung der Abgabe entweder durch ein aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen (unechtes Unterlassungsdelikt) abgestellt. Eine Verkürzung liegt in solchen Fällen bereits dann vor, wenn die Abgabe nicht zu den vorgesehenen Terminen - dies ist gemäß § 14 Abs. 2 und § 17 Abs. 3 VGSG spätestens einen Tag vor der Aufstellung des Apparates und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat - entrichtet wird (vgl. hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1970, Zl. 94/69). Mit der Verkürzung ist auch der Erfolg eingetreten, das Delikt nicht nur vollendet, sondern auch beendet. Spätere nach Ablauf des vorgesehenen Termins vorgenommene Handlungen oder weiter andauernde Unterlassungen vermögen an der bereits eingetretenen Verkürzung nichts zu ändern. Ein solches Verhalten nach diesem Zeitpunkt ist auch nicht vom Tatbild erfaßt. Vielmehr sind nur die Handlungen und Unterlassungen vom Tatbild erfaßt, die in einem Kausalzusammenhang mit der Verkürzung stehen (arg.: Handlungen
oder Unterlassungen, durch welche die Steuer ... verkürzt
wird). Dies kann bei einem Verhalten nach bereits eingetretenem Erfolg nicht mehr der Fall sein.
Gemäß § 31 Abs. 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Sind seit dem im Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf gemäß § 31 Abs. 3 erster Satz VStG ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden.
Die strafbare Tätigkeit bzw. Untätigkeit ist nach dem Tatbild spätestens mit der Verkürzung der Abgabe abgeschlossen, der Erfolg ist damit eingetreten. Die Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 2 VStG berechnet sich daher ab diesem Zeitpunkt, nämlich der Verkürzung der Abgabe. Ein tatbildmäßiges strafbares Verhalten danach enthält der Tatbestand nicht. Auch für den Fall der Scheinkonkurrenz in Form eines fortgesetzten Deliktes bedeutet dies im Beschwerdefall, daß für den Zeitraum September 1990 bis März 1991 durch die letzte vorgeworfene Verkürzung für diesen Zeitraum - das ist der 28. Februar 1991 - das Delikt nach § 19 Abs. 1 VGSG geendet hat. Ein Fortsetzungszusammenhang mit den nachfolgenden Delikten nach § 19 Abs. 2 VGSG - die im angefochtenen Bescheid auch gar nicht als solche angelastet wurden - besteht schon deswegen nicht, weil ein Fortsetzungszusammenhang zur Voraussetzung hat, daß die einzelnen Tathandlungen EINES Deliktes von einem einheitlichen Willensentschluß getragen werden (vgl. Erkenntnis vom 5. November 1991, Zl. 91/04/0150). Liegen unterschiedliche Delikte vor - im Beschwerdefall § 19 Abs. 1 VGSG und § 19 Abs. 2 VGSG - fehlt es an den einzelnen Tathandlungen EINES Deliktes.
Ein fortgesetztes Delikt ist anzunehmen, wenn eine Mehrheit von Handlungen, von denen jede den Tatbestand ein und desselben Deliktes (oder derselben eintätig zusammentreffenden Delikte) begründet, auf einem einheitlich vorgefaßten Willensentschluß beruht und sie vermöge des nahen Zusammenhanges der einzelnen Handlungen - begründet durch Zeit, Ort, Gegenstand und Art des Angriffs gegen die Rechtsordnung - eine Einheit bildet. Ein Fortsetzungszusammenhang zwischen dem mit 28. Februar 1991 beendeten fortgesetzten Delikt und der Verkürzung der Vergnügungssteuer für August 1991 fehlt mangels eines nahen zeitlichen Zusammenhanges und wegen der unterschiedlichen Art des Angriffs gegen die Rechtsordnung, liegt doch den beiden genannten Zeiträumen auch ein anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde. Daraus ergibt sich, da für bereits drei Jahre zurückliegende Verkürzungen nach § 19 Abs. 1 VGSG auf Grund des § 31 Abs. 3 erster Satz VStG ein Straferkenntnis nicht gefällt werden darf, daß die Verkürzungen nach § 19 Abs. 1 VGSG hinsichtlich der Abgaben für die Monate September 1990 bis März 1991 im Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Straferkenntnisses der belangten Behörde nach § 31 Abs. 3 VStG bereits verjährt waren.
Die Verfolgungsverjährung von Übertretungen wie § 19 Abs. 2 VGSG betrüge im übrigen gemäß § 31 Abs. 2 VStG sechs Monate. Da die erste Verfolgungshandlung durch die Aufforderung zur Rechtfertigung (vorgeworfen wurde die Verkürzung der Vergnügungssteuer gemäß § 19 Abs. 1 VGSG) erst am 3. Juli 1992 erfolgte, war für die Übertretungen nach § 19 Abs. 2 VGSG betreffend die Abgabenzeiträume April bis Juli 1991 infolge Ablaufs der Frist von sechs Monaten nach § 31 Abs. 2 VStG im Zeitpunkt der Aufforderung zur Rechtfertigung bereits Verfolgungsverjährung eingetreten.
Aus diesen Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich Bestrafung der Beschwerdeführerin nach § 19 Abs. 1 VGSG für den Zeitraum September 1990 bis Juli 1991 in der Zeit von September 1991 bis 5. Dezember 1991 und - weil eine einheitliche Strafe für den gesamten Zeitraum verhängt wurde - auch für August 1991 als inhaltlich rechtswidrig. Auf das Beschwerdevorbringen zur subjektiven Tatseite und zur Strafbemessung war aus diesem Grunde nicht mehr weiter einzugehen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Auwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Der geltend gemachte Stempelgebührenaufwand war nicht zuzusprechen, weil ein solcher im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht angefallen ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994170333.X00Im RIS seit
05.10.2001Zuletzt aktualisiert am
08.04.2019