TE Vfgh Beschluss 2022/3/16 G2/2021 ua

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Veröffentlicht am 16.03.2022
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Index

25/01 Strafprozess
14/01 Verwaltungsorganisation

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd, Art140 Abs1b
StPO §1 Abs2, §77 Abs1, §91 Abs2, §106 Abs1
StaatsanwaltschaftsG §35c
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Ablehnung eines Parteiantrags gegen näher bezeichnete Bestimmungen der StPO und des StaatsanwaltschaftsG betreffend das Vorverfahren bzw den Beginn des Ermittlungsverfahrens sowie die Akteneinsicht

Spruch

Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.

Begründung

Begründung

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B-VG; vgl VfGH 24.2.2015, G13/2015).

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Der Antrag behauptet die Verfassungswidrigkeit von näher bezeichneten Bestimmungen der Strafprozessordnung und des Staatsanwaltschaftsgesetzes. Die antragstellende Gesellschaft legt ihre Bedenken im Wesentlichen wie folgt dar: Es liege eine Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze vor, weil es in einem Rechtsstaat keine Geheimakten geben dürfe. Ferner werde das Legalitätsprinzip gemäß Art18 Abs1 B-VG verletzt, weil durch das Vorverfahren vor dem Strafverfahren "ein ungeregelter (und daher rechtsleerer) Raum" entstehe und dem Bestimmtheitsgebot nicht entsprochen werde, weil unklar sei, ab welchem Zeitpunkt das Ermittlungsverfahren beginne. Dies verletze auch das Willkürverbot gemäß Art7 Abs1 B-VG. Gleichheitswidrig sei zudem, dass die Behörden den Beginn des Ermittlungsverfahrens bestimmen könnten. Darüber hinaus werde Art6 EMRK verletzt, weil die angefochtenen Bestimmungen den Rechten auf Akteneinsicht und auf Parteiengehör widersprächen.

Der Verfassungsgerichtshof hat vor dem Hintergrund seiner ständigen Rechtsprechung zu Art7 Abs1 und Art18 Abs1 B-VG sowie Art6 EMRK weder gegen die mit dem Antrag bekämpften Bestimmungen noch gegen die von Amts wegen im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit des vorliegenden Antrags anzuwendenden Bestimmungen Bedenken. Der Antrag hat sohin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des – nicht auf sämtliche Formalerfordernisse und Prozessvoraussetzungen hin geprüften – Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

Schlagworte

Strafprozessrecht, VfGH / Parteiantrag, VfGH / Ablehnung, Staatsanwaltschaft, Ermittlungsverfahren, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:G2.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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