TE Vwgh Erkenntnis 1988/9/28 88/02/0012

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Veröffentlicht am 28.09.1988
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Index

StVO
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §24 Abs3 litb

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des Dr. RN, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Dezember 1987, Zl. MA 70-9/1222/87/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Dezember 1987 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 3 lit. b StVO 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er am 9. November 1985 von 10.00 bis 11.45 Uhr in Wien 7, Kellermanngasse 6, mit einem dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeug „vor einer Hauseinfahrt geparkt“ habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Einwand des Beschwerdeführers, die ihm angelastete Tat sei verjährt, weil sich der Vorfall am 9. November 1985 ereignet habe und der „bekämpfte Bescheid vom 21. Oktober 1987 stammt“, wobei es sich um das mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte erstinstanzliche Straferkenntnis handelt, kann nur dahin verstanden werden, daß der Beschwerdeführer den Eintritt der Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs. 2 VStG 1950 geltend macht. Die belangte Behörde hat aber schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend bemerkt, daß mit der Strafverfügung vom 17. April 1986 innerhalb der Frist von sechs Monaten eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 gesetzt worden ist, sodaß dieser Einwand nicht gerechtfertigt ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 lit. b StVO 1960 ist das Parken vor Haus- und Grundstückseinfahrten verboten. Auch eine Garageneinfahrt ist - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - eine Hauseinfahrt im Sinne dieser Gesetzesstelle (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1966, Zl. 968/65, und vom 20. Dezember 1985, Zl. 85/18/0335). Ob allerdings eine derartige Einfahrt vorliegt, ist nach den äußeren Merkmalen zu beurteilen, weshalb es ohne Belang ist, ob die betreffende Garage tatsächlich benützt wird (vgl. u.a. das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 1963, Zl. 1139/62). Von der mangelnden Benützung der Garage ist aber die Unmöglichkeit ihrer Benützung zu unterscheiden, auf die sich der Beschwerdeführer aus näher von ihm angeführten Gründen berufen hat. Kann nämlich eine Garage überhaupt nicht benützt werden, sodaß auch eine dementsprechende Ein- und Ausfahrt von vornherein nicht in Betracht kommt, so kann von einer Hauseinfahrt im Sinne des § 24 Abs. 3 lit. b StVO 1960 nicht gesprochen werden, besteht doch der Regelungszweck dieser Bestimmung darin, eine (mögliche) Behinderung der Ein- bzw. Ausfahrt von Fahrzeugen hintanzuhalten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1985, Zl. 85/18/0335). Es genügte daher nicht, in der Begründung des angefochtenen Bescheides in Erwiderung auf die Verantwortung des Beschwerdeführers auf die Judikatur hinsichtlich der Unmaßgeblichkeit der tatsächlichen Benützung einer Garage und den auch vom Beschwerdeführer zugestandenen Umstand, daß der vor der Garage befindliche Gehsteig abgeschrägt sei, hinzuweisen. Wäre die Garage - wie der Beschwerdeführer behauptet - unbenützbar, so hätte er, trotz des erkennbaren äußeren Merkmales eines abgeschrägten Gehsteiges, niemanden an der Einfahrt in die Garage bzw. an der Ausfahrt aus der Garage behindern können, sodaß er auch nicht gegen die Vorschrift des § 24 Abs. 3 lit. b StVO 1960 verstoßen hätte. Insofern ist die belangte Behörde offenbar einem Rechtsirrtum unterlegen, was ganz deutlich in ihrer Äußerung vom 23. Juni 1988 zum Ausdruck kommt, in der sie (diesbezüglich unter fälschlichem Hinweis auf eine nicht näher angegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) „nach wie vor“ die Auffassung vertritt, daß „für die Annahme des Vorliegens einer Garageneinfahrt“ es u.a. nicht darauf ankommt, „ob diese Ein- und Ausfahrt ....... benutzbar ist“, weshalb ausschließlich die Abschrägung des Gehsteiges maßgebend sei. Dieser Rechtsirrtum führt aber nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - die Benützbarkeit der Garage angenommen werden muß.

Der Beschwerdeführer hat die von ihm behauptete Unbenützbarkeit der Garage bereits im Verwaltungsstrafverfahren in erster Linie damit begründet, daß über der gegenständlichen Garageneinfahrt eine Tafel mit den Worten „EINFAHRT VERBOTEN LEBENSGEFAHR“ angebracht sei, und zum Beweis dafür mehrere Lichtbilder vorgelegt (Blatt 8 des Verwaltungsstrafaktes). Die belangte Behörde, die das Vorhandensein dieser Tafel nicht in Abrede stellt, hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit deren Bedeutung nicht auseinandergesetzt. In ihrer Gegenschrift führt sie aus, daß diese Tafel „nicht für eine Unbenützbarkeit der in Rede stehenden Einfahrt spricht, wird damit doch nicht ausgeschlossen, sondern ist eher sogar anzunehmen, daß sich an jenem Ort eine Ausfahrt befindet“. Diese Argumentation erscheint insofern nicht schlüssig, als das Bestehen einer „Ausfahrt“ für Fahrzeuge nur dann denkbar ist, wenn ihnen auch eine entsprechende „Einfahrt“ (im engeren Sinne) zur Verfügung steht, und kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist, daß eine solche „Einfahrt“ an einer anderen Stelle existiert. In der bereits erwähnten Äußerung vom 23. Juni 1988 geht die belangte Behörde auf Grund nachträglich durchgeführter Ermittlungen davon aus, daß am Tatort sowohl in die Garage eingefahren als auch aus ihr ausgefahren werden kann. Diese Äußerung erfolgte auf Grund einer Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 41 Abs. 1 letzter Satz VwGG vom 18. Mai 1988, in der die vorläufige Rechtsansicht vertreten wurde, daß die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Tafel unter Umständen nicht geeignet sei, die Annahme des Vorliegens einer Garageneinfahrt infolge ihrer Unbenützbarkeit auszuschließen. Die Tafel könnte nämlich im Zusammenhang mit § 32 Abs. 1 erster Satz des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 22/1957, gesehen werden, wonach jede Anlage zum Einstellen von Kraftfahrzeugen so zu betreiben ist, daß eine Gefährdung der Gesundheit u.a. der Benützer der Anlage durch Gase oder Dämpfe vermieden wird. Es wäre daher denkbar, daß die genannte Tafel nur dem Zweck dienen sollte, Kraftfahrzeuglenker, die beabsichtigen, in die Garage einzufahren, im Falle einer solchen (mit dem Einfahren in die Garage gewöhnlich nicht verbundenen) Gesundheitsgefährdung auf diese aufmerksam zu machen und sie dadurch von einer lebensgefährlichen Einfahrt abzuhalten. Dafür könnte auch der Umstand sprechen, daß diese Tafel offenbar von hinten beleuchtet werden kann, wobei erst durch die Beleuchtung die Aufschrift besonders auffällig wird, was bedeuten würde, daß erst dann die drohende Lebensgefahr bei Einfahrt in die Garage angezeigt wird, während der Tafel aber sonst keine Bedeutung zukäme. Der Beschwerdeführer hat, ohne sonst darauf näher einzugehen, in einer dazu abgegebenen Äußerung vom 4. Juli 1988 betont, daß das Schriftbild der genannten Tafel - auch ohne Beleuchtung, die daher gar nicht notwendig sei - so „markant“ sei, daß „aus der Gesamtsituation in Verbindung“ mit diesem Umstand „nur erwartet werden kann, daß bei jedem Autolenker der Eindruck entstehen muß, daß es sich unter keinen Umständen um eine Einfahrt für Kraftfahrzeuge handeln kann“. Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht anzuschließen.

In diesem Zusammenhang ist vorauszuschicken, daß die (vom Beschwerdeführer im übrigen erstmals in dieser Äußerung behauptete) Tatsache des Fehlens von „Fahrspuren bzw. Profilspuren von Reifen“ vor der Garageneinfahrt weder für sich allein noch in Verbindung mit anderen Umständen etwas über die Benützbarkeit der Garage aussagt. Wenn der Beschwerdeführer, ebenfalls in seiner Äußerung, vorbringt, daß die Tafel „in Fortsetzung der Hauseinfahrt nur wenige Zentimeter zurückspringend angebracht ist und man nach der Bauart ohne weiteres annehmen kann, daß es sich hiebei um Lagerflächen oder sonstige gewerberechtlich genutzte Räumlichkeiten handelt, sodaß die Tafel ausschließlich deswegen angebracht ist, Personen, welche z.B. Lieferfahrten ausführen, davon abzuhalten, diese Räumlichkeit durch Einfahren zu benützen, obwohl eine weitere Einfahrtmöglichkeit nach Überfahren des sichtbaren Einfahrtsteiles nicht mehr gegeben ist, sei es z.B. durch Stufen, sei es durch eine Rampe u.s.w.“, und „nur dieser und kein anderer Eindruck trotz gehöriger Aufmerksamkeit bei einem Straßenbenützer entstehen muß“, so ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß dies wohl eine an sich denkbare Möglichkeit der Benützung der dahinterliegenden Räumlichkeit und der Bedeutung der betreffenden Tafel darstellt, dies aber - abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren nie bestritten hat, daß es sich baulich um eine Garage handelt - insofern nicht die einzige Denkmöglichkeit ist. Der Beschwerdeführer, der konkret nichts vorbringt, um die vom VwGH im Beschluß vom 18. Mai 1988 aufgezeigte (und im übrigen durch die nachträglichen Ermittlungen der belangten Behörde im wesentlichen bestätigte) Denkmöglichkeit ausschließen zu können, hätte vielmehr naheliegenderweise damit rechnen müssen, daß es sich um eine Garage handelt und die Tafel den Zweck verfolgt, nur zeitweise bei entsprechender Notwendigkeit aus gesundheitlichen Gründen die Einfahrt in die Garage zu verhindern. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß die Aufschrift auf der Tafel auch dann, wenn keine akute Gefahrensituation bei der Einfahrt in die Garage besteht und daher die Aufschrift nicht beleuchtet ist, lesbar ist; ob dies im übrigen - wie die belangte Behörde in ihrer „Replik“ vom 22. August 1988 vorbringt - nur bei Tageslicht zutrifft, kann dahingestellt bleiben. Der Beschwerdeführer fand nicht eine Tafel lediglich mit den Worten „EINFAHRT VERBOTEN“ vor, sondern eine Tafel mit diesen Worten und dem Zusatz „LEBENSGEFAHR“. Seine Schlußfolgerung, es befinde sich dort keine Garage, war - wie gesagt - nicht die einzig mögliche, wobei er aber bei der Annahme, es sei eine Garage vorhanden, als mögliche „Lebensgefahr“ bei Einfahrt in die Garage nur eine solche hätte erkennen können, die durch den Betrieb von Fahrzeugen auf Grund schädlicher Abgase verursacht wird. Daß aber eine „Lebensgefahr“ dieser Art nicht von Dauer, sondern nur vorübergehend ist, ist jedermann bekannt, und hätte daher auch dem Beschwerdeführer bekannt sein müssen. Von einer Unbenützbarkeit der Garage kann demnach auf Grund dieser Warntafel keine Rede sein, und dies hätte auch der Beschwerdeführer erkennen können. Tatsächlich wurde auch, wie aus der Anzeige hervorgeht, durch das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug des Beschwerdeführers eine Benützerin der Garage am Wegfahren gehindert. Mit Recht hat die belangte Behörde in der Gegenschrift hervorgehoben, daß der weitere vom Beschwerdeführer vorgebrachte Umstand, es seien „die Rollgitter ständig herabgelassen“, seine Verantwortung, es sei die Garage unbenützbar, nicht zu stützen vermag, kann doch daraus höchstens auf eine mangelnde Benützung, auf die es aber nicht ankommt, geschlossen werden und können die Rollgitter jederzeit wieder geöffnet werden, um die Einfahrt zu ermöglichen. Es war daher auch die vom Beschwerdeführer beantragte Durchführung eines Ortsaugenscheines zu diesem Beweisthema entbehrlich, sodaß der diesbezüglich gerügte Verfahrensmangel nicht vorliegt. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren seinen Standpunkt auch mit der Begründung zu erhärten versucht, daß bei dem gegenständlichen Garagentor zusätzlich eine Ampelanlage installiert sei, die „dauernd“ Rotlicht anzeige, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aber nicht mehr darauf Bezug genommen. Gerade der Umstand, daß eine in Betrieb befindliche Ampelanlage vorhanden ist, hätte den Beschwerdeführer - entsprechend der Äußerung der belangten Behörde vom 23. Juni 1988 - umsomehr zu der Überlegung veranlassen müssen, daß die Garage benützbar ist.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 28. September 1988

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1988:1988020012.X00

Im RIS seit

05.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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