TE Vwgh Beschluss 2022/4/7 Ra 2021/14/0300

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Veröffentlicht am 07.04.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth und die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des N S in W, vertreten durch Stefan Steinkogler, LL.M. (WU), Rechtsanwalt in 1020 Wien, Fanny-Mintz-Gasse 6/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juli 2021, W132 2175677-1/20E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 9. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er zusammengefasst einerseits mit einer behaupteten Verfolgung durch die Taliban aufgrund der Tätigkeit eines der Brüder des Revisionswerbers als Polizist und andererseits mit der Bedrohung durch die Familie eines Dorfbewohners, der bei der Flucht des Revisionswerbers aus dem Dorf durch die Taliban getötet worden sei, begründete.

2        Mit Bescheid vom 5. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Das BFA setzte weiters eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Begründend führte das BVwG, soweit hier maßgeblich, aus, der Revisionswerber habe eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Dies begründete das BVwG zusammengefasst mit widersprüchlichen Angaben zur zeitlichen Abfolge und Steigerungen des Fluchtvorbringens sowie nicht nachvollziehbaren und vagen Angaben des Revisionswerbers im Verfahren. Selbst bei Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens stehe dem Revisionswerber aber eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif offen.

5        Dagegen brachte der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision ein, zu deren Zulässigkeit zusammengefasst ausgeführt wird, das BVwG sei von näher genannter Rechtsprechung zur Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative abgewichen, habe veraltete Länderberichte verwendet sowie im Rahmen einer Stellungnahme vorgelegte Länderberichte nicht in seine Entscheidung miteinbezogen.

6        Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2021, E 3355/2021-19, hob der Verfassungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis insoweit, als damit die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und gegen den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer zweiwöchigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wurde, wegen Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Leben gemäß Art. 2 EMRK sowie im Recht gemäß Art. 3 EMRK, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen zu werden, auf. Im Übrigen - somit hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten - lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab.

7        Der Revisionswerber teilte nach Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof in einer schriftlichen Stellungnahme vom 1. März 2022 mit, im Umfang der Beschwerdeablehnung durch den Verfassungsgerichtshof, also in Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten, nicht klaglos gestellt zu sein, und hielt seine Revision in diesem Umfang ebenso wie seinen Antrag auf Kostenersatz aufrecht.

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Die Revision wendet sich unter anderem gegen die Annahme der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative sowie die Verwendung veralteter Länderberichte, somit auch gegen die Begründung des BVwG zur Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten, dass dem Revisionswerber selbst bei Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens eine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehe.

12       Die Revision hängt jedoch, insoweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde in Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, von der geltend gemachten Rechtsfrage nicht ab:

Das BVwG hat das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers im Rahmen seiner Hauptbegründung und nach einer ausführlichen Beweiswürdigung - nicht unvertretbar - als unglaubwürdig eingestuft. Diesbezüglich enthält die Revision kein Vorbringen.

13       Beruht ein angefochtenes Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung und wird im Zusammenhang damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, so ist die Revision unzulässig (vgl. VwGH 19.12.2016, Ra 2016/20/0135; 4.3.2019, Ra 2018/14/0358, mwN).

14       Die Revision war daher, insoweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde in Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 7. April 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021140300.L00

Im RIS seit

05.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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