TE Vwgh Beschluss 2022/4/11 Ra 2021/11/0095

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Veröffentlicht am 11.04.2022
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Index

L00204 Auskunftspflicht Informationsweiterverwendung Oberösterreich
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
10/10 Auskunftspflicht
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

Auskunftspflicht- und DatenschutzG OÖ 2000 §1
AuskunftspflichtG 1987 §2
AVG §17
B-VG Art133 Abs4
MRK Art6 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §24

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des R W in B, vertreten durch die Metzler & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 22. Februar 2021, Zl. LVwG-250186/4/Gf/RoK, betreffend Auskunftsbegehren nach dem Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz- und Informationsweiterverwendungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirksgrundverkehrskommission Wels und Wels-Land), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit an die belangte Behörde gerichtetem Schreiben vom 4. August 2020 führte der Revisionswerber aus, diese Behörde habe betreffend drei näher bezeichnete Rechtsgeschäfte die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt. Er begehre bezogen auf diese drei „Rechtsvorgänge“ gemäß den Bestimmungen des Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz- und Informationsweiterverwendungsgesetzes (Oö. ADIG) Auskunft zu folgenden Fragen:

„1.  Welche Antragsbehauptungen im Sinne der Voraussetzung des Oö. GVG wurden aufgestellt?

2.   Welche Beilagen wurden zur Begründung dieser Behauptungen dargelegt?

3.   Welche Gutachten wurden von der Bezirksgrundverkehrskommission eingeholt?

4.   Welchen Inhalt haben diese Gutachten?

5.   Welche Ermittlungen wurden angestellt, um festzustellen, dass die öffentlichen Interessen an der Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprochen wird und dass der Rechtserwerber die zu erwerbenden Grundflächen selbst ordnungsgemäß bewirtschaften wird oder glaubhaft gemacht hat, dass eine andere Person das zu erwerbende Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaften wird (§ 4 Abs. 2 Oö. GVG)?

6.   Welche Unterlagen und Beweismittel wurden für diese Prüfung vorgelegt?

7.   Mit welchen Begründungen wurden die Rechtsvorgänge genehmigt?

Betreffend sämtliche Fragen wird die Überlassung der entsprechenden angesprochenen Schriftstücke beantragt.“

2        Nachdem dem Revisionswerber seitens der Behörde mitgeteilt worden war, dass seinem Auskunftsbegehren nicht entsprochen werde und die betreffenden Schriftstücke nicht übermittelt würden, wiederholte dieser mit Eingabe vom 27. August 2020 seinen Antrag und ersuchte um bescheidmäßige Absprache.

3        Mit Bescheid vom 10. September 2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Revisionswerbers vom 27. August 2020 gestützt auf (u.a.) § 3 Abs. 1 iVm. §§ 5 und 6 Oö. ADIG ab.

4        In Stattgebung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Beschluss vom 2. November 2020 den Bescheid vom 10. September 2020 gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zwecks Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück.

5        Im fortgesetzten Verfahren wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 10. Dezember 2020 den Antrag des Revisionswerbers erneut ab. Die Behörde führte aus, der Erteilung der begehrten Auskunft stehe die Amtsverschwiegenheit entgegen, weil ein schutzwürdiges Interesse der Mitglieder der belangten Behörde an der Geheimhaltung der in Rede stehenden Daten gegeben sei. Diesem Interesse stehe lediglich das nicht näher dargelegte, allenfalls private Interesse des Revisionswerbers an der Auskunftserteilung gegenüber.

6        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die dagegen gerichtete Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

7        Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Eingaben des Revisionswerbers enthielten keine konkrete Bezeichnung bzw. Beschreibung jener Fakten, die der Revisionswerber in Erfahrung bringen wolle. Im Übrigen stehe der begehrten Mitteilung die Amtsverschwiegenheit entgegen. Dieser unterlägen insbesondere jene Tatsachen, die im Zuge der Vorbereitung einer Entscheidung generiert werden würden. Dazu zählten die von der belangten Behörde eingeholten Gutachten ebenso wie die subjektive Motivationslage, die deren Mitglieder dazu bewogen habe, in dem einen oder anderen Sinn zu entscheiden. Die Abweisung des vorliegenden Antrages, der im Ergebnis auf die Gewährung von Akteneinsicht abziele und dessen positive Erledigung an der Verpflichtung der Behörde zur Amtsverschwiegenheit scheitere, erweise sich daher nicht als rechtswidrig.

8        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zusammengefasst geltend gemacht wird, das angefochtene Erkenntnis weiche von näher angeführter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Verpflichtung zur Auskunftserteilung ab. Zudem liege eine Verletzung der Verhandlungspflicht vor.

Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen nicht vor:

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN).

12       Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem aufhebenden und zurückverweisenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. November 2020 werden in der Zulässigkeitsbegründung nicht aufgeworfen.

13       Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass das in Rede stehende Auskunftsbegehren auf die Gewährung von Akteneinsicht abziele, tritt die Zulässigkeitsbegründung nicht konkret entgegen. Einer in vertretbarer Weise vorgenommenen Auslegung von Parteierklärungen - wie hier des gegenständlichen Antrags des Revisionswerbers - kommt keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, und eine solche Auslegung ist daher nicht erfolgreich mit Revision bekämpfbar (vgl. VwGH 25.5.2020, Ra 2020/11/0031, mwN; siehe auch VwGH 16.7.2020, Ra 2020/02/0001).

14       Wenn die Zulässigkeitsbegründung unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1994, 94/06/0094, sowie vom 27. Februar 2009, 2008/17/0151, vorbringt, der Revisionswerber habe keineswegs die Begründung von behördlichem Handeln verlangt, sondern die Mitteilung objektiver Tatsachen, und es seien keine Verfahren anhängig, für die jene Tatsachen zur Vorbereitung einer Entscheidung notwendig seien, wird jedenfalls nicht dargelegt, dass die verwaltungsgerichtliche Beurteilung, derzufolge das gegenständliche Begehren im Ergebnis darauf abziele, ein Recht auf Akteneinsicht durchzusetzen, unvertretbar wäre.

15       Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Auskunftspflicht (hier nach dem Oö. ADIG) aber nicht dazu geeignet, eine Akteneinsicht durchzusetzen (vgl. erneut VwGH 25.5.2020, Ra 2020/11/0031, mwN). Ausgehend davon zeigt die Zulässigkeitsbegründung mit dem soeben dargestellten Vorbringen und dem Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1994, 94/06/0094, sowie vom 27. Februar 2009, 2008/17/0151, keine Abweichung von der hg. Rechtsprechung auf.

16       Mit dem Verweis auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2018, Ra 2017/03/0083, wird ebenfalls kein Abweichen von der hg. Judikatur dargelegt. Die Zulässigkeitsbegründung beruft sich darauf, dass insoweit Auskunft erteilt werden müsse, als dieser keine Verschwiegenheitsverpflichtung entgegenstehe, sodass beispielsweise „Übersichtsauskünfte“ zu erteilen seien. Welche der vom Revisionswerber formulierten Fragen bloß auf eine „Übersichtsauskunft“ abgezielt hätte bzw. in welcher Form ein „Minus“ an Auskunft zu erteilen gewesen wäre, wird nicht konkret dargelegt. Ein journalistischer Hintergrund des Auskunftsbegehrens, das die Gewährung des Zuganges zu den relevanten Dokumenten gebieten könnte, ist zudem gegenständlich nicht ersichtlich (vgl. dazu VwGH 25.5.2020, Ra 2020/11/0031; im Zusammenhang mit Art. 10 EMRK VwGH 28.6.2021, Ra 2019/11/0049).

17       Ein Verstoß gegen § 24 VwGVG wird von der Zulässigkeitsbegründung, die selbst darauf verweist, dass im Revisionsfall lediglich Rechtsfragen strittig gewesen seien, ebenfalls nicht aufgezeigt. Im Übrigen handelt es sich bei einem Begehren auf Auskunftserteilung weder um ein ziviles Recht noch um eine strafrechtliche Anklage im Sinn von Art. 6 Abs. 1 EMRK. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 47 GRC bzw. Art. 6 EMRK ist es jedoch weiterhin Sache des Revisionswerbers, die Relevanz der unterbliebenen mündlichen Verhandlung aufzuzeigen (VwGH 5.9.2018, Ra 2018/12/0030). Eine solche Relevanzdarstellung ist der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung nicht zu entnehmen.

18       Da somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 11. April 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021110095.L00

Im RIS seit

05.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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