TE Lvwg Erkenntnis 2021/11/12 VGW-031/019/15012/2021

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Veröffentlicht am 12.11.2021
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Entscheidungsdatum

12.11.2021

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

StVO 1960 §2 Abs1 Z10
StVO 1960 §8 Abs4
StVO 1960 §99 Abs3 lita
VStG 1991 §5 Abs1
VStG 1991 §19

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. Pichler über die Beschwerde der A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 16. September 2021, Zl. MA67/.../2021, betreffend eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO),

zu Recht:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die übertretene Rechtsvorschrift „§ 8 Abs. 4 StVO, BGBl. 159/1960 idF BGBl. 518/1994,“ und die Strafsanktionsnorm „§ 99 Abs. 3 lit. a StVO, BGBl. Nr. 159/1960 idF BGBl. I Nr. 39/2013“, zu lauten haben.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 15,60 (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die vor dem Verwaltungsgericht Wien belangte Behörde unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom 16. September 2021, GZ: MA67/.../2021, wurde der Beschwerdeführerin Folgendes zur Last gelegt:

1. Datum/Zeit:                  29.04.2021, 13:59 Uhr

Ort:                                        Wien, C.-allee Betroffenes Fahrzeug:                     Kennzeichen: W-... (A)

Sie haben das Fahrzeug mit allen Rädern auf dem Gehsteig, welcher hierdurch vorschriftswidrig benützt wurde, abgestellt, obwohl die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten ist und die Ausnahmebestimmungen nach § 8 Abs. 4 Ziffer 1 bis 3 StVO 1960 nicht vorlagen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 8 Abs. 4 StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

€ 78,00

18 Stunde(n)

 

§ 99 Abs. 3 lit. a StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 für jedes Delikt.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 88,00

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin das genannte Fahrzeug an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit abgestellt habe. Die belangte Behörde nehme die zur Last gelegte Tat aufgrund der Angaben des Meldungslegers im Zuge der Anzeige sowie den von ihm angefertigten Fotos als erwiesen an. Unbestritten sei sowohl die Lenkereigenschaft, als auch der Umstand, dass das gegenständliche Fahrzeug im Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt war, geblieben. Gemäß der Auskunft der Magistratsabteilung 28 vom 27. November 2020 handle es sich bei der gegenständlichen Fläche um einen Gehsteig bzw. eine Gehsteigvorziehung. Aus den Fotos des Meldungslegers ergebe sich, dass es sich bei dem Abstellort um eine, neben der Fahrbahn und von dieser durch erkennbare Markierungen, abgegrenzte Verkehrsfläche handle, und dieser Abstellort als Gehsteig zu werten sei.

2. Gegen dieses Erkenntnis erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin führt die Beschwerdeführerin aus, dass es sich bei der gegenständlichen Örtlichkeit um keinen Gehsteig handle. Die Magistratsabteilung 28 gebe einfach bekannt, dass es sich um einen Gehsteig handle, welcher weder markiert noch für einfache Betrachter gleich erkennbar sei. Es stehe nirgends, dass man dort nicht stehen dürfe. Man könne als Fußgänger nicht einfach auf diese Fläche gehen, da kein Gehsteig vorher oder nachher vorhanden sei. Daneben sei lediglich ein Radweg und davor bzw. dahinter seien Autos eingeparkt. Aus den Fotos, die die Beschwerdeführerin nicht kenne, solle sich laut Angaben der belangten Behörde ergeben, dass eine erkennbare Markierung sowie abgegrenzte Verkehrsflächen vorhanden seien. Dies sei für die Beschwerdeführerin nicht erkennbar, weshalb sie um klare Darstellung ersuche. Der gegenständliche Bereich sei ident mit den danebenliegenden Bereichen.

3. Die belangte Behörde sah von einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde samt dem Akt des Verwaltungsverfahrens vor, welche dort am 19. Oktober 2021 einlangten.

II. Sachverhalt:

Für das Verwaltungsgericht Wien steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

1. Die Beschwerdeführerin hat das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-... so abgestellt, dass es am 29. April 2021 um 13:59 in Wien, C.-allee mit allen Rädern auf einer von der Fahrbahn (und dem auf der Fahrbahn befindlichen Fahrradstreifen) durch ihre bauliche Ausgestaltung (Randstein auf gleichem Niveau, gepflasterte Fläche) deutlich zu unterscheidenden Fläche gestanden ist. Die daneben liegende Fahrbahn bzw. der Fahrradstreifen ist durchgehend asphaltiert.

2. Die Beschwerdeführerin weist eine im Tatzeitpunkt rechtskräftige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung wegen einer Übertretung des § 24 Abs. 3 lit. d StVO auf.

III. Beweiswürdigung:

Zu diesen Feststellungen gelangte das Verwaltungsgericht Wien aufgrund folgender Beweiswürdigung:

1. Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde und Würdigung des Beschwerdevorbringens.

2. Das Verwaltungsgericht Wien ist zur Überzeugung gelangt, dass das Fahrzeug der Beschwerdeführerin im Tatzeitpunkt am oben bezeichneten, näher umschriebenen Tatort abgestellt war, da sich dies unzweifelhaft aus der Anzeige des Meldungslegers sowie der dieser beigelegten Fotos des Meldungslegers ergibt. Die Tatsache, dass das Fahrzeug – wie oben beschrieben – abgestellt worden war, wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Im Übrigen ist aus dem Akt der belangten Behörde ersichtlich, dass die Beanstandungsfotos der Beschwerdeführerin als Beilage zur Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. Juli 2021 übermittelt wurden.

3. Die Feststellung zu der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkung ergibt sich aus dem von der belangten Behörde eingeholten Auszug der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen der Beschwerdeführerin.

IV. Rechtsgrundlagen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159/1960, lauten:

„§ 2. Begriffsbestimmungen.

(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als

[…]

10. Gehsteig: ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße;

[…]

§ 8. Fahrordnung auf Straßen mit besonderen Anlagen.

[…]

(4) Die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, ist verboten. Dieses Verbot gilt nicht

1. für das Überqueren von Gehsteigen, Gehwegen und Radfahranlagen mit Fahrzeugen auf den hiefür vorgesehenen Stellen,

2. für das Befahren von Mehrzweckstreifen mit Fahrzeugen, für welche der links an den Mehrzweckstreifen angrenzende Fahrstreifen nicht breit genug ist oder wenn das Befahren durch Richtungspfeile auf der Fahrbahn für das Einordnen zur Weiterfahrt angeordnet ist, wenn dadurch Radfahrer weder gefährdet noch behindert werden, sowie

3. für Arbeitsfahrten mit Fahrzeugen oder Arbeitsmaschinen, die nicht mehr als 1500 kg Gesamtgewicht haben und für die Schneeräumung, die Streuung, die Reinigung oder Pflege verwendet werden.

[…]

§ 99. Strafbestimmungen.

[…]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,        

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist,

[…].“

IV. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes – sohin gegen § 8 Abs. 4 StVO – verstößt.

Gemäß § 8 Abs. 4 StVO ist – soweit nicht eine der in § 8 Abs. 4 zweiter Satz Z 1 bis Z 3 leg.cit. angeordneten Ausnahmen vorliegt – die Benutzung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benutzung von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, verboten.

Gegen die Anordnung des § 8 Abs. 4 StVO verstößt etwa jemand, der sein Fahrzeug am Gehsteig parkt (VwGH 8.11.1995, 95/03/0149), hält (vgl. VwGH 25.9.1991, 91/02/0051), es dort abstellt (VwGH 10.4.1991, 90/03/0162, 0199) oder ihn befährt (VwGH 18.1.1989, 88/03/0209).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 10 StVO ist unter einem Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße zu verstehen.

Die Einstufung eines Straßenteiles als Gehsteig stellt stets eine rechtliche Beurteilung dar, die aufgrund der getroffenen Feststellungen zu erfolgen hat (VwGH 26.08.2020, Ra 2019/02/0118).

Wesentlich für die Qualifikation eines Straßenteiles als Gehsteig ist die erkennbare Abgrenzung von der Fahrbahn, die jedoch in unterschiedlicher Weise erfolgen kann (VwGH 13.04.1988, 87/03/0120). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 10 StVO lässt mit ihrer demonstrativen Aufzählung "durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dergleichen" erkennen, dass ein Gehsteig sowohl durch bauliche Maßnahmen als auch durch das bloße Anbringen von Bodenmarkierungen geschaffen werden kann. Die rechtliche Qualifikation eines Straßenteiles als Gehsteig hängt somit von solchen tatsächlichen Gegebenheiten ab, aus denen sich die Bestimmung für den Fußgängerverkehr und eine Abgrenzung gegenüber der Fahrbahn entsprechend der angeführten demonstrativen Aufzählung ergibt (VwGH 20.12.1985, 85/18/0144, VwSlg 11984 A/1985; vgl. auch VwGH 26.08.2020, Ra 2019/02/0118). Auch Pflastersteine können der Abgrenzung eines Gehsteiges zur Fahrbahn bilden (VwGH 18.06.1982, 82/02/0023).

Erfolgt die Abgrenzung der Verkehrsfläche zwischen der Fahrbahn und einer am Straßenrand befindlichen Mauer durch ein Pflasterband, so hindert der Umstand, dass dieses Pflasterband nicht über das Fahrbahnniveau hinausragt, nicht die Qualifikation eines Straßenteiles als Gehsteig, weil ein Gehsteig nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 10 StVO auch durch blasse Bodenmarkierungen als solcher von der Fahrbahn abgegrenzt werden kann, die sich ihrer Natur nach ebenfalls nicht vom Fahrbahnniveau abheben (VwGH 18.6.1982, 82/02/0023). Ein Gehsteig bedarf keiner Kennzeichnung durch ein Straßenverkehrszeichen (VwGH 17.06.1992, 92/02/0142).

Im vorliegenden Fall ist aus den vom Meldungsleger angefertigten aktenkundigen Fotos ersichtlich, dass sich die Fläche, auf der das Fahrzeug der Beschwerdeführerin im Tatzeitraum abgestellt war, wie in den Feststellungen ausgeführt, durch ihre gepflasterte Ausgestaltung klar vom angrenzenden Radweg und der daran anschließenden Fahrbahn unterscheidet. Es ist daher von einer erkennbaren Abgrenzung von der Fahrbahn im Sinne der vorstehend zitierten Judikatur auszugehen. Dass sich der Gehsteig im konkreten Fall nicht vom Fahrbahnniveau abhebt und nicht explizit als Gehsteig gekennzeichnet ist, schadet dieser Qualifikation – entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin – nicht.

Ob ein Gehsteig von anderen Gehsteigen (direkt) erreicht werden kann oder nicht, ist unerheblich, zumal ein Gehsteig auch unterbrochen sein kann und das Gesetz im Übrigen auch keine Beschränkung hinsichtlich der kürzest möglichen Länge eines Gehsteiges kennt; bei Beurteilung der Frage, ob ein Gehsteig vorliegt, kommt es auch weder darauf an, ob bzw. in welchem Ausmaß er von Fußgängern benötigt wird (VwGH 20.1.1986, 85/02/0192), noch darauf, ob bzw. in welchem Ausmaß die Verkehrsfläche (tatsächlich) von Fußgängern benützt wird (VwGH 13.12.1989, 89/02/0124; 27.05.1992, 92/02/0113). Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die gegenständliche Fläche für Fußgänger nicht erreichbar wäre, da keine Gehsteige angrenzen würden, und daher kein Gehsteig vorliege, geht daher ins Leere.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass andere Fahrzeuglenker ihre Kraftfahrzeuge auf dem Gehsteig abgestellt hatten, die Eigenverantwortlichkeit der Beschwerdeführerin nicht zu verringern vermag (VwGH 19.12.2003, 2003/02/0090).

Gemäß den getroffenen Feststellungen hat die Beschwerdeführerin daher das Fahrzeug auf einem Gehsteig abgestellt und diesen in einer Art und Weise benutzt, die durch § 8 Abs. 4 StVO verboten ist. Eine der in § 8 Abs. 4 zweiter Satz Z 1 bis 3 StVO normierten Ausnahmen hat im Beschwerdefall nicht vorgelegen. Der objektive Tatbestand der der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist daher erfüllt.

Die Verwaltungsübertretung wurde auch in subjektiver Hinsicht erfüllt. Dies aus dem nachstehenden Grund:

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine verwaltungsstrafrechtliche Vorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Ein Ungehorsamsdelikt liegt bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes vor, wenn erstens zum Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört und zweitens für die Tatbegehung kein besonderes Verschulden gefordert ist.

Die angelastete Verwaltungsübertretung ist als Ungehorsamsdelikt zu qualifizieren (vgl. VwGH 15.05.1990, 89/02/0108). Bei solchen Delikten obliegt es sohin gemäß § 5 Abs. 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass im konkreten Fall die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne vorwerfbares Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung geeigneter Beweismittel bzw. die Stellung entsprechender konkreter Beweisanträge (vgl. VwGH vom 30.06.1998, 96/11/0175).

Es haben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme fehlenden (oder auch nur geminderten) Verschuldens der Beschwerdeführerin ergeben. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass einer geprüften Fahrzeuglenkerin wie der Beschwerdeführerin bewusst ist, dass ein Kraftfahrzeug nicht auf einem Gehsteig abgestellt werden darf, weshalb die Beschwerdeführerin jedenfalls fahrlässig gehandelt hat.

Somit ist die Verwaltungsübertretung in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.

2. Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an.

Die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das öffentliche Interesse an der Freihaltung von für den Fußgängerverkehr bestimmten Bereichen der Straße, weshalb die Intensität der Beeinträchtigung dieses Interesses durch die Tat, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als gering zu werten war.

Auch das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und der Beschuldigten zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig bezeichnet werden, da weder hervorgekommen, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift im konkreten Fall eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Es wäre der Beschwerdeführerin jedenfalls möglich gewesen, ihr Fahrzeug entsprechend den Vorgaben der Straßenverkehrsordnung abzustellen.

Die Behörde hat eine Geldstrafe in Höhe von € 78,-- verhängt, welche am unteren Rand des bis € 726,-- reichenden Strafrahmens anberaumt ist. Dies erscheint im Hinblick auf die Tatumstände schuld- und tatangemessen: Selbst wenn man von ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgeht, erreicht die verhängte Strafe doch nur etwa 10 Prozent des vorgesehenen maximalen Strafsatzes. Im Übrigen war bei der Strafbemessung auch auf eine einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung Bedacht zu nehmen.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die zitierte Gesetzesstelle.

4. Gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal im angefochtenen Straferkenntnis eine € 500,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Verfahrenspartei die Abhaltung einer solchen beantragt hat. Die Beschwerdeführerin wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheids auf das Erfordernis der Beantragung einer Verhandlung mit der Beschwerde hingewiesen (vgl. dazu VwGH 17. Februar 2015, Ra 2014/09/0007). Ein solcher Antrag erfolgte nicht.

5. Eine Revision wegen Verletzung in Rechten gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist in vorliegendem Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig, weil es sich um eine Verwaltungsstrafsache handelt, bei der eine Geldstrafe von weniger als € 750,– verhängt werden durfte und lediglich eine Geldstrafe von € 78,-- verhängt wurde. Im Übrigen ist die ordentliche Revision unzulässig, da im Beschwerdefall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal sich das Verwaltungsgericht Wien im vorliegenden Fall an der zitierten, eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientierte.

Schlagworte

Benutzung von Gehsteigen; Gehsteig; erkennbare Abgrenzung von der Fahrbahn; Pflasterband; Erreichbarkeit; Strafbemessung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.019.15012.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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