RS Vfgh 2022/3/17 E4490/2021

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Veröffentlicht am 17.03.2022
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

EU-Grundrechte-Charta Art47 Abs2
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §3, §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
BFA-VG §21 Abs7
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz betreffend einen Staatsangehörigen des Iraks; mündliche Verhandlung zur Klärung der Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens notwendig; mangelnde Aktualität der Länderberichte betreffend die Sicherheitslage

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat die Annahme, dass die Hinwendung des Beschwerdeführers zum Atheismus bzw seine Apostasie nicht glaubwürdig sei, überwiegend auf Widersprüche im Vorbringen des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem BFA gestützt. Indem es die mündliche Verhandlung unterlassen und damit dem Beschwerdeführer insbesondere eine Möglichkeit zur Aufklärung der vom BVwG angenommenen Widersprüche vorenthalten und sich im Hinblick auf den zweieinhalbjährigen Zeitraum seit der Erlassung des Bescheides des BFA keinen aktuellen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschafft hat, unterstellt es §21 Abs7 BFA-VG einen mit Art47 Abs2 GRC nicht zu vereinbarenden Inhalt.

Das BVwG geht davon aus, dass der Beschwerdeführer durch eine Rückführung in den Irak nicht in seinen Rechten nach Art2 und 3 EMRK verletzt werde. Dabei stützt es sich hinsichtlich der Sicherheitslage im Irak auf Länderberichte, die zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG bereits drei Jahre alt und damit im Hinblick auf die volatile Lage nicht hinreichend aktuell sind. Daran kann auch der bloß pauschale Hinweis in der Begründung der angefochtenen Entscheidung, dass aus jüngeren Länderberichten keine wesentlichen Änderungen ersichtlich seien, nichts ändern.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Verhandlung mündliche, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, EU-Recht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:E4490.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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