TE Vwgh Beschluss 2022/4/6 Ra 2021/18/0382

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Veröffentlicht am 06.04.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des M A in S, geboren am 24. April 1994, vertreten durch Dr. Karl Heinz Kramer, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Italienerstraße 10b, als bestellter Verfahrenshelfer, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 2021, L519 2237982-1/11E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist irakischer Staatsangehöriger und stellte am 22. Mai 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, an Demonstrationen gegen die Regierung teilgenommen zu haben. Aus diesem Grund sei er während der Demonstration und bei sich zu Hause von Männern des Geheimdienstes bzw. der Hisbollah bedroht worden.

2        Mit Bescheid vom 3. Dezember 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.

4        Das BVwG schenkte dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers aus im einzelnen dargelegten Gründen keinen Glauben und stellte fest, dass er eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung bei einer Rückkehr in den Irak nicht glaubhaft gemacht habe. Zur Nichtgewährung subsidiären Schutzes erwog das BVwG, dem gesunden und arbeitsfähigen Revisionswerber, der über eine mehrjährige Schulbildung, Arbeitserfahrung als Wrestler bzw. Wrestler-Trainer und familiäre Anknüpfungspunkte in seiner Heimatstadt Diwaniyah verfüge, drohe im Falle einer Rückkehr dorthin kein reales Risiko einer Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung. Betreffend die Rückkehrentscheidung nahm das BVwG eine Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK vor und beurteilte die öffentlichen Interessen an einer Beendigung des Aufenthalts des Revisionswerbers in Österreich gegenüber seinen privaten Interesssen an einem Verbleib als überwiegend.

5        Die vorliegende außerordentliche Revision macht zu ihrer Zulässigkeit geltend, die Beurteilung der Lage im Herkunftsstaat des Revisionswerbers sei nicht anhand von aktuellen Informationen, sondern anhand von Informationen, die vor dem 14. Mai 2020 herrühren, vorgenommen worden. Aufgrund des Abzugs der amerikanischen Truppen und der sich rasant politisch verändernden Verhältnisse hätten sich erhebliche Lageänderungen ergeben. Sämtliche vom BVwG getroffenen Feststellungen zum Irak seien überholt, weswegen eine unzureichende Beweisaufnahme und eine grob fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts stattgefunden habe. Weiters sei die Beweiswürdigung des BVwG insofern unschlüssig, als der Umstand, dass der Revisionswerber legal über den Luftweg aus dem Irak ausgereist sei, entgegen der Argumentation des BVwG keineswegs geeignet sei, die Gefahr einer Verfolgung durch die Hisbollah auszuschließen, zumal die Kontrollen an öffentlichen Flughäfen nicht von der Hisbollah vorgenommen würden.

6        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Sofern die Revision die mangelnde Heranziehung aktueller Länderberichte zur Feststellung der Lage im Herkunftsstaat des Revisionswerbers ins Treffen führt, behauptet sie einen Verfahrensmangel, ohne darzulegen, welche aktuelleren als die bereits vom BVwG herangezogenen Länderberichte gegen die Einschätzung des BVwG sprechen könnten, der Revisionswerber könne in seiner konkreten persönlichen Situation in den Herkunftsstaat zurückkehren, ohne asylrelevante Verfolgung befürchten zu müssen oder einem realen Risiko einer Beeinträchtigung der durch Art. 2 oder 3 EMRK geschützten Rechte ausgesetzt zu sein. Der Revision gelingt es deshalb nicht, einen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen.

11       Sofern sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG richtet und einzig ins Treffen führt, das BVwG habe in unschlüssiger Weise damit argumentiert, eine Verfolgung durch die Hisbollah sei nicht anzunehmen, weil der Revisionswerber legal über den Luftweg aus dem Irak ausgereist sei, übergeht die Revision den Umstand, dass das BVwG in der legalen Ausreise unter Verwendung eines Reisepasses bloß ein (erstes) Indiz für die mangelnde Gefahr asylrelevanter Verfolgung gesehen und in diesem Zusammenhang zahlreiche weitere Überlegungen angestellt hat, denen die Revision nicht entgegentritt. Somit gelingt es der Revision nicht, eine die Rechtssicherheit beeinträchtigende, unvertretbare Beweiswürdigung des BVwG darzutun (zum diesbezüglichen Prüfmaßstab für das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vgl. etwa VwGH 27.12.2021, Ra 2021/18/0307, mwN).

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. April 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021180382.L00

Im RIS seit

04.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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