TE OGH 2022/2/21 1Ob14/22y

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Veröffentlicht am 21.02.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Parzmayr und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin U*, vertreten durch Dr. Stefan Nenning und Mag. Jörg Tockner, Rechtsanwälte in Steyr, gegen den Antragsgegner M*, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 29. November 2021, GZ 2 R 46/21x-42, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 18. Mai 2021, GZ 3 Fam 18/20t-31, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1]       Eine bestimmte Liegenschaft war dem Mann während der aufrechten Ehe von den Großeltern der Frau übertragen worden, was nach dem Vorbringen der Frau dadurch motiviert war, dass ihr Vater aufgrund eines Zerwürfnisses mit den Großeltern von Pflichtteilsansprüchen ausgeschlossen werden sollte. Das Rekursgericht bezog diese Liegenschaft als ein Geschenk von dritter Seite nicht in die Aufteilung ein.

Rechtliche Beurteilung

[2]       Dagegen wendet sich die Frau in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs, in dem keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird:

[3]       1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG). Der Vorwurf, das Rekursgericht hätte die Liegenschaft schon deswegen nicht von der Aufteilung ausnehmen dürfen, weil sich der Mann weder auf die konkrete gesetzliche Bestimmung berufen, noch konkrete Behauptungen zum Vorliegen eines Ausnahmetatbestands nach § 82 Abs 1 EheG aufgestellt hatte, ist nicht berechtigt. Die Ausnahme dieser Liegenschaft von der Aufteilung ergibt sich schon aus dem (eigenen) Vorbringen der Frau. Hat die Gegenseite – wie hier aus Sicht des Mannes die Frau – bereits bestimmte Tatsachen behauptet, bedurfte es keiner „Wiederholung“ dieser (auch für seinen Standpunkt günstigen) Fakten durch ihn als die andere Partei (vgl 1 Ob 208/19y mwN).

[4]       Auch die Bemängelung, die Entscheidung sei eine Überraschungsentscheidung (und damit das zweitinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben), geht fehl. Die Frau legt dazu im Revisionsrekurs (nur) dar, sie hätte bei früherer Konfrontation mit dieser Rechtsansicht „weiteres Vorbringen“ dazu erstatten können, dass es sich bei dieser Liegenschaft um eheliches Gebrauchsvermögen handle und diese „aufgrund der Widmung im Zuge der Übergabe durch die Großeltern“ bzw des Großvaters „im Falle der Scheidung“ „jedenfalls alleine seiner Enkeltochter zukommen soll“. Auf Tatsachenebene ist dies ohnehin zugrundegelegt worden. Auch das Rekursgericht ging davon aus, dass dies der Wille der Großeltern der Frau gewesen war. Eine Mangelhaftigkeit des zweitinstanzlichen Verfahrens liegt daher nicht vor.

[5]       2. Gegen die Beurteilung, es liege im Vorgang, die Liegenschaft dem Mann mit Übergabsvertrag bloß unter der Auflage eines lebenslangen Wohnrechts der Großeltern in sein Alleineigentum zu übertragen, eine Schenkung, wendet sich die Frau nicht. Sie bekämpft die vom Rekursgericht daran geknüpfte Rechtsfolge, es sei – gleich ob die Frau oder der Mann als Beschenkter anzusehen sei – diese Liegenschaft als von dritter Seite geschenkt jedenfalls von der Aufteilung ausgenommen und falle nicht in die Entscheidungskompetenz des Außerstreitgerichts anlässlich der Aufteilung, wobei sie selbst von einer (für den Scheidungsfall auf sie „abzielenden“) Schenkung („entsprechend der ursprünglichen Widmung“) ausgeht, gleichzeitig aber nun widersprüchlich meint, im Zeitraum bis zur Scheidung sei die Liegenschaft als beiden geschenkt anzusehen.

[6]       3. Auf Basis des (ohnehin in ihrem Sinn) festgestellten Sachverhalts liegt die von ihr behauptete Fehlbeurteilung des Rekursgerichts in dieser Frage nicht vor. Vielmehr verkennt die Revisionsrekurswerberin das Zusammenspiel der §§ 81 und 82 EheG, wenn sie aus diesen Bestimmungen schließt, eine von Dritten geschenkte Sache werde bloß dadurch, dass sie während der aufrechten Ehe dem Gebrauch beider Ehegatten diente, zu einem Teil der Aufteilungsmasse.

[7]            Richtig ist, dass Sachen wegen ihres gemeinsamen Gebrauchs („Sachen, die dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben“) als eheliches Gebrauchsvermögen anzusehen sind (§ 81 Abs 2 EheG) und damit grundsätzlich nach § 81 Abs 1 EheG (neben den ehelichen Ersparnissen) der Aufteilung unterliegen. Es normiert aber § 82 Abs 1 Z 1 EheG, dass davon – weil an dieser Stelle im Klammerausdruck auf § 81 leg cit verwiesen wird – jene Sachen (also auch die Teile des ehelichen Gebrauchsvermögens) ausgenommen sind, die einem (oder auch beiden) Ehegatten von einem Dritten geschenkt wurden. Dazu besteht dann wiederum eine in § 82 Abs 2 EheG geregelte „Gegenausnahme“, allerdings nur für die Ehewohnung und den Hausrat (bei Hinzutreten weiterer Voraussetzungen). Dass die Liegenschaft Ehewohnung gewesen wäre (oder eine der weiteren in § 82 Abs 2 EheG genannten Voraussetzungen vorgelegen wären), hat weder einer der Streitteile behauptet, noch ist dies ersichtlich; vielmehr diente eine andere Liegenschaft als Ehewohnung.

[8]            Von Dritten geschenkte Sachen sind folglich – soweit sie nicht wegen § 82 Abs 2 EheG doch (in natura) einzubeziehen sind – nicht aufzuteilen. Dass das Geschenk faktisch auch dem anderen Ehepartner zugute kommt, macht sie nicht zum Aufteilungsgegenstand (Stabentheiner/Pierer in Rummel/Lukas4 § 82 EheG Rz 5).

[9]            4. Der Umstand, dass die Übertragung des Alleineigentums an den Mann der Enkeltochter (= Antragstellerin) dadurch motiviert gewesen war, dass die Großeltern der Frau die (Nutzung der) Liegenschaft faktisch ohne die Konsequenz möglicher Pflichtteilsansprüche ihres Vaters und nach ihrem Willen auch im Scheidungsfall ohne Gegenleistung verschaffen wollten, dieses Ziel aber nicht mittels Ehevertrag abgesichert worden war, kann nicht dazu führen, dass entgegen § 82 Abs 1 EheG eine (zur Gänze) von Dritten geschenkte Sache ins Aufteilungsverfahren einbezogen wird. Anders als zu einer zweiten Liegenschaft geschehen, die dem Mann der zweiten Enkeltochter (= Schwester der Antragstellerin) übertragen worden war und zu der die Schwester der Frau und ihr Mann zuvor eine Vereinbarung geschlossen hatten, haben die Streitteile keinen Ehevertrag abgeschlossen. Die von den Großeltern (um Ansprüche des Sohnes nicht entstehen zu lassen) bewusst gewählte Vorgangsweise, den Männern ihrer beiden Enkeltöchter jeweils eine Liegenschaft zu widmen, indem sie sie zu deren Alleineigentümern machten (vgl RS0117148), kann im Aufteilungsverfahren nicht nachträglich korrigiert werden.

[10]           Der Mann hat sich ohnehin nicht dagegen gewendet, dass bei Aufteilung einer (anderen) während der Ehe jeweils zur Hälfte von den Eheleuten erworbene Liegenschaft nicht berücksichtigt wurde, dass diese (neben ehelichen Ersparnissen) auch aus dem Verkaufserlös eines Teils dieser geschenkten Liegenschaft erworben worden war.

[11]           5. Einer weitergehenden Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Textnummer

E134596

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00014.22Y.0221.000

Im RIS seit

04.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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