TE Vwgh Erkenntnis 1976/3/31 1804/74

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Veröffentlicht am 31.03.1976
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Index

Bewertungsrecht
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
33 Bewertungsrecht

Norm

AbgRallg
BewG 1955 §10 Abs2
BewG 1955 §53
BewG 1955 §53 Abs9

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kadecka und die Hofräte Dr. Schima, Dr. Reichel, Dr. Seiler und Dr. Schubert als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzoberkommissär Dr. Feitzinger, über die Beschwerde der MA, des FE und des Ing. WE in Wien (Hausgemeinschaft Wien nn., X-Gasse 12), alle vertreten durch Dr. Theo Petter, Rechtsanwalt in Wien I, Stephansplatz 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. August 1974, Zl. GA 8-1687/1974, betreffend Einheitsbewertung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 200,--, zusammen S 600,--, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Einheitswert- und Grundsteuermeßbescheid auf den 1. 1. 1973 vom 11. Februar 1974 setzte das Lagefinanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk in Wien den Einheitswert für den Grundbesitz in Wien nn., X-Gasse 12 mit S 309.000,-- fest und sprach aus, daß es sich bei dieser wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens um ein Mietwohngrundstück handle, das den Beschwerdeführern zu je einem Drittel zugerechnet werde. Bei der Einheitswertberechnung ging das Finanzamt von einer Gesamtfläche laut Grundbesitzbogen im Ausmaß von 492 m2 und einem Bodenwert von S 1.200/m2 aus, sodaß sich gemäß § 53 Abs. 11 des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148 (in der Fassung des Art. I Z. 5 der Bewertungsgesetznovelle 1972, BGBl. Nr. 447 = BewG) ein Mindestwert von S 309.960-- (gemäß § 25 BewG gerundet S 309.000,--) ergab.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Vertreter der Beschwerdeführer geltend, „hinsichtlich des Gebäudewertes“ werde der vom Finanzamt angesetzte Bodenpreis bestritten und „um die Annahme eines m2-Preises von S 1.000 ersucht. Dies deshalb, weil selbst für wesentlich größere und besser verwertbare Baugründe, ja sogar Eckgrundstücke, nur ein Preis erzielbar sei, der um 30 bis 40 v.H. über S 1.000/m2 liege. Für ein dem streitgegenständlichen Grundstück gleichendes könne im freien Handel kaum ein höherer Preis erzielt werden, da „auch von wesentlicher Bedeutung die verbaubare Höhe nach der gültigen Bauklasse“ sei. Es werde daher der Berufungsantrag gestellt, unter Ansatz eines m2-Preises von S 1.000 den Einheitswert für das Mietwohngrundstück mit nur S 258.000,-- festzustellen.

Ungeachtet dieser Ausführungen gab das Finanzamt dem Rechtsmittel mit Berufungsvorentscheidung vom 28. Mai 1974 keine Folge, in deren Begründung es den Beschwerdeführern aber lediglich entgegenhielt, die in der Umgebung der Liegenschaft (bei Verkäufen) erzielten Bodenpreise seien wesentlich über dem bei der Einheitswertermittlung angesetzten Preis (von S 1.200/m2) gelegen. In ihrem Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz - wodurch die Berufungsvorentscheidung ihre Wirksamkeit verlor - bemängelten sodann die Beschwerdeführer, daß das Finanzamt zwar auf Vergleichspreise verweise, sie ihnen aber verschweige und dergestalt eine Stellungnahme unmöglich mache. Darauf übermittelte das Finanzamt dem Vertreter der Beschwerdeführer eine Aufstellung von Kaufpreisen, die bei 7 Grundverkäufen in der näheren Umgebung zwischen 10. Jänner 1969 und 22. November 1971 erzielt worden waren (die danach gezahlten Quadratmeterpreise liegen zwischen S 1.306 und S 2.267), und wies darauf hin, daß die Lage des den Beschwerdeführern gehörenden Grundstückes wegen der Parkaussicht als sehr gut zu bezeichnen sei.

Mit Schriftsatz vom 25. Juni 1974 bezeichnete der Vertreter der Beschwerdeführer jedoch sämtliche der ihm vorgehaltenen Vergleichspreise als ungeeignet, da ungewöhnliche Umstände die Preisbildung beeinflußt hätten. So seien als Käufer Wohnungsunternehmen aufgetreten, um in Spekulationsabsicht Eigentumswohnungen zu errichten, und es sei bekannt, daß bei solchen Verkäufen immer besonders gute Preise zu erzielen seien. Dasselbe gelte für einen Ankauf durch die Stadt Wien zum Ausbau der G-Gasse - es dürfe als hinlänglich bekannt vorausgesetzt werden, daß auch in solchen Fällen relativ hohe Preise gezahlt würden. Das Grundstück J-Gasse 18 existiere gar nicht mehr, da es einer-anderen Liegenschaft zugeschrieben worden sei. Der gesamte Komplex sei dann um S 1.176/m2 angekauft worden; im übrigen könne ein Grundstück mit einer (Gesamt)Fläche von fast 2.000 m2 nicht zum Vergleich „mit einem nur 1/10 so großen“ (gemeint offenbar das streitgegenständliche Grundstück) herangezogen werden. Bei allen vom Finanzamt angeführten Grundstücken mit Ausnahme eines einzigen handle es sich überdies um Eckgrundstücke. Wenn man nun insgesamt die besonderen Kriterien der Vergleichsgrundstücke - wie Eigentumswohnhäuser, besondere Größe, höhere als bauklassenmäßige Verbauung - berücksichtige, so zeige sich, daß die von den Beschwerdeführern in ihrer Berufung aufgestellten Behauptungen durchaus zuträfen und selbst ein Bodenpreis von S 1.200/m2 noch zu hoch sei. Die Aussicht „auf einen Berserlpark allein“ bestimme dagegen einen Grundstückspreis in keiner Weise.

Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, der die Berufung sodann zur Entscheidung vorgelegt worden ist, hat das Rechtsmittel mit Bescheid vom 23. August 1974 jedoch endgültig abgewiesen. In der Begründung der Berufungsentscheidung hat die Finanzlandesdirektion zunächst darauf verwiesen, daß sich der gemeine Wert eines unbebauten Grundstückes, auf den es auch im Streitfall anzukommen habe, aus Angebot und Nachfrage ergebe, worin die jeweilige Konjunkturlage zum Ausdruck komme. Demnach könne der gemeine Wert in aller Regel aus Kaufpreisen abgeleitet werden, die von der Finanzverwaltung gesammelt würden und, was die Beschwerdeführer anlange, ihnen auch vorgehalten worden seien. Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen - so lautet die Begründung der Berufungsentscheidung im wesentlichen weiter - seien nun nicht geeignet, die Annahme eines Bodenwertes von S 1.200/m2 durch das Finanzamt zu entkräften. Als bloße Behauptung müsse es angesehen werden, der Ankauf einer Liegenschaft zur Errichtung von Eigentumswohnungen komme nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande, zumal nach dem Gesetzeswortlaut die spätere Art der Verbauung unmaßgeblich sei. Ebenso gehe der Hinweis fehl, durch kleinweisen Verkauf der Objekte könnten höhere Preise erzielt werden, denn alle den Beschwerdeführern genannten Liegenschaften seien nicht kleinweise, sondern „in einem“ verkauft worden, ganz abgesehen davon, daß auch die steigende Tendenz der Preise auf dem Grundstücksmarkt (vom Jahre 1969 an bis zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1. 1. 1973) zu berücksichtigen sei. Daß die Stadt Wien für den Ausbau eines Straßenzuges relativ hohe Preise zahle, wie „hinlänglich bekannt“ sei, treffe ebensowenig zu der belangten Behörde sei vielmehr bekannt, daß die Stadt Wien nur gegendübliche Preise entrichte. Das Grundstück J-Gasse 18, eine Mittelbaustelle (wie das streitgegenständliche Grundstück) mit einer Fläche von 678 m2 sei als solches um S 1.500/m2 verkauft worden und nicht erst nach Vereinigung mit den angrenzenden Grundstücken Nr. 14, 16 und 20, weshalb ein Vergleich der neugeschaffenen Grundflächen mit dem Grundstück der Beschwerdeführer nicht angestellt werden könne. Dazu komme, daß der nunmehrige Eigentümer verpflichtet gewesen sei, eine Teilfläche ohne Entschädigung in das öffentliche Gut abzutreten und auch nicht von der zehnfachen Grundfläche gesprochen werden könne, die dann ja 4.920 m2 aufweisen müsse. Daß für Eckgrundstücke nur ein Preis von 30 bis 40 v.H. über dem von den Beschwerdeführern angestrebten Wert von S 1.000/m2 erzielt werden könne, werde überdies am Beispiel der Liegenschaft J-Gasse 1 widerlegt, die ebenfalls „einzeln“ erworben worden sei: selbst unter Berücksichtigung der für die Hausbesitzerwohnung entrichteten Ablöse ergebe sich für dieses Grundstück ein bezahlter Kaufpreis von S 1.814,-- und nicht, wie die Beschwerdeführer behaupteten von S 1.540/m2.

Gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. August 1974 richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:

Gemäß § 53 Abs. 1 BewG ist bei der Bewertung von bebauten Grundstücken vom Bodenwert und vom Gebäudewert auszugehen, nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist als Bodenwert der Wert maßgebend, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück gemäß § 55 leg. cit. zu bewerten wäre, und nach Abs. 11 sind als Einheitswert eines bebauten Grundstückes mindestens sieben Zehntel des Wertes anzusetzen, mit dem der Grund und Boden gemäß Abs. 2 zu bewerten ist. § 55 BewG, auf den die Abs. 2 und 11 des § 53 leg. cit. verweisen, bestimmt im Abs. 1, daß unbebaute Grundstücke mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind, und gemäß § 10 Abs. 2 BewG wird dieser Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die den Preis beeinflussen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Wie nun der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, so in seinen Erkenntnissen vom 30. Jänner 1969, Zl. 1788/67, vom 29. April 1971, Zl. 1513/69, vom 16. Dezember 1971, Zl. 517/70, und zuletzt vom 15. Dezember 1975, Zl. 83/74 ausgesprochen hat, ist die Heranziehung von Vergleichspreisen zur Ermittlung des gemeinen Wertes durchaus zulässig, wobei auf die Lage und Form, die Größe und die Bebauungsmöglichkeit des zu bewertenden Grundstückes zu achten ist. Dies bestreiten auch die Beschwerdeführer nicht. Im Einklang mit ihrem Vorbringen im Abgabenverfahren halten sie jedoch daran fest, daß kein einziger der ihnen vorgehaltenen Vergleichspreise geeignet sei, um daraus den gemeinen Wert des streitgegenständlichen Grundstückes abzuleiten, hätten doch ausnahmslos ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse die Preisbildung beeinflußt. In diesem Zusammenhang rügen die Beschwerdeführer zwar zu Recht, die belangte Behörde sei unzutreffend davon ausgegangen, daß die dem Erwerber einer Liegenschaft vorschwebende Verwertungsabsicht kein preisbildender Umstand sei, der bei der Bewertung außer Betracht bleiben müsse. Denn gerade beim Erwerb städtischer Liegenschäften wird, wie der Grundstücksmarkt lehrt, der Liegenschaftskauf mit der Absicht der Schaffung von Wohnraum - sei es nun mit dem Ziel des späteren Abverkaufes von ideellen Grundstücksanteilen verbunden mit dem Wohnungseigentum, sei es mit dem Ziel, das errichtete Gebäude zu günstigen Bedingungen zu vermieten - ein ganz maßgeblich preisbildender Faktor sein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1964, Zl. 1804/63 und das schon erwähnte Erkenntnis vom 30. Jänner 1969, Zl. 1788/67). Daraus aber folgt - und insoweit vermag sich der Gerichtshof den Beschwerdeführern nicht anzuschließen - daß es verfehlt wäre, in den Ertragschancen des Liegenschaftsbesitzes ungewöhnliche oder gar persönliche Umstände zu erblicken, die bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen wären. Aber auch der weitere Einwand der Beschwerdeführer, die Abgabenbehörden hätten bei der Heranziehung von Vergleichspreisen zur Ableitung des strittigen Bodenwertes mehrfach Bestimmungen der Bodenwertrichtlinien (Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 20. November 1972, Zl. 261.977-10/72, verlautbart im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung. Nr. 295) verletzt, erweist sich als nicht zielführend: dies deshalb, weil die Beschwerdeführer schon mangels gehöriger Kundmachung aus diesem Erlaß keine vor dem Verwaltungsgerichtshof zu verfolgenden Rechte ableiten können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1971, Zl. 288/69 und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Doch abgesehen davon vermag der Gerichtshof nicht zu finden, daß bei der Annahme eines Preises von S 1.200/m2 für das streitgegenständliche Grundstück durch die Abgabenbehörden der bei der Ableitung des gemeinen Wertes aus Vergleichspreisen unvermeidliche Spielraum überschritten wurde. Zunächst ist den Beschwerdeführern entgegenzuhalten, daß sie zwar sämtliche der ihnen bekanntgegebenen Vergleichspreise als ungeeignet bezeichnen, aber selbst im Abgabenverfahren keinen einzigen Grundstückskauf namhaft gemacht haben, der zur Stützung ihres Standpunktes herangezogen werden könnte. Ihr erstmaliges Vorbringen in der Beschwerde, dem von ihnen als zutreffend erachteten Preis von S 1.000/m2 liege eine „schätzungsmäßige Sachverständigenauskunft“ zugrunde, muß aber an dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG 1965) scheitern. Geht man nun bei der Beurteilung des Streitfalles sowohl von den zeitlich am weitesten, als auch am nächsten zum Hauptfeststellungszeitpunkt liegenden Verkäufen vom 10. Jänner 1969 und 22. November 1971 mit Kaufpreisen von S 1.695 und S 1.500/m2 (im ersten Fall ein Eckgrundstück mit einer Fläche von 472 m2, im zweiten eine Mittelbaustelle mit einer Fläche von 678 m2 betreffend) aus, dann kann der Ansatz eines Preises von S 1.200/m2 für die den Beschwerdeführern gehörende Liegenschaft nicht als überhöht bezeichnet werden. Denn selbst wenn man in günstigen Finanzierungsmöglichkeiten für die Entrichtung eines Wohnhauses ungewöhnliche und in einem „Anrainererwerb“ persönliche Umstände erblicken wollte, scheint diesen Preisfaktoren durch den Ansatz eines bedeutend niedrigeren Betrages für das streitgegenständliche Grundstück - von bloß 4/5 des beim Kauf vom 22. November 1971 erzielten Preises - hinreichend Rechnung getragen. Wenn schließlich von den Beschwerdeführern noch vorgebracht wird, die belangte Behörde behaupte zu Unrecht, die Grundstückspreise seien seit 1969 bis zum Hauptfeststellungszeitpunkt noch weiter angestiegen, so ist dem zu entgegnen, daß die belangte Behörde aus dieser Behauptung im vorliegenden Fall keinerlei Folgerungen gezogen hat, ganz abgesehen davon, daß auch die Beschwerdeführer für ihre gegenteiligen Standpunkte keinen Beweis zu erbringen versucht habe.

Die belangte Behörde ist daher, wenn auch mit einer zum Teil unzutreffenden Begründung, im Spruch des angefochtenen Bescheides zum richtigen Ergebnis gelangt. Demzufolge erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 sowie auf Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 19. Dezember 1974, BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am 31. März 1976

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1976:1974001804.X00

Im RIS seit

03.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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