Entscheidungsdatum
19.04.2022Norm
ZustG §9 Abs3Text
Beschluss
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Reinhold Köpfle über die Beschwerde der Dr. M S, E, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Hämmerle, Dornbirn, gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde E vom 25.07.2021 betreffend die Versagung einer Grundteilung nach dem Raumplanungsgesetz (RPG), den Beschluss gefasst:
Gemäß § 28 Abs 1 iVm § 31 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 39 Abs 2 lit a und c des Raumplanungsgesetzes, LGBl Nr 39/1996 idgF, die beantragte Grundteilung der GST-NR XXX, KG E, versagt.
2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt sie zur Zulässigkeit der Beschwerde im Wesentlichen vor, der mit 25.07.2021 datierte Bescheid sei ihr persönlich per E-Mail am 26.07.2021 vorab zugestellt und am 28.07.2021 per Post übermittelt worden. Ihr Rechtsvertreter habe mit Schreiben vom 28.06.2021 an die Marktgemeinde E sein Vertretungsverhältnis bekannt geben. Ab diesem Zeitpunkt dürften gemäß § 9 Abs 3 iVm § 13 Abs 4 Zustellgesetz Zustellungen rechtswirksam nur noch an den berufsmäßigen Rechtsvertreter erfolgen. Bis heute habe ihr Rechtsvertreter den bekämpften Bescheid nicht zugestellt erhalten. Sie habe ihm per E-Mail am 28.07.2021 den vorab am 26.07.2021 zuvor per E-Mail zugesendeten Bescheid überlassen. Die vierwöchige Beschwerdefrist gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beginne erst mit ordnungsgemäßer Zustellung des Bescheides an den Rechtsvertreter zu laufen. Sofern die Zustellung nicht ohnehin unrechtmäßig gewesen sei, sei die Einbringung der Beschwerde am 23.08.2021 jedenfalls rechtzeitig.
3. Folgender Sachverhalt steht fest:
Mit Schreiben vom 28.06.2021 hat der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin sein Vertretungsverhältnis in der gegenständlichen Angelegenheit der Marktgemeinde E gegenüber bekannt geben.
Am 28.07.2021 wurde der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin in Papierform per Post an ihre Adresse übermittelt. Bereits zwei Tage zuvor, am 26.07.2021, wurde der Beschwerdeführerin eine eingescannte Fassung des angefochtenen Bescheides per E-Mail an ihre persönliche E-Mail-Adresse übermittelt.
Die der Beschwerdeführerin per E-Mail übermittelte eingescannte Bescheid-Ausfertigung weist weder eine Amtssignatur noch einen Beglaubigungsvermerk der Kanzlei auf. Diese Ausfertigung weist jedoch eine Unterschrift des Bürgermeisters sowie einen Rundstempel der Marktgemeinde E auf.
Die Beschwerdeführerin hat die ihr per E-Mail übermittelte eingescannte Bescheid-Ausfertigung am 28.07.2021 per E-Mail an ihren Rechtsvertreter weitergeleitet.
4. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat auf Anfrage des Landesverwaltungsgerichtes den ihm per E-Mail überlassenen und nunmehr angefochtenen „Bescheid“ vorgelegt.
5.1. § 18 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991, idF BGBl I Nr 5/2008, lautet wie folgt:
Erledigungen(1) Die Behörde hat die Sache möglichst zweckmäßig, rasch, einfach und kostensparend zu erledigen und den wesentlichen Inhalt der Amtshandlung erforderlichenfalls in einer Niederschrift oder einem Aktenvermerk festzuhalten.
(2) Erledigungen haben jedenfalls schriftlich zu ergehen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von der Partei verlangt wird.
(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.
(5) Für Bescheide gilt der III. Teil, für Ladungsbescheide überdies § 19.
§ 19 des Bundesgesetzes über Regelungen zur Erleichterung des elektronischen Verkehrs mit öffentlichen Stellen (E-Government-Gesetz – E-GovG), BGBl I Nr 10/2004, idF BGBl I Nr 104/2018, lautet wie folgt:
5. Abschnitt(1) Die Amtssignatur ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur oder ein fortgeschrittenes elektronisches Siegel, deren Besonderheit durch ein entsprechendes Attribut im Signaturzertifikat oder Zertifikat für elektronische Siegel ausgewiesen wird.
(2) Die Amtssignatur dient der erleichterten Erkennbarkeit der Herkunft eines Dokuments von einem Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs. Sie darf daher ausschließlich von diesem Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs unter den näheren Bedingungen des Abs. 3 bei der elektronischen Unterzeichnung und bei der Ausfertigung der von ihm erzeugten Dokumente verwendet werden.
(3) Die Amtssignatur ist im Dokument durch eine Bildmarke, die der Verantwortliche des öffentlichen Bereichs im Internet als die seine gesichert veröffentlicht hat, sowie durch einen Hinweis im Dokument, dass dieses amtssigniert wurde, darzustellen. Die Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur oder des elektronischen Siegels sind vom Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs bereitzustellen.
5.2. Nach § 18 Abs 3 AVG ist die schriftliche Erledigung vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen. Wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung treten. Die Ausfertigung einer internen Genehmigung regelt § 18 Abs 4 AVG iVm § 19 E-GovG. Nach § 18 Abs 4 zweiter Satz AVG müssen Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten mit einer Amtssignatur versehen sein. Solche Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Dagegen haben entsprechend dem dritten Satz des § 18 Abs 4 AVG sonstige Ausfertigungen die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten. An die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß § 18 Abs 3 AVG genehmigt worden ist.
Daraus ergibt sich, dass insgesamt mehrere Möglichkeiten bestehen, eine Erledigung wirksam nach außen treten zu lassen, wobei der grundlegende Unterschied in der Form der Ausfertigung – elektronisches Dokument oder Papierform – zu sehen ist.
Einer Erledigungsausfertigung, die keiner der im § 18 AVG genannten Fertigungsformen entspricht, die also weder die Unterschrift des Genehmigenden, noch eine Beglaubigung, noch eine Amtssignatur (zumindest als Ausdruck oder in Kopie) aufweist, mangelt es an der Qualität als behördlicher Akt und somit insbesondere als Bescheid. Es handelt sich dabei um einen wesentlichen Fehler, der zur absoluten Nichtigkeit der behördlichen Erledigung (hier: des angefochtenen Bescheides) führt.
Auch wenn eine Faxkopie den Namen des Genehmigenden sowie dessen Unterschrift (in Fotokopie) aufweist, erfüllt eine solche Ausfertigung nicht die Voraussetzung des § 18 Abs 4 AVG, dass sonstige Ausfertigungen „die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten“ haben. Darunter kann nämlich nur eine originale und nicht eine bloß im Faxwege kopierte Unterschrift verstanden werden (VwGH 11.11.2013, 2012/22/0126).
Im vorliegenden Fall hat die der Beschwerdeführerin an ihre persönliche E-Mail-Adresse übermittelte Ausfertigung des Bescheides weder eine Beglaubigung noch eine Amtssignatur aufgewiesen. Sie hat lediglich eine Unterschrift des Bürgermeisters sowie ein Rundsiegel der Marktgemeinde E enthalten, welche – ebenso wie der Text des Bescheides – eingescannt wurden. Entsprechend der angeführten Rechtsprechung, wonach eine im Faxwege übermittelte und somit kopierte Unterschrift keine originale Unterschrift darstellt, kann für ein eingescanntes Dokument mit einer eingescannten Unterschrift nichts anderes gelten. Eine eingescannte Ausfertigung erfüllt daher ebenso wie eine Faxkopie nicht die Voraussetzung des § 18 Abs 4 dritter Satz AVG. Die der Beschwerdeführerin per E-Mail an ihren persönlichen E-Mail-Account übermittelte Ausfertigung stellt somit einen „Nicht-Bescheid“ dar.
5.3. Gemäß § 9 Abs 3 des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl Nr 200/1982, idF BGBl I Nr 5/2008, hat die Behörde, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungs-bevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
Hat der Parteienvertreter der Behörde seine Bevollmächtigung angezeigt und sich gemäß § 8 Abs 1 RAO auf die ihm erteilte Vollmacht berufen, sind ab diesem Zeitpunkt sämtliche Schriftstücke an den Parteienvertreter zuzustellen (VwGH 24.01.2013, 2012/16/0011). Durch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes zur Vertretung im Verwaltungsverfahren wird dieser auch Zustellungsbevollmächtigter (VwGH 03.07.2001, 2000/05/0115). Wird statt an den Zustellungsbevollmächtigten an den von diesem Vertretenen zugestellt, so ist die Zustellung unwirksam (VwGH 24.01.2013, 2012/16/0011).
Eine Heilung eines solchen Zustellmangels liegt nur dann vor, wenn der Bescheid dem Vertreter „tatsächlich zugekommen“ ist. Die Kenntnis des Vertreters vom Bescheidinhalt durch Übermittlung einer Telekopie oder einer Fotokopie stellt kein „tatsächliches Zukommen“ des Bescheides gegenüber dem Vertreter dar. Maßgeblich ist für den Tatbestand des „tatsächlichen Zukommens“, dass der Bescheid im Original vom Vertreter tatsächlich (körperlich) in Empfang genommen wird (VwGH 16.07.2014, 2013/01/0173; 11.11.2013, 2012/22/0120).
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin die ihr per E-Mail übermittelte Bescheid-Ausfertigung (eingescanntes Dokument) an ihren Rechtsvertreter per E-Mail weitergeleitet. Bei diesem elektronischen Dokument handelt es sich um einen „Nicht-Bescheid“ (siehe oben Punkt 5.2.). Die Weiterleitung dieses „Nicht-Bescheides“ vermag keine Heilung iSd § 9 Abs 3 ZustG zu bewirken.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin eine Beschwerde eingebracht hat. Wird entgegen dem ausgewiesenen Vollmachtsverhältnis ein Bescheid der Beschwerdeführerin selbst zugestellt, so beweist die Einbringung eines Rechtsmittels dagegen durch den ausgewiesenen Rechtsanwalt (Zustellungsbevollmächtigter) noch nicht, dass der angefochtene Bescheid dem Rechtsanwalt tatsächlich zugekommen ist (vgl VwGH 19.11.1996, 94/05/0015).
Durch die Weiterleitung des „Nicht-Bescheides“ an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wurde keine ordnungsgemäße Zustellung und auch keine Heilung der Zustellung bewirkt, weshalb sich die gegen diesen „Nicht-Bescheid“ erhobene Beschwerde als unzulässig erweist. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
5.4. Hinweise:
Im fortgesetzten Verfahren kann die belangte Behörde eine ordnungsgemäße Zustellung dadurch bewirken, dass sie eine mit Original-Unterschrift versehene Ausfertigung oder eine mit einem originalen Kanzleivermerk versehene Ausfertigung dem Vertreter der Beschwerdeführerin in Papierform zustellt. Ebenso kann sie dem Vertreter der Beschwerdeführerin eine mit einer Amtssignatur versehene Ausfertigung auf elektronischem Weg oder in Papierform zukommen lassen.
Die Beschwerdeführerin kann ihrerseits eine Heilung der Zustellung dadurch bewirken, dass sie die ihr in Papierform übermittelte Bescheid-Ausfertigung – sofern diese eine Original-Unterschrift oder einen originalen Beglaubigungsvermerk aufweist – ihrem Rechtsvertreter übergibt und dadurch ein „tatsächliches Zukommen“ im Sinne der angeführten Rechtsprechung bewirkt.
5.5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, zumal die Beschwerde zurückzuweisen war.
6. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Zustellrecht, Übermittlung Nicht-Bescheid an Rechtsvertreter, keine Heilung, Bescheid, ScanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2022:LVwG.302.5.2022.R15Zuletzt aktualisiert am
02.05.2022